Thermoelement


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Ein Thermoelement ist ein Paar metallischer Leiter aus unterschiedlichem Material, die an einem Ende verbunden sind und aufgrund des thermoelektrischen Effektes zur Temperaturmessung über große Temperaturbereiche geeignet sind.<ref name="D584">DIN EN 60584-1:2014-07: Thermoelemente – Teil 1: Thermospannungen und Grenzabweichungen (IEC 60584-1:2013)</ref> Im Prinzip liefert das Thermoelement elektrische Energie aus Wärme bei einer Temperaturdifferenz entlang des elektrischen Leiters. Die dabei auftretende elektrischen Spannungen an den Enden der metallischen Leiter sind vergleichsweise klein und bewegen sich im Bereich einiger 10 µV pro 1 °C Temperaturdifferenz. Selbst bei hohen Temperaturdifferenzen über 1000 °C und ausgewählten Materialien mit hoher Thermoelektrizität liegen die erreichbaren elektrischen Spannungen unter oder in der Größenordnung um 0,1 V. Mehrere in Reihe geschaltene Thermoelemente bilden eine Thermokette, welche eine höhere elektrische Spannung liefert.<ref name="V11-2">VDI/VDE-Richtlinie 3511 Blatt 2: Technische Temperaturmessungen – Berührungsthermometer, 1996</ref><ref>Frank Bernhard (Hrsg.): Technische Temperaturmessung Band III: Physikalische und meßtechnische Grundlagen, Springer, 2004, S. 765</ref>

Thermoelektrische Generatoren (TEG) verwenden im Regelfall mehrere Thermoelemente und dienen als elektrischer Generator der Bereitstellung elektrischer Energie. Die funktionelle Umkehr dieses Prinzips – Wärmeenergie pumpen mittels einer von außen zugeführten elektrischen Leistung – macht aus dem Thermo- ein Peltier-Element.

Datei:Symbol Thermoelement.svg
Symbol des Thermoelements für Schaltpläne gemäß Normung<ref>DIN EN 60617-8:1997, Nr. 08-06-01 und -02</ref> mit Angabe der Polarität oder Kennzeichnung des negativen Pols durch breitere Linie

Grundlagen

Datei:Thermoschema.svg
Schematische Messschaltung mit einem Thermoelement

Seebeck-Effekt

Datei:Themocouple J.jpg
Spitze eines geschweißten Thermoelementes vom Typ J

Als thermoelektrischen oder Seebeck-Effekt bezeichnet man das Auftreten einer elektrischen Spannung auf Grund eines Temperaturgefälles entlang eines metallischen Leiters. Die elektrische Spannung oder Potentialdifferenz ist eine Funktion der Temperaturdifferenz entlang des Leiters und für jedes Leitermaterial anders.

Um eine elektrische Spannung an den beiden Leiterenden messen zu können, muss der Rückleiter aus einem andersartigem Material als der Hinleiter ausgeführt sein, wie in nebenstehender schematischer Messschaltung dargestellt. Bei demselben Material in beiden Leitern entstünden jeweils betragsmäßig gleich hohe Potentialdifferenzen, die sich gegenseitig aufheben, wodurch keine Spannung an den Anschlussklemmen der Vergleichstelle entsteht. Diese Vergleichstelle als Übergang auf die zum Spannungsmessgerät führenden (Kupfer-)Leitungen bekommt die Funktion einer Referenzstelle, auf deren Temperatur sich die gemessene Temperaturdifferenz des Thermoelements bezieht.

Die Thermospannung entsteht dabei entlang der Leiter zwischen Mess- und Vergleichsstelle und nicht in dem meist punktförmig ausgeführten Kontakt der beiden unterschiedlichen Metalle an der Messstelle. Um die tatsächliche Temperatur der Messstelle bestimmen zu können, muss die Temperatur der Vergleichstelle bekannt sein.

Da die Proportionalitätskonstante eines einzelnen Leiters in der Messanordnung nicht gemessen werden kann, wird sie im Vergleich zu einem Bezugsmaterial, üblich ist Platin, als thermoelektrischer Koeffizient angegeben. Diese Materialdaten sind sortiert in Tabellen in der thermoelektrischen Spannungsreihe angeführt. Die konkreten Werte dieser thermoelektrischen Koeffizienten hängen neben der absoluten Temperatur, dies ist im allgemeinen nichtlinearen Fall gegeben, auch vom Reinheitsgrad der verwendeten Metalle ab. Durch gezielte Beimengungen und Mischungen in Form von Legierungen lassen sich gezielt Materialien mit verschiedenen, über bestimmte Temperaturbereiche einigermaßen konstanten thermoelektrischen Koeffizienten bilden. Durch die so näherungsweise sichergestellte Proportionalität lässt sich der messtechnische Aufwand zur Linearisierung beherrschen. Diese Materialien finden in den verschiedenen Typen von Thermoelementen zur Temperaturmessung ihre technische Anwendung.

