Harmonische Funktion


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Datei:Laplace's equation on an annulus.svg
Eine harmonische Funktion definiert auf einem Kreisring.

In der Analysis heißt eine reellwertige, zweimal stetig differenzierbare Funktion harmonisch, wenn die Anwendung des Laplace-Operators auf die Funktion null ergibt, die Funktion also eine Lösung der Laplace-Gleichung ist. Das Konzept der harmonischen Funktionen kann man auch auf Distributionen und Differentialformen übertragen.

Definition

Sei <math>U \subseteq \mathbb{R}^n</math> eine offene Teilmenge. Eine Funktion <math>f : U \rightarrow \mathbb{R}</math> heißt harmonisch in <math>U</math>, falls sie zweimal stetig differenzierbar ist und für alle <math>x \in U</math>

<math>\Delta f(x) = 0</math>

gilt. Dabei bezeichnet <math>\Delta = \tfrac{\partial^2}{\partial x_1^2} + \tfrac{\partial^2}{\partial x_2^2} + \cdots + \tfrac{\partial^2}{\partial x_n^2}</math> den Laplace-Operator.

Mittelwerteigenschaft

Die wichtigste Eigenschaft harmonischer Funktionen ist die Mittelwerteigenschaft, welche äquivalent ist zur Definition:

Eine stetige Funktion <math>f : U \rightarrow \mathbb{R}</math> ist genau dann harmonisch, wenn sie die Mittelwerteigenschaft erfüllt, das heißt, wenn

<math>f(x) = \frac{1}{r^{n-1} s_n} \int_{\partial B(x, r)} f(y) \mathrm{d} \sigma(y)</math>

für alle Kugeln <math>\ B(x, r)</math> mit <math>\overline{B}(x, r) \subset U</math>. Hierbei bezeichnet <math>\ s_n</math> das Oberflächenmaß der <math>n</math>-dimensionalen Einheitssphäre.

Weitere Eigenschaften

Die weiteren Eigenschaften der harmonischen Funktionen sind größtenteils Konsequenzen der Mittelwerteigenschaft.

  • Maximumprinzip: Im Innern eines zusammenhängenden Definitionsgebietes <math>U</math> nimmt eine harmonische Funktion ihr Maximum und ihr Minimum nie an, außer wenn sie konstant ist. Besitzt die Funktion zudem eine stetige Fortsetzung auf den Abschluss <math>\overline{U}</math>, so werden Maximum und Minimum auf dem Rand <math>\partial U</math> angenommen.
  • Glattheit: Eine harmonische Funktion ist beliebig oft differenzierbar. Dies ist insbesondere bei der Formulierung mit Hilfe der Mittelwerteigenschaft bemerkenswert, wo nur die Stetigkeit der Funktion vorausgesetzt wird.
  • Abschätzung der Ableitungen: Sei <math>f</math> harmonisch in <math>U</math>. Dann gilt für die Ableitungen
    <math style="margin-left:2em">\left| D^\alpha f(x)\right| \leq \frac{\left(2^{n+1} n |\alpha|\right)^{|\alpha|}}{v_n} \left\|f\right\|_{L^1(B(x,r))},</math>
    wobei <math>v_n</math> das Volumen der <math>n</math>-dimensionalen Einheitskugel bezeichnet.
  • Analytizität: Aus der Abschätzung der Ableitungen folgt, dass jede harmonische Funktion in eine konvergente Taylorreihe entwickelt werden kann.
  • Satz von Liouville: Eine beschränkte harmonische Funktion <math>f:\mathbb{R}^n \rightarrow \mathbb{R}</math> ist konstant.
  • Harnack-Ungleichung: Für jede zusammenhängende, offene und relativ kompakte Teilmenge <math>V \subset\subset U</math> gibt es eine Konstante <math>C \geq 0</math>, die nur von dem Gebiet <math>V</math> abhängt, so dass für jede in <math>U</math> harmonische und nichtnegative Funktion <math>f</math></br

/><math style="margin-left:2em">\sup_V f \leq C \inf_V f</math>
gilt.

  • Im Sonderfall <math>n = 2</math> für ein einfach zusammenhängendes Gebiet <math>U \subset \mathbb{R}^2 \cong \mathbb{C}</math> können die harmonischen Funktionen als Realteile analytischer Funktionen einer komplexen Variablen aufgefasst werden.
  • Jede harmonische Funktion ist auch eine biharmonische Funktion.

Beispiel

Die Grundlösung

<math>S(x) := \left\{\begin{array}{ll}-\frac{1}{2\pi}\ln|x|\ ,&n=2\ ,\\

\frac{1}{(n-2)\omega_n}\frac{1}{\|x\|^{n-2}}\ ,&n \geq 3\ ,\\\end{array}\right.</math> ist eine auf <math>\mathbb{R}^n\setminus\{0\}</math> harmonische Funktion, worin <math>\omega_n</math> das Maß der Einheitssphäre im <math>\mathbb{R}^n</math> bezeichnet. Versehen mit dieser Normierung spielt die Grundlösung eine fundamentale Rolle in der Theorie zur Poisson-Gleichung.

Literatur

  • Lawrence C. Evans: Partial Differential Equations. Reprinted with corrections. American Mathematical Society, Providence RI 2002, ISBN 0-8218-0772-2 (Graduate studies in mathematics 19).