Peptid
Ein Peptid ist eine organische Verbindung, die Peptidbindungen<ref>Im kleinstmöglichen Peptid, einem Dipeptid aus zwei Aminosäuren, liegt nur eine Peptidbindung vor.</ref> zwischen Aminosäuren enthält.
Peptide, bei denen einzelne Aminosäuren in einer definierten Reihenfolge (Sequenz) linear zu einer Kette verbunden sind, können als ein kleines Protein betrachtet werden.<ref name=jakubke>Hans-Dieter Jakubke, Hans Jeschkeit: Aminosäuren, Peptide, Proteine, Verlag Chemie, Weinheim, 1-505, 1982, ISBN 3-527-25892-2.</ref> Peptide mit zirkulär gebundenen Aminosäuren werden Cyclopeptide genannt. Peptide unterscheiden sich daneben vor allem durch ihre molaren Massen. Die Abgrenzung zu Proteinen nach Anzahl der verknüpften Aminosäuren ist fließend; bei einer Kette von mehr als ungefähr 100 verknüpften Aminosäuren, die sich zu einer bestimmten Form auffaltet, wird das Molekül gemeinhin als Protein bezeichnet.
Organismen können Peptide durch Translation ausschließlich aus α-Aminosäuren der L-Form bilden, denn für diesen Prozess stehen allein die genetisch codierten Aminosäuren zur Verfügung, die an eine tRNA gebunden werden. Vereinzelt finden sich bei Lebewesen verschiedener Reiche auch D-Aminosäuren in Peptiden, diese sind jedoch Produkte spezieller Stoffwechselwege und nicht der Proteinbiosynthese.<ref>G. Kreil: D-amino acids in animal peptides. In: Annual Review of Biochemistry. 66, Nr. 1, 1997, S. 337-345. Abgerufen am 14. März 2013.</ref> Peptide erfüllen eine große Anzahl physiologischer Funktionen und können beispielsweise als Hormone wirken, andere zeigen entzündungshemmende oder entzündungsfördernde Wirkungen; es gibt auch solche mit antibiotischen oder antiviralen Wirkungen. In einigen Fällen ist ihre Wirkungsweise gut erforscht.
Die Bezeichnung Peptid wurde erstmals 1902 von Emil Fischer verwendet<ref>E. Fischer: Über die Hydrolyse der Proteinstoffe. In: Chemikerzeitung. Band 26, 1902, S. 939–940.</ref> für die Ausgangsstoffe der Proteinabbauprodukte durch Pepsin im Pepton (zu griech. πεπτικός peptikos ‚verdauungsfähig‘ bzw. πεπτός peptos ‚gekocht‘), begriffen als aus Monomeren aufgebaut, analog einem Polysaccharid.
Inhaltsverzeichnis
Struktur
Bei der Kondensation von Aminosäuren reagiert die Carboxygruppe der einen Aminosäure formal unter Wasseraustritt mit der Aminogruppe der anderen Aminosäure zur Säureamidgruppierung -CO-NH-, die neu geknüpfte Amidbindung zwischen dem Kohlenstoffatom der Carbonylgruppe und dem Stickstoffatom wird eine Peptidbindung. Die freie Aminogruppe an einem Ende des Peptids nennt man N-Terminus, die freie Carboxygruppe am anderen Ende wird C-Terminus genannt.
Die Peptidbindung ist nicht frei drehbar, da es zwei Resonanzstrukturen gibt. Dies spielt eine wichtige Rolle bei der Struktur von Proteinen.
Einteilung
Generell wird die Anzahl der Aminosäuren, aus denen ein Peptidmolekül besteht, als Kettenlänge bezeichnet. Anhand der Kettenlänge wird differenziert in:
Bezeichnung | Anzahl</br>Aminosäuren | Bemerkungen |
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Dipeptid | |
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Tripeptid | |
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Tetrapeptid | |
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Pentapeptid | |
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Oligopeptid | |
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Polypeptid | |
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Makropeptid | |
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Cyclopeptid | 2 und mehr | ringförmig (ohne N- und C-Terminus) |
Protein | |
gefaltet |
Oligopeptide
Als Oligopeptide werden chemische Verbindungen bezeichnet, die aus bis zu zehn Aminosäuren bestehen, die untereinander über Peptidbindungen verknüpft sind.
