Tønder
Dänemark Tønder (dt: Tondern) | ||||||
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Basisdaten | ||||||
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Staat: | Dänemark | |||||
Region: | Syddanmark | |||||
Kommune (seit 2007): | Tønder | |||||
Koordinaten: | 8,8638888888889|primary | dim=25000 | globe= | name= | region=DK-83 | type=city
}} |
Einwohner: (2015<ref name="BEF44">Statistikbanken -> Befolkning og valg -> BEF44: Folketal pr. 1. januar fordelt på byer (dänisch)</ref>) | 7.543 | |||||
Postleitzahl: | 6270 | |||||
Partnerstädte: | Finnland Närpes | |||||
Marktplatz Marktplatz |
Tønder (deutsch: Tondern; südjütisch: Tynne; friesisch: Tuner) ist eine dänische Kleinstadt an der Vidå (deutsch: Wiedau) nahe der deutsch-dänischen Grenze. Sie bildet das Zentrum der Kommune Tønder in der Region Syddanmark und gehört zum Kirchspiel Tønder Sogn. Die 7543 Einwohner (1. Januar 2015)<ref name="BEF44" /> heißen Tonderaner.
Die Stadt ist über die Landesgrenzen hinaus bekannt für das internationale Tønder Festival, das jährlich im August Folk- und Rootsmusiker präsentiert.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Stadt hieß vor 1800 Thundern (soviel wie „umzäunter Strand“), im 13. Jahrhundert Tunder, Tundær.<ref>Nudansk Ordbog, 13. Ausgabe, Politikens Forlag.</ref>
Tønder gehört zu den ältesten Städten auf der Landbrücke zwischen Nord- und Ostsee. Schon 1017 war es in Flensburg als Hafenort bekannt. Im Jahr 1227 waren die Dominikaner und 1238 die Franziskaner nach Tønder gekommen und hatten Klöster gegründet. 1243 erhielt der Ort Lübisches Stadtrecht und ist damit heute Dänemarks älteste Stadt. Es war im Mittelalter einer der wenigen Hafenplätze der schleswigschen Westküste. Davon zeugt noch heute das Schiff im Stadtwappen. Wegen der niedrigen Lage wurde die Stadt immer wieder von Sturmfluten heimgesucht, unter anderem 1532 und 1593. Im Jahr 1615 reichte das Wasser bis an die Fenster des Schlosses, 1634 stand es drei Fuß hoch in der Kirche. Es gab in Tønder zahlreiche Brandkatastrophen. Im 16. und 17. Jahrhundert wütete die Pest fünfmal in der Stadt.
Von großer Bedeutung war bis ins 20. Jahrhundert der Viehhandel, da die Stadt am westlichen Ochsenweg lag. Das am Rand der Handelsstadt gelegene Schloss entwickelte sich zum Verwaltungszentrum eines großen Amtes. Bei der Landesteilung von 1544 wurde Johann II., auch genannt Johann (Hans) der Ältere, Landesherr, nach dessen Tod 1581 der Herzog von Gottorf, bis die Teilung 1713/21 aufgehoben wurde.
Durch Landgewinnungen an der Westküste verlor die Stadt ihren Zugang zum Meer und damit einen erheblichen Teil ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Im 17. Jahrhundert blühte das Spitzenklöppeln als wichtiger Wirtschaftszweig auf. 1788 wurde die Stadt Standort des ersten Lehrerseminars im Lande.
Im 19. Jahrhundert geriet die Stadt in den Sog des deutsch-dänischen Konflikts. Die Bürgerschaft war mehrheitlich deutsch gesinnt und schloss sich im Schleswig-Holsteinischen Krieg (1848–1851) der schleswig-holsteinischen Seite an. Nach Wiederherstellung des Gesamtstaates unter der dänischen Krone behielt Tønder seine administrativen Funktionen. Die Sprachreskripte, welche die dänische Sprache trotz offizieller Gleichberechtigung gegenüber der deutschen bevorzugten, heizten den Konflikt weiter an.
Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864 gehörte die Stadt bis 1920 zu Preußen bzw. ab 1871 zum Deutschen Reich. Sie war Sitz des Landkreises Tondern, verlor aber wirtschaftlich an Bedeutung. Von etwa 1914 bis 1918 war Tønder Stützpunkt für Militärluftschiffe und Zeppeline.<ref>www.zeppelin-museum.dk</ref> Seit 1868 war es mit der Hauptbahn Hamburg–Fredericia über eine Nebenbahn nach Tinglev verbunden. 1887 wurde es Knotenpunkt an der Marschbahn von Hamburg zur dänischen Grenze und nach Esbjerg und wurde über die bald darauf errichtete Nebenbahn nach Højer Sluse Umsteigeort für Reisende nach Sylt.
Nach dem Ersten Weltkrieg fiel Tønder wegen der En-Bloc-Regel für die I. Zone bei der Volksabstimmung an Dänemark, obwohl 77 Prozent der Stimmberechtigten für einen Verbleib beim Deutschen Reich gestimmt hatten (Details im Artikel Nordschleswig). Auch in den Folgejahren hatten die deutschen Parteien die Mehrheit im Stadtrat. Bis 1945 war die Stadt zweisprachig beschildert. Kurz nach der Etablierung der dänischen Verwaltung wurde Tønder Standort einer Garnison. Vom 9. April 1940 (Unternehmen Weserübung) bis zum Kriegsende war Dänemark von der Wehrmacht besetzt; danach schwand die politische Bedeutung des deutschen Bevölkerungsteils erheblich. Die Grenzlage behinderte die Entwicklung der Stadt. Dennoch siedelten sich einige Unternehmen an. Auch die Bedeutung des Tourismus nahm zu. Trotz der Verbesserung des grenzüberschreitenden Verkehrs wurde die Lage Tønders gegen Ende des 20. Jahrhunderts zusehends schwieriger. 1989 schloss das Lehrerseminar seine Pforten, 2002 auch die Kaserne und 2003 Folgejahr das Krankenhaus, das jedoch inzwischen als Privatklinik wieder ausgebaut wird.
Gebietsreformen
Tønder gehörte bis 1970 zur Harde Tønder, Højer og Lø Herred in Tønder Amt, danach zur Tønder Kommune in Sønderjyllands Amt. Im Zuge der Kommunalreform zum 1. Januar 2007 wurde die neue Tønder Kommune gebildet.
1970 wurden die Umlandgemeinden Møgeltønder, Abild, Hostrup und das Landkirchspiel Tønder, das aus den Orten Lille Emmerske (dt. Klein Emmerschede), Store Emmerske (dt. Groß Emmerschede) und Tved (dt. Twedt) bestand, eingemeindet.
Sehenswürdigkeiten
- In der Altstadt stehen zahlreiche gut erhaltene Patrizierhäuser vor allem aus dem 17. und 18. Jahrhundert
- Christkirche (1592), spätgotisch, zahlreiche Epitaphien
- Museum Sønderjylland Kulturhistorie Tønder: stadtgeschichtliche Sammlung und bedeutendes Kunstmuseum
- Museum Sønderjylland – Wasserturm: Ausstellung über den Möbeldesigner Hans J. Wegner
- Museum Sønderjylland – Klöppelmuseum in der Fußgängerzone Vestergade
- Zeppelin- und Garnisonsmuseum Tondern, hier lag bis 1920 einer der größten Luftschiffhäfen in Deutschland
- „Kaakmann“ auf dem Marktplatz. Kaakmann hieß der städtische Büttel und Kaak der Schandpfahl
Weitere Sehenswürdigkeiten im Nachbarort Møgeltønder.
Bildung
In Tønder gibt es ein Gymnasium mit einer dänisch-deutschen „Europaklasse“, die auch von Schülern der nahe gelegenen Friedrich-Paulsen-Schule in Niebüll besucht wird, die deutsche Ludwig-Andresen-Schule, einen deutschen Kindergarten, eine Kommunalbücherei und eine deutsche Bibliothek. Für den deutschen Teil der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde arbeitet ein deutscher Pastor.
Musikfestival
Jährlicher kultureller Höhepunkt der Stadt ist das Tønder Festival, das am letzten Wochenende im August stattfindende internationale Folk- und Rootsmusik-Festival. Es gehört zu den größten Festivals dieser Art in Europa.
Verkehr
An der Grenze südlich von Tønder endet die Bundesstraße B 5, die in Dänemark als Primærrute 11 weitergeführt wird. Weitere wichtige Fernstraßen sind die A 8 nach Sønderborg mit Anschluss nach Flensburg in Kruså sowie die Straßen nach Kolding und Aabenraa.
