17. Jahrhundert


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Das 17. Jahrhundert begann am 1. Januar 1601 und endete am 31. Dezember 1700. In Europa wurden ca. 22 Kriege geführt und die religiösen und dynastischen Spannungen erreichten im Dreißigjährigen Krieg ihren Höhepunkt. Diese lang anhaltende Kriegskatastrophe betraf nahezu den gesamten Kontinent, verwüstete und entvölkerte ganze Landstriche. Der „Westfälische Friede“ hatte eine Glaubensspaltung zur Folge und die mittelalterliche Feudalordnung löste sich weiter auf. Die Nationalstaaten wurden souverän und die deutsche Kleinstaaterei nahm ihren Anfang. Die zweite türkische Belagerung von Wien konnte nach der Bildung einer großen militärischen Koalition durch das „Christliche Abendland“ im Frieden von Karlowitz beendet werden. Der „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. wandte sich von der religiösen Toleranz ab. Die Renaissance wurde durch die Philosophie der Aufklärung fortgesetzt. Erfindungen und Entdeckungen durch Galilei, Newton, Descartes und Leibniz konnten Veränderungen bewirken und soziale Gegensätze verschärften sich.

Epochensetzungen

Im deutschen Sprachraum etablierte sich in der Kunst- und Literaturgeschichte im 20. Jahrhundert eine Perspektive auf das Barock als Stilideal des 17. Jahrhunderts. England und den Niederlanden wird dabei zugestanden, diese Phase kaum ausgeprägt zu haben, hier habe die Aufklärung Mitte des 17. Jahrhunderts bereits begonnen. Das Wort Barock hatte im 17. Jahrhundert keine Bedeutung. Ein Epochenverzug zwischen den Niederlanden und England hier und dem (noch barocken) Kontinent da, ließ sich im 17. Jahrhundert noch viel weniger behaupten. Das europäische Kommunikationsnetz und der intensive Kulturaustausch gestattete europaweit das Gefühl, im selben Jahrhundert zu leben.

Statt vom Barock zu sprechen, sprach man von nationalen Geschmäckern. In der Musik wurden Opern im französischen und im italienischen Stil komponiert; der deutsche Stil wurde demgegenüber als „gemischter“ gehandelt. Mit Lust am „Curieusen“ kamen in dieselben Opern und Ballette jederzeit nach Bedarf „türkische“ oder „polnische“ Tanzsätze, die nur entfernt mit Musik Polens und der Türkei zu tun hatten, jedoch angenehm fremd im Spektrum anmuteten. Französischer und italienischer Geschmack bestimmte ebenso die Architektur. In der Malerei prägte neben diesen beiden Stilen der niederländische Stil mit seinen Landschafts- und Architekturbildern sowie der Genremalerei den internationalen Kunstmarkt.

Man strebte Kunstfertigkeit, Eleganz, Neuheit an – das 17. Jahrhundert brachte im selben Streben keine Literatur-, Kunst- oder Musikgeschichte auf, mit der sich die Gegenwart in immer neuen Schüben von einer laufend neu geschaffenen Vergangenheit abgegrenzt hätte. Es gab aus europäischer Sicht nur eine einzige Moderne, die sich bis 1650 in Orientierung an die Antike vom Mittelalter abgrenzte. Diese Abgrenzung wurde mit der „Querelle des Anciens et des Modernes“ Ende des 17. Jahrhunderts komplexer: Die Moderne grenzte sich nun zunehmend auch von der Antike ab, die in einzelnen Werken (wie etwa den Epen Homers) nun unerträglich roh erschien. Man strebte nach vollendeten Kunstwerken, nicht nach einem permanenten Wechsel der Epochen und produzierte in dieser Situation keine eigene Epocheneinschätzung, der unser heutiger Begriff des Barock entsprechen könnte. Unsere (in der Essenz meist negativen) Attribute des Barocken (Schwulst, hohles Pathos etc.) hätte man auf alle Fälle als nicht auf das eigene Streben nach Moderne zutreffend abgelehnt.

