Zahlensymbolik


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Unter Zahlensymbolik (auch: Numerologie und Zahlenmystik) versteht man die Zuweisung von Bedeutungen an einzelne Zahlen oder Zahlenkombinationen, wobei die Zahlen eine sinnbildliche Funktion erhalten, die über ihre mathematische Bedeutung hinausgehen. Diese Sichtweise gehört, mit Unterschieden in Ausprägung und Funktion, in das Spektrum von Brauchtum, Mystik, Dichtung und Esoterik. Naturwissenschaftlich ist das Thema nur insofern relevant, als Physik und Mathematik seine esoterischen Aspekte widerlegen. Wissenschaftliche Relevanz haben zahlensymbolische Themen im Bereich der Linguistik (Semantik), der Theologie sowie der empirischen Kulturwissenschaften (Brauchtumskunde).

Hintergrund

Gebrauch

Im Gegensatz zum mathematisch-naturwissenschaftlichen Zahlenverständnis, bei dem Zahlen rein formale Funktionen haben, charakterisiert die Zahlensymbolik Zahlen inhaltlich, indem sie ihnen feste Zusammenhänge mit realen oder angenommenen nichtmathematischen Dingen bzw. Sachverhalten zuschreibt. Die Zahlen erhalten somit eine semantische Bedeutung, die sie in der Mathematik nicht haben. In Brauchtum, Mystik und Religion werden mit semantischer Bedeutung aufgeladene Zahlen für verschiedene Zwecke genutzt, bspw. als Symbol, Metapher oder auch für rituelle Zwecke (bspw. Orakel). Dabei werden oft auch Werturteile über die Dinge auf die entsprechenden Zahlen übertragen oder Werturteile über die Zahlen auf mit ihnen zahlensymbolisch verknüpfte Dinge. Jede Zahl erhält einen spezifischen Charakter, eine individuelle Qualität und Eigenschaften wie beispielsweise "männlich", "weiblich", "glückverheißend" oder "heilig". Bisweilen wird dabei auf das Phänomen der Synchronizität verwiesen.<ref>Annemarie Schimmel: The Mystery of Numbers. New York, USA: Oxford University Press, 1993. ISBN 0-19-508919-7</ref> Einen Ausgangspunkt für Spekulationen der Zahlensymbolik bilden unter anderem Zahlen, die in Naturgegebenheiten wie den Mondphasen oder grundlegenden kulturellen Konventionen wie der Siebentägigkeit der Woche eine Rolle spielen. Hierzu gehört insbesondere die Bedeutung der Zahl Zehn aufgrund der Anzahl der Finger sowie im Dezimalsystem. Zahlensymbolik ist weltweit in zahlreichen Kulturen und Religionen verbreitet. Die erste und umfassende Systematik der abendländischen Numerologie auf biblischer Grundlage wurde im ausgehenden 16. Jahrhundert von Pietro Bongo erarbeitet.

Methoden

Alphabetische Systeme

Es gibt zahlreiche Numerologiesysteme, die bestimmten Buchstaben im Alphabet einen numerischen Wert geben. Beispiele hierfür sind das Abdschad, die Hebräische Zahlschrift und die Armenische Zahlschrift.

Die jüdische Tradition der Interpretation von Worten aufgrund ihrer numerischen Werte wird Gematrie genannt. Das arabische System der Numerologie ist das Abdschad. In diesem System hat jeder Buchstabe des arabischen Alphabets einen bestimmten Wert.<ref>Frank Lewis: Overview of the Abjad numerological system. In: Bahai-Library, abgerufen am 16. März 2015</ref> Die chinesische Numerologie unterscheidet sich hingegen von den alphabetischen Systemen. Hier wird einer bestimmten Zahl oder einer bestimmten Kombination von Ziffern eine unterschiedliche Bedeutung zugeschrieben.<ref>Craving lucky numbers in daily life. In: China View am 20. Mai 2006, abgerufen am 16. März 2015</ref> Prinzipiell werden in der chinesischen Numerologie gerade Zahlen als glückbringend beschrieben. Die traditionelle chinesische Medizin basiert ihr System auf numerischen Assoziationen (bspw. 365 Teile des Körpers - einer für jeden Tag des Jahres - als Basis zur Lokalisierung der Akupunkturpunkte).<ref>Camillia Matuk:Seeing the Body: The Divergence of Ancient Chinese and Western Medical Illustration. (pdf) In: Northwestern University, abgerufen am 15. März 2015</ref>

Alchemie

Manche Theorien in der Alchemie lassen sich auf numerologische Prinzipien zurückführen. Beispielsweise basierte der iranische Alchemist Dschābir ibn Ḥayyān seine Experimente auf einem eigens ausgearbeiteten numerologischen System aufgrund der Bezeichnung der verwendeten Substanzen in arabischer Sprache.<ref> Haq, Syed Nomanul: Names, Natures and Things: The Alchemist Jabir Ibn Hayyan and His Kitab Al-Ahjar (Book of Stones). Springer-Verlag (28. Februar 1995) ISBN 978-0-7923-3254-1</ref>

Wissenschaft

Wissenschaftliche Theorien werden oftmals als "Numerologie" bezeichnet, wenn der ursprüngliche Zweck der Studie auf einer Reihe von Mustern basiert, anstatt auf wissenschaftliche Beobachtungen zu beruhen. Dieser umgangssprachliche Gebrauch des Begriffs ist in wissenschaftlichen Kommentaren weit verbreitet und wird im Wesentlichen dafür verwendet um eine Theorie bzw. eine wissenschaftliche Publikation als zweifelhaft zu verwerfen.

