Landesmuseum für Vorgeschichte (Halle)
Das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle (Saale) ist das archäologische Landesmuseum des Bundeslandes Sachsen-Anhalt und gehört zum Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.
Als Teil der archäologischen Denkmalpflege in Sachsen-Anhalt beherbergt es eine der ältesten, umfangreichsten und bedeutendsten archäologischen Sammlungen in Deutschland. Zum umfangreichen Sammlungsbestand von mehr als 15 Millionen Funden gehören zahlreiche Stücke weltweiten Ranges, wie beispielsweise die berühmte Himmelsscheibe von Nebra, die sich seit dem 23. Mai 2008 in der Dauerausstellung des Museums befindet. Zu den zahlreichen weiteren bedeutenden Funden zählen unter anderem der Reiterstein von Hornhausen und die Familiengräber von Eulau.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte des Museums
Die Gründung des Museums erfolgte am 3. Oktober 1819 durch den Thüringisch-Sächsischen Verein für Erforschung des vaterländischen Alterthums und Erhaltung seiner Denkmale in Naumburg. 1823 erfolgte die Verlegung nach Halle und 1825 die Unterbringung der Sammlung im Alten fürstlichen Prachtsaal der Neuen Residenz. Am 18. November 1876 wurde auf Beschluss des Landtags die Historische Commission der Provinz Sachsen gegründet. Im März 1882 wurden die Mittel zur Einrichtung eines Provinzialmuseums vom Landtag bewilligt. Erster Direktor wurde am 16. Juli 1884 der Konservators und Oberst a. D. Hans von Borries. Mit dem Beschluss der Historischen Kommission vom 21. April 1886, dem Museum geeignete Mitarbeiter bereitzustellen, begann die amtliche Bodendenkmalpflege in der Provinz Sachsen.
Architekt Wilhelm Kreis entwarf einen Bau, der sich an der Porta Nigra in Trier orientierte. Detaillierte Pläne lieferten Direktor Reuß und Landesbaurat Ruprecht. Von 1911 bis 1913 erfolgte der Bau des ersten Museumsgebäudes für Vorgeschichte in Deutschland auf einem von der Stadt Halle unentgeltlich überlassenen Areal, das am 9. Oktober 1918 eingeweiht wurde. 1921 erfolgte mit der Gründung des Museumsbundes der Provinz Sachsen die Umbenennung des Museums in Landesanstalt für Vorgeschichte. Im Gartenbereich des Museums wurde 1932 eine Freilichtausstellung eingerichtet. 1934 erfolgt die Umbenennung in Landesanstalt für Volkheitskunde.
Die Kriegswirren des Zweiten Weltkriegs überstanden das Museum und die angeschlossene Fachbibliothek ohne nennenswerte Verluste und bereits im März 1946 konnte die Dauerausstellung wieder eröffnet werden. 1950 wurde das Landesmuseum dem Staatssekretariat für Hochschulwesen der DDR unterstellt, dem späteren Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen. Im Jahre 1955 wurde das erste Mammutskelett in der Dauerausstellung präsentiert. 1983 wurde das Museumsgebäude unter Denkmalschutz gestellt und ein Jahr später konnte der millionste Besucher begrüßt werden.
Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 wurde das Landesmuseum zunächst dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft und 1991 dem Kultusministerium unterstellt. Am 21. Oktober 1991 beschloss die Landesregierung von Sachsen-Anhalt die Bildung eines Landesamtes für Denkmalpflege und die Umbenennung des Museums in Landesamt für archäologische Denkmalpflege. Am 8. April 1997 erfolgte eine weitere Umbenennung in Landesamt für Archäologie – Landesmuseum für Vorgeschichte – Sachsen-Anhalt. Seit der Bildung des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt zum 1. Januar 2004 ist das Landesmuseum eine von mehreren Abteilungen des Landesamts.