Gleichzeitigkeit ließ sich in der Abgrenzung des Mittelalters von der Antike definieren. Positiv manifestierte sie sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Europa als eigene Europamode (siehe das Stichwort Galant). Sie wurde getragen vom europäischen Ideal der französischen „Galante Conduite“, die sich ab den 1640ern ausbreitete und im höfischen Umgang das strengere „spanische“ Zeremoniell ablöste. Natürlichkeit, Eleganz, Wendigkeit sprachen für die neue Mode, die unter dem Wort des Galanten insbesondere in Deutschland einen Stilbegriff fand, der bis in die 1720er fortlaufen sollte.

Noch weitaus weniger ließen die politischen Ereignisse Sonderwege zu. Der Dreißigjährige Krieg, in der Zeit der „große deutsche Krieg“ genannt, war ein internationales Ereignis, das Machtinteressen von Schweden bis Frankreich involvierte. Die Konflikte mit dem expandierenden Osmanischen Reich zwangen Europa zu einer Wahrnehmung internationaler Ereignisse. Schließlich entwickelten sich Beziehungsgeflechte auf dem Gebiet der Religion, die gerade Südost-Europa neu einbanden: Protestantische Kleingruppen erhielten in Polen, Ungarn und Siebenbürgen zeitweilig lokalen Schutz und hatten Einfluss auf die politischen Ereignisse (so begünstigten Initiativen protestantischer Gruppen in Ungarn den Vorstoß des Osmanischen Reichs auf die habsburgischen Lande in den frühen 1680ern). Ein sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts rapide ausbreitendes Zeitungswesen sorgte für einen zunehmend einheitlichen Informationsstand in Europa.

Man wahrt europäische Perspektiven in rückblickenden historischen Darstellungen in Anbetracht dieser Umstände präziser, wenn man Stilideale und Moden unter den Begrifflichkeiten der Zeit erfasst und ansonsten vom 17. Jahrhundert spricht. In der internationalen Forschung setzte sich als größerer Rahmen hierfür der Begriff der Frühen Neuzeit durch, die vom Mittelalter bis in die Französische Revolution reicht und damit den größeren Zeitraum 1500–1800 abdeckt, über den nun beliebig differenziert gesprochen werden kann – deutsch mit einem Interesse am Barock, von dem sich die Aufklärung abgrenzen kann oder internationaler mit Erörterungen von Entwicklungen, die sich in der Zeit bereits benennen ließen.

Wirtschaftliche und politische Entwicklungen

Europa

Spaniens Macht als die Nation, die Südamerika entdeckte und ausbeutete, brach bereits im Lauf des 16. Jahrhunderts in sich zusammen. Der Import von Gold nach Europa stattete die reiche Schicht Spaniens mit Geld aus, das mit fortlaufendem Goldimport jedoch stets an Wert verlor. Spanien nahm geschützt durch den eigenen Reichtum gleichzeitig nicht am Aufbau der Infrastruktur teil, die im Lauf des 19. Jahrhunderts Europas Industrienationen ermöglichen sollte. Die spanische Flotte, Garantin der Vormacht, entwickelte sich nicht zur Weltmacht, die den Vorsprung der Finanzmacht verteidigen konnte – hier fehlte eine Verbindung von Staatsmacht und Wirtschaft. Weitaus effektiver wurden die Flotten der Niederlande und Großbritanniens für engere Kooperationen zwischen privatwirtschaftlichen Handelsorganisationen (Niederländische Ostindien-Kompanie und Britische Ostindien-Kompanie) und dem Staat genutzt.

