Russische Akademie der Wissenschaften


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Russische Akademie der Wissenschaften
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Gründung 8. Februar 1724
Trägerschaft staatlich
Ort Moskau, Russland
Präsident Wladimir Fortow
(seit 2013)

Mit der Auflösung der Sowjetunion war auch das Ende der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften als solcher besiegelt. Am 21. November 1991 wurde die Akademie nach einem Erlass des damaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin in die Russische Akademie der Wissenschaften (RAN) umbenannt. Auf dem Gebiet der Russischen Föderation wurde die RAN Rechtsnachfolger der ehemaligen Sowjetischen Akademie der Wissenschaften.

Zugleich erlebte die Akademie kurz nach dem Ende des Sowjetstaates erneut eine Phase ungewisser Zukunft, als mit der Bildung unabhängiger Staaten aus ehemaligen Teilrepubliken der Sowjetunion die Rolle der RAN als übergeordnete Akademie entfiel und die ehemaligen Republiksakademien nunmehr selbständig wurden. Hinzu kam ein schwerer wirtschaftlicher Niedergang Anfang der 1990er-Jahre in ganz Russland, der auch die Akademie der Wissenschaften in extreme finanzielle Schwierigkeiten stürzte. Diese Krise, in deren Folge es zu einer Abwanderung vieler hochqualifizierter, aber hoffnungslos unterbezahlter wissenschaftlicher Kräfte in die USA und ins europäische Ausland gekommen ist, dauerte rund ein Jahrzehnt. Die Folgen der Unterfinanzierung der RAN sind teilweise bis heute spürbar: So verdoppelte sich das durchschnittliche Alter der wissenschaftlichen Geräte der RAN von 1990 bis 2006 von 7,5 auf rund 15 Jahre.<ref>Gazeta.ru, 27. März 2007</ref>

Erst in jüngster Zeit wurden seitens der russischen Regierung im Rahmen eines nationalen Projektes zur Förderung der einheimischen Wissenschaft umfassende Modernisierungsmaßnahmen eingeleitet. Unter anderem soll bis Ende 2008 das durchschnittliche Gehalt von wissenschaftlichen Mitarbeitern der Akademie auf rund 30.000 Rubel im Monat erhöht werden, was eine Verdreifachung gegenüber dem Wert von 2006 wäre. Das Jahresbudget der Akademie soll zur gleichen Zeit von 37 Milliarden Rubel im Jahr 2007 auf rund 45 Milliarden steigen.<ref>Rusnovosti.ru, 29. Mai 2008</ref>

Die Reform der Russischen Akademie der Wissenschaften (2013)

2013 leitete das Bildungs- und Wissenschaftsministerium Russlands eine Reform der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAN) ein, was teilweise erbitterten Widerstand von Wissenschaftern auslöste. Die Verfasser des Dokuments hatten ursprünglich vor, drei Akademien abzuschaffen (die Russische Akademie der Landwirtschaftswissenschaften, die Russische Akademie der Medizinwissenschaften und die Russische Akademie der Wissenschaften) und statt ihnen eine staatlich-öffentliche Organisation, die „Russische Akademie der Wissenschaften“ zu stiften. Das Eigentum der bisherigen Akademie ginge demzufolge in die speziell dazu gegründete Agentur über. Zusätzlich sah die Reform vor, statt des jetzigen zweistufigen Titelsystems einen einheitlichen Titel einzuführen sowie die Möglichkeit, einem Mitglied der Akademie diesen Titel abzuerkennen.

Am 3. Juli 2013 wurde die Gesetzesvorlage zur Reform der RAN von der Duma in der ersten Lesung, und am 5. Juli in der zweiten Lesung (mit geringeren Änderungsanträgen) verabschiedet. Die dritte Lesung, die zunächst auch für Anfang Juli angekündigt worden war, verschob man dann auf den Herbst. Ende August 2013 wurde die Konferenz der wissenschaftlichen Mitarbeiter der RAN „Die Gegenwart und die Zukunft der Wissenschaft in Russland. Die Stelle und die Rolle der Russischen Akademie der Wissenschaften“ einberufen. Diese Konferenz sollte die Reform der RAN allseitig besprechen. Über 2000 Wissenschaftler nahmen daran teil: Mitglieder der Akademien, Mitarbeiter verschiedener Forschungsinstitute, der Universitäten und Hochschulen. Die Konferenz brachte ihre Missbilligung des zukünftigen Gesetzes zum Ausdruck und schlug ihre Änderungen dazu vor. Das Präsidium der RAN brachte seinerseits ebenfalls Änderungen zur Gesetzvorlage ein.