Nach umfangreichen Sanierungsarbeiten konnte das Museum am 23. Mai 2008 mit der neuen Dauerausstellung zum Paläolithikum, Mesolithikum, Neolithikum und zur Frühbronzezeit wiedereröffnen. Im Jahr 2010 konnte dann auch ein Medienraum mit Kinoleinwand, der ca. 40 Personen Platz bietet, in Betrieb genommen werden. Ende 2012 erfolgte die Erweiterung der Dauerausstellung um die Epochen der Mittel- und Spätbronzezeit sowie der Frühen Eisenzeit.
Direktoren bzw. Landesarchäologen
Name | Amtszeit |
---|---|
Hans von Borries | 1884–1890 |
Julius Schmidt | 1890–1906 |
Karl Reuß | 1906–1912 |
Hans Hahne | 1912–1935 |
Walther Schulz | 1935–1945 |
Martin Jahn (Prähistoriker) | 1946–1958 |
Hermann Behrens | 1959–1980 |
Dieter Kaufmann | 1981–1992 |
Siegfried Fröhlich | 1992–2000 |
Harald Meller | seit 2001 |
- Stamps of Germany (DDR) 1970, MiNr 1553.jpg
Reiterstein von Hornhausen, ca. 700 n. Chr.
- Stamps of Germany (DDR) 1970, MiNr 1555.jpg
Bronzebecken, ca. 1000 v. Chr.
Ausstellungen
Dauerausstellungen
In der Dauerausstellung werden die außergewöhnlich interessanten archäologischen Funde Sachsen-Anhalts in zeitlicher Folge – vom Beginn der Steinzeit bis zur Frühen Eisenzeit – ausgestellt. In den folgenden Jahren wird die Dauerausstellung nach und nach erweitert. Den chronologischen Endpunkt werden das Mittelalter und die Frühe Neuzeit bilden.
Sonderausstellungen
In unregelmäßigen Abständen werden auch Sonderausstellungen im Landesmuseum präsentiert. So war vom 26. März 2010 bis zum 30. Januar 2011 die Ausstellung „Elefantenreich – eine Fossilwelt in Europa“ zu sehen. Es wurden dort die rund 200.000 Jahre alten Relikte eines ganzen Seebiotops, die Archäologen vor dem Schaufelradbagger in der Braunkohlegrube Neumark-Nord retten konnten, gezeigt.
Zuletzt zeigte das Museum vom 9. Dezember 2011 bis zum 26. August 2012 die Landesausstellung Pompeji, Nola, Herculaneum – Katastrophen am Vesuv. Diese lockte mit hochrangigen Exponaten und einem eigens erarbeiten, neuartigem Konzept rund 224.000 Besucher an. Unter anderem wurde auch die Verbindung zwischen der Wiederentdeckung von Pompeji und Herculaneum im 18. Jahrhundert und Sachsen-Anhalt als Geburtsland der Antiken-Rezeption nördlich der Alpen dargestellt.<ref>Begehren unter dem Quittenbaum in FAZ vom 22. Dezember 2011, Seite 27</ref> Im Anschluss wurde die Schau leicht modifiziert und mit großem Erfolg in Madrid präsentiert, ab November 2013 bis März 2014 wurde sie in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung München gezeigt.
