Werner Dobelmann


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Werner Heinrich Dobelmann (* 16. Oktober 1913 in Münster (Westfalen); † 7. August 1985 in Bad Salzuflen) war ein deutscher heimatkundlicher Forscher und Verfasser zahlreicher volkskundlicher wie historischer Abhandlungen über seinen Wohnort Münster (Westfalen) sowie insbesondere über seine und die Heimat seiner Vorfahren, das Osnabrücker Nordland.

Leben

Kindheit und Adoleszenz

Der Beruf des Kriminalsekretärs brachte die Übersiedlung des am 13. Juli 1879 in Suttrup (heute zu Nortrup gehörig) geborenen Vaters Werner Dobelmanns, Theodor Friedrich Bernhard Dobelmann, und seiner am 23. September 1883 in Nortrup geborenen Gattin Katharina Elisabeth Agnes Dobelmann, geb. Middendorf, nach Münster in Westfalen mit sich, wo den seit 1908 verheirateten Eheleuten am 16. Oktober 1913 ihr Sohn Werner geboren wurde. In seiner Kindheit und Jugend indessen besuchte Werner Dobelmann, einer »instinktiven Hinneigung«<ref name="WD_Ich_92">Werner Dobelmann, Ich über mich, in: Heimat-Kalender für den Kreis Bersenbrück (Artländer Haus- und Taschen-Kalender) (1952), S. 92 f., 92.</ref> folgend, regelmäßig den in der artländischen Landschaft gelegenen Hof seiner Großeltern mütterlicherseits, Hermann und Lisette (geb. Janning) Middendorf, Heuerlinge in der Börslage bei Nortrup,<ref>Werner Dobelmann, Kleine Liebe zum Artlande, in: Heimat-Kalender für den Kreis Bersenbrück (Artländer Haus- und Taschen-Kalender) (1952), S. 56-60.</ref> welcher nach dem Tode der Großeltern von einem Onkel Werner Dobelmanns forthin bewirtschaftet worden war. Dieser Kotten, von dem außer den alten Hofeichen nichts erhalten ist, gehörte dem Gut Loxten an;<ref>Zum Gut Loxten Werner Dobelmann, Nortrup-Loxten und das Kirchspiel Ankum, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt 5 (1954), Nr. 9 (August 1954), S. 33; Werner Dobelmann, Das Rittergut Loxten, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt 8 (1957), Nr. 1 (Januar 1957), S. 1 f.; Werner Dobelmann, Das Rittergut Loxten in Nortrup, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt [31] (1980), Nr. 3 (September 1980), S. 10; Werner Dobelmann, Ernst von Hammerstein zu Loxten. Erster Landrat in Bersenbrück, in: Franz Buitmann, Werner Dobelmann, Franz Hülsmann, Ernst Schulte (Red.), Bersenbrück. Stadt im Osnabrücker Land. Beiträge zum Jubiläumsjahr 1981 in Wort und Bild. 750 Jahre Bersenbrück – 25 Jahre Stadt, Bersenbrück 1981, S. 280 f.</ref> die Großeltern Dobelmanns väterlicherseits, Wilhelm und Maria Adelheid (geb. Gramann) Dobelmann, waren zunächst Heuerlinge eines Kottens des Hofes Möhlmann/Klümke gewesen, um dann eine in Suttrup gegenüber der Gaststätte Blome gelegene Heuerstelle des Hofes Hallermann/Pieper<ref>Zur Geschichte des Hofes Hallermann/Pieper liegt ein Typoskript Werner Dobelmanns aus dem Jahre 1983 vor.</ref> einzunehmen.<ref>Franz Feldkamp, Werner Dobelmann. Der unermüdliche Heimatforscher und Heimatschriftsteller des Osnabrücker Nordlandes, in: Heimat-Heft für Dorf und Kirchspiel Ankum 13 (2010), S. 6–14, 6.</ref> Nach der 1934 in Münster am Gymnasium absolvierten Reifeprüfung führte der Arbeitsdienst Werner Dobelmann nach Bersenbrück und damit wieder in die Nähe des Artlandes. Die Arbeit sowie Entdeckungsreisen des Abiturienten gesellten dergestalt dem in Kindheitstagen gelegten »gefühlsmäßigen Erfassen« gleichermaßen die »verstandesmäßige Erkenntnis«<ref name="WD_Ich_92" /> der artländischen Heimat bei.

