RBMK


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RBMK
Entwicklungsland: SowjetunionSowjetunion Sowjetunion
Reaktordaten
Reaktortyp: Siedewasserreaktor
Bauart: Druckröhrenreaktor
Moderator: Graphit und (zu einem kleinen Anteil) leichtes Wasser
Kühlung: leichtes Wasser
Brennstoff: 235Uran
Anreicherungsgrad: 1,8 % bis 2,4 %
Dampfblasenkoeffizient: Positiv
Leistungsklassen in MW (Brutto): 1000, 1500, 2400 MW
Containment: Nicht vorhanden

Ein RBMK (russisch Реактор Большой Мощности Канальный, transkribiert Reaktor Bolschoi Moschtschnosti Kanalny, zu Deutsch etwa Hochleistungs-Reaktor mit Kanälen) ist ein graphitmoderierter, wassergekühlter Siedewasser-Druckröhrenreaktor sowjetischer Bauart.

Der Reaktortyp ist durch die Katastrophe von Tschernobyl, die sich mit einem Reaktor dieses Typs ereignete, weltweit bekannt. Insgesamt sollten 26 dieser Reaktoren gebaut werden, von denen neun aber nie fertiggestellt wurden. Von den 15 in Betrieb genommenen Reaktoren sind 10 noch in Betrieb (Stand 2015). Verbesserungen der Sicherheit wurden nach dem Unfall unternommen. Der letzte Reaktor dieses Typs soll 2030 stillgelegt werden.

Geschichte

Der Reaktortyp RBMK wurde Mitte der 1960er Jahre in der Sowjetunion unter Federführung des Akademiemitgliedes Nikolai Antonowitsch Dolleschal entwickelt.<ref Name="Medwedew">Medwedew, Grigori: Verbrannte Seelen - Die Katastrophe von Tschernobyl. Hanser Verlag, 1991 ISBN 3-446-16116-3</ref> Dabei konnte man auf Erfahrungen mit den ersten sowjetischen Kernkraftwerken Obninsk und Belojarsk zurückgreifen. Ziel war es, in relativ kurzer Zeit und ohne größere Investitionen in die Entwicklung neuer Technologien eine größere Anzahl von Leistungsreaktoren zu errichten. Der erste RBMK-Reaktor war Block 1 des Kernkraftwerks Leningrad, der seit 1973 in Betrieb ist. Die größten Reaktoren dieses Typs, die RBMK-1500, stehen im mittlerweile stillgelegten litauischen Kernkraftwerk Ignalina nahe Visaginas.

Funktionsweise

Datei:RBMK reactor schematic.svg
Vereinfachte Schnittdarstellung des RMBK

Beim RBMK handelt es sich um einen graphitmoderierten Siedewasser-Druckröhrenreaktor. Anstelle eines Druckbehälters besitzt er eine große Anzahl von Druckröhren, in denen sich der Kernbrennstoff befindet. Die Kettenreaktion im Reaktor wird durch Steuerstäbe kontrolliert.<ref>Tschernobyl – Zehn Jahre danach. Der Unfall und die Sicherheit der RBMK-Anlagen, Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, Köln, Februar 1996, (GRS; Bd. 121), ISBN 3-923875-74-6 ; Seite 36</ref> Die durch die Kernspaltung entstehende Wärme wird durch Wasser und dessen Verdampfung aufgenommen. Der so entstandene Sattdampf wird durch Dampfabscheider geleitet, um noch flüssiges Wasser in den Reaktor zurückzuführen, und dann in Dampfturbinen genutzt, die Generatoren antreiben und so elektrischen Strom bereitstellen.

Damit die Wärmeübertragung innerhalb des Reaktors zwischen den Graphitblöcken verbessert wird, zirkuliert ein Gasgemisch aus Helium und Stickstoff in den Spalten zwischen den Graphitblöcken. Die Steuerstäbe enthalten Borcarbid (B4C) und können teils von oben, teils von unten in den Reaktorkern eingefahren werden. Zur Leistungsregelung im Betrieb werden die von oben eintauchenden Steuerstäbe genutzt; die von unten einfahrbaren Stäbe dienen zur Einstellung einer gleichmäßigen Leistungsverteilung im Reaktorkern. Die Steuerstäbe werden im Normalfall über Neutronendetektoren des automatischen Steuersystems im Reaktorkern gesteuert. Der Reaktor hat zwei getrennte Kühlsysteme mit jeweils vier Pumpen, welche jeweils eine Hälfte des Reaktorkerns kühlen. Im Normalbetrieb sind drei Pumpen in Betrieb, während eine weitere Pumpe betriebsbereit als Reserve dient. Falls es zu einer Überhitzung des Kernes kommt oder die Stromversorgung unterbrochen ist, wird ein Kern-Notkühlsystem automatisch gestartet.

