Speziesismus


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Speziesismus (aus Spezies und -ismus) bezeichnet die moralische Diskriminierung von Individuen ausschließlich aufgrund ihrer Artzugehörigkeit. Dies schließt ein, dass das Leben oder das Leid eines Lebewesens nicht oder weniger stark berücksichtigt wird, weil er oder sie nicht einer bestimmten Spezies, wie etwa der Spezies Homo Sapiens, angehört. Der Begriff wurde erstmals 1970 von dem britischen Psychologen Richard Ryder verwendet,<ref>Richard D. Ryder: Speciesism Again: The original leaflet. In: Critical Society. 1, Nr. 2, 2010, S. 1-2.</ref> um einen aus dem Anthropozentrismus abgeleiteten Art- oder Speziesegoismus oder ‑zentrismus auszudrücken.

Er hat als theoretische Konzeption insbesondere in einen Teil der Tierbefreiungsbewegung und in die Tierethik Eingang gefunden. Auch im naturwissenschaftlichen Bereich findet der Begriff vereinzelt Verwendung. Beispielsweise beruft sich der Evolutionsbiologe Richard Dawkins auf das Konzept.<ref> R. Dawkins: Gaps in the mind. In: The Great Ape Project. Herausgegeben von Paola Cavalieri und Peter Singer. Fourth Estate 1993.</ref> Es wird davon ausgegangen, dass die Unterteilung in Spezies ein soziales Konstrukt sei. Dabei wird Speziesismus als Unterdrückungsform mit Parallelen zum Rassismus oder Sexismus unter Menschen gesehen. Die ausgesprochenen Gegner des Speziesismus bezeichnen sich selbst als Antispeziesisten.

Einführung

Die Kategorisierung der Lebewesen in Arten erfolgt nach Ansicht der Antispeziesisten durch willkürliche Kriterien (vgl. Personale Kategorisierung). Dazu gehöre insbesondere die Abgrenzung des Menschen vom restlichen Tierreich. Vor allem der Mensch-Tier-Dualismus, welcher dem „Menschen“ alle anderen „Tiere“ gegenüberstellt und eine unüberwindbare Kluft zwischen diesen beiden Polen proklamiert, wird als Konstrukt, das die Ausbeutung von Tieren legitimiert, angegriffen. Um zu betonen, dass der Mensch auch eine tierische Spezies ist, wird in Abgrenzung häufig der Ausdruck nichtmenschliche Tiere verwendet.

Als eine Konsequenz der Ablehnung des Speziesismus wird der Veganismus betrachtet.

Benutzt wird der Begriff meist von Anhängern der Tierrechts- oder Tierbefreiungsbewegung, vor allem, um den Umgang der Gesellschaft mit sog. „Nutztieren“ zu kritisieren, aber auch, um etwa Tierschützern vorzuwerfen, dass sie einige Tierarten bevorzugt behandelten und andere Arten für Nahrungs- und Materialgewinnung ausbeuteten (kulturell bedingt ist beispielsweise die Tötung und der Verzehr von Schweinen und Rindern in der westlichen Welt weitgehend akzeptiert. Das Töten von Hunden und Katzen und der Verzehr von Katzen- oder Hundefleisch wird jedoch abgelehnt und für illegal erklärt).