Mathematische Beschreibung

Datei:Thermocouple K (2).jpg
Thermoelement vom Typ K mit einem Stecker; auch dessen Kontaktstifte bestehen aus Thermomaterial; sie sind beim Stecken nicht vertauschbar

Der Zusammenhang zwischen elektrischer Spannung <math>U_\mathrm{th}</math> und Messstellentemperatur <math>t_\mathrm M</math> bei der Vergleichsstellentemperatur <math>t_\mathrm V=0\,^\circ \mathrm C</math> ist für einige Materialpaare durch Normung in Referenzfunktionen <math>U_\mathrm{th}=f(t_\mathrm M)</math> festgelegt, und zwar in mehreren unterschiedlichen Gleichungen für unterschiedliche Temperaturbereiche.<ref name="D584" /><ref>Datenbasis des National Institute of Standards and Technology (NIST)</ref> Die Kennlinien sind gekrümmt, die Gleichungen sind kompliziert, die Zusammenhänge werden vorzugsweise in Tabellen dargestellt.

Für Überschlagsrechnungen in einem gewissen Teilbereich kann mit einer linearen Näherung gearbeitet werden. Im folgenden Beispiel wird die Spannung an einem Thermoelement Typ K angegeben. Dieses besteht aus einer Nickel-Chrom-Legierung<ref>Datenblatt der NiCr-Legierung</ref> und aus Nickel. Mit den thermoelektrischen Koeffizienten <math>k_\mathrm{NiCr}</math> und <math>k_\mathrm{Ni}</math> ergibt sich:

<math>U_\mathrm{th} = (k_\mathrm{NiCr} - k_\mathrm{Ni}) \cdot \Delta t</math>

mit

<math>\Delta t = t_\mathrm M - t_\mathrm V</math>

Die Koeffizienten sind allerdings selber wieder von der Temperatur abhängig, ebenso wie der Seebeck-Koeffizient des Thermoelementes<ref name="D584" />, der die Empfindlichkeit <math>\mathrm dU_\mathrm{th} /\mathrm dt_\mathrm M</math> angibt.

Die Auflösung der Referenzfunktionen nach <math>t_\mathrm M =f(U_\mathrm{Th})</math> ist bei linearem Ansatz einfach. Für den nichtlinearen Fall gibt die Norm diese Umkehrgleichungen ebenfalls an.

Werkstoffe für Messzwecke

Datei:Mantelthermoelement.jpg
Biegbares Mantelthermoelement in Edelstahlmantel von 0,5 mm ⌀
Datei:Rössel Thermoelement mit Schutzrohr.jpg
Industrielles Thermoelement in Schutzrohr mit Anschlusskopf.
Die aufgebrochene Stelle zeigt die Thermodrähte samt Isolation im Schutzrohr des Messeinsatzes (meistens aus Keramik), der in einem äußeren Schutzrohr steckt (aus Keramik oder Metall, je nach Anwendungsfall)

Bei der Auswahl einer Materialpaarung zu Messzwecken strebt man eine hohe Thermospannung, hohe Linearität und hohe Korrosionsfestigkeit bei hohen Temperaturen an. Diese Ziele sind nicht mit einer einzigen Kombination erreichbar. Daher werden je nach Einsatzzweck unterschiedliche Materialpaarungen verwendet.

International genormt sind zehn Thermoelemente,<ref name="D584" /> die jeweils durch einen Großbuchstaben gekennzeichnet werden. Weit verbreitet sind:

  • Nickel-Chrom / Nickel (Typ K; häufigster Typ mit Thermospannungen zwischen −6,458 mV bei −270 °C und 52,410 mV bei 1300 °C) mit einer Empfindlichkeit von etwa 40 µV/°C
  • Eisen / Kupfer-Nickel (Typ J; für Industrieanwendungen mit Thermospannungen zwischen −8,095 mV bei −210 °C und 69,553 mV bei 1200 °C) mit etwas höherer Empfindlichkeit, aber weniger linear
  • Platin-Rhodium / Platin (Typen R und S; für hohe Temperaturen, bis etwa 20 mV) mit einer Empfindlichkeit von 5…12 µV/°C je nach Temperatur

Der jeweils positive Leiter wird zuerst angegeben; er weist ein positives Potential gegenüber dem anderen Leiter auf bei einer positiven Temperaturdifferenz, bei der die Messstelle wärmer ist als die Vergleichsstelle.