Gebildet wird ein Oligopeptid indem unter Wasserabspaltung die Aminogruppe einer ersten Aminosäure mit der Carboxygruppe einer zweiten Aminosäure reagiert. Daraufhin reagiert die freie Aminogruppe des entstandenen Dipeptids mit der Carboxygruppe einer weiteren Aminosäure. Nach diesem Muster werden die übrigen Aminosäuren angeknüpft, so dass eine kurze Kette von Aminosäuren entsteht, die über Peptidbindungen miteinander verbunden sind.
Oligopeptide spielen z. B. als Bestandteile von Enzymen bei Entgiftungs-, Transport- und Stoffwechselprozessen eine Rolle.
Polypeptide
Ein Polypeptid ist ein Peptid, das aus mindestens zehn Aminosäuren besteht. Die Aminosäuren sind durch Peptidbindungen verbunden. Polypeptide können sowohl natürlichen als auch synthetischen Ursprungs sein. Polypeptide mit über 100 Aminosäuren werden in der Regel als Proteine bezeichnet; allerdings sind für ein Protein weitere Voraussetzungen notwendig, so etwa eine definierte Proteinfaltung.
Sind hochmolekulare Makropeptide durch Wasserstoff- oder Disulfidbrücken verbunden, nennt man diese Proteine. Je nach geschichtlicher Einordnung werden auch einige Aminosäurenketten mit über 100 Aminosäuren als Peptide bezeichnet.
Cyclopeptide
Zyklische Peptide enthalten zwei, drei oder mehr Aminosäuren, die Ringe bilden; daher besitzen Cyclopeptide keine C-terminale und keine N-terminale Aminosäure mehr. Alle zyklischen Peptide sind somit zugleich Lactame. In den ringförmigen Peptiden liegen cis-Peptidbindungen vor, während in den meisten nativen (kettenförmige) Proteinen trans-Peptidbindungen dominieren. 2,5-Diketopiperazine sind die einfachsten zyklischen Dipeptide. Einige Antibiotika sind Cyclopeptide, z. B. Ciclosporin.<ref>Biologisch aktive Peptide. Script der Universität Leipzig, S. 16. (PDF; 3,2 MB).</ref>
Peptide mit α-Peptidbindungen und ω-Peptidbindungen sowie Isopeptide
Genau genommen entstehen Peptide durch die Verknüpfung α-ständiger Amino- und Carboxygruppen von α-Aminosäuren, die dann über α-Peptidbindungen verknüpft sind.<ref name=jakubke3>Hans-Dieter Jakubke, Hans Jeschkeit: Aminosäuren, Peptide, Proteine, Verlag Chemie, Weinheim, S. 99, 1982, ISBN 3-527-25892-2.</ref>
Es gibt jedoch auch α-Aminosäuren, die neben der α-Aminogruppe eine zweite Aminogruppe enthalten, z. B. L-Lysin. Ebenso gibt es α-Aminosäuren, die neben der α-Carboxygruppe eine zweite Carboxygruppe enthalten, z. B. L-Asparaginsäure und L-Glutaminsäure. Wenn nun die Verknüpfung der Aminosäuren nicht ausschließlich durch die α-ständigen Amino- und Carboxygruppen erfolgt, sondern unter Beteiligung einer end- oder seitenständigen Diaminocarbonsäuren (wie L-Lysin) und Aminodicarbonsäuren (wie L-Asparaginsäure und L-Glutaminsäure) so entstehen Peptide mit einer ω-Peptidbindung.<ref name=jakubke2>Hans-Dieter Jakubke, Hans Jeschkeit: Aminosäuren, Peptide, Proteine, Verlag Chemie, Weinheim, S. 99, 1982, ISBN 3-527-25892-2.</ref>
In der Natur kommen auch Mischformen vor, so enthält das Tripeptid Glutathion (γ-L-Glutamyl-L-cysteinglycin)<ref name=Römpp4>Otto-Albrecht Neumüller (Herausgeber): Römpps Chemie Lexikon, Frank’sche Verlagshandlung, Stuttgart, 1983, 8. Auflage, S. 1511, ISBN 3-440-04513-7.</ref> je eine α-Peptidbindung und eine ω-Peptidbindung. Die Peptidbindung zwischen der seitenständigen ε-Aminogruppe von L-Lysin und der seitenständigen Carboxygruppe von Asparaginsäure oder Glutaminsäure wird auch Isopeptidbindung genannt.
Peptidsynthese
Ribosomale Peptidsynthese
In der belebten Natur (Biologie) erfolgt die Synthese einzelner Polypeptidketten durch Ribosomen.
