Fleischersatz
Als Fleischersatz werden Lebensmittel bezeichnet, die geschmacklich, haptisch oder vom Proteingehalt (ugs.: Eiweißgehalt) her Fleisch ähneln, ohne aus Fleisch hergestellt zu sein. Der Begriff umfasst sehr unterschiedliche Lebensmittel festfleischiger, aromatischer Pilze und Gemüse wie Austernseitling und Sellerie über glutamatreiche Würzmittel wie Sojasauce oder Maggi-Würze, proteinreichen, aber geschmacksarmen Pflanzenprodukte wie Tofu und Seitan bis zu nur industriell herstellbaren Fleischimitaten wie texturiertem Soja und Quorn.
Die Verwendung von Fleischersatz hat verschiedene Gründe. So gehen Gerichte wie das Steckrübenschnitzel auf Notzeiten zurück und Erfindungen wie die Maggi-Würze wurden gemacht, um die Ernährung armer Bevölkerungsschichten, die sich kein Fleisch leisten konnten, zu verbessern. In der japanischen Küche, in der bis ins 20. Jahrhundert aufgrund des knappen Landes kaum Fleisch verwendet wurde, haben Tofu und Seitan keine lange Tradition als proteinreiche pflanzliche Lebensmittel, sondern Würzmittel wie Sojasauce und Miso. Ausgehend vom europäischen Vegetarismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der Reformküche wurden aus ethischen und gesundheitlichen Gründen Rezepte und Zutaten entwickelt, die Fleischgerichte und Fleischprodukte imitieren, wie Bratlinge und Hefeextrakt. In der Lebensmittelindustrie wurden und werden Fleischersatzprodukte wie texturiertes Soja und Quorn entwickelt, um Produkte für Vegetarier anbieten zu können, aber auch, um Fleisch durch preisgünstigere Ausgangsstoffe ersetzen zu können. Die wichtigsten sind dabei Soja, Weizenkleber und Pilz- oder Bakterienkulturen, die durch chemische und mechanische Behandlung denaturiert werden, um ein fleischähnliches Produkt zu erzielen, das anschließend aromatisiert wird. Fleischersatz aus Pflanzen, Pilzen und Bakterien enthält, anders als Fleisch, kein Cholesterin.
Inhaltsverzeichnis
Pilze und Gemüse
Einige Pilze und Gemüse können direkt wie Fleisch gebraten werden und behalten bei richtiger Zubereitung eine ähnlich bissfeste Konsistenz. Besonders einige Pilze haben darüber hinaus einen fleischähnlichen Geschmack, auch weil sie Glutamat enthalten. Beim Anbraten bilden sich durch die Maillard-Reaktion Röststoffe, die sie zusammen mit den enthaltenen Aromastoffen besonders würzig machen. Diese Pilze und Gemüse enthalten jedoch nicht überdurchschnittlich viele Proteine, weshalb sie eher geschmacklich und haptisch als Fleischersatz gelten können.
- Austernseitling. Der Austernseitling wird auch „Kalbfleischpilz“ genannt und hat eine dem Kalbfleisch vergleichbare Farbe und Konsistenz. Der Geschmack ist sehr mild, weshalb er kräftig goldbraun angebraten werden sollte.
- Brätling. Ein aromatischer Pilz, der gebraten und nicht gedünstet oder gekocht werden sollte.
- Krause Glucke. Der an einen Badeschwamm erinnernde Pilz ist auch gar bissfest und hat einen milden, leicht fleischigen Geschmack.
- Leberreischling. Ein Baumpilz, der ähnlich wie Steak zubereitet wird.
- Parasol. Die Hüte werden gebraten oder frittiert, auch paniert wie Wiener Schnitzel. Der Geschmack erinnert etwas an Wild.
- Riesenbovist. In Scheiben geschnitten wird er ebenfalls paniert in der Pfanne gebraten. Er hat ein mild fleischiges Aroma.
- Schwefelporling. Der Geschmack junger Schwefelporlinge erinnert deutlich an Hühnchen.
- Shiitake. Sehr würziger, festfleischiger Pilz mit rindfleischähnlichem Aroma.
- Steinpilz. Besonders getrocknet verleiht er Gerichten einen kräftigen Geschmack.
- Knollensellerie. Als Sellerieschnitzel ein Klassiker der vegetarischen Küche.
- Steckrübe. Steckrüben können ähnlich wie Sellerie zubereitet werden, haben aber einen milderen, süßeren Geschmack. Sie dienten vor allem in Notzeiten als Fleischersatz.
Getreide- und Gemüseprodukte
Besonders in der asiatischen Küche hat die Gewinnung proteinreicher Produkte aus Hülsenfrüchten, vor allem Soja, und Getreide eine lange Tradition. Vergleichbar zur Käseherstellung wird dabei das enthaltene Protein durch Gerinnung ausgefällt und gesammelt, wodurch sich die Proteinkonzentration auf mit Fleisch vergleichbare Mengen erhöht. Das Verhältnis der Aminosäuren ist jedoch meist ungünstiger als bei Fleisch, was diese Produkte für den Aufbaustoffwechsel etwas weniger effizient macht. Der Geschmack ist sehr mild. Einen Vergleich diverser Fleischersatzprodukte hat die Verbraucherzentrale Hamburg zusammengestellt.<ref> Verbraucherzentrale Hamburg (2014) Pflanze statt Fleisch: Soja-, Weizen- und Lupinenprodukte im Check.</ref>
- Lupine. Aus Lupinensamen, z.B. zur Herstellung von Lupinenwürstchen.
