Werkstoffprüfung


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Die Werkstoffprüfung umfasst verschiedene Prüfverfahren, mit denen das Verhalten und die Werkstoffkenngrößen von normierten Werkstoffproben (Materialanalytik) oder fertigen Bauteilen (Bauteilprüfung) unter mechanischen, thermischen oder chemischen Beanspruchungen ermittelt werden.

Ein Werkstoff wird dabei hinsichtlich seiner Reinheit, Fehlerfreiheit oder Belastbarkeit überprüft. Nach der Art werden die gängigen Prüfverfahren in zwei Hauptbereiche aufgeteilt: zerstörende und zerstörungsfreie Werkstoffprüfung. Die auf die Abschätzung der Lebensdauer von Produkten und Werkstoffen gerichteten Prüfungen fallen in das Gebiet der Umweltsimulation.

Geschichte

Datei:Geschützprüfung.jpg
Geschützprüfung im 15. Jahrhundert

Die im Bild dargestellte Geschützprüfung zeigt eine sehr frühe und pragmatische Form der Werkstoffprüfung. Der Werkstoff wurde am fertigen Produkt geprüft. Das zu prüfende Geschützrohr wurde über eine auf einem Pfahl liegende Kugel gestülpt. Hatte das Rohr die Zündung der Pulverladung überstanden, konnte es weiter verwendet werden. In diesem Test musste eine Masse beschleunigt werden, die wesentlich größer ist, als die später zu beschleunigende Kugel.

Zerstörende Werkstoffprüfung

Bei der zerstörenden Werkstoffprüfung werden gewählte Materialien auf chemische und physikalische Eigenschaften geprüft und hierzu zerstört oder (oberflächlich) verändert; das zu prüfende Bauteil kann danach nicht mehr genutzt werden. Die wesentlichen Methoden dieser Prüfungsart sind:


Bedingt zerstörungsfreie Werkstoffprüfung

Damit ein Bauteil zerstörungsfrei geprüft werden kann, muss es eine bestimmte Mindestgröße und dafür vorgesehene Oberflächen aufweisen. Soll das Innere eines Bauteils geprüft werden, so muss der zu prüfende Bereich erst ausgefräst werden, was nur mit Zerstörung des Bauteils einhergehen kann.

Zerstörungsfreie Werkstoffprüfung

Datei:GemX2.png
Tragbarer Röntgen-Apparat für Werkstoffprüfung.

Bei der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung, kurz ZfP (EN 1330, engl. non-destructive testing/non-destructive inspection, kurz NDT bzw. NDI) wird die Qualität eines Werkstücks getestet, ohne das Material selbst zu beschädigen. Hierzu werden verschiedene physikalische Effekte ausgenutzt, die man in zwei Gruppen einteilt: Defektoskopie und Qualimetrie. Die dynamischen Prüfverfahren basieren auf der Reflexion von elastischen oder elektromagnetischen Wellen an einer Grenzfläche, die über den akustischen, bzw. den dielektrischen Impedanzkontrast definiert werden.

Unter den ersten zerstörungsfreien Werkstoffprüfungen waren wohl die Bestimmung der Dichte durch die Verdrängungsmethode nach Archimedes und die Sichtprüfung, d.h. das Betrachten eines Bauteiles auf äußerlich erkennbare Mängel<ref>Blumenauer, Werkstoffprüfung, 6. Auflage, S. 306</ref>. Am häufigsten werden aber darunter Prüfungen auf Bauteilfehler verstanden.

Die zerstörungsfreien Prüfverfahren lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten sortieren. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die gebräuchlichsten Verfahren im Maschinenbau, in der Luft- und Raumfahrttechnik und im Bauwesen. Es sind die gebräuchlichen Abkürzungen, bzw. die Abkürzungen nach ISO 9712 <ref name="ISO 9712">ISO 9712:2012. Zerstörungsfreie Prüfung - Qualifizierung und Zertifizierung von Personal der zerstörungsfreien Prüfung.</ref> und EN 4179<ref name="EN 4179">EN 4179:2009. Luft- und Raumfahrt - Qualifikation und Zulassung des Personals für zerstörungsfreie Prüfungen.</ref> angegeben. Die Dynamik gibt den Charakter der Messung an, wobei „statisch“ i.d.R. die Messung eines statischen elektrischen oder magnetischen Felds bedeutet, „dynamisch“ die Messung einer Wellenamplitude. Unter Prinzip ist das physikalische Messprinzip zu verstehen (mechanisch, elektrisch, magnetisch, thermisch, optisch, chemisch). Der Interaktionsraum mit dem Untersuchungsobjekt und die allgemeine normative Grundlage sind in den entsprechenden Spalten angegeben.

