Proklos
Proklos (griechisch Πρόκλος Próklos mit dem Beinamen ὁ διάδοχος ho diádochos (der Nachfolger), auch Proklos der Lykier genannt; * wahrscheinlich 7. oder 8. Februar 412 in Konstantinopel; † 17. April 485 in Athen) war ein spätantiker griechischer Philosoph und Universalgelehrter. Als einer der einflussreichsten Wortführer des Neuplatonismus spielte er in der Geschichte dieser philosophischen und religiösen Strömung eine herausragende Rolle. Er leitete fast ein halbes Jahrhundert lang die neuplatonische Schule von Athen, deren Arbeit er durch seine intensive Lehrtätigkeit und seine zahlreichen Schriften prägte.
Das Kernelement der proklischen Philosophie ist die Theorie der Emanation, des stufenweisen Hervorgehens der Vielheit aus einer umfassenden, undifferenzierten Einheit, die als der Ursprung von allem gilt. Auf diesen ewig andauernden Entfaltungsprozess wird die Existenz einer hierarchisch aufgebauten, nach den Emanationsstufen gegliederten Weltordnung zurückgeführt. Da zwischen den unterschiedlichen Ebenen des so strukturierten Weltsystems vermittelnde Instanzen benötigt werden, die den Zusammenhalt der Welt ermöglichen, erhält das Ganze einen sehr komplexen Charakter. Als Gegenbewegung zur Emanation wird ein Zurückstreben des Hervorgegangenen zum Ausgangszustand angenommen. Daraus ergibt sich im proklischen Modell eine triadische (dreischrittige) Struktur des Weltprozesses: Bleiben in der Ursache, Hervortreten aus ihr und Rückwendung zu ihr.
Proklos schrieb umfangreiche Kommentare zu Dialogen Platons sowie systematische Darstellungen seiner Philosophie und paganen Theologie, ferner Werke über Themen der Mathematik, Physik und Astronomie. Seine Hymnen an verschiedene Götter lassen sein starkes religiöses Engagement erkennen. Als begeisterter Anhänger der griechischen Religion stand er in Opposition zum Christentum, das damals bereits die Staatsreligion des Römischen Reichs war.
Im Mittelalter wirkte das Weltbild des Proklos vielfältig nach, vor allem auf indirektem Weg. Außerordentlich wirkmächtig waren die von seiner Denkweise geprägten Schriften des spätantiken christlichen Theologen Pseudo-Dionysius Areopagita. Auch der auf seinem Emanationskonzept fußende Liber de causis (Buch über die Ursachen) fand viel Beachtung. Ab dem 13. Jahrhundert standen den west- und mitteleuropäischen Gelehrten auch lateinische Übersetzungen von Hauptwerken des Proklos zur Verfügung. Sie beeinflussten namhafte neuplatonisch orientierte Denker, darunter Nikolaus von Kues. In der arabischsprachigen Welt waren im Mittelalter ebenfalls Grundzüge der proklischen Philosophie bekannt.
Im frühen 19. Jahrhundert erhielt Hegel vom triadischen Denken des Proklos einen wesentlichen Impuls für seine dialektische Geschichtsdeutung. Damit begann eine „Proklos-Renaissance“. Andererseits richteten Gegner der hegelschen Dialektik heftige Kritik gegen den antiken Neuplatoniker, der als Vorläufer Hegels wahrgenommen wurde. In der neueren Forschung steht das Bemühen um ein genaueres Verständnis des anspruchsvollen proklischen Weltmodells im Vordergrund, doch gehören auch Vergleiche mit Hegel weiterhin zu den aktuellen Themen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Leben
- 2 Werke
- 3 Lehre
- 4 Rezeption
- 5 Quellenausgabe mit Übersetzung
- 6 Ausgaben und Übersetzungen der Werke
- 7 Literatur
- 8 Weblinks
- 9 Anmerkungen
Leben
Die Familie des Proklos stammte aus Xanthos, einer Stadt in der kleinasiatischen Landschaft Lykien. Sein Vater Patrikios und seine Mutter Markella – beide Namen sind nicht griechischen, sondern lateinischen Ursprungs – gehörten der dortigen Oberschicht an. Vermutlich war Patrikios der Sohn des Flavius Eutolmius Tatianus, eines Lykiers, der in der Reichsverwaltung bedeutende Ämter bekleidet hatte. Tatianus war von 388 bis 392 als Praefectus praetorio Orientis an der Spitze der Zivilverwaltung der wichtigsten Provinzen im Osten des Reichs gestanden, dann aber beim Kaiser in Ungnade gefallen und in seine lykische Heimat verbannt worden. Patrikios war ein wohlhabender Anwalt. Zur Zeit der Geburt des Proklos, die aufgrund eines Horoskops gewöhnlich auf den 7. oder 8. Februar 412 datiert wird,<ref>Die Zuverlässigkeit des Horoskops ist allerdings umstritten. Lucas Siorvanes: Proclus, New Haven/London 1996, S. 25 f. hält es für unglaubwürdig und tritt für eine Datierung der Geburt gegen Ende 410 oder Anfang 411 ein. Zur Berechnung nach dem Horoskop siehe Alexander Jones: The Horoscope of Proclus. In: Classical Philology 94, 1999, S. 81–88.</ref> lebte die Familie in der Hauptstadt Konstantinopel, doch kehrte sie bald darauf nach Xanthos zurück. Dort erhielt Proklos den üblichen Schulunterricht bei einem Grammatiklehrer. Nach dem Abschluss der Schulbildung begab er sich nach Alexandria, wo er Rhetorik, Latein und römisches Recht studierte, da er den Beruf seines Vaters ergreifen sollte. Doch eine Reise nach Konstantinopel leitete eine Wende ein; wohl unter dem Einfluss dortiger Gelehrter wandte er sich der Philosophie zu. Nach seiner Rückkehr nach Alexandria gab er die bisherigen Studienfächer auf und begann bei Olympiodoros dem Älteren, einem renommierten Ausleger der Schriften des Aristoteles, Philosophie zu studieren. Außerdem eignete er sich auch mathematische Kenntnisse an. Dabei soll er durch ein außergewöhnlich leistungsfähiges Gedächtnis aufgefallen sein.<ref>Concetta Luna u. a.: Proclus de Lycie. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5 b, Paris 2012, S. 1546–1674, hier: 1548 f.; Lucas Siorvanes: Proclus, New Haven/London 1996, S. 1–4.</ref>
