Gaswäscher
Ein Gaswäscher (englisch scrubber), Nassabscheider oder Absorber ist ein verfahrenstechnischer Apparat, in dem ein Gasstrom mit einem Flüssigkeitsstrom in Kontakt gebracht wird, um Bestandteile des Gasstroms in der Flüssigkeit aufzunehmen. Bei den übergehenden Bestandteilen des Gasstromes kann es sich um feste, flüssige oder gasförmige Stoffe handeln. Als Waschflüssigkeit können reine Lösungsmittel wie Wasser, aber auch Suspensionen wie Kalkmilch (Rauchgasentschwefelung), eingesetzt werden. Gaswäscher können zeitgleich zur Entstaubung und zur Abscheidung von Schadgasen verwendet werden. In der Regel muss ihnen noch ein Tropfenabscheider nachgeschaltet werden.<ref>VDI 3679 Blatt 3:2010-6 Nassabscheider; Tropfenabscheider (Wet separators; Mist eliminators). Beuth Verlag, Berlin. S. 3.</ref>
Inhaltsverzeichnis
Aufbau
In vielen Bauformen gliedert sich der Gaswäscher in sechs Bereiche. Von unten nach oben haben sie folgende Aufgabe:
- im Sumpf des Gaswäschers sammelt sich die Waschflüssigkeit und wird zurück in den Wäscherkreislauf geführt oder abgezogen,
- im Gaszulauf wird das Gas aufgegeben und durch geeignete Strömungsführung (z. B. durch Einbauten) eine gleichmäßige Beaufschlagung des Innenraumes erreicht,
- in der Kontaktstrecke findet das Auswaschen der sich im Gasstrom befindenden Bestandteile statt,
- in der Waschflüssigkeitaufgabe wird die Waschflüssigkeit aufgegeben und verteilt,
- im Tropfenabscheider werden mitgerissene Bestandteile der Waschflüssigkeit abgeschieden und
- im Kopf verlässt der gereinigte Gasstrom den Gaswäscher.
Bauformen
Gaswäscher lassen sich nach verschiedenen Kriterien unterscheiden. Unterscheidungsmerkmale sind unter anderem
- das etwaige Vorhandensein von Einbauten und die Frage, ob diese beweglich oder statisch sind,<ref name="q1">Karl Georg Schmidt: Naßwaschgeräte aus der Sicht des Betriebsmannes. In: Staub: Zeitschrift für Staubhygiene, Staubtechnik, Reinhaltung der Luft, Radioaktive Schwebestoffe. 24, Nr. 11, 1964, ISSN 0949-8036, S. 485–491.</ref>
- der Energieeintrag zur Erzeugung einer großen spezifischen Oberfläche der Waschflüssigkeit (ob durch die Waschflüssigkeit, das Gas oder bewegliche Einbauten),<ref name="q2">Matthias Stieß: Mechanische Verfahrenstechnik 2. Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York 1994, ISBN 3-540-55852-7, S. 32–35.</ref>
- der spezifische Bedarf an Waschflüssigkeit,.<ref> VDI 3679 Blatt 1:2014-07 Nassabscheider; Grundlagen, Abgasreinigung von partikelförmigen Stoffen (Wet separators; Fundamentals, waste gas cleaning of particle collections). Beuth Verlag, Berlin. S. 44.</ref>
- die strömungstechnische Konzeption.<ref name="q3">Klaus Holzer: Erfahrungen mit naßarbeitenden Entstaubern in der chemischen Industrie. In: Staub – Reinhalt. Luft. 34, Nr. 10, 1974, ISSN 0949-8036, S. 361–365.</ref>
Zu den bekanntesten Bauformen der Gaswäscher zählen:
- Tauchwäscher (Blasensäule)
- Sprühwäscher
- Füllkörper- oder Bodenkolonne
- Strahlwäscher
- Wirbelwäscher
- Rotationswäscher
- Venturiwäscher
Daneben gibt es Sonderformen, die häufig Abwandlungen der oben genannten Bauformen sind oder mit anderen Verfahren kombiniert werden. Dazu zählen sogenannte Kondensations- und Ionisationswäscher.<ref> VDI 3679 Blatt 1:2014-07 Nassabscheider; Grundlagen, Abgasreinigung von partikelförmigen Stoffen (Wet separators; Fundamentals, waste gas cleaning of particle collections). Beuth Verlag, Berlin. S. 42.</ref>
Funktionsprinzip
Der Wäscherbertrieb zielt darauf ab, für einen möglichst guten Stoffübergang eine möglichst große Flüssigkeitsoberfläche zu erzeugen. Dies kann durch das Erzeugen von Blasen oder Tropfen oder durch das Berieseln von festen Oberflächen erfolgen.<ref name="q2" /> Zur Erzeugung einer vergrößerten Flüssigkeitsoberfläche ist der Einsatz von Energie notwendig. Diese kann in Form von Druckverlust des strömenden Gases, wie beispielsweise beim Venturiwäscher, in Form von kinetischer Energie der Waschflüssigkeit (Strahlwäscher) oder über bewegliche Einbauten (Rotationswäscher) eingebracht werden.