Der Bahnhof Tondern liegt an der Marschbahn und wird derzeit von einer Regionalbahnlinie nach Niebüll und Esbjerg bedient. Diese Linie wird von Arriva Danmark betrieben, außerdem wird die Verbindung seit Dezember 2014 als „RB 66“ bezeichnet.
Die 1868 eröffnete Querverbindung zur Ostbahn Hamburg–Fredericia nach Tinglev wurde 1974 eingestellt und diente seither fast nur noch als Museumsbahn. Ab dem Bahnhof Tønder Øst ist die Strecke gesperrt. Von der Bahnstrecke Tønder–Højer Sluse, die bis zum Bau des Hindenburgdamms die Hauptverbindung vom Festland nach Sylt darstellte, sieht man heute nur noch Dämme.
In Tondern verkehren folgende Buslinien:<ref>Busfahrpläne der Tønder Kommune (dänisch)</ref>
Linie | Linienweg |
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116 | Aabenraa – Hjordkær – Tinglev – Tønder |
136 | Haderslev – Vojens – Toftlund – Løgumkloster – Tønder |
266 | Tønder – Møgeltønder – Højer – Hjerpsted |
771 | Solderup – Jejsing – Rørkær – Tønder |
772 | Sæd – Lydersholm – Grøngård – Jejsing – Tønder |
774 | Abild – Tyvse – Sølsted – Tønder |
777 | Højer – Østerby – Møgeltønder – Tønder |
Heiratsparadies
Ähnlich dem schottischen Gretna Green gilt das grenznahe Tønder seit Mitte der 1960er Jahre als Heiratsparadies.<ref>In Tondern wird das Heiraten leicht gemacht. Hundert Paare aus Deutschland wurden hier schon getraut. In: Hamburger Abendblatt. 19. Juli 1966, abgerufen am 23. Dezember 2012. </ref> Hier werden jährlich 2500 bis 3000 Ehen (Stand 2008) geschlossen, darunter auch Homo-Ehen.<ref>Mit der Prinzenhochzeit kommt Leben ins Dorf. In: Hamburger Abendblatt. 17. Mai 2008, abgerufen am 23. Dezember 2012. Knut Diers: </ref> Die Eheschließung auch mit ausländischen Partnern ist hier mit weniger Formalitäten als in Deutschland verbunden und wird EU-weit anerkannt. Im Jahr 2007 standen den 2366 ausländischen Hochzeitspaaren lediglich rund 150 Paare aus der Region gegenüber.<ref name="Udlændinge strømmer til Tønder" /><ref>Tønder er Europas Las Vegas. Avisen.dk, 22. April 2008, abgerufen am 23. Dezember 2012. Sara Zankel: </ref> Gefordert werden neben diversen Unterlagen und einer Anmeldegebühr von 500 dänischen Kronen (etwa 70 Euro; Stand 2012) ein mindestens dreitägiger Aufenthalt des Brautpaares in der Tønder Kommune.<ref>Standesamt. Tønder Kommune, abgerufen am 23. Dezember 2012. </ref><ref>Neuer Pächter im Schlosskrug. AHGZ-Druckausgabe Nr. 2001/42, 20. Oktober 2001, abgerufen am 23. Dezember 2012. </ref> Schätzungsweise 8000 zusätzliche Übernachtungsgäste bescherten der örtlichen Wirtschaft 2007 Mehreinnahmen in Höhe von über 17 Mio. Kronen.<ref name="Udlændinge strømmer til Tønder">Udlændinge strømmer til Tønder for at blive gift. Avisen.dk, 22. April 2008, abgerufen am 23. Dezember 2012 (dansk). Sara Zankel: </ref>
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Ludwig Andresen (* 10. Juni 1880; † 16. Dezember 1940), Lehrer, Historiker, Historiograf Tønders
- Matthias Andresen (* 14. April 1904; † 22. Oktober 1992), deutscher Politiker (CDU), MdL (Schleswig-Holstein)
- Hans Adolph Brorson (* 20. Juni 1694; † 3. Juni 1764), Pastor in Tønder und bedeutender Kirchenlieddichter
