Nachhaltigkeitsstrategie
Als Nachhaltigkeitsstrategie bezeichnet man Methoden und Instrumente zur strategischen Umsetzung von nachhaltiger Entwicklung. Die Umsetzung kann auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene der Politik erfolgen.
Das Konzept der Nachhaltigkeitsstrategie geht bis auf den Brundtland-Bericht zurück:
„Die Welt muß bald Strategien entwerfen, die den Ländern erlauben, aus ihren gegenwärtigen, oft destruktiven Wachstums- und Entwicklungsprozessen zu nachhaltigen Entwicklungswegen überzuwechseln.“<ref>Brundtland-Bericht 1987, S. 52</ref>
Inhaltsverzeichnis
Wirkungsebenen
Global
Auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen (UNCED) 1992 wurde das Aktionsprogramm Agenda 21 beschlossen, das einen ersten Leitfaden für nachhaltige Entwicklung bot. Mit dem Durchführungsplan (Plan of Implementation) des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung folgte 2002 ein weiteres Programm.<ref>Durchführungsplan des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung. Vereinte Nationen, abgerufen am 14. Juli 2015. </ref>
Supranational (Europäische Union)
Bereits 1997 bekannte sich die Europäische Union mit dem Vertrag von Amsterdam zum Prinzip der nachhaltigen Entwicklung.<ref>European Commission: Sustainable Development.</ref> Um den zahlreichen nicht nachhaltigen Entwicklungen in der Union entgegenzuwirken, verabschiedete sie 2001 eine erste europäische Nachhaltigkeitsstrategie. 2006 wurde eine erneuerte Fassung beschlossen. Diese identifiziert folgende Problemfelder, zu denen sie Zielsetzungen und Maßnahmen formuliert:
- Klimawandel und saubere Energie
- Nachhaltiger Verkehr
- Nachhaltiger Konsum und Produktion
- Naturschutz und Management natürlicher Ressourcen
- Öffentliche Gesundheit
- Soziale Inklusion, Demographie und Migration
- Globale Armut und Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung.<ref>Council of the European Union: Review of the EU Sustainable Development Strategy (EU SDS).</ref>
Kritik wird an der mangelnden Überprüfbarkeit der Ziele geübt. Insbesondere wird heute jedoch angemerkt, dass eine Überarbeitung der Strategie längst fällig sei. So forderte der Umweltrat der Europäischen Union 2012 eine Überarbeitung bis spätestens 2014.<ref name="BundesregierungEUSDS"> Deutsche Bundesregierung: EU-Nachhaltigkeitsstrategie.</ref> Das Europäische Umweltbüro sprach sich Ende 2014 für eine möglichst zeitnahe Anpassung an die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen aus.<ref>Rat für Nachhaltige Entwicklung: Umweltschützer fordern Reform der Europäischen Nachhaltigkeitsstrategie.</ref> Die Europäische Kommission äußerte 2012 jedoch die Auffassung, dass die Nachhaltigkeitsstrategie in der Strategie Europa 2020 aufgegangen sei.<ref name="BundesregierungEUSDS"/>
National
Obwohl bereits in der Agenda 21 1992 in Kapitel 38 gefordert, wurden von vielen Staaten, so auch von Deutschland, erst 2002 (Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung) nationale Nachhaltigkeitsstrategien vorgelegt.
2001 wurde der Rat für Nachhaltige Entwicklung durch die deutsche Bundesregierung berufen. Hauptaufgaben des Rates sind die Beratung der Bundesregierung zur Nachhaltigkeit und der Dialog mit den verschiedenen Interessensgruppen.
Die Bundesregierung verabschiedete im April 2002 unter dem Titel „Perspektiven für Deutschland“ ihre Strategie für eine Nachhaltige Entwicklung. Eckpfeiler sind die Bereiche „Generationengerechtigkeit“, „Lebensqualität“, „Sozialer Zusammenhalt“ und „Internationale Verantwortung“. Zudem wurden für die vier Handlungsfelder Energie und Klimaschutz, Verkehr, Landwirtschaft sowie Globale Verantwortung Maßnahmen genannt.
