Löslichkeit
Die Löslichkeit eines Stoffes gibt an, in welchem Umfang ein Reinstoff in einem Lösungsmittel gelöst werden kann. Sie bezeichnet die Eigenschaft des Stoffes, sich unter homogener Verteilung (als Atome, Moleküle oder Ionen) im Lösungsmittel zu vermischen, d. h. zu lösen. Zumeist ist das Lösungsmittel eine Flüssigkeit. Es gibt aber auch feste Lösungen, wie etwa bei Legierungen, Gläsern, keramischen Werkstoffen und dotierten Halbleitern. Bei der Lösung von Gasen in Flüssigkeiten bezeichnet der Begriff Löslichkeit einen Koeffizienten, der die in der Flüssigkeit gelöste Gasmenge bei einem bestimmten Druck des Gases angibt, wenn sich das Gas zwischen Gasraum und Flüssigkeit im Diffusionsgleichgewicht befindet, d. h. genau so viel hinein wie heraus diffundiert.
Man unterscheidet
- qualitative Löslichkeit: Ist der Stoff in einem bestimmten Lösungsmittel überhaupt in erkennbarem Maße löslich?
- quantitative Löslichkeit: Sie gibt die genaue Stoffmenge an, die sich maximal im Einheitsvolumen eines bestimmten Lösungsmittels löst.
Inhaltsverzeichnis
Qualitative Löslichkeit
Bei Temperaturen über dem absoluten Nullpunkt gibt es aus thermodynamischen Gründen (Entropie) für jeden Stoff in jedem anderen Stoff eine gewisse Löslichkeit, wie es im Artikel Reinstoff beschrieben wird. Die zunehmende Genauigkeit der Analysemethoden bestätigt das. Eine Unterscheidung zwischen „löslich“ und „unlöslich“ ist von den gewählten Grenzbedingungen abhängig. Es handelt sich also um relative Feststellungen wie schwer löslich, begrenzt löslich oder unbegrenzt löslich ein Stoff in einem anderen ist.
Eine übliche Einteilung der Löslichkeiten ist über die Menge an maximal gelöstem Stoff gegeben. Unter 0,1 mol/l gelöstem Stoff bezeichnet man als schwerlöslich, zwischen 0,1 und 1 mol/l als mäßig löslich und Löslichkeiten größer als 1 mol/l gelten als leicht löslich.<ref>Jander, Blasius: Einführung in das anorganisch-Chemische Praktikum. 14. Aufl. S.Hirzel, Leipzig 1995, ISBN 3-7776-0672-3.</ref>
In welchen Flüssigkeiten ein Feststoff gut löslich ist, hängt von den molekularen Eigenschaften des Stoffes und der Flüssigkeit ab. So sind salzartige Stoffe (Ionen-Verbindungen) fast nur in polaren Lösungsmitteln wie Wasser oder beispielsweise Fluorwasserstoff (HF) löslich. Viele lipophile („fettliebende“) Stoffe sind dagegen nur in organischen Lösungsmitteln wie Benzin {\frac{K_L}{2^2\cdot3^3}}</math>
Die Zahlenwerte für die Löslichkeitsprodukte erhält man aus den freien Standard-Enthalpien.
Verbale Einstufung der Löslichkeit nach Europäischem Arzneibuch
Das Europäische Arzneibuch definiert die folgenden Begriffe, bei 15 °C bis 25 °C:<ref name="Ph. Eur. 7.0">Europäisches Arzneibuch 7.0</ref>
Bezeichnung | V(Lösungsmittel) in ml je g Substanz | g·l−1 Wasser |
---|---|---|
sehr leicht löslich | < 1 | >1000 |
leicht löslich | 1 bis 10 | 100 bis 1000 |
löslich | 10 bis 30 | 33 bis 100 |
wenig löslich | 30 bis 100 | 10 bis 33 |
schwer löslich | 100 bis 1000 | 1 bis 10 |
sehr schwer löslich | 1000 bis 10000 | 0,1 bis 1 |
praktisch unlöslich | > 10000 | < 0,1 |
Lösung von Gasen in Flüssigkeiten
An der Grenzfläche zwischen Gasen und Flüssigkeiten kommt es durch Diffusion zum Austausch von Gasmolekülen zwischen der Lösung und dem Gasraum. Dabei ist der Eintritt von Molekülen in die Lösung proportional dem Partialdruck des Gases, und der Austritt ist proportional der Konzentration des Gases in der Lösung (siehe Henry-Gesetz). Bei der sogenannten Sättigungskonzentration herrscht ein dynamisches Gleichgewicht zwischen beiden Diffusionsrichtungen. Die Sättigungskonzentration ist proportional zum Partialdruck im Gasraum. Die verbindende Proportionalitätskonstante wird hier als Löslichkeit, präziser als Löslichkeitskoeffizient, bezeichnet:
- GaslöslichkeitGas i = Sättigungskonzentrationi / Partialdrucki
Der Index i bezieht sich dabei auf das Gas in möglichen gemischten Lösungen, wie etwa bei der Lösung des Gasgemisches „Luft“ in Wasser.