Nach Beendigung dieser Studien ging Proklos als etwa Neunzehnjähriger – also 430/431 – nach Athen, wo er zunächst den Neuplatoniker Syrianos kennenlernte. Syrianos stellte ihn dem bereits betagten Philosophen Plutarch von Athen vor, dem Gründer und Leiter der neuplatonischen Schule von Athen, die dort die Tradition der Platonischen Akademie fortsetzte. So wurde Proklos ein Schüler Plutarchs, der ihn sehr schätzte und ihn in Aristoteles’ Schrift De anima (Über die Seele) und Platons Dialog Phaidon einführte. Plutarch starb etwa zwei Jahre nach Proklos’ Ankunft. Sein Nachfolger als Schulleiter wurde Syrianos, an den sich Proklos nun als Schüler und Freund anschloss. Syrianos nahm ihn in sein Haus auf, behandelte ihn wie einen Familienangehörigen und betrachtete ihn als seinen Wunschnachfolger in der Schulleitung. Da die Schule über ein beträchtliches Vermögen verfügte und keine Unterstützung durch Außenstehende benötigte,<ref>Siehe dazu Lucas Siorvanes: Proclus’ life, works, and education of the soul. In: Stephen Gersh (Hrsg.): Interpreting Proclus, Cambridge 2014, S. 33–56, hier: 37 f.</ref> konnte die Philosophengemeinschaft ein materiell sorgloses Leben führen und ihre Unabhängigkeit wahren. Bei Syrianos studierte Proklos, dem üblichen Lehrplan der Neuplatoniker folgend, erst die Schriften des Aristoteles, wofür er weniger als zwei Jahre benötigte, und danach die Philosophie Platons.<ref>Concetta Luna u. a.: Proclus de Lycie. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5 b, Paris 2012, S. 1546–1674, hier: 1549; Lucas Siorvanes: Proclus, New Haven/London 1996, S. 4–6.</ref>
Als Syrianos um 437 starb, übernahm der erst etwa fünfundzwanzigjährige Proklos die Leitung der Schule,<ref>Zur Datierung siehe Henri D. Saffrey, Leendert G. Westerink (Hrsg.): Proclus: Théologie platonicienne, Bd. 1, Paris 1968, S. XVI f.; John M. Dillon: General Introduction. In: Glenn R. Morrow, John M. Dillon (Übersetzer): Proclus’ Commentary on Plato’s Parmenides, Princeton 1992, S. XI–XLIV, hier: XII f.; Lucas Siorvanes: Proclus, New Haven/London 1996, S. 6.</ref> die er dann bis zu seinem Tod 485 innehatte. Diesem Amt verdankte er seinen Beinamen oder Titel diadochos („der Nachfolger“); damit war gemeint, dass er als Nachfolger Platons, der die Akademie um 387 v. Chr. gegründet und bis zu seinem Tod geleitet hatte, das Oberhaupt der platonischen Schule war.<ref>Siehe zum diadochos Lucas Siorvanes: Proclus, New Haven/London 1996, S. 21 f.</ref> Zu seinen namhaftesten Schülern zählten Isidor, Ammonios Hermeiou, Zenodotos und der aus Palästina stammende Marinos von Neapolis, der später seine Nachfolge als Schulleiter antrat.<ref>Zu den Schülern siehe Dominic J. O’Meara: Platonopolis, Oxford 2003, S. 21 f.; Henri D. Saffrey, Leendert G. Westerink (Hrsg.): Proclus: Théologie platonicienne, Bd. 1, Paris 1968, S. XLIX–LIV.</ref>
Proklos führte ein asketisches, arbeitsreiches, sehr diszipliniertes Leben und blieb unverheiratet. Nach der rühmenden Schilderung des Marinos von Neapolis war er tagsüber unermüdlich als Lehrer und Schriftsteller tätig, nachts widmete er sich dem Gebet und schlief nur wenige Stunden. Täglich soll er am Morgen mindestens fünf Unterrichtseinheiten (práxeis, „Lektionen“) absolviert haben, wobei es um die Auslegung von Texten der philosophischen Schulautoren ging; danach widmete er sich der schriftstellerischen Arbeit und den Diskussionen mit seinen Kollegen. Abends erteilte er wiederum Unterricht.<ref>Marinos, Vita Procli 22,29–37. Siehe dazu Otmar Schissel: Der Stundenplan des Neuplatonikers Proklos. In: Byzantinische Zeitschrift 26, 1926, S. 265–272; Henri Dominique Saffrey, Alain-Philippe Segonds (Hrsg.): Marinus: Proclus ou Sur le bonheur, Paris 2001, S. 91, 142.</ref> Die Lehrveranstaltungen fanden in einem Privathaus statt, das Plutarch gehört hatte und nach dessen Tod Sitz der Schule und Wohnstätte ihres Leiters blieb. Dieses Bauwerk identifizieren manche Archäologen mit dem „Gebäude Chi“ am Südhang der Akropolis, das daher „Haus des Proklos“ genannt wird. Das Gebäude Chi wurde 1955 teilweise ausgegraben und vom Ausgrabungsleiter Ioannis Meliades als Sitz der neuplatonischen Schule betrachtet. Die Hypothese von Meliades ist in der Forschung auf Zustimmung, aber auch auf Widerspruch gestoßen.<ref>Arja Karivieri: The ‚House of Proclus’ on the Southern Slope of the Acropolis: A Contribution. In: Paavo Castrén (Hrsg.): Post-Herulian Athens, Helsinki 1994, S. 115–139. Eine Forschungsübersicht bietet Philippe Hoffmann: Damascius. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 2, Paris 1994, S. 541–593, hier: 548–555.</ref>
Proklos beschränkte sich nicht auf die Leitung seiner Schule, sondern zählte auch Beteiligung am öffentlichen Leben zu den Aufgaben eines Philosophen. Bei einer städtischen Behörde setzte er sich erfolgreich für die Bildungsförderung durch eine leistungsabhängige Besoldung qualifizierter Rhetoriklehrer ein. Er überprüfte persönlich den Arbeitseifer und die Leistungen derer, die auf seine Empfehlung mit öffentlichen Mitteln unterstützt wurden.<ref>Marinos, Vita Procli 16,1–9.</ref> Kommunalpolitisch engagierte er sich durch Teilnahme an Bürgerversammlungen, an denen er das Wort ergriff und zu aktuellen Fragen Stellung nahm.<ref>Marinos, Vita Procli 15.</ref> Zum Christentum, das damals die Staatsreligion des Oströmischen Reichs war, stand er in heftiger Opposition; er warf den Christen Ignoranz, Unfrömmigkeit, innere Zwiespältigkeit ihrer Seelen und Zwietracht untereinander vor.<ref>Philippe Hoffmann: Un grief antichrétien chez Proclus: l’ignorance en théologie. In: Arnaud Perrot (Hrsg.): Les chrétiens et l’hellénisme, Paris 2012, S. 161–197, hier: 164 f., 173 f., 180–197.</ref> Ein Konflikt, der wohl mit seiner antichristlichen Haltung zusammenhing, veranlasste ihn, für ein Jahr nach Lydien auszuweichen, dann kehrte er nach Athen zurück. Er starb am 17. April 485. Seine Gebeine wurden in der Grabstätte des Syrianos beigesetzt, wie dieser es gewünscht hatte. Obwohl die Grabinschrift des Syrianos gefunden wurde, ist die Grabstätte nicht genau lokalisierbar.<ref>Concetta Luna u. a.: Proclus de Lycie. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5 b, Paris 2012, S. 1546–1674, hier: 1549 f.</ref>
Werke
Proklos war ein außergewöhnlich vielseitiger und fruchtbarer Schriftsteller. Im Lauf seines langen Gelehrtenlebens verfasste er mehr als fünfzig Werke, von denen viele erhalten sind. Obwohl sie alle in griechischer Sprache geschrieben wurden, werden ihre Titel oft lateinisch angegeben.
