Harzer Käse
Harzer Käse (in rollenförmiger Verpackung auch: Harzer Roller) ist ein mit Gelb- oder Rotschmierekulturen gereifter Sauermilchkäse aus Kuhmilch, der zu den Standardsorten nach der deutschen Käseverordnung gehört. Er hat eine glatte Oberfläche mit goldgelber bis rötlich-brauner Schmiere, geschmeidig-festen, weißlichen bis leicht gelblichen Teig und schmeckt mild pikant bis pikant.<ref name="käseverordnung" />
Inhaltsverzeichnis
Herkunft
Harzer Käse stammt ursprünglich aus dem nördlichen Harzvorland, zum Beispiel aus den Ortschaften Bad Harzburg, Vienenburg oder Immenrode. Bereits im 18. Jahrhundert wurde der Käse im Harz industriell aus entrahmter Sauermilch produziert,<ref name="Feinschmeckerhandbuch" /> da die Butterproduktion im Vordergrund stand.<ref name="Harbutt 2011" />
Der Name „Harzer Käse“ ist allerdings keine geschützte Herkunftsbezeichnung und das Produkt wird heute fast ausschließlich außerhalb des Harzes hergestellt.<ref name="mz-nachruf-2009" /> Harzer Käse kommt heute aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Hessen und Thüringen.<ref name="Feinschmeckerhandbuch" />
Eigenschaften
Charakteristische Merkmale
Die Laibe des Harzer Käses sind meistens klein und rund (Taler) oder rollenförmig (Stangenkäse). Oft werden vier bis fünf kleine Ballen von je 25 Gramm aneinandergereiht und als Rolle mit einem Gewicht von etwa 100 Gramm abgepackt und verkauft. Die Rolle hat eine Länge von 10 Zentimeter und einen Durchmesser von 5 Zentimeter.<ref name="Harbutt 2011" /> In dem Falle wird der Käse auch als „Harzer Roller“ bezeichnet.<ref name="duden" />
Harzer Käse ist als typischer Sauermilchkäse fettarm (es gibt ihn nur in der Magerstufe mit unter 10 % Fett i. Tr.) und proteinreich.<ref name="rimbach-warenkunde-2010" /> Ein typisches Gewürz des Harzer Käses ist Kümmel. Er hat keine Rinde und besitzt eine goldgelbe Oberfläche. Der Teig ist gelblich, im noch nicht reifen Käse besitzt er einen weißen Kern. Im Geschmack ist der junge Harzer hart und mild zitronig scharf,<ref name="Harbutt 2011" /> nach einiger Reife weicher, pikant-würzig mit einem typischen intensiven Geruch.<ref name="Feinschmeckerhandbuch" /> Als Idealreife wird eine Reifezeit von 2 bis 4 Wochen betrachtet.<ref name="Harbutt 2011" />
Abgrenzung zu anderen Sorten
Der Harzer Käse ist ein Gelbkäse,<ref name="Bockelmann & Heller 2004" /> ähnliche Sorten sind andere Sauermilchkäse wie zum Beispiel der Mainzer Käse und der Olmützer Quargel.<ref name="Harbutt 2011" /> Im Gegensatz zum ansonsten ebenfalls ähnlichen Handkäse (Korbkäse, Stangenkäse usw.) gibt es den Harzer Käse nicht als Schimmelkäse mit Weißschimmelbewuchs.
Gelegentlich wird der Harzer Käse mit Harzkäse verwechselt, bei welchem es sich aber um eine andere Käsesorte handelt (Süßmilchkäse/Labkäse).
Produktion
Herstellung und Reifung
Harzer Käse wird aus einem Sauermilchquark hergestellt, der zum Beginn der Verarbeitung in der Käserei eine Trockenmasse von mehr als 30 Prozent und dadurch eine krümelige Konsistenz hat. Der Quark wird mit Natriumchlorid (NaCl), Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3) und Calciumcarbonat (CaCO3) als Reifungssalze sowie mit bereits gereiftem Käse als Kulturkäse versetzt. Der Kulturkäse dient der Beschleunigung der Käsereifung, die im Wesentlichen durch die bereits in der Säuerungskultur des Quarks enthaltenen Bakterienstämme und den Hauskulturen der Käserei, die im Kulturkäse enthalten sind, erfolgt.<ref name="Bockelmann & Heller 2004" />
Die Käse werden für etwa 24 Stunden bei einer Temperatur von 30 Grad Celsius gereift, danach werden die Käseleibe mit einer Rotschmierekultur (Brevibacterium linens) besprüht.<ref name="Bockelmann & Heller 2004" /> Die weitere Reifung erfolgt über einen bis drei Tage bei 10 bis 14 Grad Celsius, danach wird der Käse verpackt und kühl gelagert. Während des Transports, der Lagerung im Handel und beim Verbraucher reift der Käse weiter. Die Käselaibe reifen dabei von außen nach innen. Je jünger der Käse, desto größer der milde krümelige weiße Quarkkern, der noch an das Ausgangsprodukt, den Sauermilchquark, erinnert. Der durchgereifte Käselaib ist durchweg goldgelb und durchscheinend. Im späten Reifestadium hat er seine krümelige Konsistenz gänzlich verloren und kann „laufen“ (zähflüssig werden). Mit der Reifung gewinnen die Käsestücke an Aroma.<ref name="Bockelmann & Heller 2004" />
Als Anhaltspunkt, wie weit die Reife fortgeschritten ist, kann das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) verwendet werden. (Ungefähre Werte bei Kühlschranktemperatur):
- 5–6 Wochen vor dem MHD: mild, weißer Kern.