Definition nach Peter Singer

Kern des Gleichheitsprinzips ist dem australischen Philosophen Peter Singer zufolge, „daß wir in unseren moralischen Überlegungen den ähnlichen Interessen all derer, die von unseren Handlungen betroffen sind, gleiches Gewicht geben“.<ref>Peter Singer: Praktische Ethik. Reclam, Stuttgart 1994, S. 39.</ref> Gleichheit versteht Singer nicht als deskriptive Gleichheit von Zuständen, sondern als präskriptive Norm zur gegenseitigen Behandlung. Dieses Gleichheitsprinzip dürfen wir nach Singer nun aber nicht auf den Umgang mit unseren Mitmenschen beschränken. Vielmehr betont er, „daß wir, wenn wir das Prinzip der Gleichheit als eine vernünftige moralische Basis für unsere Beziehungen zu den Mitgliedern unserer Gattung akzeptiert haben, auch verpflichtet sind, es als eine vernünftige moralische Basis für unsere Beziehungen zu denen außerhalb unserer Gattung anzuerkennen.“<ref>Peter Singer: Praktische Ethik. Reclam, Stuttgart 1994, S. 82.</ref> So wenig wir berechtigt seien, die vorhandenen Interessen von Wesen deshalb geringer zu schätzen, weil sie zu einer anderen Rasse oder zu einem anderen Geschlecht gehören, so wenig seien wir berechtigt, die vorhandenen Interessen von Wesen deshalb geringer zu schätzen, weil sie zu einer anderen biologischen Gattung gehören.<ref>Peter Singer: Praktische Ethik. Reclam, Stuttgart 1994, S. 83.</ref>

Rassismus und Sexismus sind nach Singer Verstöße gegen das Gleichheitsprinzip, weil Rassisten und Sexisten die Interessen bestimmter Menschen einfach deshalb weniger ernst nehmen, weil diese zu einer anderen Rasse oder zum anderen Geschlecht gehören. In Analogie zu Rassismus und Sexismus spricht Singer von Speziesismus <ref>Peter Singer: Animal Liberation. Die Befreiung der Tiere. Rowohlt, Reinbek 1996, S. 58.</ref> – wenn Lebewesen nicht aufgrund ihrer Rassen- oder Geschlechtszugehörigkeit diskriminiert werden, sondern aufgrund ihrer Artzugehörigkeit, also aufgrund der biologischen Spezies, der sie angehören:

„Speziesismus […] ist ein Vorurteil oder eine Haltung der Voreingenommenheit zugunsten der Interessen der Mitglieder der eigenen Spezies und gegen die Interessen der Mitglieder anderer Spezies.“

Peter Singer<ref>Peter Singer: Animal Liberation. Die Befreiung der Tiere. Rowohlt, Reinbek 1996, S. 35.</ref>

Begriff in der antispeziesistischen Linken/Tierbefreiungsbewegung

Für die politische Tierbefreiungsbewegung ist Speziesismus jene Ideologie, durch welche "die Ausbeutung der Tiere in der menschlichen Gesellschaft ideologisch gerechtfertigt und verschleiert" wird.<ref>Matthias Rude: Antispeziesismus. Die Befreiung von Mensch und Tier in der Tierrechtsbewegung und der Linken. Schmetterling-Verlag, Stuttgart 2013, S. 12.</ref> Matthias Rude, Autor des Buches Antispeziesismus. Die Befreiung von Mensch und Tier in der Tierrechtsbewegung und der Linken, schreibt, obwohl die Entwicklung der Produktivkräfte "inzwischen einen Stand erreicht hat, der es ohne Weiteres ermöglichen würde, auf die traditionell in der westlichen Kultur verankerte Tierausbeutung und das damit verbundene Leid zu verzichten, wird sie fortgesetzt. Gerechtfertigt wird das obsolet gewordene Ausbeutungsverhältnis mit speziesistischer Ideologie."<ref>Ebd., S. 14.</ref>

Die politische Tierbefreiungsbewegung verwirft moralphilosophische Ansichten wie jene Singers als „metaphysisch“<ref>So Marco Maurizi im Interview mit der Tierrechtsgruppe Zürich (PDF; 319 kB).</ref> und fordert stattdessen eine historisch-materialistische Betrachtung des Mensch-Tier-Verhältnisses, die unvereinbar sei mit moralphilosophischen Ansätzen, die davon ausgehen, es handle sich beim Speziesismus um ein moralisches Vorurteil, welches bestimmte Handlungen hervorbringe. Das Gegenteil sei der Fall: "Wir beuten Tiere nicht aus, weil wir sie für niedriger halten, sondern wir halten Tiere für niedriger, weil wir sie ausbeuten."<ref>Ebd.</ref>

