Anästhetikum


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Als Anästhetika (Einzahl Anästhetikum) bezeichnet man Medikamente, die zur Erzeugung einer Anästhesie (Zustand der Empfindungslosigkeit zum Zweck einer operativen oder diagnostischen Maßnahme) dienen.

Systematik

Je nachdem, ob die Wirkstoffe auf den ganzen Organismus oder nur einen Teil desselben (lokal) einwirken, werden zwei Gruppen von Anästhetika unterschieden.<ref>H. A. Adams, E. Kochs, C. Krier: Heutige Anästhesieverfahren – Versuch einer Systematik. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2001; 36: 262–267. PMID 11413694</ref> Allerdings müssen lokal wirksame Anästhetika in der Regel auch so appliziert werden, dass der Wirkstoff sich im Organismus nicht verteilen kann, da beispielsweise eine (versehentliche) intravenöse Injektion zu gravierenden Nebenwirkungen führen kann.

Setzt das Arzneimittel die Schmerzempfindung örtlich begrenzt herab, spricht man von einem Lokalanästhetikum. Sie werden im Rahmen einer Lokalanästhesie (bzw. Regionalanästhesie) eingesetzt, also einer örtlichen Schmerzausschaltung im Bereich von Nervenendigungen oder Leitungsbahnen, ohne das Bewusstsein zu beeinträchtigen.

Von einem Allgemeinanästhetikum oder Narkotikum wird bei Mitteln gesprochen, die eine Allgemeinanästhesie oder umgangssprachlich eine Narkose erzeugen, also eine Schmerz- und Bewusstseinsausschaltung im zentralen Nervensystem bewirken, aus der der Patient nicht erweckbar ist. Die Allgemeinanästhesie setzt sich aus einer sensorischen (Blockade der Schmerzempfindung), mentalen (Blockade von Bewusstsein und Erinnerungsvermögen), motorischen (Blockade der motorischen Reaktion) und reflektorischen Komponente (Hemmung von vegetativen Reaktionen) zusammen. Diese werden von verschiedenen Wirkstoffen in verschiedenem Ausmaß bewirkt. Als Untergruppen werden nach dem Weg der Verabreichung Injektionsanästhetika, die in eine Vene injiziert werden, von Inhalationsanästhetika unterschieden, die mit der Atemluft zugeführt werden. Im Allgemeinen werden zu den Injektionsanästhetika Schlafmittel (Hypnotika) wie Propofol, Etomidat und Barbiturate, (selten GHB), Sedativa wie Benzodiazepine, Schmerzmittel (Analgetika) wie Opioide und Ketamin und manchmal im weiteren Sinne auch die Muskelrelaxantien gezählt.

Der Begriff Betäubungsmittel umfasst eine ähnliche Stoffgruppe, ist aber als Rechtsbegriff aus dem deutschen Betäubungsmittelgesetz (BtMG) nicht deckungsgleich.

Wirktheorien

Obwohl sich auch die heute verwendeten Anästhetika gemäß der Meyer-Overton-Korrelation beschreiben lassen, lassen sich Theorien über die Wirkmechanismen von Anästhetika, die auf ihr beruhen (Einfluss auf die Lipidbestandteile des zentralen Nervensystems), nicht mehr aufrechterhalten. Die Vorstellung eines einheitlichen Mechanismus (Unitaritäts-Prinzip) von Anästhetika wird heute als veraltet angesehen und vom Konzept der multiplen Wirkmechanismen und Wirkorte abgelöst. Wirkungen auf eine Reihe von (Protein-basierten) Rezeptoren und Ionenkanälen (Opioid-Rezeptor, GABAA-Rezeptor, NMDA-Rezeptor, Natrium- und Kalium-Kanäle) und andere Modifikation der synaptischen Signalübertragung in verschiedenen Bereichen des zentralen Nervensystems, die für einzelne Anästhetika in unterschiedlichem Ausmaß existieren, werden nach heutigem Wissensstand für die verschiedenen Dimensionen einer Narkose verantwortlich gemacht. Eine umfassende Narkosetheorie, die sich aus den bekannten Mechanismen erklären lässt, liegt jedoch nicht vor, sodass eine Wirkung gemäß der Meyer-Overton-Hypothese letztlich nicht ausgeschlossen werden kann und zum Teil auch kontrovers diskutiert wird.<ref name=franks>Franks NP: Molecular targets underlying general anaesthesia. Br J Pharmacol. 2006 Jan;147 Suppl 1:S72-81. Review. PMID 16402123</ref>

Einzelnachweise

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Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Narkotikum – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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