Tiangong 1
Tiangong 1 | |
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Datei:Tiangong 1 drawing (cropped).png | |
Maße im Endausbau | |
Länge: | 10,4 m |
Tiefe: | 3,35 m (Ohne Solarzellen) |
Rauminhalt: | 15 m3 |
Masse: | 8,5 T |
Umlaufbahn | |
Apogäum: | 380 km |
Perigäum: | 362 km |
Bahnneigung: | 42,77° |
Umlaufzeit: | ca. 92 min |
COSPAR-Bezeichnung: | 2011-053A |
Energieversorgung im Endausbau | |
Solarzellenfläche: | 32,80 m2 |
Flugstatistik seit dem 29. September 2011 | |
Zeit in der Umlaufbahn: | 4958 Tage |
Erdumkreisungen: | ca. 77632 |
Tiangong 1 (chinesisch 天宫一号 für Himmlischer Palast 1) ist der Name der ersten chinesischen Weltraumstation, die im Rahmen des gleichnamigen Programms von der CNSA entwickelt wurde. Tiangong 1 wird als Raumlabor im Shenzhou-Programm genutzt und dient zur Erforschung von Kopplungsmanövern und Langzeitaufenthalten von Raumfahrern. Der Start an Bord einer Trägerrakete Langer Marsch 2F erfolgte am 29. September 2011 um 13:16 Uhr UTC.<ref>Daniel Maurat, Günther Glatzel: China startet erste eigene Raumstation. raumfahrer.net, 29. September 2011, abgerufen am 30. September 2011. </ref>
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung
Bereits zu Beginn der 1970er Jahre entstanden in China konkrete Pläne zur Schaffung eines bemannten Außenpostens im All. Nach wirtschaftlichen und politischen Barrieren gelang allerdings erst 1992 der Durchbruch mit dem Projekt 921 genannten Raumfahrtprogramm, das Chinas bemannte Raumfahrt konkretisiert. Nachdem in der ersten Projektphase mittlerweile das Shenzhou-Raumschiff erfolgreich eingeführt und in den ersten sieben Missionen annähernd zur Serienreife gebracht wurde, sieht die zweite Projektphase den Aufbau einer Raumstation vor. Die Durchführung von erfolgreichen Rendezvous- und Kopplungsmanövern ist Voraussetzung für solch ein Projekt im All. Mit dem auf der Grundlage des russischen APAS basierenden Dockingsystem verfügt China bereits über ausgereifte Andockvorrichtungen.
Bis zur Fertigstellung der leistungsstarken Trägerrakete Langer Marsch 5, welche Raumstationsmodule von mehr als 20 Tonnen Masse in den Orbit befördern soll, bietet das relativ kleine Tiangong-1-Modul einen Andockpunkt für Shenzhou-Raumschiffe, Solargeneratoren für die Versorgung mit elektrischer Energie und einen begrenzten druckbeaufschlagten Wohn- und Arbeitsbereich für Taikonauten als Voraussetzung für die Erforschung von Langzeitaufenthalten im All.<ref>Palaces in Heaven. Beijing Review, 24. März 2009, abgerufen am 15. Mai 2009 (englisch). Tang Yuankai: </ref> Im Tiangong-Programm sollen damit die erforderlichen Grundlagen für den Bau und Betrieb einer Raumstation gesammelt werden. Je nach Verlauf und Entwicklung des Programms ist der Start von mindestens zwei weiteren Tiangong-Raumlaboren vorgesehen.
Aufbau
Tiangong 1 ist in zwei wesentliche Komponenten, das größere Orbitalmodul am Bug und das Servicemodul mit geringerem Durchmesser am Heck, gegliedert. Damit erinnert der äußere Aufbau des Raumlabors an die ersten sowjetischen Saljut-Raumstationen. Das Orbitalmodul verfügt über ein androgynes Kopplungsaggregat vergleichbar mit dem APAS-89-System für Shenzhou-Zubringerfahrzeuge und bietet den besuchenden Mannschaften einen klimatisierten und mit Lebenserhaltungssystemen ausgerüsteten Wohn- und Arbeitsbereich. Im nicht begehbaren Servicemodul sind zwei Solargeneratoren mit 17 m Gesamtspannweite zur Energieversorgung, Treibstofftanks und die Triebwerke zur Lageregelung untergebracht. Die maximale Nutzungsdauer wird mit rund zwei Jahren angegeben.
Einschränkend auf die Größe und Nutzungsmöglichkeiten des Moduls wirkt sich die verwendete Trägerrakete Langer Marsch 2F aus, die auch als Träger für die Shenzhou-Raumschiffe dient. Der Durchmesser von Tiangong 1 wird mit 2,8 m, die Länge mit 9 m und die Masse mit 8,4 Tonnen angegeben, was der maximalen Nutzlast dieser Trägerrakete entspricht. Die Masse von Tiangong 1 beträgt damit weniger als die Hälfte der Masse der ersten sowjetischen Stationen. Da darüber hinaus ein Großteil der Masse (etwa 3,5 Tonnen) auf das Servicemodul entfällt, lässt sich der nutzbare Raum (35 m³) in etwa mit der Größe des russischen Moduls Rasswet der Internationalen Raumstation (ISS) vergleichen.