Statt auf moderne Autoren wie Singer oder Kaplan greift die politische Tierbefreiungsbewegung auf genuin linke Theorietraditionen zurück; hier ist vor allem die Kritische Theorie zu nennen,<ref>Für eine kurze Darstellung: Susann Witt-Stahl (Tierrechts Aktion Nord): Die Frankfurter Schule: Solidarität mit den quälbaren Körpern</ref> aber auch etwa auf Leonard Nelson und den Internationalen Sozialistischen Kampfbund<ref>Susann Witt-Stahl (Tierrechts Aktion Nord): Leonard Nelson: Gerechtigkeit für die Allerwehrlosesten!</ref> oder auf Rosa Luxemburg<ref>Matthias Rude (Antispeziesistische Aktion Tübingen): Leiderfahrung und Solidarität: Die Tiere Rosa Luxemburgs (Artikel in der Wochenendausgabe der sozialistischen Tageszeitung "Neues Deutschland", 21./22. Mai 2011; PDF; 213 kB)</ref> wird Bezug genommen.<ref>Vgl. auch das Buch von Matthias Rude, in dem linken Traditionslinien des Kampfes gegen Tierausbeutung vom 17. Jahrhundert bis heute nachgegangen wird.</ref>

2007 erschien mit dem von Susann Witt-Stahl herausgegebenen Buch Das steinerne Herz der Unendlichkeit erweichen (siehe „Literatur“) eine Aufsatzsammlung mit Beiträgen „zu einer kritischen Theorie für die Befreiung der Tiere“ von Autoren wie etwa Moshe Zuckermann und Colin Goldner.

2013 erschien in der theorie.org-Reihe des Stuttgarter Schmetterling-Verlags das Buch Antispeziesismus. Die Befreiung von Mensch und Tier in der Tierrechtsbewegung und der Linken von Matthias Rude, in dem erstmals die genuin linke Tradition des Kampfes gegen die Ausbeutung von Tieren historisch erschlossen wird. In der Hinführung heißt es: "Kaum eine andere emanzipatorische Forderung verhallte im Gang der Geschichte immer wieder derart ungehört wie der Ruf nach der Befreiung der Tiere. So gab es selbst in den Kreisen der sozialen Protestbewegungen und der linken Subkultur, aus denen heraus sich im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts erneut eine Tierbefreiungsbewegung zu formieren begann, nur mehr ein schwaches Bewusstsein darüber, dass zur Thematik bereits eine weit zurückreichende, genuin linke theoretische – und auch praktische – Tradition existierte. Dass die Solidarität mit Arbeitstieren als ebenfalls Ausgebeutete, dass der Verzicht auf Lebensmittel und Rohstoffe, die durch sie oder aus ihren Körpern hergestellt werden, als bewusste Zurückweisung des Status von Tieren als Produktionsmittel und Ware bereits seit den Anfängen der Entwicklung kapitalistischer Gesellschaftsformen als integrales Element revolutionärer Theorie und Praxis fungieren konnte, ist weitgehend unbekannt. Ebenso unbekannt ist, dass zahlreiche Verbindungen und Wechselwirkungen zwischen der ersten Tierrechtsbewegung und etwa der Arbeiter-, Frauen- und Friedensbewegung bestanden, sowie dass es Thematisierungen des Ausbeutungsverhältnisses gegenüber den Tieren im klassischen linken Literaturkanon gibt, auf welche die moderne Bewegung sich zum Zweck ihrer Theoriebildung reflexiv beziehen kann. Das alles wird erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit thematisiert und ist noch lange nicht historisch aufgearbeitet. Die sich momentan bildende Tierbefreiungsbewegung muss aber als geistige Erbin früherer Bewegungen betrachtet werden, auf deren Wirken sie teils unbewusst, teils bewusst aufbaut; für die derzeitigen Bestrebungen, dieser Befreiungsbewegung ein theoretisches Fundament zu geben, und um überhaupt eine kritische Theorie der Gesellschaft zu entwickeln, in welcher die Tiere nicht außen vor gelassen werden, ist die Erforschung jener Vergangenheit also unerlässlich. In einem Streifzug durch die Geschichte modernen emanzipatorischen Denkens werden deshalb hier einige Schlaglichter auf diese Tradition geworfen – um sie aus ihrem Schattendasein zu holen, und um schon einmal gemachte Ansätze zur theoretischen Begründung einer Bewegung zur Befreiung von Mensch und Tier heutigem kritischen Denken zugänglich zu machen und sie zur Diskussion zu stellen."<ref>Matthias Rude: Antispeziesismus. Die Befreiung von Mensch und Tier in der Tierrechtsbewegung und der Linken. Schmetterling-Verlag, Stuttgart 2013, S. 10f.</ref> Die Grundthese des Autors lautet: "Das Streben nach der Befreiung der Tiere und der Wunsch, die Menschheit zu emanzipieren, verfolgen gar keine unterschiedlichen Ziele oder Interessen; sie lassen sich nicht gegeneinander ausspielen, im Gegenteil gilt: Tierbefreiung ist Voraussetzung und Resultat der Emanzipation des Menschen."<ref>Ebd., S. 15</ref>

