Schildhorn


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Schildhorn ist eine Landzunge im Landschaftsschutzgebiet Grunewald im gleichnamigen Berliner Ortsteil Grunewald des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf. Die rund 110 Meter breite Halbinsel ragt rund 400 Meter in die Havel hinein und bildet eine kleine Bucht, die Jürgenlanke.

Das Schildhorn, die Jürgenlanke und das denkmalgeschützte Ensemble Wirtshaus Schildhorn galten in den 1880er Jahren als Lieblingsziel der Berliner Sonntagsausflügler. Der Rückgang der Ausflugsgastronomie nach dem Zweiten Weltkrieg führte zu einem Funktions- und Attraktivitätsverlust des Gebietes, den der Berliner Senat trotz gezielter Gegenmaßnahmen nur zum Teil auffangen konnte.

Anziehungspunkt der Besucher ist neben der Havellandschaft und der Gastronomie das Schildhorndenkmal, das Friedrich August Stüler nach Bleistiftskizzen Friedrich Wilhelms IV. von Preußen 1845 entworfen hatte. Das Denkmal gehörte zu einer bildhauerischen Dreiergruppe, mit denen der König in den „oft todten uninteressanten Gegenden“ der Mark Brandenburg Wendepunkte der Landesgeschichte markieren wollte. Es besteht noch, ist aber weitgehend in Vergessenheit geraten. Die auch „Schildhornkreuz“ genannte Säule symbolisiert die Schildhornsage aus dem 19. Jahrhundert um den Slawenfürsten Jaxa von Köpenick, der hier 1157 im Gründungsjahr der Mark Brandenburg vor Albrecht dem Bären durch die Havel geflohen sein soll. Aus Dankbarkeit für seine Rettung habe sich Jaxa zum Christentum bekannt und seinen Schild und sein Horn an einen Baum gehängt. Seither heiße die Landzunge Schildhorn.

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Ölgemälde Schildhorndenkmal von Eduard Gaertner, 1848

Geografie und Geologie

Lage und Verkehrsanbindung

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Karte Schildhorn und Umgebung, 2008

Schildhorn und Jürgenlanke liegen im Berliner Grunewald am östlichen Havelufer zwischen dem südlichen Kuhhorn und der nördlichen DLRG-Wasserrettungsstation<ref name="DLRG-Berlin">Karte mit den Wasserrettungsstationen der Berliner Unterhavel. DLRG-Berlin</ref> Postfenn. Die Halbinsel ragt in nördlicher Richtung in die Havel, die sich hier zu einer Seenkette erweitert, hinein und läuft auf die rund 800 Meter entfernte Halbinsel Pichelswerder zu. Das gegenüberliegende westliche Havelufer mit den Spandauer Ortsteilen Gatow und Wilhelmstadt (Ortslage Weinmeisterhöhe) ist rund 600 Meter entfernt. Landeinwärts in östlicher Richtung befindet sich die Revierförsterei Saubucht und nach weiteren rund 400 Metern folgt am Schildhornweg der sogenannte Friedhof der Namenlosen, der Friedhof Grunewald-Forst. Nach weiteren rund 1,5 Kilometern schließt sich das Naturschutzgebiet Teufelsfenn mit dem Teufelssee an. Mehrere Wanderwege, darunter der Schildhornweg, führen aus dem Grunewald zur Landzunge.

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Luftbild von Schildhorn und Havel von Norden, 2008

An das Straßennetz sind die Halbinsel und die Bucht ausschließlich über die Havelchaussee angebunden, die etwas oberhalb am Hang verläuft. Von der Chaussee führen zwei Stichstraßen hinunter. Eine führt zum Yachtclub Schildhorn und die zweite, die Straße Am Schildhorn, an dem kleinen Restaurantbetrieb Schildhornbaude vorbei zu einem öffentlichen Parkplatz, der kurz vor der Halbinsel am historischen Wirtshaus Schildhorn liegt. Dessen hauseigene Anlegestelle steuern nur gelegentlich kleinere Schiffe im Ausflugsverkehr an.