Familien- und Arbeitsleben

Zu seinem großen Leidwesen<ref>»Es klagt meine Seele wie ein waidwundes Tier; / denn Mauern und Schlote umgeben mich hier. / In steinernen Schluchten kärgliches Licht, / Autos und Neon – mehr sehe ich nicht. / Ich sehe nicht, wie der Wind durch die Ähren streicht, / wie das rauschende Feld still-ergeben sich neigt, / seh’ nicht mehr den Pflug im graubraunen Land, / umklammert von schwieliger Bauernhand. / Ich höre nicht mehr, wie der Wetzstein klingt, / wie frohes Lied übers Stoppelfeld schwingt, / mein Aug’ ist umschattet und trübe mein Sinn, / zieht über das Land der Heuduft dahin. / Meine Väter säten aus sicherer Hand / goldene Saaten in fruchtschweres Land, / bauten und werkten auf eigenem Grund, / waren an Leib und Seele gesund. / Und ich? – Ich möchte die Mauern anschrei’n: / ›Laßt frei mich, laßt in der Weite mich sein! Laßt werken mich in Feld, Wald und Flur: / denn hier bin ich nichts als ein Roboter nur!‹«, Werner Dobelmann, Großstädters Heimweh, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt 6 (1955), Nr. 7 (Juli 1955), S. 25.</ref> ließen wirtschaftliche Gründe Werner Dobelmann nach seiner Rückkehr in die Geburtsstadt Münster von seinem ursprünglichen Wunsche, zur wissenschaftlichen Vertiefung seiner heimatlichen Hinneigung an der Universität Volkskunde oder Geschichtswissenschaften zu studieren, Abstand nehmen. Von einer stattdessen zunächst angetretenen Banklehre wechselte er in die Finanzverwaltung der Stadt Münster, in welcher er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1976 als Steuerrat wirkte. Jenseits solches »Berufes Nüchternheit«<ref name="WD_Ich_92"/> begann Werner Dobelmann nach dem Kriege mit dem Schreiben, angefangen mit der Familienchronik Die Börslage. Versuch einer Familiengeschichte von 1945. Werner Dobelmann heiratete am 21. Oktober des Kriegsjahres 1941 Gerda Ilse Auguste Habben, die am 26. September 1916 in Rüstringen bei Wilhelmshaven geborene Tochter Sjut und Helene Habbens. 1949 wurde den Eheleuten eine Tochter geboren. Seit 1951 war Werner Dobelmann Gründungsmitglied des Kreisheimatbundes Bersenbrück (KHBB), seit 1976 dessen Ehrenmitglied.

