SCO gegen Linux
Unter SCO gegen Linux werden zwischen 2003 und 2010 geführte Gerichtsprozesse der SCO Group gegen IBM und andere Unternehmen verstanden, bei denen es um den Vorwurf ging, dass Quellcode, an dem SCO angeblich die Rechte besitze, widerrechtlich in den Linux-Kernel kopiert worden sei. Die Gerichte stellten jedoch fest, dass SCO das Copyright an Unix nie – wie behauptet – erworben hatte und wiesen die Klagen letztlich als unbegründet ab, worauf SCO Einspruch erhob. Darüber hinaus konnten auch keine der behaupteten Unix-Plagiate im Linux-Quellcode gefunden werden. In der Folge ging die SCO Group in Insolvenz und wird zurzeit von einem Konkursverwalter (Stand September 2009) verwaltet.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Hintergrund
- 2 Chronologische Ordnung der Ereignisse
- 2.1 Frühjahr 2003
- 2.2 Sommer 2003
- 2.3 Herbst 2003
- 2.4 Winter 2003/2004
- 2.5 Frühjahr 2004
- 2.6 Sommer 2004
- 2.7 Winter 2004/2005
- 2.8 Frühjahr 2005
- 2.9 Sommer 2005
- 2.10 Herbst 2005
- 2.11 Winter 2005/2006
- 2.12 Winter 2006/2007
- 2.13 Frühjahr 2007
- 2.14 Sommer 2007
- 2.15 Herbst 2007
- 2.16 Winter 2007/2008
- 2.17 Frühjahr 2008
- 2.18 Sommer 2008
- 2.19 Herbst 2008
- 2.20 Winter 2008/2009
- 2.21 Frühjahr 2009
- 2.22 Sommer 2009
- 2.23 Herbst 2009
- 2.24 Frühjahr 2010
- 2.25 Sommer 2011
- 2.26 Frühjahr 2013
- 3 Weblinks
- 4 Quellen
Hintergrund
Das seit Anfang der 1990er populäre Betriebssystem Linux ist grundsätzlich freie Software und kann von jedem verändert und weitergegeben werden. Mit zunehmender Verbreitung wurde es von immer mehr Unternehmen unterstützt, was in einer Ankündigung IBMs gipfelte, rund eine Milliarde Dollar in Linux zu investieren.
IBM, das ein eigenes Unix namens AIX im Portfolio hat, fuhr das Engagement für das eigene Betriebssystem zugunsten von Linux immer mehr zurück. Kurze Zeit später wurden die ersten Stimmen aus dem Lager von SCO laut, die in Frage stellten, ob Linux sich von alleine so entwickeln konnte, oder ob dort nicht urheberrechtlich geschützter Quelltext eingeflossen wäre, der hätte lizenziert werden müssen.
Fast alle auf Linux basierenden Betriebssysteme benutzen neben dem Kernel namens Linux auch die GNU core utilities aus dem GNU-Betriebssystem. GNU steht für GNU's Not Unix. Der Name wurde gewählt, weil das Betriebssystem zwar unixoid sein sollte, aber sich von Unix unterscheidet, indem es freie Software ist und keinen Quelltext von Unix enthält. Die Free Software Foundation, die das GNU-Projekt verwaltet, ist zuversichtlich, das Urheberrecht an GNU nachweisen zu können.<ref>Bradley Kuhn: The SCO Subpoena of FSF. In: FSF's Position Regarding SCO's Attacks on Free Software. Free Software Foundation, 18. Mai 2004, abgerufen am 22. August 2007 (englisch). </ref> Nachdem SCO nach Urheberrechtsverletzungen in GNU und im Linux-Kernel recherchieren ließ,<ref>Michael Davidson: Re: Patents and IP Investigation. 13. August 2002, abgerufen am 27. August 2007 (PDF; 72 kB, englisch). </ref> entschied sich die Unternehmensführung, nur den Linux-Kernel juristisch anzugreifen.
Im Folgenden sind nun die daraus resultierenden Ereignisse aufgelistet.