Teil des Teltow

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Geologische Übersichtskarte des Teltow mit Grunewald (rot eingerahmt). Schildhorn liegt im Bereich der rot schraffierten Stauchendmoräne

Geologisch und auch kulturräumlich gehört Schildhorn zum Teltow, der nach Westen in der Havelniederung ausläuft. Die Havel trennt die weichseleiszeitliche Teltowhochfläche von der nordwestlich gelegenen Nauener Platte mit Gatow und Teilen von Wilhelmstadt. Während die Grundmoränenplatte des Teltow in weiten Teilen flachwellig ausgebildet und von Geschiebemergel bestimmt ist, dominieren im Grunewald außergewöhnlich mächtige (20 Meter und mehr) Schmelzwassersande aus der Vorstoßphase des Inlandeises. Im Bereich um Schildhorn hat das vorstoßende Eis die Sande zudem kräftig gestaucht (gestört), sodass hier ein bewegtes Relief einer Stauch-/Endmoräne das Landschaftsbild bestimmt.

Insbesondere der Nordrand des – der Schildhorn-Halbinsel benachbarten – 61 Meter hohen Dachsberges<ref>Dachsberg. Bezirkslexikon auf berlin.de</ref> weist eine mächtige Stauchung auf. Schildhorn folgt unmittelbar auf die westlichen Ausläufer des Dachsbergs, getrennt lediglich durch eine schmale Senke am Fuß der Landzunge. Gleich nach dem dort gelegenen Spielplatz steigen die Sande wieder an und bilden den für Schildhorn bestimmenden Höhenzug, der rund zehn Meter über der Wasseroberfläche der Havel liegt. Umgeben ist der Höhenzug der Halbinsel von einem flachen, zumeist nur wenige Meter breiten, Uferstreifen. Noch zum Ende des 19. Jahrhunderts überflutete Hochwasser gelegentlich die kleine vorgelagerte Senke und trennte Schildhorn vollständig vom Festland ab.<ref>Ernst Friedel: Die deutsche Kaiserstadt Berlin und ihre Umgebung, Kapitel Schildhorn. In: Ernst Friedel, Oskar Schwebel: Bilder aus der Mark Brandenburg. Verlag von Otto Spamer, Leipzig 1881, S. 188</ref>

Hydrologie und Klima

Die Jürgenlanke hat eine Wasseroberfläche von rund sechs Hektar, das Volumen liegt bei rund 120.000 m³. Die geringe Wassertiefe von durchschnittlich zwei Metern und die Funktion der Bucht als Natürlicher Vorfluter der Havel bedingt eine starke Eutrophierung. Aufgrund des fehlenden Durchflusses findet ein stark eingeschränkter Wasseraustausch statt, der bis zur Stagnation des Wassers führen kann. Den Gewässergrund bildet eine im Vergleich zu anderen Havelbereichen mächtige (zwei bis sechs Meter) Faulschlammschicht.<ref>Karl Ludwig, Falk Trillitzsch u. a.: Schildhorn/Jürgenlanke. Städtebaulich-landschaftsplanerisches Gutachten …, S. 71, 78</ref> Aufgrund ihrer geringen Tiefe, mangelnder Strömung und Sonneneinstrahlung friert die Jürgenlanke im Winter schnell zu.

Das Schildhorn und die Jürgenlanke liegen in einer gemäßigten Klimazone im Übergangsbereich vom atlantisch geprägten Klima Nord-/Westeuropas zum kontinentalen Klima Osteuropas. Das Klima entspricht dem der Berliner Stadtrandlagen. Dabei gehört das Schildhorn als Bestandteil des Grunewalds zu einer der innerstädtischen „Kälteinseln“.

