Parvenü
Ein Parvenü (von französisch: parvenir „zu etwas gelangen“) oder ein Emporkömmling ist eine in der ersten Generation zu Reichtum gekommene (bzw. in einen höheren gesellschaftlichen Stand / Status aufgestiegene) Person, der die Unfähigkeit unterstellt wird, sich an die Umgangsformen und Konventionen sogenannter besserer Kreise (Milieus der Mittel- oder Oberschicht) anzupassen, von der also behauptet wird, teils noch den Umgangsformen ihres Herkunftsmilieus verhaftet zu sein und somit „in der Bedürftigkeit nicht mehr und im Überfluss noch nicht zu Hause“<ref>Konrad Adam: Der kann es! Die Partei der Besserverdienenden. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. Juni 2007, S. 37</ref> zu sein. Es ist ein abfälliger Ausdruck mit der Nebenbedeutung des Unkultivierten und Ungebildeten, der besonders vom Adel für Aufsteiger am Hofe gebraucht wurde. Entsprechend wurden später auch Neureiche (sogenanntes Neues Geld) von den traditionell Wohlhabenden (sogenanntes Altes Geld) ebenfalls abschätzig als Parvenüs bezeichnet.
Während es sich bei den Begriffen "wirtschaftlicher Aufstieg" und "Aufsteiger" eher um sachlich-neutrale (oder sogar positiv besetzte) Bezeichnungen handelt, sind Parvenü und neureich abwertende Bezeichnungen.
Die oft als Schmäh- oder Schimpfworte verwandten Begriffe implizieren eine Diskrepanz zwischen Zunahme an wirtschaftlichem Kapital und einer Nicht-Zunahme des kulturellen Kapitals. (Der US-amerikanische Mythos vom Tellerwäscher zum Millionär beispielsweise lässt sich auch als ein allein auf wirtschaftlichem Erfolg beruhender Aufstieg in der sozialen Hierarchie verstehen.) Umgekehrt verhält es sich in der Regel bei Angehörigen der Bohème, die zwar über kulturelles Kapital (Bildung, Kunst-Konzepte, Kunst-Schaffen etc.) verfügen, aber häufig über kaum wirtschaftliches Kapital.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Der Begriff "Emporkömmling" ist eine Übersetzung von Philipp von Zesen für das Wort Parvenü. Im englischen Sprachraum gilt nouveau riche als Gegenbegriff zum old money. Vergleichbare Begriffe sind schon seit der Römerzeit bekannt, so beim Homo novus (deutsch: neuer Mann).
Im engeren Sinne wird der Begriff von Hannah Arendt verwendet, die in ihrer Auseinandersetzung mit der Geschichte des Judentums in Europa, insbesondere in ihrer Biographie der Rahel Varnhagen, nach Aufstieg und Assimilation strebende Juden als Parvenus bezeichnet, die wegen der überwiegend antijüdischen Haltung der sie umgebenden Gesellschaften ihr Ziel einer Verschmelzung mit der jeweiligen Nationalität nicht erreichen können und sich in eine Art Selbstbetrug verstricken. Dichotomisch dazu wird von ihr der Begriff des Paria geprägt, als Bezeichnung für sich der Assimilation verweigernde Juden. Das Begriffspaar Paria und Parvenu kann sich nach Arendt aber auch allgemein auf Personen beziehen, die in einer Gesellschaft eine Außenseiterposition einnehmen, bzw. diese erfolglos zu überwinden trachten.
Siehe auch
Literatur
- Jost Hermand. Der gründerzeitliche Parvenü. in: Aspekte der Gründerzeit. Katalog zur Ausstellung in der Akademie der Künste (Berlin) vom 8. September bis zum 24. November 1974. S. 7-15
- Hannah Arendt: Rahel Varnhagen. Lebensgeschichte einer deutschen Jüdin aus der Romantik. Piper, München / Zürich 1997, ISBN 3-492-20230-6.
Weblinks
Einzelnachweise
<references />en:Parvenu ru:Парвеню