Lebensabend

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Kotten der Dobelmanns in Rüssel 1972-1989
1972 erwarben die Dobelmanns das ehemalige Heuerhaus (Kotten) des Hofes Wiese<ref>Nach dem Registrum bonorum mensae episcopalis Osnabrugensis (um 1239/40) gehörten vier nördlich von diesem angesiedelte Höfe dem karolingischen Schultenhof von Rüssel an (in Hofrusle IV domus ...), namentlich der mansus Ghereberti, der mansus Gerhardi, der mansus Wicboldi und der mansus Werneri, Justus Möser, Osnabrückische Geschichte; 4. Urkunden (Sämmtliche Werke; 8), 2. Auflage Berlin 1858 (1. Auflage 1843) (posthum), S. 374-415, 381. 375 (CCXXIII). Die Flurkarte von 1788 (StAO K 100 Nr. 1 / 27 a, in Umzeichnung gegeben bei: Werner Dobelmann, Das neue Haus, in: Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land [12] (1985), S. 36-39, 37) weist an ihrer Stelle noch drei Höfe aus, namentlich Bune, Wibbeler und Wiese, Hermann Rothert, Die Besiedelung des Kreises Bersenbrück. Ein Beitrag zur Siedlungsgeschichte Nordwestdeutschlands (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für die Provinz Westfalen; 15), Quakenbrück 1924, S. 53 Anmerkung 2. Zur Geschichte des Hofes Wiese liegt ein Typoskript Werner Dobelmanns vor; zum Neubau des Wiese'schen Erbwohnhauses 1776-78 Werner Dobelmann, Das neue Haus, in: Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land [12] (1985), S. 36-39.</ref> in der alten Bauerschaft Rüssel<ref>Rislaun, Detlev Hellfaier, Martin Last, Historisch bezeugte Orte in Niedersachsen bis zur Jahrtausendwende. Gräberfelder der Merowinger- und Karolingerzeit in Niedersachsen (spätes 5. bis 9. Jahrhundert) (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen; II. Studien und Vorarbeiten zum Historischen Atlas Niedersachsens; 26), Hildesheim 1976, S. 15 (Nr. 49); ahd. hris, ris, nhd. reis, mhd. rise <Abhang, Rinne an einem Berge>, vgl. aber auch Rieth, nieders. Reet <Schilf>, <Binse>; lat. lucus <Hain>, ahd. lôh, mhd. lô(ch), mnd. <Hain, Lichtung, Wald>, Ernst Förstemann, Altdeutsches Namenbuch; 2. Ortsnamen, Nordhausen 1859, Sp. 902 f. 1186 f.; Kirstin Casemir, Uwe Ohainski, Niedersächsische Orte bis zum Ende des ersten Jahrtausends in schriftlichen Quellen (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen; II; Studien und Vorarbeiten zum Historischen Atlas Niedersachsens; 34), Hannover 1995, S. 138 f.</ref> bei Ankum. Der archäologische Befund Carl Schuchhardts von 1891 weist Rüssel als eine karolingische curtis des frühen 9. Jahrhunderts aus,<ref>August von Oppermann †, Carl Schuchhardt, Atlas vorgeschichtlicher Befestigungen in Niedersachsen. Originalaufnahmen und Ortsuntersuchungen, Hannover 1888-1916, S. 12 f., Rn. 50 (Die Entwicklung des vor- und frühgeschichtlichen Burgenbaues in Niedersachsen). S. 4, Rn. 17 f. (Die einzelnen vorgeschichtlichen Befestigungen zwischen Ems und Ocker). S. 132, Rn. 501 (Nachträge an Ausgrabungen und Beobachtungen). Tf. IX; Hermann Rothert, Die Besiedelung des Kreises Bersenbrück. Ein Beitrag zur Siedlungsgeschichte Nordwestdeutschlands (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für die Provinz Westfalen; 15), Quakenbrück 1924, S. 51-55.