Vom 5. Juni 2013 bis zum 19. Januar 2014 stellt das Landesmuseum in einer kleinen Sonderausstellung die im Jahre 2011 geborgenen Stuckreste aus der romanischen Kirche Eilenstedt (Sachsen-Anhalt) vor. Ab dem 14. November 2013 bis zum 18. Mai 2014 präsentiert das Museum das rätselhafte Massensterben der Steinzeit in Mitteldeutschland in einer weiteren neuen Sonderausstellung.<ref>Sonderausstellungen – Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte Halle, abgerufen am 30. September 2013</ref>
Seit 1995 gestaltete das Museum eine Vielzahl weiterer Sonderausstellungen:
- Fossile Mammutwelt (15. Februar – 31. August 1995) <ref>Fossile Mammutwelt – Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte Halle, abgerufen am 30. September 2013</ref>
- Spurensuche aus der Luft (15. Februar – 31. Dezember 1997) <ref>Spurensuche aus der Luft – Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte Halle, abgerufen am 30. September 2013</ref>
- Gold für die Ewigkeit (28. Oktober 2000 – 28. Februar 2001) <ref>Gold für die Ewigkeit – Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte Halle, abgerufen am 30. September 2013</ref>
- Schönheit, Macht und Tod (11. Dezember 2001 – 28. April 2002) <ref>Schönheit, Macht und Tod – Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte Halle, abgerufen am 30. September 2013</ref>
- An die Mächte der Natur (11. Dezember 2003 – 18. April 2004) <ref>An die Mächte der Natur – Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte Halle, abgerufen am 30. September 2013</ref>
- Der geschmiedete Himmel (Ausstellung über die Himmelsscheibe von Nebra; 15. Oktober 2004 – 22. Mai 2005) <ref>Der geschmiedete Himmel – Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte Halle, abgerufen am 30. September 2013</ref>
- Saladin und die Kreuzfahrer (21. Oktober 2005 – 12. Februar 2006) <ref>Saladin und die Kreuzfahrer- Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte Halle, abgerufen am 30. September 2013</ref>
- Fundsache Luther (31. Oktober 2008 – 26. April 2009) <ref>Fundsache Luther- Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte Halle, abgerufen am 30. September 2013</ref>
- Der Kliekener Cranach-Altar. Rettungsaktion Landesschätze. (15. August 2009 – 1. November 2009) <ref>Der Kliekener Cranach-Altar. Rettungsaktion Landesschätze – Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte Halle, abgerufen am 29. September 2013</ref>
- Elefantenreich (26. März 2010 – 30 Januar 2011) <ref>Elefantenreich – Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte Halle, abgerufen am 30. September 2013</ref>
- Pompeji, Nola, Herculaneum – Katastrophen am Vesuv (9. Dezember 2011 – 26. August 2012) <ref>Pompeji, Nola, Herculaneum – Katastrophen am Vesuv – Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte Halle, abgerufen am 30. September 2013</ref>
- 3300 BC – Mysteriöse Steinzeittote und ihre Welt (14. November 2013 – 18. Mai 2014) <ref>3300 BC – Mysteriöse Steinzeittote und ihre Welt – Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte Halle, abgerufen am 26. Oktober 2014</ref>
- Dauerausstellung Paläolithikum, Landesmuseum für Vorgeschichte Sachsen-Anhalt.jpg
Dauerausstellung Paläolithikum
- Rekonstruktionsversuch eines Neandertalers.jpg
Neandertaler in der Dauerausstellung Paläolithikum
- Dauerausstellung Neolithikum, Landesmuseum für Vorgeschichte Sachsen-Anhalt.jpg
Dauerausstellung Neolithikum
- Elefantenreich.jpg
Sonderausstellung Elefantenreich
Museumsshop
Im Landesmuseum befindet sich auch ein Café sowie der Museumsshop des Vereins zur Förderung des Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (Saale) e. V., wo neben Publikationen auch Schmuck, Uhren, CDs, DVDs des Landesamtes und auch Nachbildungen archäologischer Fundstücke (z. B. der Himmelsscheibe von Nebra) angeboten werden.
Restaurierungswerkstatt
Nach einer zweijährigen Bauzeit wurde im März 2008 auf dem Museumshof die neue Restaurierungswerkstatt eingeweiht. Das Gebäude mit seinen 860 Quadratmetern Nutz- und Arbeitsfläche bietet auf drei Etagen alle Voraussetzungen, um zeitgemäß naturwissenschaftlich und archäologisch arbeiten und unter besten Bedingungen restaurieren zu können. Das Gebäude wurde vom halleschen Architekturbüro Dietzsch & Weber Architekten entworfen und weist formale Bezüge zum Neanderthal Museum bei Düsseldorf auf, das 1996 fertig gestellt wurde. In Halle entstand jedoch kein Ausstellungs- sondern ein Funktionsbau mit Lastenaufzug, Ablufteinrichtungen, Hochregallagern, Schmelzöfen, Laborräumen und sogar einer LKW-Einfahrt.
