Sophienschatz


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Als Sophienschatz wird eine Sammlung von Schmuckstücken, die als Grabbeigaben aus der Dresdner Sophienkirche in mehreren Etappen geborgen wurden, bezeichnet. Er ist damit nicht ein Schatz im engeren Sinne. Die Sammlung befindet sich heute, seit 1977 allerdings nicht mehr vollständig, im Stadtmuseum Dresden.

Geschichte

Im Zusammenhang mit Plänen zur Erneuerung des Chorgestühls sowie der Erneuerung der Zentralheizung begannen ab 1909 Bauarbeiten in der Sophienkirche. Dabei entdeckte man nicht nur die in mehreren Schichten übereinanderliegenden Grabkammern, sondern musste feststellen, dass diese zum damaligen Zeitpunkt bereits sehr stark zerstört waren.<ref name="Stimmel">Folke Stimmel u. a.: Stadtlexikon Dresden A–Z. Verlag der Kunst Dresden und Basel, 1994, ISBN 3-364-00300-9, S. 392</ref> Daraus ergaben sich erhebliche Schwierigkeiten bei der Bauausführung im Bereich der geöffneten Grüfte, deren Zustand schließlich dazu führte, dass einerseits ab 1910 die Kirche unter der Bauleitung von Stadtbaurat Hans Erlwein komplett im Inneren saniert, aber für diese innere Sanierung andererseits diese rund 60 zum Teil offenen Grabkammern im Kirchraum geleert und anschließend verfüllt werden mussten.<ref>Näheres dazu im Hauptartikel Sophienkirche.</ref>

Die in diesen Grüften gefundenen Grabbeigaben wurden vom Rat der Stadt Dresden konfisziert und, soweit sie damals nicht an Privatpersonen veräußert wurden, dem damals noch im Neuen Rathaus befindlichen Stadtmuseum Dresden übergeben.<ref name="Stimmel" /> Diese damals konfiszierten und nicht veräußerten Schmuckstücke von 1910 bildeten zunächst einen ersten Grundstock für den später so bezeichneten Sophienschatz.

Datei:Schmuck Sophienkirche Dresden.jpg
Anhänger mit Kurhut und Totenkopf aus dem Jahr 1687

Weitere Grüfte der Sophienkirche, vor allem im südlichen Teil, die bei den Arbeiten 1910 auch nicht verfüllt wurden, wurden nach dem Abbruch der Kirchruine ab dem 12. Oktober 1964 bei den Aushubarbeiten für die Großgaststätte Am Zwinger zerstört. Erst nach viertägigen Aushubarbeiten, bei denen diese und ihr Inhalt ohne Ansehen des historischen Wertes oder Rücksicht auf die bestatteten Toten beseitigt wurden, konnte durch das Landesamt für Denkmalpflege „das Wüten … unterbrochen werden“. Unter Leitung des stadtgeschichtlichen Museums wurden aus den noch vorhandenen etwa 70 Grabkammern Grabbeigaben, wie Münzen, Ringe, Gefäße, vergoldete Lorbeerblätter und Kruzifixe geborgen.<ref>Matthias Lerm: Abschied vom alten Dresden. Verluste historischer Bausubstanz nach 1945. 2., leicht überarbeitete Auflage, Hinstorff Verlag Rostock, 2001, ISBN 3-356-00876-5, S. 238.</ref> Sie wurden bei der Wiedereröffnung des Stadtmuseums 1966 ausgestellt.

Die weiteren, bis dahin unversehrt erhaltenen Grüfte wurden 1966/67 bei der Verlegung eines Versorgungskabels zum Kulturpalast in Mitleidenschaft gezogen. Das Fundprotokoll der wiederum durch das Stadtmuseum durchgeführten Ausgrabungen verzeichnet zahlreiche Ringe, Gold- und Silberschmuck sowie zwei Kruzifixe.<ref>Matthias Lerm: Abschied vom alten Dresden. Verluste historischer Bausubstanz nach 1945. 2., leicht überarbeitete Auflage, Hinstorff Verlag Rostock, 2001, ISBN 3-356-00876-5, S. 239. Nach Angaben von Lerm sind es die Objekte, die dann auch von dem Kunstraub 1977 betroffen waren.</ref>