Nichtribosomale Peptidsynthese (NRPS)
Außerdem gibt es auch eine nichtribosomale Peptidsynthese (NRPS), auf rein enzymatischem Weg (mittels Peptidsynthetasen). Mittels NRPS können auch D-Aminosäuren eingebaut werden oder Cyclopeptide entstehen. NRPS ist bei Mikroorganismen (Bakterien und Pilze) verbreitet, kommt aber wahrscheinlich in allen Organismen vor (für Drosophila,<ref>A. Richardt, T. Kemme, S. Wagner, D. Schwarzer, M. A. Marahiel, B. T. Hovemann: Ebony, a novel nonribosomal peptide synthetase for beta-alanine conjugation with biogenic amines in Drosophila. In: Journal of Biological Chemistry. Band 278, Nummer 42, Oktober 2003, S. 41160–41166, ISSN 0021-9258. doi:10.1074/jbc.M304303200. PMID 12900414.</ref> für Mäuse<ref name="PMID12712191">T. Kasahara, T. Kato: Nutritional biochemistry: A new redox-cofactor vitamin for mammals. In: Nature. Band 422, Nummer 6934, April 2003, S. 832, ISSN 0028-0836. doi:10.1038/422832a. PMID 12712191.</ref>).
Technisch-chemische Peptidsynthese
Die technisch-chemische Synthesemethode<ref name=jakubke1>Hans-Dieter Jakubke, Hans Jeschkeit: Aminosäuren, Peptide, Proteine, Verlag Chemie, Weinheim, 107–261, 1982, ISBN 3-527-25892-2.</ref> der Wahl für ein Peptid bestimmter Sequenz unterscheidet sich je nach dessen Länge:
- Kurze Peptide werden schrittweise aus der Verknüpfung von Aminosäuren aufgebaut
- Längere Peptide werden aus der Verknüpfung kürzerer Peptide aufgebaut
Wird versucht ein bestimmtes Dipeptid (z. B. Gly-Val) aus zwei verschiedenen Aminosäuren (Gly + Val) durch thermische Dehydratisierung herzustellen, entstehen eine Reihe von unerwünschten Produkten in beachtlicher Menge:<ref name=vollhardt>K. P. C. Vollhardt, N. E. Schore: Organische Chemie, 4. Auflage, Wiley-VCH, S. 1399–1402, 2005.</ref>
<math>\mathrm{\ Gly + Val \rightarrow Gly{-}Gly\ +\ Gly{-}Val\ +\ Val{-}Gly\ +\ Val{-}Val\ +\ Gly{-}Val{-}Val\ + }</math> <math>\mathrm{\ Val{-}Val{-}Gly\ + \dots}</math>
Um die Selektivität zu erhöhen, werden die Carboxy- und Aminogruppen, die nicht verknüpft werden sollen, mit einer Schutzgruppe versehen (z. B. Ester, Boc, Fmoc).
Verschiedene Kopplungsreagenzien werden verwendet, welche die ungeschützte Carboxygruppe der einen Aminosäure aktivieren und so die Verknüpfung mit der Aminofunktion der zweiten Aminosäure bei milden Bedingungen ermöglichen. Es gibt verschiedene Klassen solcher Kopplungsreagenzien:<ref name=tetrahedron>S.Y. Han, Y.A. Kim: Tetrahedron, 60, 2004, S. 2447–2467.</ref>
- Phosphonium-Reagenzien (z. B. BOP, PyBOP)
- Uronium-Reagenzien (z. B. HBTU, HATU, TBTU)
- Immonium-Reagenzien
- Carbodiimid-Reagenzien (z. B. DCC, EDC)
- Imidazolium-Reagenzien (z. B. CDI)
- Organophosphorige Reagenzien
- Saure halogenierende Reagenzien
- Chloroformate und andere
Nachdem so die Peptidbindung geknüpft wurde wird eine der beiden Schutzgruppen selektiv entfernt. Dann kann mit einer weiteren entsprechend geschützten Aminosäure erneut gekuppelt werden usw. Am Ende werden alle Schutzgruppen entfernt und man isoliert das gewünschte Peptid.
Alternativ werden heute meist Festphasensynthesen angewendet. Zudem können auch Enzyme zur Peptidsynthese eingesetzt werden.
Siehe auch
Literatur
- S. Donadio, P. Monciardini, M. Sosio: Polyketide synthases and nonribosomal peptide synthetases: the emerging view from bacterial genomics. In: Natural Product Reports Band 24, Nummer 5, Oktober 2007, S. 1073–1109. doi:10.1039/b514050c. PMID 17898898.
Weblinks
Einzelnachweise
<references />