Philosophische Kommentare
Im Rahmen seiner Lehrtätigkeit kommentierte Proklos eine Reihe von Werken des Aristoteles und Platons. Ob von seiner mündlichen Aristoteleskommentierung Aufzeichnungen angefertigt wurden, ist unbekannt. Von seinen Kommentaren zu Dialogen Platons ist keiner vollständig überliefert. Zu einem beträchtlichen Teil erhalten sind diejenigen zum Ersten Alkibiades, zum Kratylos (in Form von Auszügen aus Aufzeichnungen eines Schülers),<ref>Robbert M. van den Berg: Proclus’ Commentary on the Cratylus in Context, Leiden 2008, S. 94 f.</ref> zum Parmenides und zum Timaios sowie eine Sammlung von 17 Abhandlungen zur Politeia, darunter ein Kommentar zum in diesem Dialog enthaltenen Mythos des Er. Gänzlich oder bis auf knappe Fragmente verloren sind seine Kommentare zum Gorgias, Phaidon, Phaidros, Philebos, Sophistes, Symposion und Theaitetos.<ref>Concetta Luna u. a.: Proclus de Lycie. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5 b, Paris 2012, S. 1546–1674, hier: 1555–1562 (zur Aristoteleskommentierung), 1566–1589 (zur Platonkommentierung).</ref> Von einem Kommentar zu den Enneaden Plotins sind nur Fragmente erhalten.<ref>Concetta Luna u. a.: Proclus de Lycie. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5 b, Paris 2012, S. 1546–1674, hier: 1597–1599.</ref>
Beim Kommentieren ging Proklos in manchen Fällen nach einer Methode vor, die von den Bedürfnissen des Unterrichts bestimmt war und für die Folgezeit vorbildlich wurde: Er bot jeweils zu einem Abschnitt des kommentierten Werks zunächst eine allgemeine Erörterung des Inhalts, in der er auch auf fremde Lehrmeinungen einging, und anschließend dem Text folgend eine Auslegung von einzelnen Aussagen, die „Lesung“ (léxis), in der er erklärungsbedürftige Stellen erläuterte und Einzelheiten behandelte. Dieses Schema stammte aus der mündlichen Auslegung. Einer Forschungshypothese zufolge hielt sich Proklos in denjenigen Kommentaren, die nur wenig veränderte Fassungen seiner Vorlesungen waren, weitgehend an das Schema, während er in den Fällen, in denen er den Vorlesungstext stärker überarbeitete oder den Kommentar von vornherein als schriftliches Werk konzipierte, freier verfuhr oder ganz auf das Schema verzichtete.<ref>André-Jean Festugière: Modes de composition des Commentaires de Proclus. In: Museum Helveticum 20, 1963, S. 77–100, hier: 81–91; Alain Philippe Segonds (Hrsg.): Proclus: Sur le Premier Alcibiade de Platon, 2. Auflage, Bd. 1, Paris 2003, S. XLIII–XLVII; Erich Lamberz: Proklos und die Form des philosophischen Kommentars. In: Jean Pépin, Henri Dominique Saffrey (Hrsg.): Proclus lecteur et interprète des anciens, Paris 1987, S. 1–20, hier: 16 f.; Concetta Luna, Alain-Philippe Segonds (Hrsg.): Proclus: Commentaire sur le Parménide de Platon, Bd. 1, Teil 1, Paris 2007, S. XLII–LIII.</ref>
Philosophische und religiöse Handbücher und Abhandlungen
Die wichtigsten theologisch-metaphysischen Werke des Proklos sind zwei Handbücher. Das eine trägt den Titel Grundlagen (oder: Elemente) der Theologie (Stoicheíōsis theologikḗ, lateinisch Elementatio theologica); es ist eine Zusammenstellung von 211 Lehrsätzen mit der zugehörigen Beweisführung. Das andere, die Platonische Theologie (Peri tēs kata Plátōna theologías, lateinisch Theologia Platonica), ist eine umfassende Darstellung der proklischen Götterlehre in sechs Büchern, die der Autor dem Philosophen Perikles von Lydien widmete. Jedes der sechs Bücher beschreibt eine Stufe der Götterhierarchie mit Heranziehung der entsprechenden Passagen der platonischen Dialoge.
Ein Text des Proklos zur theoretischen Begründung von Opfern und Magie, dessen überlieferter Titel Über die priesterliche Kunst sicher nicht authentisch ist, ist nur bruchstückweise überliefert.<ref>Concetta Luna u. a.: Proclus de Lycie. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5 b, Paris 2012, S. 1546–1674, hier: 1606–1608.</ref> Drei weitere Abhandlungen über religiöse Themen sind verloren: Über die mythischen Symbole, Über die Mutter der Götter (gemeint ist Kybele) und Über die Herbeirufung (einer Gottheit).<ref>Siehe zu den überlieferten Angaben zu diesen Werken Concetta Luna u. a.: Proclus de Lycie. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5 b, Paris 2012, S. 1546–1674, hier: 1608–1610.</ref>
Unter der seit dem Spätmittelalter gängigen Bezeichnung tria opuscula („drei kleine Werke“) werden drei religionsphilosophische Abhandlungen des Proklos zusammengefasst. Diese Schriftengruppe ist nur in einer mittelalterlichen lateinischen Übersetzung und in einer abgewandelten griechischen Fassung aus byzantinischer Zeit überliefert; ferner liegen einige Zitate und Auszüge in griechischer Sprache vor. Zwei der Abhandlungen, Über zehn die Vorsehung betreffende Zweifelsfragen und Über die Vorsehung und das Schicksal und das, was an uns liegt, behandeln Probleme, die sich aus der Annahme einer göttlichen Vorsehung ergeben. In der dritten Schrift, Über die Beschaffenheit der Übel, untersucht der Philosoph die Fragen, inwiefern Übel existieren, wo und aus welchem Grund sie bestehen und was über die Art ihrer Existenz ausgesagt werden kann.<ref>Concetta Luna u. a.: Proclus de Lycie. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5 b, Paris 2012, S. 1546–1674, hier: 1617–1622.</ref>
Verloren sind eine Einführung in die platonische Philosophie, die lateinisch Prolegomena ad Platonis philosophiam genannt wird, sowie mehrere Abhandlungen über einzelne Themen des Platonismus. Eine Entgegnung des Proklos auf die Kritik des Aristoteles an Platons Timaios ist anhand einer indirekten Überlieferung teilweise rekonstruierbar.<ref>Concetta Luna u. a.: Proclus de Lycie. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5 b, Paris 2012, S. 1546–1674, hier: 1564 f., 1590–1597.</ref> Eine Schrift, in der Proklos mit achtzehn Argumenten beweisen wollte, dass die Welt weder einen Anfang noch ein Ende habe, ist verloren und ihr authentischer Titel ist unbekannt, doch kann ihr Inhalt anhand einer Gegenschrift des Christen Johannes Philoponos rekonstruiert werden.<ref>Benjamin Gleede: Platon und Aristoteles in der Kosmologie des Proklos, Tübingen 2009, S. 1–36; Concetta Luna u. a.: Proclus de Lycie. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5 b, Paris 2012, S. 1546–1674, hier: 1622–1624.</ref> Nur auszugsweise erhalten ist die Abhandlung Über den Ort (Peri tópou).<ref>Siehe zu den Fragmenten Concetta Luna u. a.: Proclus de Lycie. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5 b, Paris 2012, S. 1546–1674, hier: 1624.</ref>
Kommentare zu Dichtungen
Proklos verfasste eine Auslegung von Hesiods Lehrgedicht Werke und Tage sowie einen sehr umfangreichen Kommentar zu den Chaldäischen Orakeln, einer kaiserzeitlichen religiösen Lehrdichtung, die bei den spätantiken Neuplatonikern in höchstem Ansehen stand. Die Deutung der Orakel ist nicht erhalten geblieben, aber anhand byzantinischer Quellen teilweise rekonstruierbar. Die Auslegung von Hesiods Gedicht, die in erster Linie auf Plutarchs Kommentar zu diesem Werk fußt,<ref>Zur Frage der Eigenleistung des Proklos siehe Chiara Faraggiana di Sarzana: Le commentaire à Hésiode et la paideia encyclopédique de Proclus. In: Jean Pépin, Henri Dominique Saffrey (Hrsg.): Proclus lecteur et interprète des anciens, Paris 1987, S. 21–41 und Patrizia Marzillo (Hrsg.): Der Kommentar des Proklos zu Hesiods „Werken und Tagen“, Tübingen 2010, S. XLVIII f.</ref> ist in den Hesiod-Scholien fragmentarisch überliefert.