Ein Containment hat der Reaktor nicht. Zum Strahlenschutz hat der Reaktor mehrere Hohlräume um sich herum. Die Dampfabscheider haben jeweils ein eigenes Strahlenschutzsystem.<ref name="WNA-RBMK">http://www.world-nuclear.org/info/inf31.html</ref><ref>AECL - Chernobyl – A Canadian Perspective</ref>

Der Brennstoff des RBMK bestand anfänglich aus auf 2,4 % 235U angereichertem Uran. Es wird aber immer häufiger auf 2,8 % angereichertes Uran verwendet. Der Brennstoff ist in Form von kleinen Brennstofftabletten in Stäben aus Zirkalloy untergebracht. Die Länge eines solchen Stabes beträgt 3,65 Meter. Ein Brennelement besteht aus 18 Stäben, die zylindrisch angeordnet sind. Je zwei Brennelemente befinden sich übereinander in der über sieben Meter langen Druckröhre. Ausgetauscht werden können sie bei laufendem Reaktorbetrieb, da jede einzelne Druckröhre durch Ventile vom Wasserkreislauf getrennt werden kann.<ref name="WNA-RBMK"/>

Reaktorschutzsysteme

Auf der Internetseite des Kernkraftwerks Leningrad (Leningrad Nuclear Power Plant, LNPP) werden mehrere automatische Sicherheitssysteme für die dortigen RBMK-Reaktoren aufgezählt.<ref>LNPP - Emergency reactor protection system (englisch)</ref> Die Beschreibung ist allerdings allgemein gehalten und enthält keine Angaben über die Art der verwendeten Messeinrichtungen, Redundanz und Möglichkeiten oder Bedarf an menschlichem Eingreifen.

Confinement

Das Confinement ist ein Schutzsystem, das radioaktive Materialien, wie austretendes Kühlwasser im Falle einer gebrochenen Rohrleitung, davon abhalten soll, aus einer gesicherten Zone zu entweichen. Alle RBMK ab der zweiten Generation besitzen ein solches Confinement.<ref name="Confinement">LNPP - Confinement (englisch)</ref>

Technische Daten

Technische Daten RBMK-1000 <ref>LNPP – Main characteristics of RBMK-1000 (englisch)</ref><ref>Rosatom-Volgodonsk-Generation (englisch)</ref><ref>LNPP – Design and main characteristics (englisch)</ref><ref name="AECL Russia Power Plants">AECL – Russian Nuclear Power Program (past, present, and future) Dr. IgorPioro, Senior Scientist, CRL AECL (englisch)</ref> RBMK-1500 <ref>Handbook about the Ignalina NPP (englisch; PDF; 382 kB)</ref><ref name="AECL Russia Power Plants"/> RBMKP-2400 <ref>I. S. Zheludev, L.V. Konstantinov: Nuclear power in the USSR. IAEA Bulletin, Volume 22, Issue 2, Wien 1980. S. 34 – 45 (pdf)</ref>
  • Graphit als Moderator erlaubt es, Spaltstoffe zu verwenden, die man in leichtwassermoderierten Reaktoren nicht einsetzen kann.
  • Der Wechsel von Brennelementen ist während des Betriebes möglich, der Reaktor muss dazu nicht abgeschaltet werden.<ref name="INSP RBMK">INSP - The RBMK (englisch)</ref> Eine jährliche längere Betriebspause zum Umbeladen des Reaktorkerns kann dadurch entfallen. Der Reaktor muss auch nicht mit einem Brennstoffvorrat für z.B. ein ganzes Betriebsjahr beladen werden; dies ist ein Sicherheitsvorteil. Der laufende Brennelementwechsel ermöglicht die Gewinnung von waffenfähigem Plutonium.
  • Nachteile