Abschnitt Klima im Hauptartikel: Berlin

Schutzgebiete, Flora und Fauna, Freizeit

Landschafts- und Wasserschutzgebiet

Der erste amtliche Naturschützer Berlins, Max Hilzheimer, beantragte in den 1920er Jahren Schutzverordnungen für verschiedene Gebiete in der 1920 gegründeten Stadt Groß-Berlin, darunter das Naturschutzgebiet Schildhorn. Den Antrag für das Schildhorn setzte die Stadt nicht um. Seit 1963 ist die Halbinsel Bestandteil des 3063 Hektar umfassenden Landschaftsschutzgebietes Grunewald, das mit Verordnung vom 12. Juni 1963 gebildet wurde.<ref>Übersicht der Landschaftsschutzgebiete Senatsverwaltung für Stadtentwicklung</ref> Mit dem Flächennutzungsplan von 1978 ordnete die Stadt Berlin dem Gesamtbereich Schildhorn/Jürgenlanke den Status Öffentliche Grünfläche zu, mit der Folge, dass mit Ausnahme gastronomischer Einrichtungen Neubauten grundsätzlich nicht mehr möglich sind.<ref>Karl Ludwig, Falk Trillitzsch u. a.: Schildhorn/Jürgenlanke. Städtebaulich-landschaftsplanerisches Gutachten …, S. 49</ref> Zu den seit den 1990er-Jahren innerhalb des LSG Grunewald ausgewiesenen Natura-2000-Gebieten (FFH und SPA) zählt das Schildhorn nicht. Die Landzunge liegt im Wasserschutzgebiet des Wasserwerks Tiefwerder. Der engere Kreis um die Brunnengalerie Schildhorn ist als Wasserschutzzone I unzugänglich.

Flora und Fauna

Datei:Havel Berlin.jpg
Ostufer zur Jürgenlanke mit Schutzeinrichtung für den Röhrichtgürtel

Ein dichter und geschützter Röhrichtgürtel umgibt den Uferstreifen der Landzunge. Die Böschungen und den Höhenzug prägt zu großen Teilen ein Mischwald, dessen Baumbestand vor allem aus Waldkiefern, Eichen und, nach den Kahlschlägen im Mittelalter und nach dem Zweiten Weltkrieg, aus Pioniergehölzen wie Sandbirken, Ebereschen und Robinien besteht. In den Strauchbereichen und Ufergebüschen wachsen Wildrosen und vereinzelte Späte Traubenkirschen. Ruderalpflanzen wie Große Brennnessel, die Nachtkerzenart Oenothera speciosa oder Kahles Bruchkraut dominiert in der Krautschicht. Die Trittrasenflächen haben hohe Anteile an Weidelgras und einjährigem Rispengras.<ref>Karl Ludwig, Falk Trillitzsch u. a.: Schildhorn/Jürgenlanke. Städtebaulich-landschaftsplanerisches Gutachten …, S. 83f.</ref> Zahlreich vertreten ist stehendes und liegendes Totholz, das einer Vielzahl von Organismen Lebensraum bietet und große Bedeutung für den Artenschutz der zahlreichen Käfer hat. Einige abgestorbene und absterbende Bäume sind von Hopfen bewachsen.<ref>Carola Sailer: Gartendenkmalpflegerisches Gutachten Schildhorndenkmal, …, S. 28 und Baumbestandsplan</ref> Unmittelbar nördlich schließt sich an das Schildhorn eine Auenlandschaft an, in der sich Restbestände des einst ausgedehnten Fahlweiden-Schwarzerlen-Auenwaldes und dichte Uferweidengebüsche finden. Die Jürgenlanke weist vereinzelte See- und Teichrosenbestände auf. Aufgrund der starken Eutrophierung der oft faulig riechenden Bucht treten gelegentlich Algenblüten auf.

In den Röhrichten brüten zahlreiche Entenvögel und Rohrsänger, darunter der gefährdete<ref>Rote Liste und Liste der Brutvögel von Berlin. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung</ref> Drosselrohrsänger. Das relativ feine, meist sandige Substrat bietet einen idealen Lebensraum für die Larven der Gemeinen Keiljungfer, einer Libelle aus der Familie der Flussjungfern. Im Wald dominieren Singvögel und gelegentlich ist das Klopfen eines Buntspechts zu hören. Aus der Klasse der Reptilien sind die Blindschleiche und die Zauneidechse vertreten. Kleinsäuger sind auf dem Schildhorn heimisch, während die im Grunewald zahlreichen Wildschweine sowie Rehe und Dachse selten auf die Halbinsel gelangen.