Mathematik und Naturwissenschaft
Zum erhaltenen Œuvre des Proklos zählen auch drei Schriften über mathematische und naturwissenschaftliche Themen. Er verfasste einen Kommentar zum ersten Buch von Euklids Elementen (Eis to a' tōn Eukleídou stoicheíōn) mit zwei Vorreden über die Geschichte der Mathematik, die eine wichtige wissenschaftsgeschichtliche Quelle sind. Dieses Werk ist der einzige heute vorliegende antike Euklid-Kommentar. In den Grundlagen der Physik (Stoicheíōsis physikḗ, lateinisch Institutio physica oder Elementatio physica) fasste Proklos Erkenntnisse aus den Büchern 6 und 8 der Physik des Aristoteles zur Bewegungslehre zusammen; außerdem verarbeitete er Material aus dem ersten Buch von Aristoteles’ Abhandlung Über den Himmel. In der Kurzen Darstellung astronomischer Hypothesen (Hypotýpōsis tōn astronomikōn hypothéseōn) behandelte er die Astronomie des Ptolemaios. Diese Schrift gilt als die beste antike Einführung in das unter der Bezeichnung Almagest bekannte Standardwerk des einflussreichen Astronomen, das für das spätantike und mittelalterliche Weltbild eine wegweisende Rolle spielte.<ref>Concetta Luna u. a.: Proclus de Lycie. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5 b, Paris 2012, S. 1546–1674, hier: 1562 f., 1625–1630.</ref>
Hymnen
Als eifriger Verehrer der Götter dichtete Proklos eine Reihe von Hymnen, von denen nur sieben erhalten geblieben sind. Sie zeugen von seiner guten Kenntnis der Verskunst und der epischen Sprache; er spielte oft kunstvoll mit seinen literarischen Vorlagen. Einen Ausdruck einer subjektiven Frömmigkeit sucht man in diesen Gedichten aber vergebens; die Stimmung wirkt echt, aber die Sprache ist konventionell. Es ging Proklos nicht um Affekt, nicht um das Ausdrücken einer gefühlsbetonten, personengebundenen Haltung, sondern um ein sakrales Handeln, das Subjektives und Irrationales ausschließt. Einige der verlorenen Hymnen dienten dem Kult orientalischer Gottheiten, denn Proklos beschränkte sich nicht auf die Anrufung griechischer Götter, sondern hatte auch für fremdländische religiöse Traditionen große Wertschätzung. Er meinte, ein Philosoph solle nicht nur die Götter seiner Stadt feiern, sondern Hierophant des ganzen Kosmos sein.<ref>Michael Erler: Interpretieren als Gottesdienst. In: Gilbert Boss, Gerhard Seel (Hrsg.): Proclus et son influence, Zürich 1987, S. 179–217, hier: 179, 180–185.</ref>
Die sieben erhaltenen Hymnen haben hexametrische Form. Der erste ist an den Sonnengott Helios gerichtet, der zweite an Aphrodite, der dritte an die Musen, der vierte an die Götter im Allgemeinen,<ref>Siehe dazu Robbert M. van den Berg (Hrsg.): Proclus’ hymns, Leiden 2001, S. 224–227.</ref> der fünfte an Aphrodite als Schutzgöttin von Proklos’ lykischer Heimat. Mit dem sechsten wandte sich der Philosoph an Rhea, Hekate und Zeus, wobei er Zeus mit dem römischen Gott Ianus identifizierte. Der siebte Hymnus ist eine Anrufung der Athene.<ref>Eine Übersicht bieten Concetta Luna u. a.: Proclus de Lycie. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5 b, Paris 2012, S. 1546–1674, hier: 1631–1635.</ref>
Lehre
Zielsetzung, Voraussetzungen und Grundlagen
Proklos verstand sich – wie bei den Neuplatonikern üblich – als getreuer Interpret der Philosophie Platons und Wahrer der authentischen platonischen Tradition. Dabei trat er besonders als Systematiker hervor. Sein Anliegen war die Zusammenstellung des platonischen Gedankenguts und der damit übereinstimmenden Inhalte anderer Traditionen zu einem wohlgeordneten, schulmäßig vermittelbaren Lehrstoff. Es gelang ihm, die neuplatonische Philosophie und Theologie erstmals in ihrer Gesamtheit als einheitliches, geschlossenes System darzustellen, indem er ihre Lehrsätze als Glieder einer Kette von Folgerungen ableitete und sie als notwendige Konsequenzen aus plausiblen Annahmen erscheinen ließ. Damit errichtete er das Gebäude einer umfassenden Weltdeutung, die aus seiner Sicht sowohl wissenschaftlich begründet war als auch mit den richtig verstandenen Aussagen der anerkannten Autoritäten einschließlich der großen Dichter im Einklang war.<ref>Zur Bedeutung des systematischen Charakters von Proklos’ Denken siehe Werner Beierwaltes: Procliana, Frankfurt 2007, S. 65–84; Christoph Horn: Proklos. Zur philosophiegeschichtlichen Stellung und zum Forschungsstand. In: Matthias Perkams, Rosa Maria Piccione (Hrsg.): Proklos. Methode, Seelenlehre, Metaphysik, Leiden 2006, S. 7–34, hier: 10–12.</ref> Ein relativ distanziertes Verhältnis hatte Proklos allerdings zu Aristoteles. Aristotelische Schriften gehörten zwar an der neuplatonischen Philosophenschule zum Lehrstoff, doch beurteilte Proklos Teile der aristotelischen Lehre kritisch. In Fragen, die zwischen den Platonikern und den Aristotelikern strittig waren, nahm er nachdrücklich für die platonische Position Stellung.<ref>Siehe zu Proklos’ Aristoteles-Rezeption Carlos Steel: Why should we prefer Plato’s Timaeus to Aristotle’s Physics? In: Robert W. Sharples, Anne Sheppard (Hrsg.): Ancient Approaches to Plato’s Timaeus, London 2003, S. 175–187; Christoph Helmig: Forms and Concepts, Berlin 2012, S. 205–221.</ref>
Die Grundlage für die Konstruktion des proklischen Systems war die Interpretation ausgewählter platonischer Dialoge. Proklos stellte fest, der Parmenides sei für die Metaphysik maßgeblich und der Timaios für die Kosmologie; in diesen beiden Dialogen sei das gesamte platonische Weltbild enthalten.<ref>Proklos, In Platonis Timaeum I 12,30–13,7.</ref> Da die Metaphysik als vornehmster und weitaus wichtigster Teil der Philosophie galt, meinte Proklos, im Parmenides sei der Kern der platonischen Lehre zu finden.<ref>Siehe dazu Michael Erler: Platons Schriftkritik und der Sinn der Aporien im Parmenides nach Platon und Proklos. In: Jean Pépin, Henri Dominique Saffrey (Hrsg.): Proclus lecteur et interprète des anciens, Paris 1987, S. 153–163, hier: 154 f.</ref>
Wie alle Neuplatoniker unterschied Proklos scharf zwischen dem nur geistig erfassbaren Bereich der reinen Denkinhalte und der sinnlich wahrnehmbaren Welt der materiellen Dinge. Man sprach von einer „geistigen Welt“ (griechisch kósmos noētós, lateinisch mundus intelligibilis). Es galt als evident, dass die Sinneswelt ein Abbild der geistigen Welt sei, der sie ihre Existenz verdanke. Daraus ergab sich für die Neuplatoniker eine hierarchische Rangordnung, in der das Geistige dem Materiellen prinzipiell übergeordnet ist. Das Niedrigere ist ein Erzeugnis des Höheren, nach dessen Vorbild es gestaltet ist und an dessen Eigenschaften es Anteil hat, soweit seine Daseinsbedingungen das gestatten. Es ist vom Höheren in jeder Hinsicht abhängig, während das Höhere in keiner Weise auf das Niedere angewiesen ist. Das Geistige ist als übergeordneter Bereich das Allgemeinere und Einfachere, das sinnlich Wahrnehmbare tritt verstreut in der Vielfalt und individuellen Besonderheit der einzelnen Sinnesobjekte in Erscheinung. An der Spitze dieser Ordnung, noch über dem Geistigen, steht „das Eine“, das absolut transzendente und vollkommen einfache höchste Prinzip. Es ist der Ursprung von allem und selbst von nichts abhängig.<ref>Eine Übersichtsdarstellung bietet Pauliina Remes: Neoplatonism, Socksfield 2008, S. 7–9, 35–47.</ref>