Chronologische Ordnung der Ereignisse
Frühjahr 2003
- März 2003 – SCO gegen IBM
- The SCO Group klagt gegen IBM wegen Verletzung angeblicher Rechte, die SCO an Unix besitzen will, und fordert 1 Milliarde US-Dollar Schadensersatz mit der Behauptung, der SMP-Code (Multiprozessor-Code) in Linux verletze die Urheberrechte von SCO. Dieser Code stammt jedoch zum größten Teil von Kernel-Entwicklern, die bei Red Hat und Intel arbeiten. Gegenüber den Arbeitgebern dieser Entwickler wurden bis jetzt keine Ansprüche angemeldet. IBM wies die Behauptung mit dem Argument zurück, SCO würde versuchen, die Arbeit der Open-Source-Gemeinschaft zu behindern und zu verlangsamen.
- Tarantella, die frühere „Santa Cruz Operation (SCO)“ und vormalige Inhaberin des Unix-Geschäftes, das an Caldera/SCO verkauft wurde, beteiligt sich nicht an dieser Klage. Weiterhin hat SCO angekündigt, die Klage wegen Verletzung von Unix-Urheberrechten auch auf verschiedene Linuxdistributoren auszudehnen.
- Mai 2003 – Abmahnung gegen SCO
- In Deutschland liegt nach einer Abmahnung durch den LinuxTag e.V. vor dem Bremer Landesgericht gegen das Unternehmen eine einstweilige Verfügung vor, nach der SCO die Behauptung nicht wiederholen darf. Andernfalls droht ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 €.
- 16. Juni 2003 – SCO entzieht IBM die Rechte an Code in AIX
- IBM habe durch die Verwendung von Code aus AIX mit dem Ziel, Unix zu zerstören, den Quellcode von SCO missbraucht und gegen die Vereinbarung mit SCO verstoßen. Aus diesem Grund würde SCO der IBM alle Rechte an der Nutzung von Quellcode auf Basis des Unix System V entziehen.
Sommer 2003
- 1. August 2003 – Eben Moglen weist Vorwürfe zurück
- Eben Moglen, Professor für Recht und Rechtsgeschichte an der Law School der Universität von Columbia, sowie Berater der Free Software Foundation, weist die Vorwürfe von SCO zurück. In dem Schriftstück wird darauf hingewiesen, dass SCO bisher weder Klage gegen Nutzer eingereicht noch Informationen darüber veröffentlicht habe, welcher Code möglicherweise gegen die Rechte von SCO verstößt.
- 5. August 2003 – SCO stellt Preise vor / Red Hat geht vor Gericht
- SCO stellt die Preise für die so genannte Intellectual Property License for Linux vor. Eine Server-Lizenz soll bis 15. Oktober 699 US-Dollar (danach 1399 US-Dollar) je Prozessor, ein Desktop-System 199 US-Dollar kosten. Beweise für die Behauptung, dass Code aus dem Unix-Kernel nach Linux gewandert ist, legte SCO dagegen immer noch nicht vor.
- Red Hat, ein Linux-Distributor, geht gerichtlich gegen die Äußerung von SCO vor, Red Hat hätte Produkte vertrieben, die geschützten Quellcode von Unix enthalten würden. Laut Mark Webbing, dem Anwalt von Red Hat, will man mit diesem Schritt SCO davon abhalten, weiterhin unwahre Behauptungen gegenüber Red Hat Linux aufzustellen.
- 7. August 2003 – IBM reicht Klage ein
- IBM setzt sich zur Wehr und reicht Klage gegen SCO ein. SCO soll gegen die GNU General Public License (GPL) verstoßen und vier IBM-Patente verletzt haben. Weiterhin heißt es, SCO selbst habe Linux, das unter der GPL steht, vertrieben und damit Urheberrechte an Linux-Code aufgegeben.
- 8. August 2003 – Antwort von SCO / Bruce Perens Warnung
- SCO antwortet auf die Klage von IBM, es sei nur ein Versuch von IBMs falschem Linux-Geschäftsmodell abzulenken, und fordert IBM dazu auf, die Probleme zu lösen und die GPL aufzugeben. Vom Patentvorwurf ist SCO überrascht, da IBM nie irgendwelche Ansprüche erhoben hat.
- Der Open-Source-Aktivist Bruce Perens warnt auf der LinuxWorld in San Francisco vor den rechtlichen Konsequenzen, die sich für Unternehmen ergeben, die auf die Linux-Lizenz von SCO eingehen. Eine größere Gefahr als SCO wären jedoch Software-Patente, wie sie in Europa kurz vor der Verabschiedung stünden.