    • Eine Störung der Kühlung kann zum Anstieg der Wärmeleistung führen.<ref name="pdf Katastrophe von Tschernobyl"/> Ursache dafür ist der positive Kühlmittelverlustkoeffizient dieses Reaktortyps. Dies ist ein grundsätzliches Defizit des Reaktordesigns.<ref name="INSP RBMK"/>
    • RBMK haben einen deutlich erhöhten Inspektionsbedarf durch die Verwendung von Druckröhren, die viele Schweißverbindungen besitzen.<ref>[3] (PDF; 657 kB) Studie zu russischen Kernkraftanlagen. S. 10</ref>
    • RBMK setzen während des Normalbetriebs verglichen mit anderen Konstruktionen wesentlich mehr Radioaktivität frei. Die Emissionen führen zu Äquivalentdosen von bis zu 2,0 mSv pro Jahr.<ref>Emissionen des RBMK</ref> Zum Vergleich: Ein durchschnittliches westliches Kernkraftwerk verursacht pro Jahr Dosen von 0,001 mSv bis 0,01 mSv in der Umgebung.<ref>Broschüre - Emissionen aus Kernkraftwerken und Strahlenbelastung; Mai 2008</ref> Die Strahlenexposition aus natürlichen Quellen beträgt im Schnitt 2,4 mSv pro Jahr. Bei einer Computertomographie beträgt die Strahlendosis 2 bis 10 mSv.<ref>Strahlenbesastung durch CT</ref>
    • Der Reaktor hat kein Containment,<ref name="pdf Katastrophe von Tschernobyl"/> sondern stattdessen ein so genanntes Confinement (siehe oben).<ref name="Confinement"/> Die Anlage wird durch Verknüpfung von mehreren Systemen, vor allem des Notkühlsystems, komplexer und störanfälliger. Zudem sind viele Sicherheitssysteme beim RBMK nicht oder mit zu geringer Redundanz vorhanden.<ref name="pdf Katastrophe von Tschernobyl"/>
    • Der Reaktor enthält viel Graphit. Graphit ist brennbar und bildet bei Kontakt mit Wasserdampf bei Temperaturen über 900 °C auch brennbare Gase.
    • Es fehlt ein echtes Schnellabschaltsystem, da die Steuerstäbe im Ernstfall 12 bis 18 Sekunden brauchen, um vom voll ausgefahrenen zum voll eingefahrenen Zustand zu gelangen und damit die nukleare Kettenreaktion zu unterdrücken, in dieser Zeit kann es bei einem prompt überkritischen Reaktor aufgrund der rasend schnell steigenden Temperatur zu einer Kernschmelze kommen. Der entstehende Wasserstoff kann zu einer Explosion des Reaktors führen.
    • Zu den Grundlagen des sowjetischen Reaktorbaus gehörte es, dem menschlichen Operator mehr Kompetenzen zuzuweisen als der automatischen Steuerung, obwohl diese in der Regel weniger Fehler macht.
    • Die große Abmessung des Reaktors begünstigt eine inhomogene Leistungsverteilung. Dies stellt besondere Anforderungen an die Regelung.
    • Die Steuerstäbe werden elektrisch bewegt, was bei einem Stromausfall schwerwiegende Folgen haben kann.
    • Die Spitzen der Steuerstäbe waren ursprünglich ebenfalls aus Graphit, was beim Einfahren der Steuerstäbe die Reaktivität steigerte.
    • Es gibt bisher keine Lösung für den Rückbau und die Endlagerung des radioaktiven Graphitkerns.<ref>Ein Atomkraftwerk für die Energieinsel. In: FAZ, 15. Juli 2011. Abgerufen am 15. Juli 2011.</ref>

    Verbesserung der Anlagen

    Nach dem Unfall in Tschernobyl wurden bei zahlreichen RBMK-Reaktoren Verbesserungen durchgeführt, um einen derartigen Unfall unwahrscheinlicher zu machen. Unter anderem wurde die Konstruktion so geändert, dass statt nur 30 Kontrollstäben nunmehr mindestens 45 Stäbe vorhanden sein müssen. Um eine nukleare Leistungsexkursion zu verhindern, wurden außerdem 80 weitere Absorberstäbe installiert sowie Brennstoff mit einer höheren Brennstoffanreicherung von 2,4 % statt 2,0 % verwendet. In manchen RBMK wird sogar auf 2,8 % angereichertes Uran verwendet. Grund dafür ist, dass die Nebenproduktion von anderen Stoffen während des Spaltprozesses so eine erhöhte Neutronenabsorption bewirken soll, um den Reaktor weniger abhängig von der Kühlung des Kühlwassers zu machen. Neben diesen Veränderungen wurde der Void-Koeffizient des RBMK von +4,5 % beta auf +0,7 % beta gesenkt, damit eine Neutronenexkursion wie auch eine außer Kontrolle geratene Spaltung unterbunden werden kann.<ref name="WNA-RBMK"/>