Diese allgemein akzeptierte Grobeinteilung bildete in der Spätantike die Ausgangsbasis für weitere Differenzierung; außerdem waren die Zusammenhänge zwischen den Hauptbereichen zu klären. Schon seit Plotin (205–270), dem Begründer des Neuplatonismus, bemühten sich die Neuplatoniker, ihrem Modell der Gesamtwirklichkeit eine gründlich ausgearbeitete und plausibel begründete Struktur zu geben und damit die Hypothesen ihrer Vorgänger, die heute als „Mittelplatoniker“ bezeichnet werden, zu übertreffen. Plotin hatte eine dreiteilige Grundstruktur der metaphysischen Sphäre mit drei hierarchisch geordneten Prinzipien angenommen: Unter dem absolut undifferenzierten Einen (griechisch to hen) steht der überindividuelle Geist oder Intellekt (griechisch nous), gefolgt vom seelischen Bereich, der den untersten Teil der rein geistigen Welt bildet. Unmittelbar unter dem Seelischen beginnt die Sphäre der Sinnesobjekte, der gestalteten Materie; ihr kommt in der Weltordnung der niedrigste Rang zu.<ref>Eine Übersichtsdarstellung bietet Pauliina Remes: Neoplatonism, Socksfield 2008, S. 47–59.</ref>
Die spätantiken Neuplatoniker übernahmen die Grundzüge von Plotins Konzept, widersprachen ihm aber in manchen Fragen. Auch untereinander waren sie oft verschiedener Meinung. Im Verlauf der Geschichte des antiken Neuplatonismus zeichnete sich eine Tendenz zu immer komplexerer Ausgestaltung des Weltmodells ab; zusätzliche Instanzen und Zwischenstufen zwischen den verschiedenen Daseinsebenen schienen erforderlich und wurden eingefügt.<ref>Übersichtsdarstellungen bieten Pauliina Remes: Neoplatonism, Socksfield 2008, S. 59–75 und Radek Chlup: Proclus, Cambridge 2012, S. 16–32.</ref> In diesem Prozess einer fortschreitenden Differenzierung und Verfeinerung des Weltbilds spielte Proklos eine Schlüsselrolle. Er begnügte sich aber nicht damit, Hypothesen aufzustellen und die theoretische Spekulation voranzutreiben. Als Philosophielehrer verfolgte er das Hauptziel, seinen Schülern und Lesern Orientierung im Kosmos zu bieten und ihnen damit zugleich eine Anleitung zu einer idealen Lebensführung nach philosophischen Grundsätzen zu geben. Einsicht in die Beschaffenheit der Welt und Umsetzung der Erkenntnisse im Handeln hingen nach seinem Verständnis unauflöslich zusammen. Das Umfeld für die Praxis bildete das Milieu der Philosophenschule, in der die Platoniker ein gemeinsames Leben führten und durch Freundschaften und familiäre Verknüpfungen miteinander verbunden waren.<ref>Siehe zur philosophischen Praxis Radek Chlup: Proclus, Cambridge 2012, S. 234–254. Vgl. Henri D. Saffrey, Leendert G. Westerink (Hrsg.): Proclus: Théologie platonicienne, Bd. 1, Paris 1968, S. XXVI–XXXV.</ref>
Wie es der platonischen Tradition und insbesondere der neuplatonischen Denkweise entsprach, bildeten für Proklos Religion und Philosophie eine untrennbare Einheit. Er praktizierte den im spätantiken „Heidentum“ verbreiteten Synkretismus, die Verschmelzung verschiedener religiöser Überlieferungen und philosophischer Schulrichtungen. Die synkretistische Synthese war den Neuplatonikern ein wichtiges Anliegen; sie brachte eine ganzheitliche Weltdeutung hervor, die der christlichen Schöpfungs- und Erlösungslehre als Alternative entgegengestellt werden konnte. Den stabilen Kern von Proklos’ System machten die herkömmlichen Grundüberzeugungen der Neuplatoniker aus; ihnen passte er Gedankengut anderer Herkunft durch entsprechende Interpretation an. Das Bemühen um Harmonisierung war ein wichtiger Teil seiner Arbeit.<ref>Robbert M. van den Berg (Hrsg.): Proclus’ hymns, Leiden 2001, S. 27–31; Henri D. Saffrey: Accorder entre elles les traditions théologiques: une caractéristique du néoplatonisme athénien. In: Egbert P. Bos, Pieter A. Meijer (Hrsg.): On Proclus and his influence in medieval philosophy, Leiden 1992, S. 35–50.</ref>
Die Entwicklung einer allgemeinen Methodenlehre lehnte Proklos grundsätzlich ab. Er meinte, es könne keine abstrakte Methodenlehre mit absoluter Geltung geben, die von allen besonderen Inhalten abstrahiere; vielmehr müsse die Methode den jeweiligen Inhalten angepasst werden. Die Methode sei nur Hilfsmittel und dürfe nicht zum Selbstzweck werden.<ref>Gyburg Radke: Das Lächeln des Parmenides, Berlin 2006, S. 72 f. Vgl. Dirk Cürsgen: Henologie und Ontologie, Würzburg 2007, S. 228 f.; Marije Martijn: Proclus’ geometrical method. In: Pauliina Remes, Svetla Slaveva-Griffin (Hrsg.): The Routledge Handbook of Neoplatonism, London 2014, S. 145–159.</ref>
Die Struktur der Welt
Im Modell des Proklos wird die Existenz der Gesamtheit der Dinge auf ein stufenweises Hervorgehen alles Seienden aus dem Ausgangspunkt, dem Einen, zurückgeführt. Mit dem „Hervorgehen“ ist nicht eine Schöpfung oder Entstehung in der Zeit gemeint; vielmehr ist die Welt für Proklos wie für zahlreiche Platoniker zeitlich anfangs- und endlos. Ausdrücke wie „erschaffen“ und „hervorgehen“ dienen in seiner Kosmologie nicht zur Bezeichnung einzelner Ereignisse. Sie sollen nur metaphorisch ausdrücken, dass das Erzeugte oder Hervorgegangene seine Existenz der Existenz der erzeugenden Instanz verdankt. Der Zusammenhang ist, soweit es um die geistige Welt geht, überzeitlich; im Bereich des Zeitlichen kann die Erzeugung als ein endloser Prozess aufgefasst werden. Ein überzeitliches Verhältnis zwischen einer Ursache und einer Wirkung wird zur Unterscheidung von einer ereignishaften Verursachung als „kausale Erzeugung“ bezeichnet.<ref>Siehe zu dem Konzept und zur Terminologie Nestor Kavvadas: Die Natur des Schlechten bei Proklos, Berlin 2009, S. 28–32. Vgl. Veronika Maria Roth: Das ewige Nun, Berlin 2008, S. 259–267, 303–311.</ref>