Werden Tropfen erzeugt, so nehmen diese vergleichsweise schnell die Geschwindigkeit des sie umgebenden Gases an.<ref name="q4">Ekkehard Weber: Stand und Ziel der Grundlagenforschung bei der Naßentstaubung. In: Staub – Reinhalt. Luft. 29, Nr. 7, 1969, ISSN 0949-8036, S. 272–277.</ref>
Besonderheiten bei der Absorption
Zur theoretischen Beschreibung der Absorptionsvorgänge kann auf die Ansätze von Raoult und Henry zurückgegriffen werden.<ref>VDI 3679 Blatt 2:2014-07 Nassabscheider; Abgasreinigung durch Absorption (Wäscher) (Wet separators; Waste gas cleaning by absorption (scrubbers)). Beuth Verlag, Berlin. S. 10.</ref> Der Gaswäscher funktioniert ähnlich wie die Rektifikationskolonne durch wiederholte Misch- und Trennvorgänge der flüssigen und gasförmigen Phase mit Bildung von Phasengleichgewichten. Absorber können sowohl von der Flüssigphase als auch der Gasphase im Gleich-, Kreuz- oder Gegenstrom durchströmt werden.<ref name="q5">VDI 3679 Blatt 2:2014-07 Nassabscheider; Abgasreinigung durch Absorption (Wäscher) (Wet separators; Waste gas cleaning by absorption (scrubbers)). Beuth Verlag, Berlin. S. 29.</ref>
Die Effizienz der Gaswäscher wird bestimmt durch
- die Kontaktzeit,
- Oberfläche der Waschflüssigkeit,
- die Diffusionsstrecke in der Gasphase,
- die Konzentrationsdifferenz zwischen Gasphase und Flüssigphase bzw.
- einer zugemischten Chemikalie, die als Reaktionspartner für den absorbierten Stoff dient.<ref>VDI 3679 Blatt 2:2014-07 Nassabscheider; Abgasreinigung durch Absorption (Wäscher) (Wet separators; Waste gas cleaning by absorption (scrubbers)). Beuth Verlag, Berlin. S. 32.</ref>
Die Effizienz kann daher gesteigert werden durch
- eine größere Verweildauer,
- eine Maximierung der Oberfläche der Waschlösung durch den Einsatz spezieller Düsen, Einbauten und Füllkörper oder
- eine Absenkung der Konzentration in der Flüssigphase durch mehr Waschflüssigkeit oder eine chemische Reaktion.