Veröffentlichungen
Auswahl:
- Jahresschrift für die Vorgeschichte der sächsisch-thüringischen Länder, Bd. 1/1902 – 31/1939
- Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte, Bd. 32/1940 – 90/(2006), 2007
- Mitteldeutsche Volkheit. Hefte für Vorgeschichte und Volkskunde, Jg. 1/1935 – Jg. 9/1942
- Mitteldeutsche Vorzeit. Nachrichtenblatt für Vor- und Frühgeschichte, 1934
- Mittheilungen aus dem Provinzial-Museum der Provinz Sachsen zu Halle a.S., H. 1/1894 – H. 3/1912
- Archäologische Berichte aus Sachsen-Anhalt, 1993–1999/Teil IV (2000)
- Veröffentlichungen des Provinzialmuseums zu Halle, Bd. 1/1918 – 13/1942
- Veröffentlichungen des Landesmuseums für Vorgeschichte zu Halle, Bd. 14/1955 – 45/1992
- Veröffentlichungen des Landesamtes für archäologische Denkmalpflege Sachsen-Anhalt – Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (Saale), Bd. 46/1993 – 49/1996
- Veröffentlichungen des Landesamtes für Archäologie Sachsen-Anhalt, Bd. 50/1997 – 57/2003
- Veröffentlichungen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt – Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (Saale), Bd. 58/2004 – Bd. 60/2006
- Veröffentlichungen der Landesanstalt für Volkheitskunde. 1935–1944
- Vorgeschichtliche Museumsarbeit und Bodendenkmalpflege. 1950–1958
Literatur
- Dieter Kaufmann: Das Landesmuseum für Vorgeschichte in den Jahren nach 1945. In: Jahresschrift für Mitteldeutsche Vorgeschichte. Band 67, 1984, S. 116–168.
- Dieter Kaufmann: Die Direktoren des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle (Saale). In: Jahresschrift für Mitteldeutsche Vorgeschichte. Band 67, 1984, S. 37–71.
- Harald Meller (Hrsg.): Der geschmiedete Himmel – Die weite Welt im Herzen Europas vor 3600 Jahren (Begleitband zur Sonderausstellung), Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-8062-1907-9.
- Harald Meller und Jens Arne Dickmann: Pompeji-Nola-Herculaneum. Katastrophen am Vesuv. Ausstellungskatalog 2011, ISBN 978-3-7774-3801-6.
- Detlef W. Müller: Brückenschlag über Jahrtausende – Wegweiser durch die Sammlungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle (Saale), VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1984
Weblinks
- Literatur von und über Landesmuseum für Vorgeschichte im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Webseite des Landesmuseums für Vorgeschichte
- Objektsammlung des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle auf museum-digital.de
Einzelnachweise
<references />
Archäologisches Museum Robertinum | Beatles-Museum Halle | Begegnungsstätte Deutsche Einheit - Genscher-Haus | Eisenbahnmuseum Halle | Geiseltalmuseum | Geologischer Garten Halle | Händel-Haus | Halloren Schokoladenmuseum | Halloren- und Salinemuseum | Historisches Technikzentrum der Stadtwerke Halle | Kunst- und Naturalienkammer der Franckeschen Stiftungen | Landesmuseum für Vorgeschichte (Halle) | Museum für Haustierkunde | Moritzburg (Halle) | RECHENWERK Computer- & Technikmuseum Halle | Roter Ochse | Stadtmuseum Halle | Straßenbahnmuseum Halle | Wilhelm-Friedemann-Bach-Haus
Koordinaten: 51° 29′ 54″ N, 11° 57′ 45″ O{{#coordinates:51,498333333333|11,9625|primary
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