Das Eine ist die oberste, ursprüngliche Realität. Unter ihm sind die einzelnen Wirklichkeitsebenen angeordnet, wobei jede aus der ihr unmittelbar übergeordneten hervorgeht. Das Allgemeinere ist immer das Höherrangige und Hervorbringende, das Speziellere das Niedrigere und Erzeugte. Das Hervorgehen wird in der philosophischen Terminologie als Emanation (Ausfließen, Ausströmen) bezeichnet; die Ebenen werden in der neuplatonischen Fachsprache „Hypostasen“ genannt. So entsteht eine hierarchische Stufenleiter, die bis zur Materie hinabreicht, wo die unterste Existenzweise anzutreffen ist. Die Ursächlichkeit ist nicht so zu verstehen, dass eine Stufe nur von der nächsthöheren hervorgebracht wird; vielmehr wird jede Stufe indirekt durch alle ihr vorangehenden produziert und unmittelbar durch die nächsthöhere. Generell gilt der Grundsatz: Je allgemeiner und damit dem Einen näher eine Ebene ist, desto mächtiger macht sich ihr Einfluss auf alles ihr Nachgeordnete geltend.<ref>Nestor Kavvadas: Die Natur des Schlechten bei Proklos, Berlin 2009, S. 31 f.; Klaus Kremer: Die neuplatonische Seinsphilosophie und ihre Wirkung auf Thomas von Aquin, Leiden 1971, S. 207–209.</ref>
Der Ursprung von allem
Proklos behauptet, es müsse eine erste und höchste Ursache geben. Die Existenz einer Ursache von allem, was ist, hält er für beweisbar. Für die gegenteilige Annahme sieht er drei Möglichkeiten, die nach seiner Argumentation alle absurd sind: Entweder hat Seiendes keine Ursache, dann ist der Satz vom zureichenden Grund verletzt; in diesem Fall ist die Welt chaotisch und somit Wissenschaft unmöglich; oder Ursachen und Wirkungen sind zirkulär, dann muss das Hervorgebrachte das Hervorbringende hervorbringen und die Ursache ist der Wirkung nicht überlegen; oder es gibt eine endlose Ursachenkette, und dann ist Erkenntnis unmöglich. Wissenschaft existiert aber, in der Welt besteht Ordnung, Ursachen stehen über ihren Wirkungen und Seiendes ist erkennbar. Also muss es eine Kausalkette geben, deren erstes Glied die Ursache von allem ihm Nachrangigen ist.<ref>Veronika Maria Roth: Das ewige Nun, Berlin 2008, S. 70–72; Dirk Cürsgen: Henologie und Ontologie, Würzburg 2007, S. 40–42.</ref>
Nach der Lehre des Proklos ist es notwendig, dass die Ursache alles Seienden dasjenige ist, an dem alles Seiende Anteil hat, oder fachsprachlich ausgedrückt: dasjenige, was von allem Seienden partizipiert wird. Dies ist im Sinne des platonischen Begriffs der „Teilhabe“ (Methexis) zu verstehen. Mit Teilhabe oder Partizipation ist gemeint, dass dem Partizipierenden die Eigenschaft, für die das Partizipierte verantwortlich ist, zukommt, weil das Partizipierte ihm diese Eigenschaft verleiht. Das Partizipierte hat also als solches immer die Funktion der Ursache, denn es gibt dem Partizipierenden eine bestimmte Beschaffenheit, die das Partizipierende als Entität konstituiert. Die Anzahl der Eigenschaften einer partizipierenden Entität ergibt sich aus der Anzahl der Ursachen, welche diese Entität partizipiert. Die allgemeinste Eigenschaft, die von allem Seienden ausgesagt wird, ist „x ist eines“. Auch auf eine Vielheit trifft diese Aussage zu, wenngleich in schwächerem Grad als auf eine Einheit, denn jede Vielheit ist in gewisser Hinsicht zugleich „eines“ und muss daher am Prinzip „das Eine“ Anteil haben. Die Eigenschaft, eines zu sein, ist somit abgestuft, aber in allem Seienden in geringerem oder höherem Grad vorhanden. Keine andere Eigenschaft ist so allgemein wie diese. Sogar das Nichts ist „eines“ und insofern am „Einen“ beteiligt, es ist nicht ganz und gar nichts. Somit ist „das Eine“ die erste und höchste Ursache und zugleich das erste Prinzip, denn es ist dasjenige, was für das allgemeinste Prädikat verantwortlich ist. Für diese These bringt Proklos einen Beweis vor, mit dem er zu zeigen versucht, dass das Gegenteil des zu beweisenden Satzes absurd sei. Die Schlüssigkeit des Beweises ist in der Forschung umstritten.<ref>Veronika Maria Roth: Das ewige Nun, Berlin 2008, S. 76–82; Dirk Cürsgen: Henologie und Ontologie, Würzburg 2007, S. 41–50.</ref>
Hier stellt sich die Frage nach dem Status des Einen in der Ontologie, der Lehre vom Sein oder vom Seienden als solchem. Das Eine muss schlechthin einfach und einheitlich, also absolut undifferenziert sein; es darf keinen Aspekt von Vielheit aufweisen, da es sonst eine noch höhere, ihm übergeordnete Einheit geben müsste, die seine Einheit zu stiften hätte, womit ein infiniter Regress einträte. Somit kann das Eine nicht im Bereich des Seienden zu suchen sein, denn alles Seiende ist „geeinigt“, das heißt, es trägt in sich neben der Einheit auch eine Vielheit und bedarf einer Instanz, die es einigt. Das schlechthin Eine kann aber auch nicht „nicht seiend“ sein in dem Sinn, dass ihm das Sein mangelt, denn dann könnte es nicht den seienden Dingen das Sein verleihen. Also muss das Eine „überseiend“ sein: Es „ist“ nicht, aber es ist das Prinzip von allem, was ist. Es ist absolut transzendent, das heißt, es ist kein „Etwas“, das sprachlich oder gedanklich erfasst werden könnte. Daher kann es nur indirekt durch Spekulation aus den ihm nachgeordneten Entitäten erschlossen werden.<ref>Veronika Maria Roth: Das ewige Nun, Berlin 2008, S. 82–86; Dirk Cürsgen: Henologie und Ontologie, Würzburg 2007, S. 51–55.</ref>
Eine Konsequenz aus der absoluten Einfachheit und Undifferenziertheit des Einen ist, dass es von allen positiven Bestimmungen frei sein muss. Man darf ihm also nichts hinzufügen; Bestimmungen – das heißt Aussagen des Typus „Das Eine ist x“ – wären Hinzufügungen und würden als solche die Einheit aufheben, denn sie würden eine Polarität einführen. Sinnvoll sind daher nur verneinende Aussagen, mit denen festgestellt wird, was das überseiende Eine nicht ist. Mit solchen Aussagen nähert man sich dem Einen an, indem man alle Bestimmungen entfernt und damit unangemessene Vorstellungen über das Absolute beseitigt. Dafür verwendet Proklos den Ausdruck trópos tēs aphairéseōs („Vorgehensweise des Entfernens“).<ref>Proklos, In Platonis Parmenidem 1128.</ref> Die Verneinungen sind nicht privativ („beraubend“) gemeint, das heißt, sie weisen nicht auf ein Fehlen von etwas hin. Sie sollen nur die Beschränkungen aufheben, die sich aus positiven Bestimmungen immer ergeben. Damit erweisen sich die Verneinungen als produktiv; sie bringen den, der sie vornimmt, der Wahrheit näher.<ref>Jens Halfwassen: Plotin und der Neuplatonismus, München 2004, S. 158–160.</ref> Eine solche Annäherung an die Wahrheit des Einen ist naturgemäß und wünschenswert, denn es entspricht der Natur des Niederen, nach dem Höheren zu streben und zu ihm aufzusteigen. Das Höhere erscheint dem Niederen als „gut“, und das Eine ist als erste Ursache das Höchste und somit aus menschlicher Sicht das Erstrebenswerteste, „das Gute“ schlechthin. Proklos drückt seine Wertschätzung für die Verneinung der Bestimmungen aus, indem er den Aufstieg des verneinenden Denkens zum Einen in religiöser Sprache beschreibt; er sieht darin „einen einzigen theologischen Hymnus auf das Eine durch diese Verneinungen“.<ref>Proklos, In Platonis Parmenidem 1191.</ref> Fachsprachlich wird diese Herangehensweise als „negative Theologie“ bezeichnet.