    Die Leittechnik des Reaktors wurde ebenfalls verbessert. Somit konnte die Zeit, die vergeht, bis die Steuerstäbe im Rahmen einer Notabschaltung vollständig in den Reaktorkern gefahren sind, von 18 auf 12 Sekunden reduziert werden. Um die Wirkung der Stäbe zu verbessern, wurden neue hochwertige Stäbe aus Borcarbid eingebaut. Außerdem wurde ein Schnellabschaltsystem installiert. Um eine Manipulation an den Sicherheitssystemen zu verhindern, wurden zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Insgesamt hatten ursprünglich 179 der 211 Steuerstäbe an der Einfahrseite des Reaktors Graphitspitzen. Diese wurden bei den meisten Stäben entfernt. Allerdings wurden nicht alle Steuerstäbe in dieser Weise modifiziert, da sonst die Gefahr einer Xenonvergiftung zu groß geworden wäre. (Das als Neutronengift wirkende Xenon entsteht unvermeidlich im Reaktorbetrieb; es wird zum Problem, wenn die Steuerstäbe teilweise oder ganz eingefahren sind und die Leistung dann wieder erhöht werden soll. Für eine genaue Erklärung siehe Xenonvergiftung). Graphitspitzen an den Steuerstäben bewirken, dass die Spaltungs-Reaktionsrate in den bis dahin gedrosselten Bereichen zusätzlich erhöht wird, was den raschen Abbau von Xenon begünstigt. Die Ausfahrweite der Stäbe wurde beschränkt, so dass sie immer mindestens 1 m in den Reaktorkern hineinragen. Diese Änderungen wurden mittlerweile bei fast allen RBMK-Anlagen durchgeführt.<ref name="WNA-RBMK"/>

    1995 wurde der Block 1 des Kernkraftwerk Tschernobyl heruntergefahren, um größere Wartungen durchzuführen. Aus dem Reaktorkern wurden dabei einige Druckröhren entfernt, um diese auf Materialstärke wie auch Verschleiß zu untersuchen. Die Überprüfung zeigte, dass die Röhren spröde und verschlissen waren. Um diese Alterungseffekte zu verringern, wurde ein neuer Typ von Druckröhren entwickelt. Diese auszutauschen gehört zu den langfristigen Projekten, unter anderem in Smolensk 3, wie auch das Ersetzen von alten Ventilen, der Einsatz von neuen Sicherheitsventilen und die Verbesserung des vorhandenen Kernnotkühlsystems. Um die Strahlungsabschirmung zu optimieren, werden Verbesserungen des Reaktorgebäudes erwogen.<ref name="WNA-RBMK"/>

    Weiterentwicklung

    Der RBMKP-2000 wie auch der RBMKP-2400 sind Weiterentwicklungen des RBMK mit einer elektrischen Leistung über 2000 MW, die in den 1970er Jahren entwickelt wurden. Jedoch wurde der Entwurf nicht vollendet.<ref>IAEA - Performance analysis of WWER-440/230 nuclear power plants (PDF; 9,2 MB), S. 25 (englisch)</ref> In den 1980er Jahren waren Pläne über einen eventuellen Bau eines RBMK-2400 im Gespräch.<ref name=" NTIS #PB82-133455">Technology and Soviet Energy Availability - November 1981 - NTIS order #PB82-133455 (PDF; 5,8 MB), S. 122 (englisch)</ref>

    Eine bislang noch nicht eingesetzte Weiterentwicklung des RBMK ist der MKER. Dieser Typ basiert auf dem gleichen Grundprinzip, hat jedoch ein verbessertes Sicherheitssystem und wird von einem Containment umschlossen <ref>Gabaraev, Cherkashov u. a.:Multiloop Pressure Tube Power Reactors (MKER) – Consolidation of Expertise in Design of Domestic Pressure Tube Reactors</ref>. Mit den bereits entwickelten Sicherheits- und Computersystemen können RBMK-Reaktoren nachgerüstet werden. Dies wurde zur Erhöhung des Sicherheitsstandards bei allen RBMK-Reaktoren in Russland durchgeführt. Die Aufrüstung soll aber nicht nur die Sicherheitsstandards erhöhen, sondern auch die Betriebszeit bestehender RBMK-Anlagen verlängern. Die Aufrüstung lässt eine Gesamtlaufzeit von 45 Jahren zu. Im Jahr 2006 erwog Rosatom, die Aufrüstung aller RBMK-Reaktoren in Russland durchzuführen, um bei ihnen eine Verlängerung der Betriebsdauer um 15 Jahre zu erreichen. <ref name="WNA-RBMK"/>