Markennamen wie Chromel oder Konstantan werden in der Normung nicht mehr verwendet.

Für die Messung hoher Temperaturen ist die Normung durch die Aufnahme von Thermoelementen auf Wolfram-Basis bis 2500 °C ausgeweitet worden. Für die Messung niedriger Temperaturen sind Thermoelemente auf Gold-Basis entwickelt worden<ref name="V11-2" /><ref>Franz X. Eder: Arbeitsmethoden der Thermodynamik: Band 1: Temperaturmessung. Springer, 1981, S. 252 ff</ref>, deren Thermospannungen aber für eine einheitliche Festlegung (noch) nicht genügend reproduzierbar sind.

Zum Schutz vor kontaminierenden, korrosiven oder abrasiven Einflüssen aus der Umgebung werden Thermoelemente für den industriellen Einsatz als Mantelthermoelement oder als Messeinsatz mit Schutzrohr hergestellt. Der Messeinsatz wird zur leichten Austauschbarkeit – selbst bei laufendem Betrieb – in einem äußeren Schutzrohr mit Anschlusskopf betrieben.

Geschichte

Das erste Thermoelement wurde 1821 von Thomas Johann Seebeck beschrieben. 1826 empfahl Antoine César Becquerel als Ergebnis seiner Forschung zur Thermoelektrizität die Verwendung eines Thermoelementes aus Platin und Palladium und führte somit als erster den Werkstoff Platin in die thermoelektrische Messtechnik ein, der bis heute der gebräuchlichste Werkstoff zum Bau von Edelmetall-Thermoelementen ist. 1885 entwickelte Henry Le Chatelier das erste Thermoelement, das in der praktischen Messtechnik Anwendung fand. Sein positiver Schenkel bestand aus einer Platin-Rhodium-Legierung mit einem Rhodiumanteil von 10 %, der negative Schenkel bestand aus reinem Platin. Dieses Thermoelement, das auch als Le-Chatelier-Thermoelement<ref name="vK" /> bezeichnet wird, ist in unveränderter Zusammensetzung bis heute das gebräuchlichste Edelmetall-Thermoelement und als Typ S genormt.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fanden vor allem Thermoelemente aus unedlen Metallen Einzug in die Praxis. Zahlreiche Paarungen wurden erforscht, um eine möglichst stabile, lineare und hohe Thermospannung zu erzeugen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die Platin-Rhodium-Thermoelemente weiterentwickelt, wobei man den Rhodiumanteil beider Schenkel variierte, um für verschiedene Einsatzbedingungen die ideale Legierung zu finden.

Ebenfalls wurden weitere Thermoelemente entwickelt, um höhere Genauigkeiten zu erzielen und den Temperatureinsatzbereich zu erweitern. Letzteres wurde vor allem durch die Entwicklung der Wolfram-Rhenium-Thermoelemente erzielt, die das erste Mal 1962 zur Messung der Wasserstofftemperatur in einem Atomreaktor eingesetzt wurden. Mit diesem Thermoelement war es erstmals möglich, Temperaturen über 2.000 °C berührend zu messen. 1963 erlangten die W-Re-Thermoelemente Bekanntheit, als die NASA ankündigte, sie für die Temperaturmessung am Hitzeschild des Apollo-Raumschiffs einzusetzen, um dessen Temperatur beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zu messen, wobei Temperaturen von 2.300 °C auftreten. Durch weitere Modifikationen an den W-Re-Thermoelementen gelang es 1967, 3.000 °C zu überschreiten.<ref name="vK">László von Körtvélyessy: Thermoelement-Praxis, Vulkan, 1998</ref>

Vergleich verschiedener Thermoelemente

Die folgende Tabelle gibt charakteristische Daten (weitgehend aus<ref name="D584" />) und die Kennzeichnung verschiedener Typen von Thermoelementen an.

Wegen einer zu erwartenden Drift wird empfohlen, eine obere – vom Drahtdurchmesser abhänge – Einsatztemperatur einzuhalten. Bei dieser wird für die Typen K, J, N, E, T eine kontinuierliche Einsatzdauer von 10.000 h in sauberer Luft erwartet, bei den Edelmetalltypen R, S, B von 2.000 h. Bei den Angaben in Klammern wird eine verkürzte Einsatzdauer von 250 h bzw. 50 h erwartet.