Allerdings erweisen sich auch die Verneinungen als unzulänglich, auch sie können dem unsagbaren Absoluten letztlich nicht gerecht werden. Daher müssen auch sie verneint werden. Mit der „Negation der Negation“ wird eine weitere Beschränkung aufgehoben, die sich aus der Polarität des Denkens ergeben hat. Das Denken übersteigt sich selbst, überwindet seine Polarität und schafft damit eine Voraussetzung für das Erfassen von Einheit. Dieses Erfassen, das ein Erfahren ist, ist das Ziel des Philosophen. Das Eine ist erfahrbar, da in der Seele etwas Göttliches ist, das aufgrund seiner Verwandtschaft mit dem Einen eine solche Erfahrung ermöglicht. Den Zugang zum „Einen selbst“ verschafft das „Eine in uns“, das die Seele in sich selbst findet. Die Voraussetzung dafür ist die aktive Bemühung desjenigen, der die Hindernisse entfernt. Die Negation der Negation ist also keine Rückkehr zum Ausgangspunkt nach Beseitigung eines Irrtums, sondern ein Voranschreiten in Richtung auf das Ziel.<ref>Dirk Cürsgen: Henologie und Ontologie, Würzburg 2007, S. 279–284; Jens Halfwassen: Plotin und der Neuplatonismus, München 2004, S. 160 f.; Werner Beierwaltes: Proklos, 2., erweiterte Auflage, Frankfurt am Main 1979, S. 361–382.</ref>
Vermittlung und Zusammenhalt
Für das proklische Modell besteht eine Schwierigkeit in der Notwendigkeit zu erklären, wie aus dem überseienden Einen Seiendes hervorgehen kann und die absolute Transzendenz des Einen dennoch gewahrt bleibt. Eine unmittelbare Erzeugung von Seiendem durch das Eine wäre mit der absoluten Transzendenz des höchsten Prinzips unvereinbar. Daher werden vermittelnde Instanzen benötigt, die zwar überseiend, aber für Seiendes partizipierbar sind. Diese Instanzen nennt Proklos „Henaden“ (Einheiten). Vermittelnd wirken außerdem die beiden Prinzipien des Begrenzenden und des Unbegrenzten, die dort, wo sie als Urprinzipien wirken, ebenfalls als überseiend aufzufassen sind.<ref>Veronika Maria Roth: Das ewige Nun, Berlin 2008, S. 89–110; Christoph Horn: Proklos. Zur philosophiegeschichtlichen Stellung und zum Forschungsstand. In: Matthias Perkams, Rosa Maria Piccione (Hrsg.): Proklos. Methode, Seelenlehre, Metaphysik, Leiden 2006, S. 7–34, hier: 22–25; Anthony C. Lloyd: The Anatomy of Neoplatonism, Oxford 1990, S. 166–169; Dirk Cürsgen: Henologie und Ontologie, Würzburg 2007, S. 74–83, 115.</ref>
Das Problem der Vermittlung stellt sich aber nicht nur im Grenzbereich zwischen Transzendentem und Seiendem, sondern auch innerhalb des Bereichs des Seins. Für Proklos ist die Gesamtheit der seienden Entitäten ein Ganzes, dessen Bestandteile untereinander in vielfachem und engem Zusammenhang stehen, insbesondere in Ursache-Wirkung-Beziehungen. Da die Bestandteile von unterschiedlicher Natur sind, ist die Erklärung des Sachverhalts, dass sie trotz ihrer Verschiedenartigkeit zusammenhängen können, eine der Hauptaufgaben der Philosophie. Benötigt wird eine Vermittlung, die eine Gemeinschaft (koinōnía) zwischen zwei unterschiedlichen Entitäten oder Daseinsebenen ermöglicht. Es muss Faktoren geben, welche die Dinge zusammenfügen und zusammenhalten, indem sie zwischen ihnen vermitteln, den Gegensatz überbrücken und so die Welt strukturieren. Vermittlung bewirkt, dass die Glieder eines seienden Ganzen aufeinander bezogen sind und eine Einheit bilden, aber dabei nicht ineinander aufgehen und ihre Unterschiedlichkeit einbüßen, sondern ihr je eigenes Wesen bewahren. Es muss Gründe dafür geben, dass in der Vielheit Einheit, in der Einheit Vielheit bestehen kann. Diese Gründe liegen nach der proklischen Theorie in der „triadischen Gestalt“ (schḗma triadikón) des Seienden, denn es ist die „Trias“ (Dreiheit), die ein „Zugleich“ von Einheit und Unterschiedenheit ermöglicht. Die Besonderheit der Dreiheit besteht darin, dass sie in sich Einheit und Zweiheit umfasst und selbst die „Mischung“ (miktón) beider ist, womit das dritte Element hinzutritt. Sie ist also eine Einheit aus drei Elementen, bei denen es sich sowohl um drei Aspekte einer einzigen Realität als auch um drei Teile eines Verursachungsprozesses handelt. Die Trias ist Einheit in der Differenz. Als Prinzip begründet sie alles Sein und damit auch alles Denken: Da alles Seiende triadisch strukturiert ist, muss sich auch die Bewegung des Denkens, das dem Sein nachgeht, triadisch vollziehen. Diese Struktur zeigt sich in einer Vielzahl von Triaden. Dreiheiten sind überall dort erkennbar, wo die Prinzipien der Identität und der Differenz zusammenwirken, wo sich Einheit entfaltet und damit Vielheit schafft und die Elemente der Vielheit zugleich in der Einheit gesammelt bleiben.<ref>Werner Beierwaltes: Procliana, Frankfurt 2007, S. 80; Werner Beierwaltes: Proklos, 2., erweiterte Auflage, Frankfurt 1979, S. 24–50; Veronika Maria Roth: Das ewige Nun, Berlin 2008, S. 111–113.</ref>
Ein Beispiel einer solchen Trias ist „péras (Grenze, Abgrenzendes, Umschließendes), ápeiron (Unbegrenztes, Gestaltloses, Unbestimmtes), miktón (Mischung und deutsche Übersetzung)
Hesiod-Kommentar
- Patrizia Marzillo (Hrsg.): Der Kommentar des Proklos zu Hesiods „Werken und Tagen“. Narr, Tübingen 2010, ISBN 978-3-8233-6353-8 (kritische Edition mit Übersetzung und Erläuterung)
Mathematik und Naturwissenschaft
- Gottfried Friedlein (Hrsg.): Procli diadochi in primum Euclidis elementorum librum commentarii. Olms, Hildesheim 1967 (Nachdruck der Ausgabe Teubner, Leipzig 1873; kritische Edition, unzulänglich, aber noch immer maßgeblich; online)
- Karl Manitius (Hrsg.): Procli Diadochi hypotyposis astronomicarum positionum. Teubner, Stuttgart 1974, ISBN 3-519-01732-6 (kritische Edition mit deutscher Übersetzung, online)
- Albert Ritzenfeld (Hrsg.): Procli diadochi Lycii institutio physica. Teubner, Leipzig 1912 (kritische Edition mit deutscher Übersetzung)
Hymnen
- Robbert M. van den Berg (Hrsg.): Proclus’ hymns. Essays, translations, commentary. Brill, Leiden 2001, ISBN 90-04-12236-2 (mit englischer Übersetzung und ausführlichem Kommentar)
- Ernst Vogt (Hrsg.): Procli hymni. Harrassowitz, Wiesbaden 1957 (kritische Edition)
Übersetzungen (modern)
Platonkommentare
- Brian Duvick (Übersetzer): Proclus: On Plato Cratylus. Bloomsbury, London 2014, ISBN 978-0-7156-3674-9
- André-Jean Festugière (Übersetzer): Proclus: Commentaire sur la République. 3 Bände, Vrin, Paris 1970
- André-Jean Festugière (Übersetzer): Proclus: Commentaire sur le Timée. 5 Bände, Vrin, Paris 1966–1968
- William O’Neill (Übersetzer): Proclus: Alcibiades I. A translation and commentary. 2. Auflage, Nijhoff, Den Haag 1971, ISBN 90-247-5131-4
- Harold Tarrant, David T. Runia, Michael Share, Dirk Baltzly (Übersetzer): Proclus: Commentary on Plato’s Timaeus. 6 Bände, Cambridge University Press, Cambridge 2007 ff. (bisher erschienen: Bände 1–5)
- Hans Günter Zekl (Übersetzer): Proklos Diadochos: Kommentar zum platonischen Parmenides. Königshausen & Neumann, Würzburg 2010, ISBN 978-3-8260-4383-3
Sonstige Schriften
- Matthias Baltes (Übersetzer): Proklos: Über die immerwährende Dauer des Kosmos. In: Matthias Baltes: Die Weltentstehung des platonischen Timaios nach den antiken Interpreten, Teil 2: Proklos. Brill, Leiden 1978, ISBN 90-04-05799-4, S. 134–164
- Michael Erler (Übersetzer): Proklos Diadochos: Über die Existenz des Bösen. Hain, Meisenheim am Glan 1978, ISBN 3-445-01882-0 (mit Erläuterungen)