</ref> als »ein[en] Königshof mit Hauptburg und Vorburg [...]. Rüssel war eine hochentwickelte karolingische Domäne mit Acker-, Obst-, Weinbau und Raseneisensteinverhüttung, dann bischöfliches Tafelgut«.<ref>Hans Dörries, Entstehung und Formenbildung der Niedersächsischen Stadt. Eine vergleichende Städtegeographie (Forschungen zur Deutschen Landes- und Volkskunde; 27,2), Stuttgart 1929, S. 138.</ref> Hermann Gottlieb Friedrich Hartmann spricht das Gelände südwestlich des karolingischen Schultenhofes als die Stätte einer diesem vorgängigen Burg Widukinds von einem Grundriß von 18 x 18 Metern (mutmaßlich 5,4 x 5,4 Meter)<ref>Nach Heinrich Siemer unterlief Hartmann mutmaßlich eine Verwechslung der Maßeinheiten infolge der Umstellung auf das metrische System durch die Pariser Meterkonvention von 1875; es sei den aufgedeckten Grundmauern von Hartmann demnach tatsächlich das Maß 18 x 18 Fuß und somit 5,4 x 5,4 Meter abgenommen worden, Heinrich Siemer, Die Steinwerke im Dorf und Kirchspiel Ankum, Ankum 2000, S. 146 f.</ref> sowie weit ausgreifenden Wallanlagen an.<ref>Hermann Hartmann, Die Wittekindsburgen im Hochstift Osnabrück, in: Mittheilungen des historischen Vereins zu Osnabrück 11 (1878), S. 214-29, 224-29 mit beigegebenem Plan. Rudolf von Stoltzenberg-Luttmersen tritt dieser Ansicht entgegen, Rudolf von Stoltzenberg-Luttmersen, Die alten Wälle und Verschanzungen auf dem Schultenhofe zu Russel bei Ankum, im Volksmunde Wittekindsburg genannt, in: Hannoverscher Courier. Zeitung für Norddeutschland – Hannoversche Anzeigen 34 (1887), Nr. 14657, Abend-Ausgabe vom 25. Juni 1887, S. 1 f., 2.</ref> Carl Schuchhardt vermutet mit Rudolf von Stoltzenberg-Luttmersen und auf Grundlage von dessen im Beisein Wilhelm Hardebecks 1887 durchgeführten Grabung<ref>Rudolf von Stoltzenberg-Luttmersen, Die alten Wälle und Verschanzungen auf dem Schultenhofe zu Russel bei Ankum, im Volksmunde Wittekindsburg genannt, in: Hannoverscher Courier. Zeitung für Norddeutschland – Hannoversche Anzeigen 34 (1887), Nr. 14657, Abend-Ausgabe vom 25. Juni 1887, S. 1 f.</ref> an dieser Stelle gar die Überreste eines römischen Kastells vor sich zu haben.<ref>Carl Schuchhardt, Drei Römerkastelle an der Hase, in: Mittheilungen des historischen Vereins zu Osnabrück 16 (1891), S. 315-59, 341-44, mit Tf. 12.</ref> Erstmals urkundlich greifbar wird Rüssel als Rislaun in dem den Getreuen Herigisus begabenden privilegium Kaisers Otto II. vom 29. Oktober 977.<ref>Monvmenta Germaniae Historica. Diplomatvm regvm et imperatorvm Germaniae; 2. Ottonis II. et III. diplomata (MGH DD O II/O III, ed. Theodor Sickel), Hannover 1893, S. 192 f., 193 (Nr. 169); vgl. auch in deutscher Paraphrase: Heinrich August Erhard (Hrsg.), Regesta historiae Westfaliae. Accedit codex diplomaticus. Die Quellen der Geschichte Westfalens, in chronologisch geordneten Nachweisungen und Auszügen, begleitet von einem Urkundenbuche; 1. Von den ältesten geschichtlichen Nachrichten bis zum Jahre 1125. Mit Monogrammen- und Siegel-Abbildungen, Münster in Westfalen 1847, S. 436 f. (Nr. 638).</ref> In dem Registrum bonorum mensae episcopalis Osnabrugensis (um 1239/40) wird Rusle als Curia (Dinghof, Fronhof, Schultenhof, Haupthof) des Bischofs von Osnabrück angesprochen.<ref>Justus Möser, Osnabrückische Geschichte; 4. Urkunden (Sämmtliche Werke; 8), 2. Auflage Berlin 1858 (1. Auflage 1843) (posthum), S. 374-415, hier 374-76 (CCXXIII). Allgemein Werner Dobelmann, Der Schultenhof zu Rüssel, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt 13 (1962), Nr. 3 (März 1962), S. 9-11, wiederabgedruckt in: Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land [13] (1986), S. 56-61.</ref>