- Seitan (Weizenfleisch). Durch Auswaschen von Mehlteig gewonnenes Weizenprotein mit fleischähnlicher Konsistenz.
- Soja-Granulat. Geschrotete Sojabohnen, die eingeweicht wie Hackfleisch verwendet werden können.
- Tempeh. Gekochte Sojabohnen werden mit einem Schimmelpilz geimpft und fermentiert. Die mild-nussig schmeckende Masse kann gebraten oder frittiert werden.
- Tofu (Sojaquark). Das Sojaprotein gerinnt in einem ähnlichen Prozess wie Milchprotein bei der Herstellung von Frisch- oder Molkekäse.
- Yuba. Ähnlich der Milchhaut bildet sich auch bei erhitzter Sojamilch eine geronnene Proteinschicht auf der Oberfläche. Sie wird abgenommen, getrocknet und kann später vielseitig verwendet werden.
Aus Getreide, Hülsenfrüchten und Pilzen können durch Hydrolyse sehr intensive, glutamatreiche Würzmittel hergestellt werden, die ein fleischähnliches Aroma besitzen. Sie werden häufig zum Würzen von Seitan, Tofu usw. verwendet.
- Miso. Eine Würzpaste aus vergorenem Soja und Getreide mit konzentriertem, fleischähnlichem Aroma.
- Sojasauce. Ebenfalls aus vergorenem Soja und Getreide hergestellt, wird die Masse mit Schimmelpilzen geimpft und reift für Monate, bis die Flüssigkeit abgepresst wird. Bei der industriellen Herstellung kommen auch andere, zeitsparende Verfahren zur Anwendung.
- Würze ist durch Hydrolyse denaturiertes Pflanzenprotein mit weiteren Zutaten. Die bekannteste Würze ist sicher die Maggi-Würze, deren Geschmack an Sojasauce erinnert. Auch Brühwürfel bestehen im Wesentlichen aus Würze. In der Lebensmittelindustrie wird sie für zahlreiche Produkte eingesetzt, um ihnen ein fleischigeres Aroma zu verleihen.
- Hefeextrakt entspricht weitgehend der Würze, wird jedoch aus Hefe hergestellt und hat einen sehr charakteristischen Eigengeschmack.
Durch Gärung können auch einige eingelegte Gemüse und Wurzeln fleischähnliche Eigenschaften bekommen.
- Tsa Tsai. Milchsauer eingelegt haben die Speicherwurzeln einer asiatischen Kohlart eine fleischige, bissfeste Konsistenz und einen intensiven, unverwechselbaren Geschmack.
Fleischimitate
Fleischimitate (auch „Novel Protein Food“ genannt) werden nur industriell hergestellt und versuchen, Fleisch und Fleischprodukte möglichst täuschend nachzuahmen. Sie bestehen meist aus denaturiertem Pflanzen- oder Pilzprotein, das durch Behandlung im Extruder eine fleischähnliche Konsistenz und teilweise durch Zugabe von Aromen einen fleischähnlichen Geschmack erhält. Bei der Entwicklung solcher Produkte geht es nicht immer darum, die Bedürfnisse von Vegetariern zu erfüllen, sondern auch darum, Fleisch durch kostengünstigere Ausgangsstoffe ersetzen zu können.
- Texturiertes Soja („Sojafleisch“): Extrudiertes, entfettetes Sojabohnenmehl.
- Quorn: Gebundenes, fermentiertes Schimmelpilzmyzel.
- Milchschnitzel: Schnitzel mit fleischartiger Konsistenz v. a. aus Magermilchpulver
Aus diesen und ähnlichen Grundstoffen werden unter Zugabe weiterer Zutaten wie Bindemitteln, Wasser, Gewürzen und Aromen auch Produkte hergestellt, die Fleischprodukte und -gerichte nachahmen, wie den Wiener Würstchen nachempfundene geräucherte Sojawürstchen in Eigenhaut, Schnitzel aus texturiertem Soja und ähnliches.
Wissenschaftler der Universität Maastricht stellten im August 2013 den ersten Stammzellen-Burger vor. Dieser wurde im Labor aus Muskelstammzellen eines Rindes gezüchtet.<ref>NTV Online Abgerufen am 25. Oktober 2013.</ref>
Literatur
- Jason Wyrick: Meat Subs. In: Vegan Culinary Experience, März 2009. Abgerufen am 15. April 2011.
- Su-hsin Huang: The Authenticity of Fake Meats. In: Interdisciplinary Studies in Literature and Environment. 18. Dezember 2012, 1759-1090 ISSN 1076-0962, 1759-1090. doi:10.1093/isle/iss108.
- Anneke Schülein: Fleischersatz unter der Lupe. In: UGB-Forum 4/11, S. 179-180. Abgerufen am 21. Juni 2013.
Einzelnachweise
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