Im Herbst 2004 wurde der erste Fortschrittsbericht veröffentlicht, im Sommer 2005 folgte der „Wegweiser Nachhaltigkeit“. Zur Erstellung des Fortschrittsberichts wurde ein Konsultationsprozess durchgeführt, der verschiedene gesellschaftliche Gruppen über unterschiedliche Medien und Prozesse beteiligte. Der Fortschrittsbericht bilanziert die Veränderungen in den vier Handlungsfeldern der Nachhaltigkeitsstrategie und führt vier weitere Handlungsfelder auf: Potenziale älterer Menschen in Wirtschaft und Gesellschaft, neue Energieversorgungsstruktur unter Einbeziehung der erneuerbaren Energien, Die Kraftstoffstrategie - „Alternative Kraftstoffe und innovative Antriebe“ sowie „Verminderung der Flächeninanspruchnahme“. Im „Wegweiser Nachhaltigkeit“ werden Perspektiven für vier weitere Schwerpunktthemen aufgeführt: Moderne Stromversorgung - erneuerbare Energien optimal integrieren, nachwachsende Rohstoffe - für neue Produkte und wachsende Märkte, Zukunftsfähige Waldwirtschaft - ökonomische Perspektiven entwickeln, biologische Vielfalt. Vom Rat für nachhaltige Entwicklung flossen Konzepte zu den Themen Generationenbilanz und gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen ein.
Das Bundeskanzleramt ist für die Erstellung der Fortschrittsberichte und Überarbeitung der Nachhaltigkeitsstrategie in Abstimmung mit den Ministerien zuständig. Im Kanzleramt ist daher auch der Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung angesiedelt.
Die Bundesregierung wie auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und der Nachhaltigkeitsrat stellen Informationen zum Thema nachhaltige Entwicklung bereit.
In Österreich wurde 2002 auf nationaler Ebene die Österreichische Strategie zur nachhaltigen Entwicklung beschlossen.
Regional
Beim Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2002 in Johannesburg wurde ein Netzwerk von Regionalregierungen für nachhaltige Entwicklung (Network of Regional Governments for Sustainable Development) gegründet, welche regionale Nachhaltigkeitsstrategien zu ihrem Arbeitsschwerpunkt gewählt haben.
Die Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg bietet seit 2007 eine Plattform, um Fragen nachhaltiger Entwicklung ressortübergreifend und in Kooperation mit den gesellschaftlichen Akteuren anzugehen. Seit 2011 wird die baden-württembergische Nachhaltigkeitsstrategie kontinuierlich weiterentwickelt. Mit der Neuausrichtung der Nachhaltigkeitsstrategie soll an die in den ersten Jahren erzielte Mobilisierungswirkung bei den gesellschaftlichen Akteuren angeknüpft und ein instrumenteller Rahmen sowie ein strategisches Fundament für Nachhaltigkeitsthemen geschaffen werden.
Der Freistaat Bayern beschloss 1997 eine Agenda 21 als Landes-Nachhaltigkeitsstrategie für den Umweltschutz. Eine neue Nachhaltigkeitsstrategie soll 2012 verabschiedet werden mit dem Ziel, diese auf weitere Politikfelder auszuweiten. Der Entwurf ist in einem öffentlichen Online-Dialogverfahren diskutiert worden.
Nordrhein-Westfalen legte im Jahr 2004 eine Landes-Nachhaltigkeitsstrategie vor. Auf der Grundlage früherer Agenda 21-Programme (seit 2001) hat Rheinland-Pfalz 2005 eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie vorgelegt.
Lokal
In jüngster Zeit haben auch Städte wie Neumarkt in der Oberpfalz oder Ingolstadt eine kommunale bzw. lokale Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt, welche eine Weiterentwicklung der Lokalen Agenda 21 darstellt.
Siehe auch
- Nachhaltigkeitsmanagement (betriebliche Ebene)
- Nachhaltige Entwicklung, Nachhaltige Entwicklung in Deutschland
- Nachhaltigkeitswissenschaft
- Soziale Nachhaltigkeit
- Nachhaltigkeitsbericht
Literatur
Einzelnachweise
<references/>
Weblinks
- Brundtland-Report: Unsere gemeinsame Zukunft, 1987 im Lexikon der Nachhaltigkeit
- BMUB zur Nachhaltigkeitsstrategie der EU
- Deutschland: Nationale Nachhaltigkeitsstrategie
- BMUB zu Nachhaltigkeit
- Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg
- Landesregierung Rheinland-Pfalz: Agenda 21-Programm
- Österreichische Strategie zur nachhaltigen Entwicklung bei nachhaltigkeit.at
- Nachhaltigkeitsstrategien der Bundesregierung und der EU und anderer Regierungen im Lexikon der Nachhaltigkeit bei der Aachener Stiftung Kathy Beys
- Arbeitsgruppe Humanökologie am Department für Anthropologie der Universität Wien
- Zur Agenda 21 in Bayern, Bayerisches Landesamt für Umwelt, 2004 (PDF; 172 kB)
- Dialogverfahren zur Nachhaltigkeitsstrategie der Bayerischen Staatsregierung