Die politische Tierbefreiungsbewegung sieht sich als soziale Bewegung innerhalb der Linken, die fordert, das traditionelle linke Solidaritätskonzept um den Komplex umfassender Leiderfahrung zu erweitern: Die Solidarität mit den Tieren solle endlich integrales Element sozialistischer Programmatik und Praxis werden. Die Bewegung kämpft also gegen Tierausbeutung, ohne dabei die Befreiung der Menschen aus dem Auge zu verlieren, und übt damit eine umfassende „Solidarität mit den quälbaren Körpern“ (Theodor W. Adorno). Adorno bezeichnete den kapitalistischen Gesellschaftsbau 1963 als eine große "Aktiengesellschaft zur Ausbeutung der Natur", Max Horkheimer sprach 1934 von einem "Haus, dessen Keller ein Schlachthof" ist. In seiner Rezension des Buches "Antispeziesismus" von Matthias Rude schreibt Christian Stache: "Die Kritik des Speziesismus und der politische Kampf für die Befreiung der Tiere aus ihrem Joch im Keller unseres Gesellschaftsbaus ist der Kern des antispeziesistischen Projekts."<ref>Christian Stache: "Für die Befreiung von Mensch und Tier"</ref>

Speziesismus und Sprache

Ähnlich den feministischen Versuchen, eine nicht-sexistische Sprache etwa unter Verzicht auf generische Maskulina zu etablieren, verweisen manche Antispeziesisten darauf, dass die allgemeine Sprache speziesistisch sei, und propagieren einen nicht-speziesistischen Sprachgebrauch.

Als Beispiel speziesistischer Sprache wird etwa die Abwertung von Tieren im Zuge der Beschimpfung anderer Menschen als „dumme Kuh“, „blöde Ziege“, oder „faule Sau“ angeführt oder die Tatsache, dass etwas als „affig“ bezeichnet wird. Zudem wird kritisiert, dass auch dort, wo sich Menschen nicht von den übrigen Tieren unterscheiden, also sachlich die gleichen Vorgänge oder Zustände vorlägen, sprachliche Unterschiede gemacht werden, wenn etwa von „essen“ versus „fressen“, „sterben“ versus „verenden“ oder „gebären“ versus „werfen“ die Rede sei.<ref>http://www.animal-rights.de/bibliothek/allgemeines/walden-woerterbuch.shtml Aus dem Wörterbuch des Untiers. Eine Betrachtung von Sina Walden.</ref> Auch das Einschreiben des Nutzens für den Menschen in Begriffen wie „Nutztiere“, „Legehennen“ oder „Haustiere“ wird als speziesistisch bezeichnet.