    Verwendung in der UdSSR

    Datei:RBMK reactor from Ignalina ArM.jpg
    Reaktorhalle des RBMK-1500 im Kernkraftwerk Ignalina (Block 1) von innen mit abgenommenen Abdecksteinen

    Kernkraftwerke des Typs RBMK wurden nur auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion errichtet. Ihre Standorte liegen heute in Litauen (Ignalina), Russland (Kursk, Smolensk, Leningrad, Belojarsk) und der Ukraine (Tschernobyl). Noch 1980 wurde in der Oblast Kostroma im heutigen Russland, zehn Kilometer südlich von der Stadt Bui mit dem Bau des Kernkraftwerkes Kostroma mit zwei RBMK-1500-Reaktoren begonnen. Das Projekt wurde jedoch aufgrund von Protesten aufgegeben.<ref>Rosenergoatom "Directorate for Construction of Kostroma NPP" (englisch)</ref> Im Jahr 2006 wurde in Russland der Beschluss gefasst, den Bau des RBMK-1000 in Block 5 des Kernkraftwerks Kursk fortzusetzen.<ref> Kernenergie: Weltreport 2006; atw 52. Jg. (2007) Heft 4 – April</ref>

    Verwendet wurden die Reaktoren in der UdSSR, weil sie den anfänglichen Herstellungsmöglichkeiten der sowjetischen Industrie entsprachen (kein großer Druckbehälter nötig) und verhältnismäßig preiswert in kurzer Zeit zu erbauen waren. In der Zeit des kalten Krieges war auch die Möglichkeit interessant, zugleich mit der Stromerzeugung relativ reines, für Kernwaffen geeignetes Plutonium-239 zu gewinnen; sie beruht darauf, dass man bei diesem Reaktortyp laufend einzelne Brennelemente nach kurzer Verweilzeit auswechseln kann, ohne den Reaktor abzuschalten. Ob diese Reaktoren wirklich einmal dazu genutzt worden sind, ist allerdings nicht bekannt.

    Es gibt insgesamt drei Generationen von RBMK-Reaktoren. Die Reaktoren der ersten Generation (OPB-72) wurden bis etwa Mitte der 1970er Jahre erbaut. Die zweite Generation trägt den Namen OPB-82 und wurde von den späten 1970er bis in die frühen 1980er Jahre gebaut. Der Name OPB-82 rührt daher, dass der Reaktor den Sicherheitsstandards von 1982 entsprach. Nach der Katastrophe von Tschernobyl wurde die dritte Generation von RBMK-Reaktoren mit dem Namen OPB-88, der den Sicherheitsstandards von 1988 entsprach, entwickelt. Insgesamt gibt es sechs Reaktoren der ersten Generation, von denen zwei stillgelegt sind. Außerdem gibt es acht Reaktoren der Generation OPB-82, von denen einer durch den Tschernobyl-Unfall zu Schaden gekommen ist, ein weiterer abgeschaltet und bei zwei Blöcken der Bau eingestellt wurde. Von der Generation OPB-88 gibt es einen fertiggestellten Reaktor sowie einen weiteren, der sich seit 1988 in Bau befindet und 2012 den Leistungsbetrieb aufnehmen soll. Der Bau zweier weiterer OPB-88 wurde eingestellt.<ref name="WNA-RBMK"/>

    Die Technik wurde in der UdSSR selbst zum Vorzeigeprojekt der damals neuen Nukleartechnologie der Sowjetunion. Bis 1986 galt das Kernkraftwerk Tschernobyl, das größte der Ukraine, mit seinen vier RBMK-1000 als Musteranlage.<ref name="pdf Katastrophe von Tschernobyl"/> Auch die deutsche Fachzeitschrift Atomwirtschaft schrieb im Dezember 1983: „Die Verlässlichkeit von Tschernobyl ist sehr hoch“. Zum Zeitpunkt des Unfalles war Block 4 der neueste Reaktor am Standort, und mit ihm wies das Kraftwerk eine Leistung von 4 GW auf. Der Ausbau auf 6 GW war 1986 schon im Gange. Das Kernkraftwerk war damit eines der jüngsten in der Sowjetunion. Im Jahr 1986 löste ein Versuch, der Verbesserungen am Notstromsystem des Blocks 4 erproben sollte, einen katastrophalen Unfall aus. Seitdem steht der Reaktortyp RBMK wegen Sicherheitsbedenken in der Kritik. Aus diesem Grunde wurden viele Bauvorhaben beendet und Pläne aufgegeben.

    Siehe auch

    Literatur

    Weblinks

    Commons Commons: RBMK – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

    <references />