Bei den Angaben zur Grenzabweichung steht <math>t</math> für die Celsius-Temperatur der Messstelle. Von den zwei Angaben gilt die jeweils größere, und zwar als Betragsangabe. Beispielsweise kann ein Thermoelement mit der Angabe   „1,5 °C oder 0,004×<math>|t|</math>“   die Temperatur bei 1000 °C mit einer Abweichung bis –4 °C oder bis +4 °C messen. Die garantierten Grenzabweichungen gelten nur für als zusammengehörig gekennzeichnete Thermodrähte im Anlieferungszustand.<ref name="V11-2" />

Typ Materialien einsetzbar
bis … °C
definiert
in … bis … °C
Grenzabweichung
in Klasse 1
Grenzabweichung
in Klasse 2
IEC-<ref name="D584-3">DIN EN 60584-3:2008-08: Thermopaare - Teil 3: Thermoleitungen und Ausgleichsleitungen - Grenzabweichungen und Kennzeichnungssystem (IEC 60584-3:2007)</ref>
Farbcode
BS-
Farbcode
ANSI-
Farbcode
K NiCr-Ni 750 – 1100
(850 – 1200)
−270 bis +1300 1,5 °C oder 0,004×<math> 2,5 °C oder 0,0075×<math>
J Fe-CuNi 400 – 600
(500 – 750)
−210 bis +1200 1,5 °C oder 0,004×<math> 2,5 °C oder 0,0075×<math>
N NiCrSi-NiSi 850 – 1200
(900 – 1250)
−270 bis +1300 1,5 °C oder 0,004×<math> 2,5 °C oder 0,0075×<math>
E NiCr-CuNi 440 – 690
(480 – 800)
−270 bis +1000 1,5 °C oder 0,004×<math> 2,5 °C oder 0,0075×<math>
T Cu-CuNi 200 – 300
(250 – 350)
−270 bis +400 0,5 °C oder 0,004×<math> 1 °C oder 0,0075×<math>
R Pt13Rh-Pt 1400
(1600)
−50 bis +1768 1 °C in 0 bis 1100 °C oder
1 °C + 0,003×(<math>t</math>−1100 °C)
in 1100 bis 1600 °C
1,5 °C oder 0,0025×<math>t</math>
in 0 bis 1600 °C
nicht definiert
S Pt10Rh-Pt 1400
(1600)
−50 bis +1768 1 °C in 0 bis 1100 °C oder
1 °C + 0,003×(<math>t</math>−1100 °C)
in 1100 bis 1600 °C
1,5 °C oder 0,0025×<math>t</math>
in 0 bis 1600 °C
nicht definiert
B Pt30Rh-Pt6Rh 1500
(1700)
0 bis +1820 - - - 1,5 °C oder 0,0025×<math>t</math>
in 600 bis 1700 °C
nicht definiert nicht definiert nicht definiert
C W5Re-W26Re 0 bis 2315 - - - 0,01×<math>t</math>
in 426 bis 2315 °C
A W5Re-W20Re 0 bis 2500 - - - 0,01×<math>t</math>
in 1000 bis 2500 °C
AuFe-NiCr −272 – +300 nicht verfügbar Reproduzierbar sind 0,2 % der Spannung; jeder Sensor muss individuell kalibriert werden.

Für die Messung tiefer Temperaturen können bei den Typen T, E, K, N Grenzabweichungen auch noch bis −200 °C in einer Klasse 3 garantiert werden bei Verwendung von dafür selektiertem Material.