Zu den Forderungen im Zuge eines antispeziesistischen Sprachgebrauchs zählt die Verwendung des Begriffs „nichtmenschliche Tiere“, um zu betonen, dass der Mensch auch eines von vielen Tieren sei.<ref>Joan Dunayer: Animal Equality. Language and Liberation. Derwood, Maryland 2001. Ryce Publishing.</ref> In diesem Sinne kritisiert auch der Philosoph Jacques Derrida die verallgemeinernde Verwendung des Tierbegriffs im Singular. Durch die Rede von „dem Tier“ als Gegenüberstellung zum Menschen werde die Vielfalt tierischen Lebens verdeckt, da eine Spezies „Tier“ nicht existiere.<ref>Vgl. Jacques Derrida: The Animal That Therefore I Am (Originaltitel L’Animal que donc je suis). New York 2008. Seite 31.</ref> Erica Fudge erkennt zwar Derridas Hinweis auf das homogenisierende Potential in dem Begriff „Tier“ an, schlägt aber dennoch eine Verteidigung vor. Der Begriff von „dem Tier“ könne Menschen dazu zwingen, die Gewalt gegenüber manchen und Zuneigung gegenüber anderen Wesen, die alle unter denselben Begriff „Tier“ fallen, als willkürlich und widersprüchlich zu erkennen.<ref>Schlusswort in Erica Fudge: Animal. Reaktion Books, 2. Oktober 2004, ISBN 1861891342.</ref>

Zuweilen wird auch kritisiert, dem Begriff „tierisch“ hafte eine abwertende Konnotation an. Aus diesem Grunde soll stattdessen die Bezeichnung „tierlich“ verwendet werden. <ref>Chimaira Arbeitskreis: Eine Einführung in Gesellschaftliche Mensch-Tier-Verhältnisse und Human-Animal Studies. In: Chimaira – Arbeitskreis für Human-Animal Studies (Hg.): Human-Animal Studies. Über die gesellschaftliche Natur von Mensch.Tier-Verhältnissen. Bielefeld 2011. S. 7-42. S. 33.</ref>

Kontroversen

Speziesismus unter Tieren und in Jäger- und Sammler-Gesellschaften

Der Vorwurf des Speziesismus wird nur gegen Menschen erhoben. Anderen Tieren, die sich omnivor ernähren, wird nicht vorgeworfen, speziesistisch zu handeln. Es ist nicht möglich, einem Hai oder Löwen die karnivore Ernährungsweise vorzuhalten. Daher wird dem Konzept des Speziesismus häufig der Vorwurf einer Doppelmoral gemacht: Menschen sollen einerseits Rechte von Tieren nicht verletzen, einige andere Tierarten werden andererseits als Raubtiere gemeinhin geduldet.

Tom Regan führt hiergegen eine Unterscheidung zwischen moralisch Handelnden (Moral Agents) und moralisch Behandelten (Moral Patients) an.<ref>Regan: The Case for Animal Rights</ref> Leonard Nelson argumentierte in seinen ethischen Überlegungen mit einer ähnlichen Aufteilung. Er unterschied Subjekte von Rechten und Subjekte von Pflichten. Um ein Subjekt von Rechten zu sein, genüge es laut Nelson, Interessen zu besitzen. Subjekte von Pflichten könnten dagegen nur vernünftige Wesen sein, die über das notwendige Bewusstsein verfügen. So könne ein Lebewesen ein Subjekt von Rechten sein, ohne gleichzeitig auch ein Subjekt von Pflichten sein zu müssen.<ref>Leonard Nelson: Vorlesungen über die Grundlagen der Ethik. Zweiter Band. System der philosophischen Ethik und Pädagogik. Göttingen-Hamburg: Verlag Öffentl. Leben, 1949. S. 117/118</ref>

Peter Singer argumentiert, dass im Unterschied zu vielen Tieren die meisten Menschen ihre Ernährung hinreichend frei wählen und oft tierisches Leid vermeiden könnten. Ob oder wie eventuelle Tierrechtsverletzungen unter Tieren einen Eingriff erfordern, ist unter vielen Tierrechtlern eine offene Frage, die im Allgemeinen (intuitiv) verneint wird.