In der Regel nimmt diese Löslichkeit von Gasen in Flüssigkeiten mit steigender Temperatur ab. Ebenso wirken sich im Wasser gelöste Feststoffe mindernd auf die Gaslöslichkeit aus. Deshalb ist beispielsweise in Meerwasser weniger Sauerstoff löslich als in Süßwasser.
Eine Abweichung von der Proportionalität zwischen Gasdruck und Gleichgewichtskonzentration macht sich erst bei sehr hohen Drücken (im Vergleich zum Atmosphärendruck) bemerkbar.
Lösung in Feststoffen
Die Gesetzmäßigkeiten der Löslichkeit bleiben prinzipiell auch für Feststoffe erhalten. Auch hier können unterschiedliche Phasen beobachtet werden. Ist ein festes Gemisch einphasig, liegt eine Lösung vor. Kristalline Stoffe bilden dabei Mischkristalle oder intermetallische Verbindungen. Getrennte Phasen liegen oft sehr feinverteilt vor. Dies ist besonders der Fall bei gegenüber der Diffusionsgeschwindigkeit hoher Abkühlgeschwindigkeit bei der Entstehung oder bei eutektischer Zusammensetzung. Daher ist mit bloßem Auge eine Beurteilung der Löslichkeit meist nicht möglich, besonders da auch einphasige Systeme oft kristallin gekörnt sind und außerdem interkristalline Korngrenzenphasen entstehen können. Hilfsmittel sind Diagramme des Temperaturverlaufes der Abkühlung, wo Phasenumwandlungen als Haltepunkte oder Knicke erscheinen, und lichtmikroskopische sowie weitere kristallographische Untersuchungen mit noch höherem Aufwand.
Wesentlich häufiger als bei Flüssigkeiten liegen bei Feststoffen metastabile Lösungen vor. Diese entstehen besonders dann, wenn im bereits erstarrten Gemisch bei Temperaturabnahme die Löslichkeit abnimmt und keine ausreichende Diffusionsgeschwindigkeit mehr gegeben ist.
Die Löslichkeit von Feststoffen ineinander bzw. deren Mehrphasigkeit und die Veränderung dieser Eigenschaft mit der Temperatur ist von großer Bedeutung für die Bildung technischer Legierungen. Dabei ist auch oft eine Mehrphasigkeit erwünscht. Kupfer/Nickel und Silber/Gold sind Beispiele für Systeme mit vollständiger Löslichkeit bei jeder Zusammensetzung, das Letztere kommt als Elektron auch natürlich vor. Stähle sind dagegen weit überwiegend mehrphasig (Ferrit, Austenit, Martensit, Zementit), als einphasige Legierungen sind nur hochlegierte ferritische Chromstähle mit 15 % bis 30 % Chrom und weniger als 0,1 % Kohlenstoff von technischer Bedeutung. Das System Kupfer/Zink hat bei Raumtemperatur fünf verschiedene Phasen, die durch Mischungslücken getrennt sind. Je nach Zusammensetzung liegt nur eine davon oder in der Mischungslücke zwischen zwei Phasen ein Gemisch dieser beiden vor. Im technisch relevanten Bereich (Messing: Kupfergehalt min. 50 %) liegen zwei dieser Phasen.
Das System Kupfer/Zinn, zu dem die Zinnbronze als älteste technische Legierung gehört, ist ein Beispiel für metastabile Verhältnisse: Zwischen 520 °C und 586 °C ist Zinn in Kupfer mit einem Anteil bis zu 15,8 % der bei dieser Temperatur bereits festen Legierung löslich. Obwohl bei Raumtemperatur im Gleichgewicht die Löslichkeit von Zinn nahe null liegt, bleibt Material, das bei der erhöhten Temperatur eine solche Zinnkonzentration nicht überschritten hat, bei weiterer Abkühlung einphasig, da nun kaum noch Diffusion stattfindet. Andererseits entmischt sich bereits bei der vorangehenden Erstarrung die Schmelze und das zuletzt erstarrte Material kann die Grenze von 15,8 % Zinn schon bei deutlich niedrigeren Zinngehalten der Legierung überschreiten. Wegen der großen Diffusionsträgheit des Zinns können diese Konzentrationsunterschiede nur durch längeres Glühen bei ca. 750 °C ausgeglichen werden. Beide Effekte zusammen führen dazu, dass gegossene Zinnbronze je nach Abkühlgeschwindigkeit bei Zinngehalten von maximal 4 % bis 6 % einphasig ist und durch Glühen sogar Einphasigkeit bis 15 % erreicht werden kann, obwohl bei Raumtemperatur keine nennenswerte Löslichkeit gegeben ist.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
<references/>