Am 4. September 2013 erklärte Staatspräsident Wladimir Putin seine Zustimmung zu den Vorschlägen des Präsidiums der RAN. Trotzdem kamen am 13. September Änderungen zur Gesetzesvorlage, die von einem Teil der Wissenschafter als ein Betrug von Seiten Putins betrachtet wurden, von der Russischen Präsidialverwaltung in die Staatsduma. Am 18. September wurde das Reformgesetz in der zweiten und umgehend auch in der dritten Lesung verabschiedet. Das Gesetz sieht vor, die rechtliche Souveränität der RAN wesentlich einzuschränken und eine Agentur zur Verwaltung des Eigentums der RAN und der Forschungsinstitute, die früher zur RAN gehörten, zu gründen. 331 Abgeordnete stimmten dafür, 107 Abgeordnete dagegen, einer enthielt sich der Stimme.

Brand 2015

Ein Brand am 30. und 31. Januar 2015 im Gebäude des Instituts für wissenschaftliche Information zu den Gesellschaftswissenschaften der Russischen Akademie der Wissenschaften (INION RAN) in Moskau zerstörte größere Gebäudeteile, insbesondere die Bibliothek. Zahlreiche wertvolle Dokumente wurden zerstört oder schwer geschädigt.<ref>Wissenschaftsinstitut in Moskau: Großfeuer zerstört historische Sammlung. n-tv.de, 1. Februar 2015, abgerufen am 2. Februar 2015.</ref><ref>Moskau: Großbrand beschädigt historische Bibliothek der Akademie der Wissenschaften. dailymotion, abgerufen am 2. Februar 2015.</ref> Zu den zerstörten Beständen gehört unter anderem eine einzigartige Sammlung von UN-Dokumenten.<ref>Ekaterina Vardanyan: Verheerender Großbrand in der Bibliothek für Sozial- und Geisteswissenschaften in Moskau. Informationspraxis vom 2. Februar 2015. Abgerufen am 2. Februar 2015.</ref> Gegen Juri Piwowarow, zum Zeitpunkt des Brandes Direktor des Instituts, und Kremlkritiker wurde von staatlichen Medien eine Verleumdungskampagne gestartet. So wurde dem Wissenschaftler unter anderem vorgeworfen, mit der NATO zu paktieren und für Korruption im Institut verantwortlich zu sein. Das Strafverfolgungskomitee der Russischen Föderation eröffnete schließlich im Zusammenhang mit dem Brand am 20. April 2015 gegen Piwowarow ein Verfahren wegen Fahrlässigkeit.<ref>Michael Thumann: "Kreml-Kritiker vor Gericht" Die Zeit vom 8. Mai 2015, gesichtet am 8. Mai 2015</ref>

Ziele und Struktur

Datei:Часы на здании президиума РАН.jpg
Fassadenfragment mit Uhr der Moskauer RAN-Zentrale

Allgemeines

Die Russische Akademie der Wissenschaften stellt ihrem Wesen nach eine Arbeitsgemeinschaft von Wissenschaftlern dar, die sich in akademische Mitglieder und korrespondierende Mitglieder, ferner wissenschaftliche Angestellte und andere Gelehrte und Spezialisten unterteilt. Mit den von der Akademie betriebenen Wissenschafts- und Forschungsorganisationen stellt sie das Hauptzentrum der grundlegenden Forschung im Bereich von Natur- und Sozialwissenschaften in Russland dar. Mitglieder der Akademie sind berechtigt, den akademischen Titel Academicus (Acad.) vor dem Namen zu tragen, welcher noch über dem akademischen Rang eines Professors steht.

Die Organisationsstruktur der Akademie vereinigt ein breites Netzwerk von Forschungsinstituten und Laboratorien, die an Forschungsarbeiten in den meisten Bereichen der modernen Wissenschaft beteiligt sind. Ausnahmen hiervon sind Medizin, Pädagogik, Agrarwissenschaften, Künste sowie Architektur und Bauwesen: Für diese Gebiete existieren in Russland jeweils separate wissenschaftliche Akademien, die genauso wie die RAN als staatlich betriebene Forschungs-Dachorganisationen gelten.