Die Ordnungszustände von NiCr-Ni-Thermoelementen

Bei NiCr-Ni-Thermoelementen stellen sich unterschiedliche Ordnungszustände ein, die von der Temperatur und Abkühlungsgeschwindigkeit der NiCr-Legierung hervorgerufen werden. Man spricht in diesem Zusammenhang vom K-Zustand (geordneter Zustand) und dem U-Zustand (ungeordneter Zustand). In beiden Zuständen erzeugt das Thermoelement eine reproduzierbare Thermospannung, aber die Abweichungen untereinander können bis zu 5 K betragen. Die NiCr-Legierung weist ein kubisch-flächenzentriertes Kristallgitter auf. Im K-Zustand bilden Chrom-Atome die Ecken und die Nickel-Atome liegen im Zentrum der Flächen. Dieser Zustand stellt sich immer bei Temperaturen über 600 °C ein. Lässt man das Thermoelement mit einer Geschwindigkeit größer als 100 K/h im Bereich von 600 … 400 °C abkühlen, so ergeben sich „Störungen“ im Kristallgitter, d. h. Nickel-Atome an den Ecken der Struktur und Chrom-Atome im Zentrum. Diese Anordnung bezeichnet man als U-Zustand. Bei höheren Abkühlgeschwindigkeiten, haben die Atome keine Zeit aus dem geordneten Zustand auszubrechen. Da Temperatur in der messtechnischen Praxis aber eine sehr träge Größe ist, kühlen NiCr-Ni-Thermoelemente in der Regel zu langsam ab, und es stellt sich unterhalb 600 °C der K-Zustand ein. Dieser Effekt kann durch Zulegierung von Silizium soweit minimiert werden, dass er messtechnisch vernachlässigbar ist. Dies ist beim Thermoelement Typ N, NiCrSi-NiSi, realisiert worden, das aber trotzdem nur langsam Einzug in die messtechnische Praxis findet.<ref>Fa. Sensycon: Mantelleitungen, S. 5 (PDF; 89 kB)</ref>

Wirkungsgrad

Die erzeugte Spannung <math>U_\mathrm{th}</math> hängt ab von der Temperaturdifferenz <math> \Delta T = T_\mathrm h - T_\mathrm l</math> und dem Seebeck-Koeffizienten <math>\alpha</math>:

<math>U_\mathrm{th} = \alpha \, \Delta T</math>

Die dimensionslose Kennzahl <math>ZT</math> (engl. figure of merit) bestimmt den Wirkungsgrad <math>\eta</math>. <math>ZT</math> wächst quadratisch mit <math>\alpha</math> und linear mit der mittleren absoluten Einsatz-Temperatur. Sie ist umso größer, je größer die spezifische elektrische Leitfähigkeit <math>\sigma</math> und je kleiner die spezifische Wärmeleitfähigkeit <math>\lambda</math> ist:

<math>ZT = \frac{\alpha^2 \, T \, \sigma}\lambda</math>

Und für den Wirkungsgrad gilt:

<math>\eta = \frac{\sqrt{1+ZT} - 1}{\sqrt{1+ZT} + T_\mathrm{l}/T_\mathrm{h}} \, \eta_\mathrm{carnot}</math>

mit

<math>\eta_\mathrm{carnot} = \frac{T_\mathrm{h} - T_\mathrm{l}} {T_\mathrm{h}}</math>

Im Idealfall ist <math>ZT</math> unendlich und <math>\eta_\mathrm{carnot}</math> der maximale Wirkungsgrad.

Beispiel: Bei einer Einsatztemperatur von <math>T_\mathrm h = 500\;\mathrm K</math>, einer Umgebungstemperatur von <math>T_\mathrm l = 300\;\mathrm K</math> und einer Gütezahl <math>ZT</math> von 1 beträgt der Wirkungsgrad <math>20\,\%</math> des Carnot-Wirkungsgrads von <math>40\,\%</math>, insgesamt also maximal <math>8\,\%</math>. Bei <math>ZT = 2</math> steigt er auf <math>30\,\%</math> des Carnot-Wirkungsgrades also insgesamt <math>12\,\%</math>. Im Einsatz werden bisher Wirkungsgrade kaum größer als <math>5\,\%</math> erreicht.

In Metallen korreliert die elektrische mit der thermischen Leitfähigkeit, da bei beiden die Beiträge durch Elektronen dominieren. Gemäß der Wiedemann-Franzschen Abschätzung liegt der Kehrwert von <math>T \sigma / \lambda</math>, die Lorenzzahl, bei <math>2{,}5 \cdot 10^{-8} \; \mathrm{V^2/K^2}</math>. <math>ZT</math> hängt nur vom Seebeck-Koeffizienten ab. Für Metalle ist er deutlich kleiner als <math>100\,\mu\text{V}/\text{K}</math> und damit <math>ZT</math> deutlich kleiner als <math>0{,}4</math>. Bei Halbleitern lassen sich phononischer und elektronischer Anteil und damit die beiden Leitfähigkeiten entkoppeln. Hochdotierte Halbleiter und Quantentopf-Nanostrukturen erreichen im Labor ZT-Werte von <math>1{,}5</math> bis <math>2{,}6</math>.