- 3–4 Wochen vor dem MHD: aromatisch, kleiner weißer Kern.
- 1–2 Wochen vor dem MHD: kräftig, durchgereift ohne weißen Kern.
Mikrobiologie
Im Sauermilchquark sind in der Regel die Säuerungsbakterien Lactobacillus bulgaricus und Streptococcus thermophilus sowie eine zufällige Hefeflora unterschiedlicher Zusammensetzung enthalten. Hinzu kommen die Hauskulturen der Käserei, die im Kulturkäse enthalten sind. Bei einem Forschungsprojekt der Bundesanstalt für Milchforschung wurden in dieser Kultur neben den Hefen Kluyveromyces marxianus, Candida krusei, Candida lipolytica, Saccharomyces cerevisiae und Trichosporon asahii sowie bekannten Rotschmierebakterien (Brevibacterium, Corynebacterium) häufig auch unerwünschte Bakterien wie Staphylococcus saprophyticus sowie verschiedene Arten von Enterobakterien und Enterokokken identifiziert, die als Kontaminationsflora den Reifeprozess und die Aroma- sowie Geruchsbildung beeinflussen.<ref name="Bockelmann & Heller 2004" />
Verwendung
Der Harzer Käse wird sowohl direkt, meist mit Brot, wie auch in verschiedenen Zubereitungen verwendet. Die bekannteste Zubereitung für den Käse ist wie bei anderen Sauermilchkäsesorten der so genannte Handkäs mit Musik, bei dem die Käselaibe in Stücke geschnitten und zusammen mit Zwiebeln in einer Marinade aus Essig, Öl, Pfeffer und Kümmel zubereitet werden. Gereicht wird der Käse häufig mit dunklem Brot<ref name="Harbutt 2011" /> sowie Bier oder Apfelwein.<ref name="Feinschmeckerhandbuch" />
Sonstiges
Der Name „Harzer Roller“ bezeichnet ebenso eine Harzer Kanarienvogel-Rasse.
Literatur
- Brigitte Engelmann, Beate Holler: Das Feinschmecker Handbuch Käse. h.f. ullmann, Potsdam 2013, ISBN 978-3-8480-0478-2, S. 261.
- Juliett Harbutt (Hrsg.): Käse der Welt. Dorling Kindersley Verlag, München 2011, ISBN 978-3-8310-1733-1, S.238
Einzelnachweise
<references> <ref name="rimbach-warenkunde-2010">Gerald Rimbach, Jennifer Möhring, Helmut F. Erbersdobler: Lebensmittel-Warenkunde für Einsteiger. Springer, Berlin 2010, ISBN 978-364-20448-5-4, S. 42.</ref> <ref name="käseverordnung">Käseverordnung, Anlage 1, Tabelle B.</ref> <ref name="mz-nachruf-2009">Hendrik Kranert: Nachruf. Der Harzer - ein Sachse. In: Mitteldeutsche Zeitung. 24. August 2009, abgerufen am 29. Juni 2014. </ref> <ref name="duden">Harzer Roller. In: Duden online. Bibliographisches Institut, abgerufen am 27. Oktober 2014. </ref> <ref name="Bockelmann & Heller 2004">Wilhelm Bockelmann, Knut J. Heller : Kontrollierte Reifung von Harzer Käse. Forschungsreport Verbraucherschutz, Ernährung, Landwirtschaft 2004, S. 28–31.</ref> <ref name="Feinschmeckerhandbuch">Brigitte Engelmann, Beate Holler: Das Feinschmeckerhandbuch Käse. h.f. ullmann, Potsdam 2013, ISBN 978-3-8480-0478-2, S. 261.</ref> <ref name="Harbutt 2011">Juliett Harbutt (Hrsg.): Käse der Welt. Dorling Kindersley Verlag, München 2011, ISBN 978-3-8310-1733-1, S.238</ref> </references>