- Michael Erler (Übersetzer): Proklos Diadochos: Über die Vorsehung, das Schicksal und den freien Willen an Theodoros, den Ingenieur (Mechaniker). Hain, Meisenheim am Glan 1980, ISBN 3-445-02100-7 (mit Erläuterungen)
- Jan Opsomer, Carlos Steel (Übersetzer): Proclus: Ten Problems Concerning Providence. Bloomsbury, London 2012, ISBN 978-0-7156-3924-5
- Max Steck (Hrsg.), Leander Schönberger (Übersetzer): Proklus Diadochus 410–485: Kommentar zum ersten Buch von Euklids „Elementen“. Deutsche Akademie der Naturforscher, Halle (Saale) 1945
- Ingeborg Zurbrügg (Übersetzerin): Proklos: Elemente der Theologie. Gardez, Remscheid 2004, ISBN 3-89796-123-7 (mit Erläuterungsheft: Enchiridion – Handbuch. Zur Erläuterung, Kommentierung und Vertiefung der Übersetzung der Elemente der Theologie des Proklos, Gardez, Remscheid 2005, ISBN 3-89796-160-1)
Übersetzungen (lateinisch, mittelalterlich)
- Rainer Bartholomai (Hrsg.): Proklos: Kommentar zu Platons Parmenides 141 E – 142 A. 2., neu bearbeitete Auflage, Academia, Sankt Augustin 2002, ISBN 3-89665-206-0 (lateinische Übersetzung Wilhelms von Moerbeke mit deutscher Übersetzung von Bartholomai)
- Helmut Boese (Hrsg.): Die mittelalterliche Übersetzung der Stoicheiosis physike des Proclus. Procli Diadochi Lycii elementatio physica. Akademie-Verlag, Berlin 1958 (kritische Edition)
- Helmut Boese (Hrsg.): Proclus: Elementatio theologica translata a Guillelmo de Morbecca. University Press, Louvain 1987, ISBN 90-6186-244-2
- Daniel Isaac (Hrsg.): Proclus: Trois études sur la providence. Les Belles Lettres, Paris 1977–1982 (kritische Ausgabe der lateinischen Übersetzungen Wilhelms von Moerbeke mit französischer Übersetzung sowie einiger griechischer Fragmente)
- Bd. 1: Dix problèmes concernant la providence, 1977
- Bd. 2: Providence, fatalité, liberté, 1979, ISBN 2-251-00290-1
- Bd. 3: De l’existence du mal, 1982, ISBN 2-251-00291-X
- Carlos Steel (Hrsg.): Proclus: Commentaire sur le Parménide de Platon. Traduction de Guillaume de Moerbeke. University Press, Louvain 1982–1985, ISBN 90-6186-124-1 (kritische Edition)
- Band 1: Livres I à IV, 1982
- Band 2: Livres V à VII et Notes marginales de Nicolas de Cues, 1985
Übersetzung (arabisch, mittelalterlich)
- Gerhard Endress (Hrsg.): Proclus Arabus. Zwanzig Abschnitte aus der Institutio theologica in arabischer Übersetzung. Steiner, Wiesbaden 1973
Literatur
Einführungen, Gesamtdarstellungen, Allgemeines
- Werner Beierwaltes: Proklos. Grundzüge seiner Metaphysik. 2., durchgesehene und erweiterte Auflage, Klostermann, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-465-01353-0
- Radek Chlup: Proclus. An Introduction. Cambridge University Press, Cambridge 2012, ISBN 978-0-521-76148-2
- Elena Gritti: Proclo. Dialettica, Anima, Esegesi. Edizioni Universitarie di Lettere, Economia, Diritto, Milano 2008, ISBN 978-88-7916-385-9
- Concetta Luna, Alain-Philippe Segonds, Gerhard Endress: Proclus de Lycie. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques. Band 5, Teil 2 (= 5 b), CNRS Éditions, Paris 2012, ISBN 978-2-271-07399-0, S. 1546–1674 (enthält umfassende Übersicht über die Werke, berücksichtigt auch die orientalische Rezeption)
- Gyburg Radke: Das Lächeln des Parmenides. Proklos’ Interpretationen zur Platonischen Dialogform. De Gruyter, Berlin 2006, ISBN 3-11-019014-1
- Lucas Siorvanes: Proclus. Neo-Platonic Philosophy and Science. Yale University Press, New Haven/London 1996, ISBN 0-300-06806-9
Aufsatzsammlungen
- Werner Beierwaltes: Procliana. Spätantikes Denken und seine Spuren. Klostermann, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-465-03513-8 (Sammlung von Aufsätzen des Verfassers, die teilweise rezeptionsgeschichtliche Themen behandeln)
- Egbert P. Bos, Pieter A. Meijer (Hrsg.): On Proclus and his influence in medieval philosophy. Brill, Leiden 1992, ISBN 90-04-09429-6
- Stephen Gersh (Hrsg.): Interpreting Proclus. From Antiquity to the Renaissance. Cambridge University Press, Cambridge 2014, ISBN 978-0-521-19849-3 (Rezension bei H-Soz-Kult)
- Alain Lernould (Hrsg.): Études sur le Commentaire de Proclus au premier livre des Éléments d’Euclide. Presses Universitaires du Septentrion, Villeneuve d’Ascq 2010, ISBN 978-2-7574-0155-2
- Jean Pépin, Henri Dominique Saffrey (Hrsg.): Proclus lecteur et interprète des anciens. Éditions du CNRS, Paris 1987, ISBN 2-222-04043-4
- Matthias Perkams, Rosa Maria Piccione (Hrsg.): Proklos. Methode, Seelenlehre, Metaphysik. Brill, Leiden 2006, ISBN 90-04-15084-6
- Alain Philippe Segonds, Carlos Steel (Hrsg.): Proclus et la Théologie Platonicienne. University Press, Louvain 2000, ISBN 90-5867-020-1
Metaphysik
- Dirk Cürsgen: Henologie und Ontologie. Die metaphysische Prinzipienlehre des späten Neuplatonismus. Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, ISBN 978-3-8260-3616-3, S. 37–284
- Veronika Maria Roth: Das ewige Nun. Ein Paradoxon in der Philosophie des Proklos. Duncker & Humblot, Berlin 2008, ISBN 978-3-428-12273-8
Naturphilosophie
- Marije Martijn: Proclus on Nature. Philosophy of Nature and Its Methods in Proclus’ Commentary on Plato’s Timaeus. Brill, Leiden 2010, ISBN 978-90-04-18191-5
Ethik und Lehre vom Schlechten
- Nestor Kavvadas: Die Natur des Schlechten bei Proklos. Eine Platoninterpretation und ihre Rezeption durch Dionysios Areopagites. De Gruyter, Berlin 2009, ISBN 978-3-11-021230-3
- John Phillips: Order from Disorder. Proclus’ Doctrine of Evil and its Roots in Ancient Platonism. Brill, Leiden 2007, ISBN 978-90-04-16018-7
- Reinhard Pichler: Allegorese und Ethik bei Proklos. Untersuchungen zum Kommentar zu Platons Politeia. Frank & Timme, Berlin 2006, ISBN 3-86596-027-8
Mathematik
- Markus Schmitz: Euklids Geometrie und ihre mathematiktheoretische Grundlegung in der neuplatonischen Philosophie des Proklos. Königshausen & Neumann, Würzburg 1997, ISBN 3-8260-1268-2
Weblinks
- Literatur von und über Proklos im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Proklos in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Christoph Helmig, Carlos Steel: Proclus. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy
Bibliographien
- Christoph Helmig: Verzeichnis von Ausgaben und Übersetzungen der Werke des Proklos
- Pieter d’Hoine: Proklos-Bibliographie für den Zeitraum ab 1990
Ausgaben
- Parmenides-Kommentar, Edition von Victor Cousin (1864)
- Tria opuscula, Edition von Victor Cousin (1820)
Übersetzungen
- Platonische Theologie, englische Übersetzung von Thomas Taylor (1816)
- Timaios-Kommentar, englische Übersetzung von Thomas Taylor (1820), Band 1
- Timaios-Kommentar, englische Übersetzung von Thomas Taylor (1820), Band 2
- Euklid-Kommentar, englische Übersetzung von Thomas Taylor, Band 1 (1788)
- Euklid-Kommentar, englische Übersetzung von Thomas Taylor, Band 2 (1792)
- Über zehn die Vorsehung betreffende Zweifelsfragen und Über die Beschaffenheit der Übel, englische Übersetzung von Thomas Taylor (1833)
- Fragments of the Lost Writings of Proclus, englische Übersetzung von Thomas Taylor (1825)
Anmerkungen
<references />
Personendaten | |
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NAME | Proklos |
ALTERNATIVNAMEN | Proclus |
KURZBESCHREIBUNG | griechischer Philosoph |
GEBURTSDATUM | 7. Februar 412 oder 8. Februar 412 |
GEBURTSORT | Konstantinopel |
STERBEDATUM | 17. April 485 |
STERBEORT | Athen |