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Strand an der Schildhornspitze
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„Spielplatz Schildhorn – Fürst Jaczo auf der Spur“

Strand und Wege

An der Spitze der Landzunge weitet sich der ansonsten schmale Uferstreifen und Schildhorn läuft mit einem rund 100 Meter langen Strandabschnitt aus. Der vielbesuchte Strand verfügt über die historische Wasserrettungsstation Schildhorn, die von der DLRG betrieben wird<ref name="DLRG-Berlin" /> und deren Steg weit in die Havel hineinführt. Die Station ist nach dem Rettungsdienst aus dem Jahr 1908, der unterhalb des Grunewaldturms rund 1,6 Kilometer südlich liegt, die zweitälteste Berliner Wasserrettungsstation. Schildhorn ist als Abstecher und „Wissenspunkt 07“ Bestandteil des gut ausgeschilderten und mit Informationstafeln versehenen Havelhöhenwegs (Abschnitt 1).<ref>Havelhöhenweg, Wegeabschnitt 1 (PDF) Stößenseebrücke–Schildhorn „Direkt am Wasser entlang“. Stadtentwicklung.berlin.de, Forsten, Havelhöhenweg. Gesamtübersicht Havelhöhenweg Havelhöhenweg. Stadtentwicklung.berlin.de, Forsten</ref> Der Wanderweg führt oberhalb der Jürgenlanke vorbei und dann hinunter in die schmale Senke am Fuß von Schildhorn. Vor dem in der Senke gelegenen Spielplatz teilt sich der Weg und umrundet die Halbinsel auf dem schmalen Uferstreifen in beide Richtungen. In der Mitte des hinteren Spielplatzbereichs führt eine Steintreppe auf den Höhenrückenweg, an dessen Ende das Schildhorndenkmal steht.

Die Spielgeräte auf dem weitläufigen Waldspielplatz sind weitgehend aus Holz geformt. Neben einigen der üblichen Spielgeräte wie Schaukel, Rutsche oder Kletternetz gibt es Holzfiguren wie ein kleines Pferd mit Pferdewagen. Mit dem Konzept des Platzes und einer kindgerechten Informationstafel unter dem Titel „Spielplatz Schildhorn – Fürst Jaczo auf der Spur“ will die Berliner Senatsverwaltung die Kinder animieren, „in die Welt des Jaczo ein sinnvollen Monumenten die oft todten uninteressanten Gegenden“<ref>Eintrag von Ludwig Persius in seinem Tagebuch am 5. November 1844; wiedergegeben nach: Gregor Geismeier: Stülers „sinnvolle Monumente“ in der Mark, in …, S. 8</ref> der Mark zu beleben. Drei Wendepunkte der Landesgeschichte sollten den abgelegenen „Sandschellen“<ref>Die Bezeichnung „Sandschellen“ geht auf Friedrich II. zurück: „Förster, warum sind die Sandschellen nicht besäet?“ (Reise durchs Rhinluch, 1779)</ref> Geschichte einhauchen und den Reisenden Anreize bieten; für alle drei Wendepunkte fertigte Friedrich Wilhelm IV. eigenhändig Bleistiftskizzen an:

  • Denkmal (Grabkapelle) für Joachim Friedrich im Grünauer Forst, zum Gedenken an den dort 1608 verstorbenen Kurfürsten (nicht erhalten, wich wahrscheinlich 1942 der Erweiterung des Bahngeländes am Bahnhof Grünau).<ref>Sehr ausführliche Darstellung von Hans E. Pappenheim: Joachim-Friedrich-Gedenkstätte, leicht veränderte Fassung.,ursprünglich in: Der Bär von Berlin. Jahrbuch 1965. Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Vereins für die Geschichte Berlins, S. 195–224..</ref>
  • Kreuz am Kremmer Damm, zur Erinnerung an die Schlachten von 1332 und 1412. Erneuerung des bereits vorhandenen Kreuzes, darunter eine Sockelinschrift zum Gedenken an den Grafen von Hohenlohe, der an dieser Stelle gefallen war.
  • Kreuz zu Schildhorn (Schildhorndenkmal), zur Gründung und Christianisierung der Mark 1157.<ref name="Geismeier">Gregor Geismeier: Stülers „sinnvolle Monumente“ in der Mark. In: …</ref>