Anwendungen

Temperaturmessung

Datei:Dat Acquisition Agilent (1).jpg
Dieses Datenerfassungsgerät kann bis zu 60 Thermospannungen messen
Datei:Thermocouple Multiplexer Agilent.jpg
Ein offener Einschub für das Datenerfassungsgerät mit 20 angeschlossenen Thermoelementen

Temperaturdifferenz

Bei einer Messschaltung wie im Bild am Artikelanfang entstehen durch Übergänge auf Kupferleiter drei unterschiedliche Materialkombinationen: A→B, B→Cu, Cu→A. Bei derselben Temperatur an beiden Anschlussklemmen fällt das Kupferpotential aus der Rechnung heraus, und es bleibt an dieser Stelle übrig die Potentialdifferenz der Kombination B→A. Damit übernehmen die Anschlussklemmen die Funktion der Vergleichstelle. Mittels sogenannter Thermoleitungen oder Ausgleichsleitungen kann die Vergleichsstelle an einen entfernteren Ort verlegt werden, z. B. in Industrieanlagen bis zur Messwarte. Diese Thermoleitungen bestehen aus identischen Thermomaterialien und die Ausgleichsleitungen aus preiswerteren Materialien, die in einem begrenzten Temperaturbereich dieselben thermoelektrischen Eigenschaften besitzen wie das Thermoelement selbst.<ref name="D584-3" />

Temperatur statt Temperaturdifferenz

Da mit Hilfe eines Thermoelementes nur eine Temperaturdifferenz ermittelt werden kann, ist zur Messung der Temperatur eine Kaltstellenkompensation (engl. cold junction compensation; CJC) notwendig. Im einfachsten Fall wird die Temperatur an der Übergangsstelle (die Vergleichsstellentemperatur) ermittelt; zur gemessenen Thermospannung wird in einer Tabelle die Temperaturdifferenz abgelesen; diese wird mit der Vergleichsstellentemperatur addiert. Dieses Verfahren ist nur bei Zulässigkeit einer linearen Näherung anwendbar.

Für viele Messzwecke ist der Zusammenhang zwischen Thermospannung und Temperaturdifferenz nicht genügend linear. Vor Anwendung der Tabelle ist die Bezugstemperatur zu beachten, ab der die Tabelle berechnet ist (0 mV meistens bei 0 °C). Bei einem Unterschied zwischen Vergleichsstellen- und Bezugstemperatur ist die gemessene Spannung vor der Anwendung der Tabelle zu korrigieren um den Tabellenwert der Spannung, der zur Vergleichsstellentemperatur gehört. Bei gekrümmter Kennlinie gilt zur Einrechnung der Vergleichstelle die Regel:

  • Die Addition von Teilspannungen führt korrekt auf die Gesamtspannung. Die Addition der zugehörigen Tabellenwerte der Teiltemperaturen führt nicht auf die Gesamttemperatur!

Die Thermospannung kann durch einen geeigneten Verstärker aufbereitet werden, um sie belastbar weiterverbreiten zu können. Handelsübliche Messumformer verstärken, berücksichtigen zusätzlich die (variable) Vergleichsstellentemperatur und nehmen zu einer festgelegten Vergleichsstellentemperatur eine Linearisierung zwischen Ausgangssignal und Temperatur vor (temperatur-lineares statt spannungs-lineares Ausgangssignal).

Einbeziehung der Vergleichsstellentemperatur

Datei:Thermoschaltung.svg
Geschlossener Stromkreis zur Messung mit zwei Elementen aus den Metallen A und B
Datei:Cold Junction Compensation with Thermistor to measure the junction temperature..jpg
Kaltstellenkompensation in einem Messgerät. In der weißen Wärmeleitmasse zwischen den beiden Metallkontakten (Sensoranschluss) ist ein Temperatursensor eingebettet, der die Temperatur am Übergabepunkt misst

Zur Einbeziehung der Vergleichsstellentemperatur in die Messung kann zum Thermoelement ein zweites Thermoelement desselben Typs gegenpolig in Reihe geschaltet werden. Wird dessen Temperatur stabil auf einem bekannten Wert gehalten werden (z. B. in Eiswasser für 0 °C oder in Vergleichsstellen-Thermostat für 50 °C), dann wird diese Temperatur zur stabilen Vergleichsstellentemperatur.

Ein Stromkreis mit zwei Thermoelementen enthält erst einmal zwei Metallübergänge (Mess- und Vergleichsstelle), deren Thermospannungen im Stromkreis entgegengesetzt gerichtet sind. Hinzu kommen zwei weitere Übergänge, wenn ein Spannungsmesser angeschlossen wird. Bei derselben Temperatur an beiden Übergangsstellen entstehen zwei gleiche Thermospannungen, die sich gegenseitig aufheben; die Temperatur der Übergangsstellen ist hierbei ohne Bedeutung.