Das bekannteste Beispiel der Numerologie in der Wissenschaft ist die Large Number Hypothesis, die 1937 von Paul Dirac aufgestellt wurde. Dabei handelt es sich um eine Theorie, die sich mit der seltsamen Häufung von absoluten Verhältnissen in der Größenordnung der Zahl 1040 beschäftigt. Mit der Hypothese beschäftigten sich auch andere Persönlichkeiten. wie der Mathematiker Hermann Weyl und der Astronom Arthur Stanley Eddington.<ref>Victor J. Stenger: Is the universe fine-tuned for us? (pdf) In: University of Colorado, abgerufen am 16. März 2015</ref>

Die Entdeckung atomarer Triaden, die sich mit den Elementen einer Gruppe oder Spalte des Periodensystems beschäftigt, wurde als eine Form der Numerologie bezeichnet, die schließlich zur Entstehung des Periodensystems führte.<ref>Johann Wolfgang Dobereiner. In:Purdue University, abgerufen am 16. März 2015 </ref> In diesen Triaden wird das durchschnittliche Atomgewicht des leichtesten und schwersten Elements einer Gruppe errechnet, welches dann annähernd dem Atomgewicht des mittleren Elements entspricht. Obwohl diese Methode nicht mit jedem Triplett funktioniert, basierten manche wissenschaftliche Arbeiten in der Folge auf dieser Beobachtung.<ref>I. J. Good: A Quantal Hypothesis for Hadrons and the Judging of Physical Numerology. In: Disorder in Physical Systems. Oxford University Press (1990), S. 141. ISBN 978-0198532156</ref><ref>Dan Falk: Cosmic numbers: Pauli and Jung's love of numerology. In: NewScientist - Opinion am 29. April 2009, abgerufen am 16. März 2015</ref>

Spiele

Methoden in Spielen, die den Einsatz von "Glückszahlen" erlauben (Lotto, Bingo, Roulette, usw.) entsprechen dem Konzept der Numerologie. Obwohl keine Strategie angewandt werden kann, die die Chancen des Spielers zu gewinnen erhöhen, kann dieser auf "Glückszahlen" setzen, von denen er glaubt, dass sie ihm helfen könnten. Zwar gibt es keinerlei Evidenz dafür, dass eine solche numerologische Strategie ein besseres Resultat hätte, als das zufällige Setzen irgendwelcher Zahlen, dennoch werden solche Methoden oftmals von Casinobetreibern unterstützt.<ref>Number Symbolism - Myth or Reality? in: CasinoObserver, abgerufen am 16. März 2015</ref>

Wissenschaftliche Aspekte

Kultur- und Sprachwissenschaften

Zu den Wissenschaften, die sich ernsthaft mit Zahlensymbolik befassen, gehören unter anderem die Theologie (Zahlensymbolik in der Bibel, Bibelexegese), Linguistik (Zahlen als semantisch relevante Objekte) und die Kulturwissenschaften (Zahlen in Brauchtum, Ritus und Aberglaube). Speziell in der Theologie ist ein zahlensymbolisches Verständnis von großer Bedeutung, da ohne ein solches die Exegese und Analyse historischer und religiöser Texte kaum möglich wäre.<ref>Pat Alexander und David Alexander (Hrsg.): Das große Handbuch zur Bibel. Stuttgart, 2003</ref><ref>Kölsch, Herbert Die biblischen Zahlen als Gleichnis : ihre Deutung im Werk Em. Swedenborgs In: Offene Tore. 18.1974</ref><ref>Georg Fohrer, Einleitung in das Alte Testament. 12. Auflage. Heidelberg, 1979</ref><ref>Bullinger, Ethelbert W., Number in Scripture, Kregel Publications</ref><ref> Christoph Dohmen: Die Bibel und ihre Auslegung. C.H.Beck Verlag 2011</ref> Praktische esoterische Anwendungen als Orakeltechnik unter dem Begriff Numerologie sind sozial- und kulturwissenschaftlich nur hinsichtlich ihrer sozialen und psychologischen Auswirkungen auf das Individuum und die Gesellschaft von wissenschaftlichem Interesse.

Naturwissenschaften

Aus naturwissenschaftlicher Sicht sind zahlensymbolische (numerologische) Annahmen zu esoterischen Zwecken<ref>Webseite der GWUP (abgerufen am 9. Juni 2013). Erläuterung der hebräischen Buchstaben und Zahlen, mit Bildern.

Einzelnachweise

<references />