Königliche Schildhornskizze für Stüler

Datei:Denkmal Schildhorn 1900.JPG
Schildhorndenkmal um 1900

Das Lieblingsobjekt des Königs war das Schildhornkreuz, dessen Sage „die königliche Phantasie in ihrem urchristlichen Gehalt am stärksten angeregt und zur eigenwilligsten Denkmallösung der Dreiergruppe geführt“ hat.<ref name="Geismeier" /> Schildhorn kannte Friedrich Wilhelm IV. wahrscheinlich gut. Die Landzunge lag am Havelufer des alten Jagdreviers der Hohenzollern. Gemeinsam mit seinen Brüdern, insbesondere mit Prinz Carl, hatte der König die Jagdtradition im Grunewald, beziehungsweise im damaligen Spandauer Forst, und im Jagdschloss Grunewald wiederbelebt.<ref>Regina Hanemann, Jürgen Julier: Zur Baugeschichte des Jagdschlosses Grunewald II. Von 1708 bis zur Gegenwart. In: Staatliche Schlösser und Gärten Berlin (Hrsg.): 450 Jahre Jagdschloss Grunewald 1542–1992, Teil I. Aufsätze, S. 57–81 (keine ISBN), S. 63, 66</ref>

1841 bestellte der König beim Schinkel-Schüler Stüler Entwurfszeichnungen für ein zu errichtendes „Monument auf dem Schildhorn bei Spandau“. Der preußische Hofbaurat Stüler überreichte seine Entwürfe 1843 und im April 1844 dem königlichen Kabinettsrat Karl Albrecht Alexander von Uhden. Die Entwürfe fanden nicht den Beifall des Königs. Stüler sah für die Spitze des Denkmals einen Greifen, das Pommersche Wappentier, vor, während sich der König nach Mitteilung Uhdens „auf der Säule nicht den Greif vordersten Spitze […] ein grauschwarzes, wunderliches Bildwerk […], das halb an Telegraphenpfosten, halb an Fabrikschornsteine mahnt […]. Es wäre ausreichend gewesen, auf hoher griechischer Säule einen Schild aufzurichten und diesen Schild mit einem Kreuz von mäßiger Größe zu krönen. Das würde … «den Sieg des Kreuzes über das Heidentum» […] in aller Klarheit dargestellt haben. Archäologischer Übereifer […] hat seinen Sieg auf Kosten des guten Geschmacks gefeiert. Man hat den Stamm einer alten knorrigen Eiche in Sandstein nachgebildet und dadurch eine ohnehin schwer verständliche Figur geschaffen; der inmitten des Stammes aufgehängte Schild aber, der wie eine Scheibe an einem Pfosten klebt, schafft, aus der Ferne gesehen, vollends eine durchaus unklare und räthselhafte Figur.“

Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Teil 1, Anhang<ref>Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Teil 1. Die Grafschaft Ruppin., Anhang Das Schildhorn bei Spandau. Nymphenburger Verlagshandlung, München 1971, Frankfurt/M., Berlin, Seiten 529–533, ISBN 3-485-00291-7. Fontane besuchte das Schildhorn am 28. April 1860. Erstveröffentlichung des Schildhorn-Aufsatzes im Morgenblatt für gebildete Leser Nr. 34 vom 19. August 1860. (Gotthard Erler, Rudolf Mingau (Hrsg.): Wanderungen durch die Mark Brandenburg in 8 Bänden. Aufbau Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-351-03104-1 (Teil der Großen Brandenburger Ausgabe), Band 6, S. 591, Anmerkungen von Gotthard Erler.)</ref>

Gregor Geismeier hingegen kritisierte 1999 wiederum Fontanes Ausführungen, da dem Schriftsteller der Mark unter anderem die historischen Bezüge zum Trierer Marktkreuz und zur Stiftskirche Wechselburg entgangen seien. Verglichen mit der späteren Monumentalbildhauerei, die ihren Höhepunkt in der Siegesallee Kaiser Wilhelms II. erreichte, sei das Schildhorndenkmal von eigenwilliger und schöpferischer Phantasie geprägt und „ein originelles Seitenstück zur regen Diskussion um die vaterländische Frühgeschichte“ in der damaligen Zeit.<ref name="Geismeier" /> Die Kunstkritikerin Eva Börsch-Supan wiederum vermisst die Geschmeidigkeit und den Trotz Stülers, dem „geistreichen königlichen Dilettanten“ entschieden entgegenzutreten. Dann wäre manches königliche Monument ein Projekt geblieben.<ref>Eva Börsch-Supan: Berliner Baukunst nach Schinkel, 1840–1870. Prestel-Verlag, München 1977, ISBN 3-7913-0050-4, S. 697ff.</ref>

