Hagel
Hagel ist eine Form von Niederschlag, der aus Eisklumpen besteht und überwiegend in warmen Jahreszeiten und Gegenden auftritt. Zur Abgrenzung spricht man erst bei einem Durchmesser von über 0,5 Zentimetern von Hagel bzw. Eishagel, darunter von Graupel. Bei Aggregaten von Schneeflocken mit einem Durchmesser unter einem Millimeter spricht man von Griesel.
Inhaltsverzeichnis
Etymologie
Die ebenfalls gebräuchliche Bezeichnung Schloße für ein Hagelkorn ist namensgebend für den Farbnamen schlohweiß (dissimiliert aus schloßweiß), was also „weiß wie ein Hagelkorn“ bedeutet und einen hellen, fahlen Weißton bezeichnet.
Entstehung
Hagelkörner entstehen in den niedrigeren Schichten von Gewitterwolken bzw. innerhalb einer Gewitterzelle durch unterkühltes Wasser, das an Kristallisationskernen zu Eis gefriert. Diese Kerne müssen dabei in vergleichsweise geringer Zahl vorkommen, so dass die je Kern zur Verfügung stehende Wassermenge ausreichend groß ist, um ein schnelles Wachstum zu ermöglichen. Da es sich also um sehr wasserreiche Wolken handelt, haben die über Phasenumwandlungen umgesetzten latenten Wärmemengen eine starke Labilität der Temperaturschichtung innerhalb der Wolke zur Folge. Die hierdurch erzeugten starken Aufwinde von durchaus 20 bis 30 m/s sind ein weiterer wichtiger Faktor für die Hagelbildung, denn die Gefrierungsprozesse haben eine stetige Massenzunahme der Partikel zur Folge. Ohne einen Aufwind würden die Partikel durch die Schwerkraft absinken, sich aus der Wolke entfernen und dadurch nicht weiter anwachsen können.
Es zeigt sich dabei, dass der Aufwind innerhalb einer Wolke unterschiedlich stark ist und Partikel dadurch einen Kreislauf durchfahren können. Zunächst werden sie durch den Aufwind angehoben, danach fallen sie wieder in tiefere Luftschichten, nehmen weiteres Wasser auf, werden abermals nach oben gerissen, und zusätzliches Wasser gefriert an. Dieser Vorgang wiederholt sich solange, bis ein Hagelkorn zu schwer ist, um von den Aufwinden getragen zu werden. Aus der Größe der Hagelkörner kann daher auf die Windstärke im Inneren der Gewitterwolke geschlossen werden, was in der Umkehrung auch zur Prognose von Hageldurchmessern dient.
Die stufenweise Entstehung der Hagelkörner kann an den einzelnen Anlagerungsschichten, aus denen ein Hagelkorn besteht, abgelesen werden. Dabei deuten die klaren Schichten auf eine sehr wasserreiche Umgebung mit dementsprechend schnellem Gefrieren hin, während die trüben Bereiche auf niedrigere Wassergehalte zurückgehen. Die Trübung selbst wird dabei durch unzählige kleine Lufteinschlüsse hervorgerufen. Ist das Hagelkorn letztendlich zu schwer und sinkt aus dem Aufwindbereich ab, so kommt es aufgrund der Größe des Hagelkorns und einer Temperatur von meist unter 0 °C nicht zu einem Aufschmelzen.
Verbreitung
Weltweit sind am stärksten die Mittleren Breiten von Hagelereignissen betroffen, insbesondere Zentral- und Südeuropa, die USA, Mexiko, Ostchina, Argentinien, Südafrika und Südost-Australien. Jedoch sind vereinzelt bei entsprechenden Bodengegebenheiten auch äquatornahe Gebiete betroffen, darunter Kenia (insbesondere die Region Kericho) oder Äthiopien. Auch an Gebirgsrändern tritt häufiger Hagel auf, zum Beispiel an den Anden in Peru, Ecuador und Kolumbien oder am Himalaya im Norden Indiens oder in Nepal.