Alternativ zum zweiten Thermoelement wird eine Kompensationsschaltung mit einem Temperatursensor verwendet, die eine Spannung liefert so groß wie von einem Thermoelement. Beispielsweise erzeugt sie im Bereich 0 bis 50 °C so viel Spannung wie ein Thermoelement des benötigten Typs bei einer Temperaturdifferenz zu 20 °C. Damit korrigiert sie auf eine feste Vergleichsstellentemperatur von 20 °C.

Integrierte Schaltkreise zur Unterstützung der Temperaturmessung mit Thermoelementen dienen nicht nur als Verstärker für die gemessene Spannung, sondern sie kompensieren auch schaltungstechnisch die Vergleichsstellentemperatur – vorausgesetzt, sie haben dieselbe Temperatur wie die Anschluss-/Vergleichsstelle. Dieses Verfahren wird häufig in Digitalmultimetern angewandt, die zur Temperaturmessung mit einem Thermoelement ausgerüstet sind.

Neben der analogtechnischen Einbeziehung der Vergleichsstelle gibt es auch die digitaltechnische. Die Thermospannung wird gegen den Anschluss des Messgeräts gemessen, die (veränderliche) Anschlusstemperatur wird zusätzlich zum Beispiel mit einem Thermistor gemessen, und der digitalisierte Messwert der Thermospannung wird numerisch korrigiert.

Alterung von Thermoelementen

Thermoelemente werden oft bei hohen Temperaturen und in reaktiven Ofenatmosphären eingesetzt. Hier wird die Lebensdauer in der Praxis durch Alterung begrenzt. Die thermoelektrischen Koeffizienten der Drähte im Bereich der höheren Temperatur verändern sich mit der Zeit und mit ihnen die Thermospannung. Sowohl ein Absinken als auch ein Ansteigen der Thermospannung wird beobachtet, je nach Thermoelementtyp und Einsatztemperatur. Hier ist wichtig, dass die einfache Betrachtung der Temperaturdifferenzen zwischen den Verbindungsstellen nur gilt, wenn die Drähte ansonsten homogen sind. Bei einem gealterten Thermoelement ist aber gerade das nicht der Fall. Maßgeblich für das Entstehen der Thermospannung sind die Eigenschaften der Metalle im Bereich des Temperaturgradienten. Wird daher ein fest eingebautes gealtertes Thermoelement etwas aus dem Ofen herausgezogen, kommt das bei hoher Temperatur im Innern des Ofens gealterte Metall in den gesamten Bereich des Temperaturgradienten, und der Messfehler steigt erheblich an. Umgekehrt zeigt ein gealtertes Thermoelement, wenn es tiefer in den Ofen geschoben wird, wieder genau an.

Strahlungsmessung

Die Hintereinanderschaltung mehrerer Thermoelemente ergibt eine Thermokette (engl. thermopile). Die thermoelektrische Spannung vervielfacht sich mit der Anzahl der Thermoelemente. Thermoketten werden in empfindlichen Infrarotdetektoren und Laser-Leistungsmessern verwendet. Dabei wird die Temperaturdifferenz entlang eines Wärmeleiters (Scheibe, Kegel) gemessen, indem die Verbindungsstellen der Thermoelemente jeweils abwechselnd näher oder weiter entfernt von der Absorptionsfläche angebracht werden. Bei empfindlichen Aufbauten bilden die Thermoelemente selbst den Wärmeleiter.

Überwachung von Feuerungsanlagen

Datei:Thermosicherung.jpg
Thermosicherung mit Thermoelement, Leitung mit Kontakt und Magnetschalter

In Gasherden und Gas-Durchlauferhitzern dienen Thermoelemente dazu, die brennende Flamme zu überwachen. Das durch die Flamme erwärmte Thermoelement liefert den für das elektromagnetische Offenhalten eines Brennstoffventils notwendigen elektrischen Strom. Verlischt die Flamme, erkaltet das Thermoelement, das Elektromagnetventil schließt, die weitere Brennstoffzufuhr wird unterbrochen. Die Methode hat den Vorteil, dass sie keine Hilfsenergie benötigt. Nachteil dieses Systems ist, dass es sehr träge reagiert und damit eine gewisse Gasmenge ausströmen kann.