In der Gesamtheit bildet die Sammlung der geborgenen Grabbeigaben von 1910, 1964 und 1966/67 aus der Sophienkirche den Sophienschatz, zu dem nunmehr insgesamt 56 goldene Grabbeigaben, 100 Ringe aus purem Gold, dutzende Armbänder und Ketten aus Gold und Emaille sowie acht goldene Ordensketten gezählt werden.<ref>Nach Angaben von Birgit Tanner, Carsten Gutschmidt: Geheimakte Sophienschatz </ref>

Kunstraub 1977

Am 20. September 1977 raubten Unbekannte in einem der spektakulärsten Kunstraube, die es auf dem Gebiet der DDR gab, 57 Schmuckgegenstände aus dem Stadtmuseum Dresden, darunter zahlreiche Schmuckstücke aus dem Sophienschatz. Dieser Raub war deshalb so spektakulär, weil er während der Öffnungszeiten des Museums stattfand und auch trotz der Kameraüberwachung im Museum selbst stattfinden konnte. Insgesamt wurden 12 Verdächtige ermittelt, über 3600 Vernehmungen durchgeführt, und, ungewöhnlich für die damalige Zeit in der DDR, auch die Bevölkerung zur Mithilfe aufgefordert, wodurch dieser Kunstraub auch in der Öffentlichkeit bekannt wurde.<ref name="3sat"> Dokumentation von 3sat</ref>

Zur Aufklärung des Raubes fertigte u. a. der Phantombild- und Fahndungszeichner Karl-Heinz Sobierajski gemeinsam mit dem Grafiker Martin Hänsch gerade von den Gegenständen, von denen keine oder nur schlechte Fotos vorhanden waren, genaue Zeichnungen an, die gemeinsam mit den Fotos zu einem Fahndungskatalog zusammengestellt wurden. Diese Arbeit – und der Katalog selbst – bildete die Grundlage, dass 23 Jahre später große Teile der geraubten Gegenstände in Oslo identifiziert werden konnten.<ref>Private Homepage von Karl-Heinz Sobierajski, zuletzt abgerufen am 8. Oktober 2011</ref>

1986 fand man einen ersten Teil einer Kette, dies allerdings eher durch Zufall.

Weitere Objekte tauchten 1999 bei einem Kunsthändler in Oslo auf. 38 Schmuckstücke konnten anhand des Kataloges von Sobierajski und Hänsch identifiziert und durch die norwegische Polizei zunächst sichergestellt werden. Trotz intensiver Bemühungen der norwegischen Polizei konnte der Weg vom Stadtmuseum Dresden bis in den norwegischen Kunsthandel nur teilweise zurückverfolgt werden. Diese 38 Schmuckstücke wurden nach schwierigen Verhandlungen 2005 schließlich durch die Stadt Dresden für das Museum zurückerworben, da dem Besitzer der bösgläubige Erwerb nicht nachgewiesen werden konnte. Über den Kaufpreis bewahren beide Seiten Stillschweigen.

Ein weiterer Anhänger einer Kette wurde 2002 in Hannover identifiziert und 2006 an das Museum zurückgegeben. Somit sind aktuell 40 Stücke des geraubten Teiles des Sophienschatzes wieder im Besitz des Stadtmuseums, 17 Objekte sind allerdings weiterhin verschollen.

Zu den Hintergründen des Kunstraubes besteht, so eine Ausstrahlung von Terra X: Geheimakte Sophienschatz, u. a. die Vermutung, dass die Staatssicherheit der DDR unmittelbar daran beteiligt gewesen sei:

„Erst im Sommer 2008 liefern ZDF-Recherchen den letzten Puzzlestein. Ein Regierungs-Insider aus dem Umfeld des DDR-Kunsthandels sagt aus, der Auftrag zum Schatzraub sei aus dem Regierungsapparat gekommen, und zwar direkt aus dem Büro von Stasi-Chef Mielke.“<ref> Zitiert aus: Dokumentation von 3sat</ref>

Die Täter und Hintermänner dieses Raubes sind bis heute nicht gefasst, der Sophienschatz noch immer unvollständig: So fehlt z. B. noch immer die 1,3 Kilogramm schwere und aus Gold bestehende Königskette.<ref name = "3sat" />

Weblinks

Einzelnachweise

<references/>