Die Akademie ist eine staatliche Organisation, die in ihrer Tätigkeit der Gesetzgebung sowie dem eigenen Statut folgt. Letzteres wird ausschließlich durch die Generalversammlung der RAN ohne staatliche Einmischung angenommen oder verändert. Die Akademie führt eine freie Aufsicht über die Kontrolle der Tätigkeit der Institute, Laboratorien und anderer Organe im Bereich der grundlegenden Forschung und Ausbildung von Spezialisten.

Ziele

Zu den primären Zielen der Russischen Akademie der Wissenschaften gehören vor allem grundlegende Forschung im Bereich von Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften, die auch dazu beitragen soll, die soziale und geistige Entwicklung der russischen Gesellschaft voranzutreiben. Dies schließt auch die Auswahl und Förderung von begabten Nachwuchsforschern mit ein. Durch die vielseitige Forschungsarbeit unter Einsatz qualitativ hochwertigen Personals soll auch das Renommee der Wissenschaft und der soziale Status von Akademikern in Russland erhöht werden. Außerdem verfolgt die RAN das Ziel, die gegenseitige Integration der Forschungsaktivitäten in der Akademie, den Hochschulen und der Industrie zu fördern, um möglichst viele Synergieeffekte zwischen Wissenschaft, Ausbildung und Kultur zu erzielen und damit eine gemeinsame wissenschaftliche und technische Politik im Land zu verwirklichen.

Zur Erhöhung der Effizienz ihrer Aktivitäten fördert die RAN internationale Zusammenarbeit zwischen russischen und ausländischen Wissenschaftlern, unter anderem durch Kooperationsübereinkommen mit ausländischen Akademien der Wissenschaften und anderen Forschungsorganisationen. Außerdem richtet sie internationale Forschungszentren in Russland ein und führt internationale Kongresse, Konferenzen und Seminare durch.

Vorstand

Der Präsident der Russischen Akademie der Wissenschaften ist seit dem 29. Mai 2013 der Physiker Wladimir Fortow. Ihm unterstehen unmittelbar acht Vizepräsidenten sowie das über 40-köpfige Präsidium. Die Vizepräsidenten und Präsidiumsmitglieder sind allesamt akademische Mitglieder der RAN. Der bekannteste der gegenwärtigen Vizepräsidenten ist der Physiker und Nobelpreisträger Schores Alfjorow. Sowohl der Präsident als auch die Vizepräsidenten und das Präsidium sind der Generalversammlung der RAN rechenschaftspflichtig und werden von ihr auch gewählt.

Fach- und Regionalabteilungen

Die gegenwärtige RAN gliedert sich in neun Fachabteilungen sowie drei Regionalabteilungen und 14 regionale wissenschaftliche Zentren.

Die Fachabteilungen der Russischen Akademie der Wissenschaften sind:

Datei:IMC HQ.jpg
Das Gebäude des RAN-Instituts für Makromolekulare Verbindungen in Sankt Petersburg
Datei:Chernogolovka-ran.jpg
Innovationszentrum der RAW in Tschernogolowka

Jede Fachabteilung verfügt jeweils über eine bestimmte Zahl von Forschungseinrichtungen, die sich auf bestimmte engere Tätigkeitsschwerpunkte spezialisieren. In vielen Fällen handelt es sich hierbei um Forschungsinstitute auf einem bestimmten Gebiet. Einige dieser Institute sind international bekannt, wie beispielsweise das Informationszentrum WINITI, das Steklow-Institut für Mathematik oder das Lebedew-Institut.

Darüber hinaus ist die RAN nach regionaler Präsenz unterteilt: Sie hat drei Regionalabteilungen – die Abteilung Sibirien in Nowosibirsk, die Abteilung Ural in Jekaterinburg und die Abteilung Fernost in Wladiwostok – sowie insgesamt 14 Wissenschaftszentren in Wladikawkas, Dagestan, Kabardino-Balkarien, Kasan, der Republik Karelien, auf Kola, in Tschernogolowka, Puschtschino, Samara, Sankt Petersburg, Saratow, Troizk, Ufa und Rostow am Don.

