Lehnsgraf
Der Lehnsgraf war bzw. ist vor allem eine Eigenart des Adels im Königreich Dänemark (lensgreve). Der Begriff weist zwar Analogien zu dem „Reichsgraf“ des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ auf, aber nur, wenn damit auch Herrschaftsausübung (Landeshoheit) verbunden war. Eine „Reichsgrafenwürde“ konnte unter Umständen auch ein bloßer Ehrentitel sein, mit dem Lehnsgrafen war immer eine Lehnsgrafschaft als Territorium verbunden.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Einführung des Titels
König Christian V. führte am 25. Mai 1671 den dänischen Grafenstand (Lehnsgraf) als höchsten Rang des titulierten Adels in Dänemark ein. Während sich der Grafentitel des römisch-deutschen Reiches („Reichsgraf“) auf alle agnatischen ehelichen Nachkommen vererbte, sollte nach den Privilegien Christians V. für die dänischen Grafen unter deren Kindern immer nur der älteste Sohn -schon zu Lebzeiten des Vaters bzw. seit Geburt- den Grafentitel führen und die damit verbundenen Vorrechte genießen, die nachgeborenen Söhne aber dem Freiherrenstand angehören (Barone).
Allerdings wurde später in einigen Grafendiplomen das Vorrecht erteilt, dass alle Söhne und deren männliche Nachkommen das Prädikat „Graf“ (greve) führen mögen. Den Titel „Lehnsgraf“ (lensgreve) aber, und das macht auch hier den Unterschied, führte immer nur der Besitzer (Inhaber) der Lehnsgrafschaft.
So erteilte Christian V. beispielsweise dem königlich dänischen Kammerherrn Cay Lorenz von Brockdorff (1646–1725) im Jahr 1672 den dänischen Lehnsgrafenstand. In der Folge stand dem ältesten Sohn der Titel Graf schon von Geburt an zu. Die Töchter des jeweiligen Grafen führten den Titel einer Gräfin, die übrigen Mitglieder der Familie den Titel Baron bzw. Baronesse (unverheiratete Töchter) bzw. Baronin (für die angeheirateten Ehefrauen der Barone).<ref>Genealogisches Handbuch des Adels, Gräfliche Häuser A, Band IV, Band 28 der Gesamtreihe, Limburg (Lahn) 1962, S, 119–132</ref>
Differenzierung
Die dänische Rangverordnung vom 14. Oktober 1746 unterschied von den dänischen Grafen (Lehnsgrafen) solche Grafen, die keine Lehnsgrafschaft haben -dazu gehören in jedem Fall auch die ältesten Söhne der Lehnsgrafen und anderer Grafen (gegebenenfalls eingeborener Adeliger als römisch-deutscher „Reichsgrafen“ bzw. von Inhabern von Grafentiteln anderer Monarchien).
Die dänische Rangverordnung vom 12. August 1808 unterschied in Beziehung auf den Rang wirkliche Lehnsgrafen (die in Besitz einer dänischen Lehnsgrafschaft waren, einem Familienfideikommiss, der meist durch Zusammenlegung mehrerer Rittergüter geschaffen wurde), und älteste Söhne von Lehnsgrafen -wenn sie nicht königliche Kammerherren sind.
Auflösung des Titels
In § 97 der dänischen Verfassung von 1849 wurden alle adligen Vorrechte abgeschafft. Der Adelsbegriff als solcher blieb aber erhalten.
In § 98 wurde die Errichtung neuer Lehen (Lehnsgrafschaften zum Beispiel), Stammhäuser oder Fideikommisse untersagt und die Überführung solcher bestehender Güter in freies Eigentum angeordnet. Diese Vorschriften blieben bis heute erhalten, wenn auch unter anderer Zählung. Nach 1849 wurde in Dänemark niemand mehr geadelt, aber es gab einige Übernahmen ausländischer Adliger in den dänischen Adelsstand (Naturalisation).
Im Zuge der „Lensafløsningen“ (Lehnsauflösungen) 1919 gingen solche bestehende Güter (Familienfideikommisse, darunter die Lehnsgrafschaften) in freies Eigentum der Inhaber über, aber es wurde bestimmt, das die daran gebundenen Lehnstitel (darunter Lehnsgraf bzw. lensgreve) noch drei Generationen in der Familie beibehalten werden können.<ref>Stichwort „Adel (Adel i Danmark)“ in: Den store Danske</ref>
Einzelnachweise
<references />
Literatur
- Niels Nikolaus Falck, Handbuch des Schleswig-Holsteinischen Privatrechts, Band 4, Altona 1840, § 40 d -von dem titulierten Adel (Digitalisat)
- Bertha von Bülow geb. von Schulze, Geschichte der Familie von Knuth in Mecklenburg, Band 1, Schwerin 1911 (Wappen und Abzweigungen)