- Johann Christian Fabricius (* 7. Januar 1745; † 3. März 1808 in Kiel), dänischer Zoologe und Wirtschaftswissenschaftler
- Heinrich Wilhelm von Gerstenberg (* 3. Januar 1737; † 1. November 1823), deutscher Dichter und Kritiker
- Curt Hansen (* 19. September 1964), Schachspieler
- Peter Andreas Hansen (* 8. Dezember 1795; † 28. März 1874 in Gotha), Astronom
- Emil Rasmus Jensen (* 18. Juli 1888; † 22. Dezember 1967 in Starnberg), deutscher Bildhauer
- Gustav Adolf Neuber (* 24. Juni 1850; † 13. April 1932 in Kiel), Chirurg, Begründer der Asepsis
- Siegfried Saloman (* 2. Oktober 1810; † 22. Juli 1899), Komponist
- Poul Schlüter (* 3. April 1929), dänischer Ministerpräsident 1982–1993
- Oluf Gerhard Tychsen (* 14. Dezember 1734), Theologe, Orientalist, Bibliothekar
- Max Valentiner (* 15. Dezember 1883; † 19. Juli 1949) in Sonderburg, deutscher Marineoffizier
- Hans J. Wegner (* 2. April 1914; † 26. Januar 2007), Kunsttischler und Möbeldesigner
- Karl Johannes Wieding (* 1. September 1825; † 24. Oktober 1887), deutscher Rechtswissenschaftler und Hochschullehrer
Städtepartnerschaften
Literatur
- Carsten Erich Carstens: Die Stadt Tondern. Eine historisch-statistische Monographie. F. Dröhse, Tondern 1861.
- Ludwig Andresen: Geschichte der Stadt Tondern bis zum dreißigjährigen Krieg. Heimat und Erbe, Flensburg 1939.
- Ludwig Andresen: Beiträge zur neuen Geschichte der Stadt Tondern. Heimat und Erbe, Flensburg 1943.
- Heimatkundliche Arbeitsgemeinschaft für Nordschleswig: 750 Jahre Stadt Tondern 1243–1993. HAG, Apenrade 1993, ISBN 87-87301-00-8.
- Britta Bargfeldt: Die deutsche Volksgruppe und der Nationalsozialismus – am Beispiel der Stadt Tondern in den dreißiger Jahren. In: Heimatkundliche Arbeitsgemeinschaft für Nordschleswig. Heft 78, HAG, Apenrade 2003, ISBN 87-87301-03-2, S. 9–109.
- Hans Bock: Die Marschbahn von Altona nach Westerland. Boyens, Heide 1989, ISBN 3-8042-0458-9.
- Hågen Kiil: Die Christkirche Tondern. Tønder Menighedsråd/Lokalhistorisk Arkiv, Tondern 1992.
- Günter Weitling: Deutsches Kirchenleben in Nordschleswig seit der Volksabstimmung 1920. Hrsg. vom Bund Deutscher Nordschleswiger und Archiv/Historische Forschungsstelle der deutschen Volksgruppe, Apenrade 2007, ISBN 978-87-991948-0-3.
- Claus Eskildsen: Tønder 1243–1943. Guldhorn, Tondern 1943.
- W. Christiansen, Ingolf Haase: Nystaden. Billeder fra det gamle Tønder. Forlaget Neffen, Tondern 1986, ISBN 87-88995-04-6.
- Henrik Becker-Christensen: Byen ved grænsen. Tønder 1920–1970. Institut for Grænseregionsforskning, Apenrade 1993, ISBN 87-87637-85-5. (dänisch)
- Ingolf Haase, Tønder Menighedsråd: Kristkirken 1592–1992. Christo Salvatori Sacrum. Tondern 1992, ISBN 87-981088-8-3. (dänisch)
- Hans Christian Christensen, Magnus Lorentzen: Dengang i Tønder. Sorgenfri Tryk, Tondern 1997, ISBN 87-90476-03-4. (dänisch)
Weblinks
- Offizielle Seite der Kommune (dänisch)
- Zeppelin- und Garnisonsmuseum Tondern
- Christkirche Tondern (dänisch)
Einzelnachweise
<references />
Agerskov | Bredebro | Højer | Løgumkloster | Møgeltønder | Skærbæk | Toftlund | Tønder