Verfahren Abkürzung Dynamik Prinzip Interaktionsraum Grundlage
Akustische Resonanzanalyse ART dynamisch mechanisch Volumen DGZfP Richtlinie US06
Bewehrungsortung (induktiv) statisch magnetisch Volumen DGZfP Merkblatt B02
Bewehrungsortung (kapazitiv) statisch elektrisch Volumen DGZfP Merkblatt B02
Bodenradar GPR dynamisch elektromagnetisch Volumen DGZfP Merkblatt B10
Dehnungsmessstreifen-Prüfung ST<ref name="ISO 9712"/> dynamisch mechanisch Oberfläche
Durchstrahlungsprüfung RT<ref name="ISO 9712"/> dynamisch elektromagnetisch Volumen EN 444<ref name="EN 444">EN 444:1994. Zerstörungsfreie Prüfung - Durchstrahlungsverfahren - Computertomografie</ref>, EN 13068<ref name="EN 13068">EN 13068-1:1999. Zerstörungsfreie Prüfung - Radioskopische Prüfung.</ref>, EN 16016<ref name="EN 16016">EN 16016-1:2011. Zerstörungsfreie Prüfung; Grundlagen für die Durchstrahlungsprüfung von metallischen Werkstoffen mit Röntgen- und Gammastrahlen</ref>
Feuchtemessung (kapazitiv) statisch elektrisch Oberfläche EN 13183-3<ref name="EN 13183-3">EN 13183-3:2005. Feuchtegehalt eines Stückes Schnittholz - Teil 3: Schätzung durch kapazitives Messverfahren.</ref>
Feuchtemessung (resistiv) statisch elektrisch Oberfläche EN 13183-2<ref name="EN 13183-2">EN 13183-2:2002. Feuchtegehalt eines Stückes Schnittholz - Teil 2: Schätzung durch elektrisches Widerstands-Messverfahren.</ref>
Impakt-Echo Verfahren IE dynamisch mechanisch Volumen DGZfP Merkblatt B11
Potentialfeldmessung statisch elektrochemisch Volumen DGZfP Merkblatt B03
Rückprallhammer dynamisch mechanisch Oberfläche EN 12504-2<ref name="EN 12504-2">EN 12504-2:2001. Prüfung von Beton in Bauwerken