Bei der Absorption von Gasen ist mit der Freisetzung von Wärme zu rechnen.<ref>VDI 3679 Blatt 2:2014-07 Nassabscheider; Abgasreinigung durch Absorption (Wäscher) (Wet separators; Waste gas cleaning by absorption (scrubbers)). Beuth Verlag, Berlin. S. 7.</ref> Bei höheren Schadgaskonzentrationen ist dieser Umstand bei der Auslegung des Wäschers zu berücksichtigen. Chemische Reaktionen der Gasbestandteile mit der Waschflüssigkeit können zu Verkrustungen an Oberflächen und Einbauten führen. Beim Einsatz von Düsen, wie z. B. beim Sprühwäscher, ist mit deren Verstopfung zu rechnen. Zur Vermeidung zusätzlicher Emissionen sollte die Waschflüssigkeit einen niedrigen Dampfdruck aufweisen.<ref name="q5"/>
Besonderheiten bei festen oder flüssigen Bestandteilen im Gas
Nassabscheider zur Abscheidung von Partikeln entstanden aus der Weiterentwicklung von Massenkraftabscheidern.<ref name="q4"/> so sind bei Wäschern, die mit Tropfenerzeugung arbeiten, die erzeugten Tropfen in der Regel deutlich größer als die abzuscheidenden Partikel und lassen sich am Apparateausgang vergleichsweise einfach mittels Tropfenabscheider abscheiden.
Die Staubabscheideleistung hängt im Wesentlichen von der eingesetzten Energie ab. Venturiwäscher weisen einen hohen Druckverlust auf, sind aber in der Lage, auch Partikel mit einem Durchmesser von 0,5 µm zu über 99 % abzuscheiden. Nachteilig ist bei der Staubabscheidung die Entstehung von Schlämmen, die aber aufbereitet werden können.<ref name="q1" />
Anwendungsgebiete
Anwendungsgebiete von Gaswäschern sind unter anderem:
- Absorption von im Rauchgas enthaltenen Schwefeldioxid und Gewinnung von Schwefelsäure.<ref>VDI 3679 Blatt 1:2014-07 Nassabscheider; Grundlagen, Abgasreinigung von partikelförmigen Stoffen (Wet separators; Fundamentals, waste gas cleaning of particle collections). Beuth Verlag, Berlin. S. 46.</ref>
- Abgasentschwefelung in der Seeschifffahrt.
- Abscheidung von Quecksilber aus Verbrennungsabgasen.<ref>VDI 3927 Blatt 2:2015-05 Abgasreinigung; Minderung von anorganischen und organischen Spurenstoffen in Abgasen von Verbrennungsprozessen (Rauchgasen) (Waste gas cleaning; Reduction of inorganic and organic trace species in combustion flue gases). Beuth Verlag, Berlin. S. 79.</ref>
- die Aminwäsche (Abtrennen von sauren Gasen, insbesondere Schwefelwasserstoff und Kohlendioxid, aus Erdgas und Biogas meistens durch Mono- und Diethanolamin als Waschmittel).
- In der Halbleitertechnologie müssen Abgase von Prozessanlagen gereinigt werden. Verschiedene hydrolisierbare Silane und korrosive Gase wie HCl oder Amine können mit einem Gaswäscher entfernt werden.<ref>Crystec Technology Trading GmbH: Die Nutzung von Gaswäschern in der Halbleiterindustrie. Abgerufen am 31. Dezember 2010.</ref>
- Oxidierende Gaswäsche von Klärgasen mit Wasserstoffperoxid.<ref>VDI 3679 Blatt 4:2014-10 Nassabscheider; Abgasreinigung durch oxidierende Gaswäsche (Wet separators; Waste gas cleaning by oxidative gas scrubbing). Beuth Verlag, Berlin, S. 9.</ref>
Gaswäscher weisen eine hohe Betriebssicherheit auf. Sie sind besonders geeignet, wenn Funkenflug, Feuer- und Explosionsgefahr zu befürchten sind.<ref name="q1" /> Nachteilig kann eine Aerosolbildung durch die Waschflüssigkeit sein.<ref name="q3"/>
Literatur
- VDI 3679 Blatt 1:2014-07 Nassabscheider; Grundlagen, Abgasreinigung von partikelförmigen Stoffen (Wet separators; Fundamentals, waste gas cleaning of particle collections). Beuth Verlag, Berlin. (Zusammenfassung und Inhaltsverzeichnis online).
Weblinks
Einzelnachweise
<references />