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Widukind-Burg in Rüssel, nach von Oppermann 1885/88
In die Zeit unmittelbar nach der Abfassung dieses Tafelgutregisters datiert Werner Dobelmann die an Vorbildbauten in Osnabrück orientierte Errichtung des Steinwerkes<ref>Bereits im altsächsischen Epos Heliand ist um 830 von stênuuerco die Rede, Heliand LXVI, 5574-77: Thu sagdas that thu mahtis an ênon dage | all teuuerpan / that hôha hûs | heƀancuninges, / stênuuerco mêst | endi eft standan giduon / an thriddion dage [...]; »Du getrautest dich, an einem Tag zu zerstören / Das hohe Haus des Himmelskönigs, / Der Steinwerke stärkstes, und es erstehn zu lassen / Am dritten Tage [...]«, Übertragung nach dem Altsächsischen von Karl Simrock, Heliand. Christi Leben und Lehre, 2. Auflage Elberfeld 1866, S. 257 (Golgatha).</ref> auf dem Schultenhof zu Rüssel,<ref>Werner Dobelmann, Wehrtürme im Kirchspiel Ankum; [1], in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt [19] (1968), Nr. 2, S. 8; Werner Dobelmann, Wehrtürme im Kirchspiel Ankum; [2], in: Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land [7] (1980), S. 35-39, 38 f.</ref> dessen Zweck es gewesen sei, diesen
»mit Abstand bedeutendsten Haupthof der Bischöfe im Osnabrücker Lande und Sitz des höchsten Verwaltungsbeamten im Osnabrücker Nordlande [...] gegen räuberische Angriffe zu schützen. Auf dem Schultenhofe flossen die Natural- und Geldeinnahmen von 34 Unterhöfen, 7 Oberhöfen mit 62 Zinshöfen und von 82 Freihöfen, insgesamt also von 185 Höfen zusammen, wo sie bis zu ihrem Transport nach Osnabrück gelagert wurden. Daß der hier zeitweilig angehäufte Reichtum oftmals begehrliche Blicke anderer Großer auf sich zog, ist durchaus verständlich.<ref>»Hinzu kam, daß bei der noch mangelnden Rechtspflege das Faustrecht weitverbreitet war. Die rechtlich erlaubte Selbsthilfe in Streitigkeiten rief zahlreiche Privatfehden hervor, die sich durchweg in Raubüberfällen auf gegnerische Besitzungen äußerten«, Werner Dobelmann, Wehrtürme im Kirchspiel Ankum; [2], in: Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land [7] (1980), S. 35-39, 37 f.</ref> [...] Die Steinwerke für sich allein stellten zwar kein wirksames Verteidigungswerk dar. Sie müssen aber im Zusammenhang mit den Landwehren<ref>Dazu Werner Dobelmann, Landwehren im Osnabrücker Nordland, in: Heimat gestern und heute. Mitteilungen des Kreisheimatbundes Bersenbrück 16 (1969), S. 129-180.</ref> gesehen werden, die das Land an den Grenzen von Gemeinden und Kirchspielen überall dort überzogen, wo nicht Moore und Sümpfe den Zugang unpassierbar machten.«<ref>Werner Dobelmann, Wehrtürme im Kirchspiel Ankum; [1], in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt [19] (1968), Nr. 2, S. 8.</ref>