In Heizungsanlagen wurde diese Thermosicherung wegen ihrer Trägheit durch Zündsicherungen ersetzt, die die Ionisierung der Flamme beziehungsweise deren Leitfähigkeit überwachen. Sie reagieren schneller, benötigen jedoch eine Hilfsenergiequelle.

Rechts im Bild ist das übliche Thermoelement einer solchen Thermosicherung zu sehen. Es liefert im heißen Zustand etwa 30<ref>http://www.propanprofi.de/index.php/cat/c114_Thermoelemente---Magneteinsaetze.html/XTCsid/89cufb6hk5r8nk7jchdtl52480</ref>…40 mV Spannung und einen Strom von mehreren Ampere, mit dem ein spezielles Magnetventil (Elektromagnet mit zum Beispiel 16 Milliohm Spulenwiderstand), das zuvor manuell durch Eindrücken eines Knopfes geöffnet wurde, offengehalten werden kann. Beim Abkühlen fällt die Magnethaltung innerhalb 30 Sekunden wieder ab (hörbares Klicken) und das Ventil schließt.

Thermoelektrischer Generator

Datei:Peltier2.jpg
Prinzipaufbau eines thermoelektrischen Generators (gleicher Aufbau wie Peltier-Element)

Die direkte Wandlung von Wärme in elektrische Energie ist mit einem „thermoelektrischen Generator“ möglich (Thermovoltaik). Statt Metallen werden hier Halbleitermaterialien verwendet (siehe Peltier-Element), wodurch sich die Effizienz gegenüber metallischen Thermoelementen wesentlich steigern lässt. Heute verfügbare thermoelektrische Elemente haben dennoch nur einen verhältnismäßig geringen Wirkungsgrad. Hinsichtlich einfachem Aufbau, Zuverlässigkeit und Lebensdauer sind sie jedoch allen anderen Verfahren überlegen.

Der Wirkungsgrad thermoelektrischer Generatoren ist nur ein Bruchteil (ca. 17 %) des Carnot-Wirkungsgrades.

Gebräuchliche Materialien sind Bi2Te3, Bleitellurid PbTe, SiGe, BiSb oder FeSi2 mit erzielbaren Wirkungsgraden zwischen drei und acht Prozent. Werkstoffe mit besseren thermoelektrischen Eigenschaften sind gegenwärtig nicht bekannt.

Um ausreichend hohe Spannungen zu erhalten, werden mehrere zwischen der kalten und der warmen Seite montierte Elemente elektrisch in Reihe geschaltet.

Mit thermoelektrischen Generatoren ausgerüstete Petroleumlampen, Petroleum-Gasbrenner oder Holzkohlegrills<ref> Marius Beul: Alternative Stromerzeugung (2). In: elektor. Oktober 2008, S. 8–9 (http://www.elektor.de/jahrgang/2008/oktober/mailbox-oktober-2008/jahrgang/2008/oktober/mailbox-oktober-2008.687982.lynkx).</ref> werden als Stromquellen in abgelegenen Gebieten verwendet (z. B. zum Betrieb eines Rundfunkempfängers).

Thermoelektrische Generatoren werden auch in Radioisotopenbatterien, unter anderem für Raumsonden (z. B. wegen zu großer Entfernung von der Sonne) oder in abgelegenen Mess-Sonden, verwendet, wenn Solarzellen nicht zur Energieerzeugung eingesetzt werden können. Radioaktiver Zerfall künstlich hergestellter Radioisotope erzeugt hier die zum Betrieb erforderliche Wärme.

Autofirmen testen derzeit den Einsatz von thermoelektrischen Generatoren, um aus der Restwärme der Abgase elektrischen Strom für die Systeme von Pkw zu gewinnen. Sie könnten nach Schätzungen der Autohersteller etwa neun Prozent des verbrauchten Kraftstoffs einsparen.<ref> Artikel auf wiwo.de zum Einsatz im Automobil</ref> Weitere potentielle Anwendungsgebiete sind u. a. Kraftwerke, Rechenzentren und industrielle Fertigungseinrichtungen.<ref>Ungenutzte Energie ernten mit flächiger Thermoelektrik. Pressemitteilung der Fraunhofer-Gesellschaft. Abgerufen am 14. Juni 2013.</ref>

Siehe auch

Literatur

  • Daniel Jänsch (Hrsg.): Thermoelektrik. Eine Chance für die Automobilindustrie. expert-Verlag, Renningen 2009, ISBN 978-3-8169-2877-5 (Haus der Technik Fachbuch).

Weblinks

Einzelnachweise

<references />