- 11. August 2003 – Aduvas Software / Linux-Lizenz gekauft / GCC streicht Unterstützung
- Laut Software-Hersteller Aduva, bei dem Intel und IBM zu den Hauptinvestoren gehören, enthält die neueste Version der Entwickler-Software Onstage eine Funktion, die den umstrittenen SCO-Code in Red Hat- oder SuSE-Distributionen erkennen und entfernen soll. Dabei stellt sich die Frage, wie Aduva es geschafft hat, das SMP-System im Kernel auszutauschen, obwohl SCO die umstrittenen Codezeilen noch nicht einmal der Öffentlichkeit vorgestellt hat.
- SCO veröffentlicht eine Presseerklärung, nach der einer der 500 größten Konzerne eine der Linux-Lizenzen gekauft haben soll. Um welches Unternehmen es sich handelt, gibt SCO allerdings nicht bekannt.
- Die Free Software Foundation (FSF) schickt einen Patch an GNU Compiler Collection-Entwickler Mark Mitchell, der einen Informationstext beinhaltet, in dem gedroht wird, in den kommenden Versionen die Unterstützung für SCOs Software zu streichen.
- 13. August 2003 – SCO kündigt Sequent
- SCO kündigt den Vertrag, durch den IBM-Tochter Sequent aus Unix System V abgeleitete Software herstellen und verkaufen durfte, mit der Begründung, dass dieser Code entgegen der Vereinbarung auch in Linux verwendet worden sei.
- 14. August 2003 – GPL soll ungültig sein
- SCOs Chefanwalt Mark Heise erklärt, dass die GNU General Public License (GPL) ungültig sei. Die GPL soll der US-amerikanischen Gesetzgebung über Copyright widersprechen, nach der Software-Käufern nur das Anfertigen einer Sicherheitskopie gestattet ist. Dadurch würde die GPL außer Kraft gesetzt.
- 15. August 2003 – Laut OSDL gibt es keine Gefahren für Linux-Anwender
- Von den Open Source Development Labs (OSDL) wird ein Papier mit Fragen und Antworten zu der rechtlichen Auseinandersetzung<ref>Papier mit Fragen und Antworten zu der rechtlichen Auseinandersetzung (Memento vom 4. Dezember 2003 im Internet Archive)</ref> veröffentlicht. Dessen Autor Lawrence Rosen ist Justitiar der Open Source Initiative (OSI) und Experte für Technik- und Urheberrecht. Er bestätigt darin, dass SCO Geld von Linux-Usern verlangen kann. Aber er meint dazu auch, dass dies noch lange nicht heißt, dass man dieses auch bezahlen muss.
- 18. August 2003 – Bill Gates meldet sich zu Wort/Eben Moglen greift an
- Bill Gates stellt während einer Konferenz mit Analysten fest, dass Linux kein neues Betriebssystem sein soll, sondern ein UNIX-Derivat. Er hält es für unmöglich, dass Linux keinen Quellcode von Unix oder auch von Microsoft enthält. Wirkliche Innovationen für ein stabiles und sicheres System soll nur Microsoft bieten können.
- SCO-Anwalt Mark Heise hatte gegenüber dem Wall Street Journal behauptet, die GNU GPL, unter der auch Linux steht, sei ungültig, da sie gegen das US-amerikanische Bundesrecht verstöße (s. 14. August). Das bezeichnet Eben Moglen als leichtsinniges Argument und unprofessionellen Nonsens. Damit wäre nicht nur die GPL ungültig sondern auch jede andere Open Source Lizenz wie die Apache, BSD, LGPL. Aber auch die Shared-Source-Lizenz von Microsoft sowie die Methoden dieses Unternehmens zur Verteilung des Betriebssystems Windows würden dann gegen das Gesetz verstoßen.
- 19. August 2003 – SCO stellt angeblich gestohlenen Quellcode vor
- Im Rahmen des SCO Forums wird angeblich gestohlener Code vorgeführt. Dabei wurden den Zuschauern ein Fragment aus UNIX-Code und Linux-Code gezeigt, die gleiche Kommentare enthielten. Der Code stammt aber aus der Datei sys/sys/malloc.c aus Unix Version 3 und soll bereits 1973 von Dennis M. Ritchie oder Ken Thompson, die damals bei AT&T arbeiteten, geschrieben worden sein. Er wurde bereits mehrfach unter die BSD-Lizenz gestellt. Die erste Veröffentlichung unter einem Non Disclosure Agreement soll laut Bruce Perens sogar bereits 1977 stattgefunden haben. Die Unix Systems Labs (ATT) hatten die Stelle 1979 unter einer BSD-ähnlichen Lizenz veröffentlicht. Auch von Caldera International wurde der Code freigegeben. Bill Broderic, der Direktor für Lizenz Services unterzeichnete eine Lizenz nach der die Quellen der Unix-Releases V1-7 und 32V verändert und in binärer Form vertrieben werden können, ohne dass Lizenzabgaben an Caldera notwendig sind.