Bis zu seinem Tode 1985 lebte und arbeitete Werner Dobelmann zusammen mit seiner ihm 1989 in die Ewigkeit folgenden Gerda in dem renovierten Kotten. Die Eheleute liegen auf dem Friedhof der Pfarrei St. Nikolaus in Ankum bestattet.

Wissenschaftsgeschichtliche Einordnung des Gesamtwerkes

Dem literarischen Schaffen Werner Dobelmanns lag ein unerschütterliches wie verhalten zuversichtliches Bekenntnis zur Heimat zugrunde. So schreibt Dobelmann 1981, es möge indessen durchaus

»Menschen geben, die den Wert eines Gemeinwesens nur nach Einwohnerzahl und Steueraufkommen messen, die die Stetigkeit und den ruhigen Pulsschlag des Lebens [...] bedauern. Zweifellos gibt es Gemeinden, die sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten stärker entwickelt haben. Sie haben das aber meistens mit erheblichen Verlusten an Tradition, an gewachsenem Lebensstil und sicherer Gelassenheit bezahlen müssen. [...] Der Begriff Heimat, oft zu Unrecht belastet mit dem Odium des Unzeitgemäßen, hat in unseren Tagen an Aktualität nichts verloren. Kenntnis der Heimat und Verbundenheit mit ihr ist auch heute eine der Quellen, aus der die Verantwortung für die Gemeinschaft wächst. So gesehen, ist Heimatgeschichte nicht ein Traum von der ›guten alten Zeit‹, sondern Tradition im besten Sinne und belebender Ansporn, die anvertrauten Werte zu erhalten als Grundlage zu neuem Schaffen für die Zukunft.«<ref>Werner Dobelmann, Berge. Geschichte einer Landgemeinde, Berge 1981, S. 203.</ref>
Datei:Martin Heidegger - Der Feldweg.jpg
Martin Heidegger, Der Feldweg (1949)
In einer solchen autochthonen Haltung,<ref>Zur Ideengeschichte der Bodenständigkeit Ralf Bormann, Das falsch vermessene Kunstwerk. Zur kunstgeographischen Bestimmung stilistischer Stetigkeit im zeitlichen Wandel (Univ.-Diss.), Münster in Westfalen 2010, passim [1].</ref> die sich »nicht in gewollten Augenblicken einer genießerischen Versenkung und künstlichen Einfühlung, sondern nur« sich einstelle, »wenn das eigene Dasein in seiner Arbeit steht«,<ref>Martin Heidegger, Schöpferische Landschaft: Warum bleiben wir in der Provinz? (1933), in: ders. (ed. Hermann Heidegger), Aus der Erfahrung des Denkens. 1910-1976 (Gesamtausgabe, I. Abteilung: Veröffentlichte Schriften 1910-1976; 13), Frankfurt am Main 1983, S. 9-13, 10. »Die Arbeit öffnet erst den Raum« für die heimatliche Landschaft, der »Gang der Arbeit bleibt in das Geschehen der Landschaft eingesenkt. [...] Ich werde einfach in die Eigenschwingung der Arbeit versetzt und bin ihres verborgenen Gesetzes im Grunde gar nicht mächtig«, ebenda, S. 10 f. Hervorhebungen im Original.</ref> und mit einer ostinaten Einstreuung ruraler Sprachbilder<ref>Z. B. Werner Dobelmann, Der Bauer, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt 4 (1953), Nr. 8 (Juni 1953), S. 32, wiederabgedruckt in: Heimat-Kalender für den Kreis Bersenbrück (Artländer Haus- und Taschen-Kalender) (1958), S. 122: »Mit ernstem, gläubigem Angesicht / schritt er durch’s erste Morgenlicht / und ließ in andachtsvollem Sinnen / die köstlichen Saaten zur Erde rinnen. / Er weiß, daß aus dieser fruchtbaren Erde / ein neuer Erntesegen ihm werde. / Drum blickt er ganz ruhig und unverwandt / hin auf das nackte und tote Land; / denn schon spürt er in frohem, beglückendem Schauern: / dies Land wird Mensch und Zeit überdauern, / und ewig wird ihm der Herrgott geben / das stets sich erneuernde, machtvolle Leben!«</ref> rückt das Werk Werner Dobelmanns in den gedanklichen Umkreis der existentialistischen Fundamentalontologie Martin Heideggers, in dessen Betrachtungen zum »Feldweg« von 1949 es heißt, das »Einfache« verwahre
»das Rätsel des Bleibenden und des Großen. Unvermittelt kehrt es bei den Menschen ein und braucht doch ein langes Gedeihen. Im Unscheinbaren des immer Selben verbirgt es seinen Segen. Die Weite aller gewachsenen Dinge, die um den Feldweg verweilen, spendet Welt. [...] Aber der Zuspruch des Feldweges spricht nur so lange, als Menschen sind, die, in seiner Luft geboren, ihn hören können. Sie sind Hörige ihrer Herkunft, aber nicht Knechte von Machenschaften. Der Mensch versucht vergeblich, durch sein Planen den Erdball in eine Ordnung zu bringen, wenn er nicht dem Zuspruch des Feldweges eingeordnet ist. Die Gefahr droht, daß die Heutigen schwerhörig für seine Sprache bleiben. Ihnen fällt nur noch der Lärm der Apparate, die sie fast für die Stimme Gottes halten, ins Ohr. So wird der Mensch zerstreut und weglos. Den Zerstreuten erscheint das Einfache einförmig. Das Einförmige macht überdrüssig. Die Verdrießlichen finden nur noch das Einerlei. Das Einfache ist entflohen. Seine stille Kraft ist versiegt. Wohl verringert sich rasch die Zahl derer, die noch das Einfache als ihr erworbenes Eigentum kennen. Aber die Wenigen werden überall die Bleibenden sein. Sie vermögen einst aus der sanften Gewalt<ref>Vgl. dazu Adalbert Stifter, der 1853 das »sanfte Gesetz zu erblicken« sucht, »wodurch das menschliche Geschlecht geleitet wird«, Adalbert Stifter (ed. Helmut Bergner), Bunte Steine; 2. Buchfassungen (1853) (Werke und Briefe. Historisch-kritische Gesamtausgabe, hgg. von Alfred Doppler, Wolfgang Frühwald; 2), Stuttgart Berlin, Köln, Mainz 1982, S. 12. – Bertolt Brecht schreibt in den »Svendborger Gedichten« davon, daß »das weiche Wasser in Bewegung / Mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt. / Du verstehst, das Harte unterliegt«, Bertolt Brecht, Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration (1938) (Svendborger Gedichte), in: ders. (ed. Elisabeth Hauptmann), Gedichte; 2 (Gesammelte Werke in 20 Bänden; 9), Frankfurt am Main 1968 (1967), S. 660-63, 661 (5).</ref> des Feldweges die Riesenkräfte der Atomenergie zu überdauern, die sich das menschliche Rechnen erkünstelt und zur Fessel des eigenen Tuns gemacht hat. Der Zuspruch des Feldweges erweckt einen Sinn, der das Freie liebt und auch die Trübsal noch an der günstigen Stelle überspringt in eine letzte Heiterkeit. Sie wehrt dem Unfug des nur Arbeitens, der, für sich betrieben, allein das Nichtige fördert.«<ref>Martin Heidegger, Der Feldweg (1949), in: ders. (ed. Hermann Heidegger), Aus der Erfahrung des Denkens. 1910-1976 (Gesamtausgabe, I. Abteilung: Veröffentlichte Schriften 1910-1976; 13), Frankfurt am Main 1983, S. 87-90, 89 f.</ref>