Präsidenten der Akademie

Ernannte Präsidenten:

Während der Präsidentschaft Rasumowskis zu eigentlichen Leitung der Akademie berufene Direktoren (teils mehrere zugleich):
  • 15. April 1798 – 6. Februar 1803 Ludwig Heinrich von Nicolay (Andrei Lwowitsch Nikolai), Lyriker
  • 14. Februar 1803 – 3. April 1810 Nikolai Nowossilzew (Nowossilzow), Staatsmann und Diplomat
  • 12. Januar 1818 – 4. September 1855 Sergei Uwarow, Staatsmann
  • 26. November 1855 – 19. Februar 1864 Dmitri Bludow, Staatsmann, Diplomat und Publizist
  • 23. Februar 1864 – 25. April 1882 Fjodor Lütke (Friedrich Benjamin Lütke), Geograph, Seefahrer und Entdecker
  • 25. April 1882 – 25. April 1889 Dmitri Tolstoi, Staatsmann
  • 3. Mai 1889 – 2. Juni 1915 Konstantin Romanow, Staatsmann und Militär

Gewählte Präsidenten:

Anmerkung: 1924–1991 Akademie der Wissenschaften der UdSSR

Bekannte Mitglieder der Akademie (Auswahl)

Nachfolgend findet sich eine Auswahl von prominenten akademischen Mitgliedern, korrespondierenden Mitgliedern und Ehrenmitgliedern der Russischen bzw. Sowjetischen Akademie der Wissenschaften. Für eine umfassendere Liste der Mitglieder siehe auch Kategorie:Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften.

Ausländische Mitglieder

Russische/sowjetische Mitglieder

Datei:Lomonosov.jpg
Michail Lomonossow
Datei:RR5111-0074R.gif
Die 1999 herausgegebene, der RAN gewidmete Gedenkmünze

Sonstiges

Datei:Akademie der Wissenschaften.jpg
Silber-Gedenkmünze von 1992

1992 wurde im Zuge der Serie „1000 Jahre Russland“ eine russische Gedenkmünze zu Ehren der Akademie herausgegeben. Außerdem wurde die Russische Akademie der Wissenschaften im Jahre 1999 anlässlich ihres 275-jährigen Bestehens auf einer russischen Drei-Rubel-Münze aus Silber verewigt. Auf dieser ist neben dem alten Petersburger Gebäude der Akademie drei Schlüsselfiguren ihrer Gründung – Peter der Große, Leonhard Euler und Michail Lomonossow – sowie die Weisheitsgottheit Minerva abgebildet.

Siehe auch

Einzelnachweise

<references />

↑ М. Франк-Каменецкий Почему молчат ученые? // «Литературная газета», 16 марта 1988 г
↑ М. Франк-Каменецкий Механизмы торможения в науке // Сборник «Иного не дано». М.: «Прогресс», 1988. С. 634—647.
↑ Сергей Гуриев, Дмитрий Ливанов, Константин Северинов Шесть мифов Академии наук // Журнал «Эксперт» № 48(685), 14 дек 2009 г.
↑ Свобода мысли — «Судьба российской науки» (Обсуждение идеи М. Франка-Каменецкого о реорганизации РАН) // ТВ-передача, 15. März 2010, Пятый канал (Россия)
↑ Интервью Д. Ливанова // Эхо Москвы. 24. März 2013
↑ Реформу российской науки следует проводить с осторожностью. Финам 4. Juli 2013
↑ Гавров С. Реформа РАН: сохранить Академию
↑ Путин предложил поправки к закону о реформе РАН // Lenta.ru, 4. Juli 2013
↑ Депутаты проголосовали за реформу РАН Lenta.ru, 3. Juli 2013
↑ Госдума приняла во втором чтении законопроект о реформе РАН
↑ Конференция научных работников РАН «Настоящее и будущее науки в России. Место и роль Российской академии наук»

Literatur

  • In der Datenbank RussGUS werden über 240 Publikationen nachgewiesen (dort Suche – Formularsuche – Sachnotation: 6.2*)
  • Jack L. Cross: A Guide to the Russian Academy of Sciences. 2. Auflage, Cross Associates, Austin TX 1997 (Digitalisat und Nachträge)
  • Akademie der Wissenschaften Russlands – Gesellschaft für Kulturwissenschaft: Der ERNSTFALL auch in RUSSLAND; 1997, ISBN 3-930218-33-X

Weblinks

Commons Commons: Russische Akademie der Wissenschaften – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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