- 20. August 2003 – Offener Brief von Samba
- Die Entwickler von Samba bezeichnen die Vorgehensweise von SCO als Heuchelei, nachdem neben Beleidigungen und Angriffen gegen Open Source auf dem SCO Forum die neue Version des SCO Openservers Legend vorgestellt wurde. Er soll Java unterstützen und zur Anbindung an Windows-Rechner das Open-Source-Programm Samba benutzen, das unter der GPL steht.
- SCO kündigt gegenüber der Computer Business Review die Absicht an, gegen ein Unternehmen vorgehen zu wollen, das AIX, Dynix und Linux benutzt, um ein Exempel zu statuieren.
- 21. August 2003 – Linus Torvalds meldet sich zu Wort
- Nach der Einschätzung von Linus Torvalds zeigt der vorgestellte Code nur einen uninteressanten Algorithmus für die Speicherverwaltung, der etwa 30 Jahre alt ist, von Ken Thompson geschrieben wurde und aus dem originalen UNIX-Quelltext und von BSD stammt. Des Weiteren wurde der Code wegen seiner Hässlichkeit bereits vor der Veröffentlichung durch SCO aus dem Linux-Kernel entfernt. Er befürwortet die Bemühungen der Szene, Einblick in die beanstandeten Quellen von SCO zu bekommen, damit die rechtlich bedenklichen Code-Fragmente entfernt werden können.
- 28. August 2003 – SCO muss zahlen
- Das Landgericht München I verhängt gegen die SCO Group GmbH ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 Euro und wirft dem Unternehmen fahrlässiges Verhalten beim Betrieb der Unternehmens-Website vor. Auf der war noch nach der einstweiligen Verfügung die Behauptung zu lesen, dass Endanwender, die die Software Linux einsetzen, für Schutzverletzungen des geistigen Eigentums von SCO haftbar gemacht werden können. Bezahlt die SCO Group nicht, droht Geschäftsführer Hans Bayer eine Ordnungshaft von 10 Tagen.
- 1. September 2003 – SCO klagt doch nicht / Aufruf zum Protest
- Nach Berichten von australischen Medien plant das amerikanische Unternehmen SCO nun doch keine weiteren Unternehmen wegen Lizenz-Verstößen zu verklagen.
- Von der Electronic Frontier Foundation (EFF) werden die Linux-User dazu aufgerufen, schriftlich bei den Volksvertretern des US-amerikanischen Kongresses gegen SCO wegen Erpressung zu protestieren.
- 12. September 2003 – Antwort von Linus Torvalds
- Linus Torvalds beantwortete den offenen Brief von SCO-Chef Darl McBride und drückte seine Freude darüber aus, dass SCO genau wie die Linux-Entwickler der Ansicht ist, Open Source </ref>
- Das US-Bundesbezirksgericht in Utah hat einem Wiederaufnahmeantrag von SCO, bezüglich des 2007 abgeschlossen Verfahrens gegen IBM, stattgegeben. Laut Groklaw sind noch zwei Ansprüche zu verhandeln, die auch ohne die Rechte an UNIX weiter bestehen sollen. IBM hat die Möglichkeit eines Widerspruchs, um ein verkürztes Verfahren zu erreichen.<ref>http://www.heise.de/newsticker/meldung/SCO-vs-IBM-Prozess-wird-wieder-aufgenommen-1890543.html</ref>
- Linus Torvalds beantwortete den offenen Brief von SCO-Chef Darl McBride und drückte seine Freude darüber aus, dass SCO genau wie die Linux-Entwickler der Ansicht ist, Open Source </ref>
Weblinks
- SCO vs. Linux: Die unendliche Geschichte Chronik aller Artikel von heise.de und c't
- SCO gegen Linux Special bei Golem.de
- SCO verliert
Quellen
<references />sv:SCOs rättstvister