Werke (Auswahl)

Werner Dobelmanns lebenslanger Archivarbeit hervorgegangenes Gesamtwerk umfasst 18 Monographien, weit über 2000 Aufsätze, Beiträge und Artikel in Sammelwerken, Zeitschriften (Mitteilungen des Kreisheimatbundes Bersenbrück, Heimat-Kalender für den Kreis Bersenbrück, Heimat-Jahrbuch für den Kreis Bersenbrück, Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land, Am heimatlichen Herd, Westfälischer Heimatkalender usf.) und Tageszeitungen (Westfälische Nachrichten, Münstersche Zeitung, Bersenbrücker Kreisblatt, Bramscher Nachrichten usf.), eine Reihe typographisch vorliegender Historiographien artländischer Höfe sowie unveröffentlichte Manuskripte, unter anderem zur »Münsterischen Mühlengeschichte« (1972), und eine Vielzahl bislang unpublizierter Aufsätze. Insbesondere die in den 1970er Jahren veröffentlichten Monographien, welche die Geschichte einer Reihe 1975 der Stadt Münster eingemeindeter Ortschaften traktieren (z. B. »Kirchspiel und Stift St. Mauritz in Münster« von 1971), gelten der geschichtswissenschaftlichen sowie kunsthistorischen Auseinandersetzung mit der Stadtgeschichte Münsters als unentbehrliche quellenkundliche Referenzwerke.