Der linke Antispeziesismus betont, wenn er historisch-materialistisch argumentiert, dass Speziesismus eine Ideologie bezeichnet, die kennzeichnend für eine bestimmte Phase der bürgerlichen Gesellschaft ist und nicht auf frühere Zeiten zurück- oder in andere Gesellschaftsformen hineinprojiziert werden sollte. Was wir heute unter speziesistischer Ideologie verstehen, sei erst mit der bürgerlichen Aufklärung entstanden und setze bestimmte mit ihr verbundene Ideen wie etwa die der Freiheit des Individuums voraus. Indigene Jäger-und-Sammler-Kulturen sowie Tiere könnten deshalb nicht des Speziesismus bezichtigt werden.<ref>„In Jäger-und-Sammler-Gesellschaften gibt es keinen Speziesismus, wie wir ihn kennen.“ - Ein Gespenst geht um: Das Gespenst des Antispeziesismus, Antispeziesistische Aktion Tübingen 2010.</ref>

Kritik an der Gleichsetzung mit anderen -ismen

Der Theologe Ulrich H. J. Körtner<ref>http://www.univie.ac.at/zoologie/TheoretBio/Ehrfurcht.doc</ref> argumentiert, eine ethische Gleichsetzung des Speziesismus mit Rassismus oder anderen Chauvinismen sei grundsätzlich falsch, weil der Mensch sich durch moralische Einsicht von nichtmenschlichen Tieren auszeichne. Die Verantwortung für den Mitmenschen entspringe dieser Tatsache. Man könne den Speziesismus mit dem Argument der Gleichbehandlung analog beliebig ausweiten, da sich keine feste Grenze zwischen belebter und unbelebter Natur aufzeichnen ließe. Es werde verständlich, dass eine Ethik somit auf mehr als formalen, utilitaristischen Prinzipien (gleiche Berücksichtigung von Interessen) fußen müsse, um überhaupt bedeutend sein zu können.

Dass diese Auszeichnung des Menschen tatsächlich eine anthropologische Universalie sei, wird bestritten. Eine (nicht notwendigerweise antispeziesistische) Gruppe von Anthropologen vertritt die Ansicht, dass Grenzkriterien zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Tieren entweder nicht anthropologisch universal gelten oder zumindest für einige nichtmenschliche Tiere auch griffen.

Ferner wird eingewandt, dass eine gleiche Berücksichtigung von Interessen keineswegs eine Gleichheit von Interessen impliziert: Gegenständen und Pflanzen werden keine Interessen im Sinne von Wohlbefinden zugesprochen, da ihnen entsprechende Wahrnehmungsorgane und Bewusstsein fehlen. Die Frage, inwiefern Tiere elementare Bewusstseinseigenschaften haben, ist umstritten.<ref>Vgl. Dazu Sonderausgabe des Journal of Ethics: Animal Minds</ref>

Zu den Gegnern des Antispeziesismus gehört die Sozialwissenschaftlerin Jutta Ditfurth. Sie wirft ihm in ihrem Buch Entspannt in die Barbarei. Esoterik, (Öko-)Faschismus und Biozentrismus das Infragestellen jeglicher humanistischer Werte vor.<ref>Jutta Ditfurth: Entspannt in die Barbarei. Esoterik, (Öko-)Faschismus und Biozentrismus. Konkret-Literatur-Verlag, Hamburg 1996, ISBN 3-89458-148-4.</ref>

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

<references />