Durch den Einsatz eines Servicemoduls am Heck entfällt die Möglichkeit der Verwendung eines zweiten axialen Kopplungsadapters für Zubringerfahrzeuge. Daher erlaubt Tiangong 1 keine gleichzeitige Kopplung von zwei Shenzhou-Raumschiffen an der Station. Das Zusammentreffen von Besatzungen oder das Entladen eines unbemannten Shenzhou-Transporters durch eine Besatzung ist somit nicht möglich.
Diese scheinbaren Unzulänglichkeiten sind aber einem anderen Umstand geschuldet. Raumfahrzeuge mit den Dimensionen des Tiangong-Typs sollen bei zukünftigen Raumstationen als Frachter mit einer Gesamtmasse von etwa 13 t eingesetzt werden. Eine dafür benötigte Trägerrakete befindet sich in Entwicklung. Tiangong stellt damit einen wichtigen Entwicklungsschritt und keine reine Zwischenlösung dar.
Missionen
Der Start für Tiangong 1 erfolgte am 29. September 2011 um 13:16 Uhr UTC vom Kosmodrom Jiuquan auf einer Langer Marsch 2F. Nach einer unbemannten Flugphase zur Erprobung der Flug- und Steuereigenschaften diente das Raumlabor als Andockziel für den unbemannten Transporter Shenzhou 8. Nach erfolgreicher Kopplung wurden zunächst Tests der Flugeigenschaften des unbemannten Komplexes vorgenommen und ferngesteuerte Manöver durchgeführt.
Am 16. Juni 2012 startete das bemannte Raumschiff Shenzhou 9, dessen Besatzung nach der erfolgreichen Kopplung zwei Tage später das Labor betrat und in Betrieb nahm.<ref>Günther Glatzel: Chinesische Raumstation Tiangong 1 bemannt. raumfahrer.net, 18. Juni 2012, abgerufen am 21. Juni 2012. </ref> Ziel der Mission waren überwiegend Systemerprobungen. Dazu zählen vor allem das Lebenserhaltungssystem, Kommunikationstechnik über geostationäre Relaissatelliten, Gyroskoptechnik zur Lageregelung, Navigations-, Rendezvous- und Kopplungstechnik, sowie das Verhalten des gekoppelten Systems. Quellen aus den USA unterstellen der Station überwiegend militärische Ziele, was allerdings nicht belegt wird.<ref>China readies military space station – launch coincides with shuttle phaseout. Spaceflight Now, 2. März 2009, abgerufen am 15. Mai 2009 (englisch). Craig Covault: </ref> Daneben standen Forschungsarbeiten in der Schwerelosigkeit sowie Erdbeobachtungen auf dem Plan. Dazu soll Tiangong 1 unter anderem mit der erforderlichen Ausrüstung zur Beobachtung von Erdbeben, Tsunamis und Vulkanaktivitäten ausgestattet werden. Möglicherweise werden auch internationale Projekte in Zusammenarbeit mit der ESA durchgeführt.<ref>China's Shenzhou-8 spacecraft to carry bio sample for European Space Agency. Xinhua, 8. März 2009, abgerufen am 15. Mai 2009 (englisch). Sun: </ref> Nach dem Abdocken der Besatzung von Shenzhou 9 am 24. Juni 2012 wurden einige begonnene Experimente und Aufgaben automatisiert weitergeführt. Während der Mission Shenzhou 10 war Tiangong 1 vom 11. bis 23. Juni 2013 ein zweites Mal bemannt.<ref>Rui C. Barbosa: China launches three person crew on Shenzhou-10. nasaspaceflight.com, abgerufen am 11. Juni 2013 (english). </ref>
Sichtbarkeit
Die Raumstation Tiangong 1 kann von der Erde aus aufgrund ihrer Größe auch mit bloßem Auge beobachtet werden und erreicht eine scheinbare Helligkeit von bis zu −2,7 mag.<ref>Chris Peat: Tiangong 1- Information. Heavens-Above, abgerufen am 30. September 2011 (englisch). </ref> Wegen der geringen Inklination von 43° erreicht sie von Deutschland aus nur eine geringe Höhe über dem Horizont.
Weblinks
- Chinesisches Raumfahrtprogramm 921 im Raumfahrer.net (August 2003)
- Chinesische Raumstation im Raumfahrer.net (August 2003)
- Sinodefence.com: TianGong 1 Spaceflight Mission (März 2009, englisch, mit Bild)
- Space Daily: Tiangong Space Lab Spurs China Space PR Blitz (Zusammenfassung der möglichen Flugdaten, November 2010, englisch)
Quellen
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