  • Auf alten Wegen im Kreise Bersenbrück, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt [1] (1950), Nr. 1 vom 12. August 1950, S. 2 f.
  • Vom Grundeigentum des Klosters Börstel, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt [1] (1950), Nr. 5 vom 6. Oktober 1950, S. 18-20
  • Das Buch vom Kreise Bersenbrück. Eine Heimatkunde für Schule und Haus, Quakenbrück 1953
  • Das Lied der Mühlen. Wasser- und Windmühlen im Osnabrücker Nordlande, in: Mitteilungen des Kreisheimatbundes Bersenbrück 3 (1953), S. 42–54
  • Grabsteine in der Börsteler Stiftskirche, in: Heimat-Kalender für den Kreis Bersenbrück (Artländer Haus- und Taschen-Kalender) (1956), S. 91-94
  • Lebensbilder aus dem Osnabrücker Nordland (Schriftenreihe des Kreisheimatbundes Bersenbrück; 8), Quakenbrück 1962
  • Ein altes Heuerlingsgeschlecht (Heimat gestern und heute. Mitteilungen des Kreisheimatbundes Bersenbrück; 11), Quakenbrück 1963
  • Vergilbte Blätter. Aus Bramsches Vergangenheit, Bramsche, 2. Auflage 1982 (1. Auflage 1964)
  • Das Zehntwesen im Osnabrücker Nordlande, in: Heimat gestern und heute. Mitteilungen des Kreisheimatbundes Bersenbrück 15 (1968), S. 43–106
  • Wehrtürme im Kirchspiel Ankum; [1], in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt [19] (1968), Nr. 2, S. 8
  • Landwehren im Osnabrücker Nordland, in: Heimat gestern und heute. Mitteilungen des Kreisheimatbundes Bersenbrück 16 (1969), S. 129–180
  • Kirchspiel und Stift St. Mauritz in Münster. Ursprung und Werdegang eines Stadtviertels und seines Vorlandes, Münster in Westfalen 1971
  • Amelsbürener Chronik. Geschichte einer ländlichen Gemeinde, Münster in Westfalen 1974
  • Angelmodde. Geschichte einer Stadtrandgemeinde, Münster in Westfalen 1974
  • Handorf gestern und heute. Geschichte einer dörflichen Siedlung, Münster in Westfalen 1974
  • Hiltrup, Münster in Westfalen 1974
  • Albersloh. Geschichte einer Landgemeinde, Münster in Westfalen 1976
  • Die Taufkirche im Farngau, in: Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land [4] (1977), S. 154-58
  • Geschichte und Entwicklung des Osnabrücker Nordlandes (Der Altkreis Bersenbrück; 3; Heimat gestern und heute. Mitteilungen des Kreisheimatbundes Bersenbrück; 22), Quakenbrück 1979
  • Mühlen des Osnabrücker Nordlandes. Von Wasser- und Windmühlen, von Roß- und Handmühlen (Schriftenreihe des Kreisheimatbundes Bersenbrück; 16), Quakenbrück 1980
  • Wehrtürme im Kirchspiel Ankum; [2], in: Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land [7] (1980), S. 35-39
  • Berge. Geschichte einer Landgemeinde, Berge 1981
  • Entstehung und Entwicklung des Ortes Bersenbrück, in: Franz Buitmann, Werner Dobelmann, Franz Hülsmann, Ernst Schulte (Red.), Bersenbrück. Stadt im Osnabrücker Land. Beiträge zum Jubiläumsjahr 1981 in Wort und Bild. 750 Jahre Bersenbrück – 25 Jahre Stadt, Bersenbrück 1981, S. 27[26]–84
  • mit Franz Buitmann (Bearb.), Schulgeschichte des Osnabrücker Nordlandes; 1. Entwicklung bis zu den Schulreformen Mitte des 20. Jahrhunderts (Der Altkreis Bersenbrück; 6; Heimat gestern und heute; 25), Bersenbrück 1986 (posthum)
  • Die Hase prägte das Osnabrücker Nordland. Geographische und geschichtliche Aspekte, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt 37 (1986), Nr. 1 (März 1986), S. 1-4 (posthum)
  • Die Entstehung der Eigenbehörigkeit/Die Aufhebung der Eigenbehörigkeit, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt 40 (1989), Nr. 4 (August 1989), S. 16. 19 f. (posthum)

Sekundärliteratur

  • Herbert Clauß, Verdienstvolle Heimatforscher des Altkreises Bersenbrück. Werner Dobelmann – Dr. August Schröder, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt (1976), Nr. 3 (September 1976), S. 11
  • Franz Feldkamp, Werner Dobelmann. Der unermüdliche Heimatforscher und Heimatschriftsteller des Osnabrücker Nordlandes, in: Heimat-Heft für Dorf und Kirchspiel Ankum 13 (2010), S. 6–14

Einzelnachweise

<references />

Weblinks