Galalith


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche
Datei:White casein Australian Royal Airforce pre-1953 buttons.jpg
Weiße Knöpfe der Royal Australian Air Force aus Galalith. Der obere linke Knopf weist Crazes (Haarrisse) auf, wie sie v.a. bei zu hoher Waschtemperatur entstehen.
Datei:Galalith Synthesis SCHEMATIC V1.png
Vernetzung von zwei Proteinketten (oben) über eine Methylen-Gruppe (unten) durch Reaktion mit Formaldehyd (H2CO) – schematische Darstellung.

Galalith (Kunsthorn, Milchstein; in Großbritannien Erinoid) ist ein alter Handelsname für einen Casein-Kunststoff, der 1897 von Wilhelm Krische und Adolf Spitteler entwickelt wurde.<ref>Galalith bei design20.eu</ref>

Die Verwendung von Casein als Kunststoff ist alt, so wurde daraus im 16. Jahrhundert ein Kunsthorn von dem Benediktinermönch Wolfgang Seidel in Bayern hergestellt und die Gebrüder Lilienthal stellten damit im 19. Jahrhundert Bauklötzchen her. Die Idee zum Galalith entstand, als der Hannoveraner Drucker Wilhelm Krische einen Auftrag für weiße, nicht brennbare Schultafeln erhielt und dazu Pappe mit Casein überziehen wollte. Da dieser aber nicht haftete, zog er den Chemiker Spitteler hinzu. Dies führte zwar zu keinem Erfolg im Ursprungsprojekt, man fand aber einen neuen Kunststoff.

Galalith entsteht aus Casein und Formaldehyd durch Vernetzung der Proteinketten über Methylen-Gruppen unter Wasserabspaltung.<ref name=Biederbick>Karlheinz Biederbick: Kunststoffe, Vogel-Verlag, 4. Auflage, 1977, S. 172, ISBN 3-8023-0010-6.</ref> Das gemahlene Rohcasein wird mit Wasser angefeuchtet, mit Füllstoffen, Farblösungen und weiteren Zusätzen vermischt und durch Wärme und Druck plastifiziert. Durch spezielle Pressen entstehen daraufhin Halbzeuge, wie Rohre, Stäbe oder einfach nur Platten und Blöcke. Diese werden mittels Einlegen in Formaldehydbädern gehärtet und in Warmluft getrocknet. Es entsteht ein unbrennbarer Werkstoff mit günstigen Zähigkeitseigenschaften und einem warmen Farbton. Kunsthorn kann zwischen 100 und 120 °C warmverformt werden und anschließend problemlos spanend weiterbearbeitet werden. Die Eigenschaft seiner hohen Wasseraufnahmefähigkeit schränkt dessen Verwendung wiederum stark ein.

Galalith wurde bis etwa Mitte der 1930er Jahre in großen Mengen in Deutschland hergestellt und zunächst u. a. zur Herstellung von Knöpfen, Schmuck und Besteckgriffen verwendet<ref>Silvia Glaser: Galalith. In: Historische Kunststoffe im Germanischen Nationalmuseum. Verlag des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 2008, ISBN 978-3-936688-37-5, S. 11–12.</ref> und später auch für die Isolierung elektrischer Anlagen, insbesondere in Waffensystemen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verlor Galalith durch die Entwicklung neuer, vollsynthetischer Kunststoffe nach und nach an Bedeutung, denn diese waren erstens billiger in ihren Grundstoffen (Erdöl statt Milch) und zweitens weniger bröckelig als Galalith. Aufgrund seiner Materialeigenschaften führt Galalith immer noch ein Nischendasein etwa bei Stricknadeln, Füllfederhaltern oder Plektren.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

<references />