Politische Vereinnahmung

Während das Dritte Reich den Gründer der Mark und Gegenspieler Jaxas, Albrecht den Bären, zumindest gelegentlich für seine Ideologie vereinnahmt hatte<ref>Lutz Partenheimer: Albrecht der Bär. 2. Auflage, Böhlau Verlag, Köln 2003, ISBN 3-412-16302-3, S. 8</ref>, liegen für eine Instrumentalisierung Schildhorns durch nationalsozialistische Propaganda keine Belege vor. Zwar markierte Schildhorn Friedrich Wilhelms IV. „Wendepunkt der Landesgeschichte“, doch stand im Schildhornkreuz die Christianisierung der Mark im Vordergrund, zudem in der Heldenperson eines slawischen Fürsten, eines Untermenschen aus Sicht der Nationalsozialisten. Auch der Beitrag Pappenheims in der Spandauer Zeitung vom 13. Juli 1935 zum 90-jährigen Denkmaljubiläum enthält keine nationalistischen Inhalte und auch keine vaterländischen Glorifizierungen, während Loblieder auf den Deutschen Frauenarbeitsdienst oder die Jugend im neuen Reich das redaktionelle Umfeld des Artikels füllen.<ref name="Pappenheim" />

Um Schildhorn blieb es in dieser Zeit so ruhig, dass sich hier noch 1943 Juden verstecken konnten. Die Autorin Inge Deutschkron beschrieb 2007 in einem Festvortrag der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, wie sie sich in das Bootshaus in Schildhorn rettete. Das Bootshaus hatten Freunde der Autorin 1933 erworben, um „in ihrem Ruderboot auf der Havel zu fahren, ohne dass ihre politischen Gespräche belauscht werden konnten.“<ref>Inge Deutschkron: Endspurt. (PDF; S. 5) Festvortrag am 19. Juli 2007 in der St. Matthäuskirche. Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin</ref>

Literatur

Ausführliche Literaturangaben zur Sage im Hauptartikel Schildhornsage

Natur, Etymologie, Geschichte, Architektur

  • Eberhard Bohm: Die letzten 150 Jahre des hevellischen Alt-Spandau. In: Wolfgang Ribbe (Hrsg.): Slawenburg, Landesfestung, Industriezentrum. Untersuchungen zur Geschichte von Stadt und Bezirk Spandau. Colloqium-Verlag, Berlin 1983, ISBN 3-7678-0593-6, S. 36–55.
  • Karl Ludwig, Falk Trillitzsch u. a.: Schildhorn / Jürgenlanke. Städtebaulich-landschaftsplanerisches Gutachten zur Erlangung von Nutzungskonzeptionen für den Bereich Schildhorn / Jürgenlanke in Berlin (West). Auftraggeber: Der Senator für Bau- und Wohnungswesen, Berlin 1980
  • Kurt Pomplun: Schildhorn – „Lieblingsziel der Berliner Sonntagsausflügler“. In: Kurt Pomplun: Von Häusern und Menschen. Berliner Geschichten. 2. Auflage. Verlag Bruno Hessling, Berlin 1976, S. 55–59
  • Carola Sailer: Gartendenkmalpflegerisches Gutachten Schildhorndenkmal, Berlin-Wilmersdorf. Auftraggeber: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Abt. III – Gartendenkmalpflege. Auftragnehmer: HORTEC – Garten- und Landschaftsplanung GbR, Berlin 1989.
  • Gerhard Schlimpert: Brandenburgisches Namenbuch, Teil 3, Die Ortsnamen des Teltow . Hermann Böhlaus Nachf., Weimar 1972, S. 244f.

Denkmal

Weblinks

Commons Commons: Schildhorn – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

<references />

24px Dieser Artikel wurde am 9. November 2008 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen.

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