- Teil 2: Zerstörungsfreie Prüfung; Bestimmung der Rückprallzahl.</ref>

Dichtheitsprüfung LT<ref name="ISO 9712"/> chemisch System EN 1779<ref name="EN 1779">EN 1779:1999. Zerstörungsfreie Prüfung - Dichtheitsprüfung - Kriterien zur Auswahl von Prüfmethoden und -verfahren.</ref>, EN 13184<ref name="EN 13184">EN 13184:2001. Zerstörungsfreie Prüfung - Dichtheitsprüfung - Druckänderungsverfahren.</ref>, EN 13185<ref name="EN 13185">EN 13185:2001. Zerstörungsfreie Prüfung - Dichtheitsprüfung - Prüfgasverfahren.</ref>, EN 1593<ref name="EN 1593">EN 1593:1999. Zerstörungsfreie Prüfung - Dichtheitsprüfung - Blasenprüfverfahren.</ref>
Eindringprüfung PT<ref name="ISO 9712"/> mechanisch Oberfläche EN 571-1<ref name="EN 571-1">EN 571-1:1997. Zerstörungsfreie Prüfung - Eindringprüfung - Teil 1: Allgemeine Grundlagen.</ref>
Zeitbereichsreflektometrie TDR dynamisch elektromagnetisch Volumen DIN 19745<ref name="DIN 19745">DIN 19745:2006. Bodenbeschaffenheit - Grundlagen für die Bestimmung des Wassergehalts durch Time-Domain-Reflektometry (TDR) und Time-Domain-Transmissometry (TDT).</ref>
Infrarotthermografie TT<ref name="EN 4179"/> dynamisch thermisch Oberfläche DIN 54190<ref name="DIN 54190">DIN 54190. Zerstörungsfreie Prüfung - Thermografische Prüfung.</ref>, DIN 54192<ref name="DIN 54192">DIN 54192:2012. Zerstörungsfreie Prüfung - Aktive Thermografie.</ref>, EN 13187<ref name="EN 13187">EN 13187:1998. Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden - Nachweis von Wärmebrücken in Gebäudehüllen - Infrarot-Verfahren.</ref>
Leitfähigkeitsprüfung elektrisch, thermisch Volumen materialabhängig
magnetinduktive Methode statisch magnetisch Oberfläche ISO 2178<ref name="ISO 2178">ISO 2178:1995. Nichtmagnetische Überzüge auf magnetischen Grundmetallen - Messen der Schichtdicke - Magnetverfahren.</ref>
Magnetpulverprüfung MT<ref name="ISO 9712"/> statisch magnetisch Oberfläche ISO 9934<ref name="ISO 9934">ISO 9934. Zerstörungsfreie Prüfung - Magnetpulverprüfung.</ref>
Schallemissionsanalyse AT<ref name="ISO 9712"/> dynamisch mechanisch Volumen EN 13554<ref name="EN 13554">EN 13554:2011. Zerstörungsfreie Prüfung - Schallemissionsprüfung - Allgemeine Grundsätze.</ref>
Shearografie ST<ref name="EN 4179"/> dynamisch optisch Oberfläche
Visuelle Inspektion VT<ref name="ISO 9712"/> optisch Oberfläche EN 13018<ref name="EN 13018">EN 13018:2001. Zerstörungsfreie Prüfung - Sichtprüfung - Allgemeine Grundlagen.</ref>, DGZfP Merkblatt B06
Streufeldmessung FT<ref name="EN 10256"/> statisch magnetisch Volumen EN 10256<ref name="EN 10256">EN 10256:2000. Zerstörungsfreie Prüfung von Stahlrohren - Qualifizierung und Kompetenz von Personal der Stufen 1 und 2 für die zerstörungsfreie Prüfung.</ref>
Ultraschallprüfung UT<ref name="ISO 9712"/> dynamisch mechanisch Volumen EN 583<ref name="EN 583">EN 583. Zerstörungsfreie Prüfung - Ultraschallprüfung.</ref>, DGZfP Merkblatt B04
Vibrationsprüfung/Schwingungsanalyse VA dynamisch mechanisch System ISO 13373<ref name="EN 13373">EN 13373. Zustandsüberwachung und -diagnostik von Maschinen - Schwingungs-Zustandsüberwachung.</ref>, DIN 45669<ref name="DIN 45669">DIN 45669. Messung von Schwingungsimmissionen.</ref>
Wirbelstromprüfung ET<ref name="ISO 9712"/> statisch elektrisch Oberfläche ISO 15549<ref name="ISO 15549">ISO 15549:2008. Zerstörungsfreie Prüfung - Wirbelstromprüfung - Allgemeine Grundlagen.</ref>

Weitere bekannte Verfahren können als Untergruppen der oben genannten Verfahren klassifiziert werden.

Hauptverfahren Unterverfahren
Durchstrahlungsprüfung Computertomographie, Röntgendurchstrahlung, Gammadurchstrahlung
Sichtprüfung Endoskopie, Mikroskopie, Metallografie

Prüforganisationen

Werkstoffprüfungen werden von unterschiedlichen Einrichtungen vorgenommen. Dazu zählen in Deutschland auf Bundesebene die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung und auf Landesebene die einzelnen Materialprüfanstalten. Zudem bieten verschiedene Prüforganisationen und wissenschaftliche Institute, wie das Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren, Werkstoffprüfungen als Dienstleistung an. Darüber hinaus gibt es mittelständische privatwirtschaftliche Prüforganisationen. Die international akkreditierten Firmen sind in Deutschland organisiert in der Fachgesellschaft der akkreditierten Prüfgesellschaften , kurz F-GZP.

Literatur

Weblinks

Normenausschuss Materialprüfung
Europäisches Komitee für Normung (CEN). Technisches Komitee 138: Zerstörungsfreie Prüfung.
DGZfP - Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung e.V.
Funktionsweise und Einsatzbereich der Methoden der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung

Werkstoffprüfung im Materialprüfungsamt NRW

Einzelnachweise

<references />