Größe und Fallgeschwindigkeit
Die Größe von Hagelkörnern variiert stark: Die Hagelschaden-Skala der Schweizerischen Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen unterscheidet elf Intensitätsklassen, die von kleinem Hagel unter 0,5 cm bis zu außergewöhnlich großem Hagel von über 10 cm Durchmesser reicht.<ref>Kapitel Hagel in der Broschüre zum Objektschutz gegen meteorologische Naturgefahren, Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen</ref> Das Gewicht der Körner variiert entsprechend zwischen 0,1 g und mehr als 0,5 kg. Zu Schäden an Autos, Glasscheiben und Zelten kommt es ab einem Durchmesser von etwa 2 cm; Hagelkörner dieser Größe erreichen Fallgeschwindigkeiten von etwa 70 km/h; kleinerer Hagel fällt langsamer (ca. 35 km/h), außergewöhnlich großer kann dagegen Geschwindigkeiten von über 150 km/h erreichen. Laut Nachrichtensender CNN wurde das größte Hagelkorn in der US-Geschichte mit 20 cm Durchmesser und einem Gewicht von 875 g am 9. August 2010 im amerikanischen Bundesstaat South Dakota gefunden.<ref>wetter.t-online.de: Hagelkorn in den USA bricht gleich zwei Rekorde</ref>
Hagelschäden
Hagelschauer können beträchtliche Schäden verursachen, an Pflanzen und Tieren, aber auch an Gebäuden und Autos.<ref>Hagelschaden 30.000 Volkswagen verbeult</ref> Der Großteil der landwirtschaftlichen Anbauflächen ist ohne Schutz dem Hagel ausgesetzt. Zudem verursachen Hagelschläge hohe Schäden an Bäumen und senken damit den Waldbestand. Aufgrund der geringen Ausdehnung eines Hagelschlags sind meistens nur begrenzte Schäden zu verzeichnen. Der Hagelschlag mit der höchsten Schadensumme fand 1984 in München statt. Der Schaden belief sich auf über 1,5 Milliarden €. 2013 führte Hagelschlag, insbesondere die Ereignisse in Baden-Württemberg und Niedersachsen am 27./28. Juli, zu Schäden von insgesamt 2,7 Milliarden €.<ref>Versicherer zahlen 2,7 Milliarden Euro an ihre Kunden für Hagelschäden. Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., 8. Oktober 2013, abgerufen am 10. Juni 2014. </ref>. Auch was Hagelschäden an Autos angeht, war 2013 ein bemerkenswertes Jahr: 635.000 Autos in Deutschland wurden durch Hagelschauer beschädigt - so viele wie noch nie. Dadurch entstand ein versicherter Schaden von 1,5 Milliarden Euro.<ref>http://www.gdv.de/2014/11/hagel-verursacht-schaeden-in-rekordhoehe/</ref>
Das unter Umständen existenzielle finanzielle Risiko von Ernteausfällen durch Hagel kann nur durch Spezialversicherungen (Hagelversicherung) abgesichert werden. Die Hagelversicherung ist eine Form der Schadenversicherung, bei der die versicherten Bodenerzeugnisse, insbesondere alle wirtschaftlich nutzbaren Pflanzen, gegen Schäden, die durch Einwirkung des Hagelschlags entstehen, versichert sind. Auch Gewächshäuser können eingeschlossen werden. Die Wohngebäudeversicherung übernimmt die Schäden durch Hagel an Häusern<ref>http://www.gdv.de/versicherungen/wohngebaeudeversicherung/</ref>. An Fahrzeugen greift bei Hagelschäden die Teilkaskoversicherung<ref>http://www.gdv.de/versicherungen/kaskoversicherungen/</ref>.
Wegen der teilweise beträchtlichen Hagelschäden wurde schon recht früh versucht, Mittel und Wege zu entwickeln, um Hagel zu vermeiden.
Häufigkeit
Der Klimawandel scheint einen Einfluss auf die Häufigkeit des Auftretens von Hagelunwettern zu haben. Wie Forscher der Universität Karlsruhe herausfanden, hat die Zahl der Hagelgewitter in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. Habe die Zahl der Tage mit Hagelschäden 1986 noch bei fünf gelegen, so sei sie 2004 auf 34 gewachsen.<ref>Joachim Wille: Europa im Sturm. In: Frankfurter Rundschau, 25. Juli 2009.</ref>
Hagelabwehr
Zur Vermeidung von Hagelschäden wurden seit der Antike verschiedenste Methoden eingesetzt, von Bittopfern, rituellen Prozessionen, dem Wetterläuten und Schutzzeichen bis zu technischen Methoden wie dem Beschuss der Gewitterwolken mit Böllern, Kanonen und Raketen. Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde das Einbringen von Silberiodid (AgI) in die Wolken als Methode entdeckt. Silberjodid ist eiskeimbildend und soll durch zusätzliche Kristallisationkeime die Bildung größerer Hagelkörner verhindern. Die Ausbringung des AgI erfolgt vorwiegend durch Raketen oder speziell ausgerüstete Kleinflugzeuge, sog. Hagelflieger. Die Effektivität der Hagelbekämpfung mit Silberiodid ist wissenschaftlich bislang nicht belegt.
Ein weiterer Versuch wird mit Hagelkanonen unternommen. Diese bestehen meist aus einem kleinen ISO-Container mit aufgesetztem Trichter und senden im Abstand einiger Sekunden stoßweise Schallwellen aus. Damit soll die Hagelbildung gestört und der Hagel in Nassschnee umgewandelt werden. Die Methode wird von Ingenieuren und Meteorologen für wirkungslos gehalten.
Zudem werden in der Landwirtschaft Hagelschutznetze aus Polyethylen (PE) verwendet, die über kompletten Pflanzen gespannt werden und die Hagelkörner im Traufebereich herabfallen lassen.
Weblinks
- Kompetenzzentrum Hagel – Fachportal zum Thema Hagel
- Übersichtsartikel zu Hagel, seine Entstehung und Abwehr; mit Schwerpunkt auf der Schweiz (PDF-Datei; 787 kB)
- Hageltabelle (PDF; 64 kB)
- Video zu Hagelkanone
Einzelnachweise
<references />