Die Niederlande wurden die große Wirtschaftsmacht des mittleren 17. Jahrhunderts, Großbritannien übernahm diese Position in den letzten Jahrzehnten des Jahrhunderts. Wirtschaftskraft lag, wie sich im 17. Jahrhundert herausstellte, weniger im Geldbesitz als in der Fähigkeit aus Warenhandel und Finanzverkehr Mehrwerte schaffen zu können. Die Niederlande demonstrierten dies als Staatsverband, der über keine Rohstoffe verfügte und in der landwirtschaftlichen Produktion unbedeutend blieb. Amsterdam gewann als wichtigster europäischer Handelsplatz zentrale Bedeutung. Finanzielle Transfers bewegten theoretisch große Mengen an Edelmetall, mit denen die Zahlungen geschahen. Tatsächlich wurde an der Börse über ein Wechselsystem weitgehend bargeldlos gehandelt. Geld blieb als finanzielle Deckung der Warentransfers an den Orten, die miteinander handelten. Gegeneinander verrechnet wurden im Wechselgeschäft, das die Börsen abwickelten, effektiv Warenlieferungen. Je größer die Warenlieferungen, die in einer Handelsstadt in verschiedene Richtungen angeboten wurden, desto größer wurde ihr Gewicht als Ort, an dem die Handelsleistungen provisorisch gegeneinander verrechnet werden konnten – das ist verkürzt erklärt das System, das im 17. Jahrhundert Amsterdams Börse zum größten Finanzumschlagplatz machte. Im frühen 18. Jahrhundert übernahm London als Metropole des Welthandels diese Position: Mit einem größeren Warenumsatz, der in London zwischen Handelsorten in aller Welt verhandelt wurde, korrelierte der größere bargeldlose Finanztransfer, der den Warentransfer deckte.

Die Niederlande deckten ihre Kraft als seefahrende Handelsmacht durch eine Militärmacht, die die Handelsinteressen weltweit sicherte – die Initiative blieb dabei zersplittert in der Hand von Handelsgesellschaften und Städten, die gemeinsam den Gulden durch das 17. und 18. Jahrhundert mit einem stabilen Wert von 9,6 g Feinsilber zur sichersten europäischen Währung machten. Niederländische Münzen eroberten den Levantehandel zwischen Venedig und der Türkei dank dieser Stabilität.

England hatte bis in die 1660er kaum eine Möglichkeit mit den Niederlanden zu konkurrieren. Der Bürgerkrieg verhinderte in den Jahren 1640 bis 1660 eine Bündelung der Kräfte zwischen Londons Wirtschaftsmacht und der englischen Krone. Die 1660er brachten Großbritannien zunächst nur eine unsichere Stabilität – erst die Glorious Revolution von 1688 besserte die Lage. In ihren Folgen war diese zweite Revolution Großbritanniens für die Niederlande verheerender als die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen beiden Nationen in den 1670ern im Kampf um die Vormacht zur See. Die Glorious Revolution führte zur vorübergehenden Einigung der Nationen unter der Krone Wilhelms III. von Oranien, Wilhelm entschied sich als König von größtem Einfluss in seiner Heimat für militärische Aktionen der Niederlande und Großbritanniens gegen Frankreich – für Auseinandersetzungen, in denen Großbritannien sich als die Macht herauskristallisierte, die in Europa das Gleichgewicht der Mächte bestimmen konnte.

Zu den Faktoren, die Ende des 17. Jahrhunderts Amsterdam gegenüber London an Macht als Finanzumschlagplatz verlieren ließen, gehörten neben der politischen Stabilisierung auch die der englischen Währung. Die international stabile Münze war bis hierhin der niederländische Silbergulden. Die Währung mit Zukunft wurde das britische Pfund Sterling, das nach einer Entwertung des kursierenden Silbergeldes gegenüber dem kursierenden Gold (und nach konsequentem Abfluss des international gehandelten Silbers) gegenüber dem Gold stabilisiert wurde. Großbritannien führte in dieser Krise effektiv die Golddeckung der eigenen Währung ein – ein zukunftsweisender Schritt. Zu einem weiteren Faktor, der London gewinnen ließ, gehörte mehr noch der nun massiv wachsende Handel mit den Kolonien und Indien. Großbritannien besiedelte Nordamerika mit Flüchtlingsströmen – eine neue Situation gegenüber der auf Plantagen gestützten Ausbeutung der Kolonien, die Spanien aufgebaut hatte und gegenüber dem internationalen Handel mit eigenen Handelsstützpunkten, den die niederländischen Handelsgesellschaften betrieben.

Mitteleuropa und Skandinavien gewannen in den kriegerischen Auseinandersetzungen des Jahrhunderts nicht die Position, aus der sich eine wirtschaftliche Konsolidierung erzielen ließ. Nachteilig war für die deutschen Territorien dabei insbesondere die Binnenlage und die politische Zersplitterung. Lediglich Hamburg konnte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts vom Seehandel erheblich profitieren – Hamburg dominierte den skandinavischen Handel und den Handel mit Zucker in Nordeuropa – fungierte jedoch nicht London vergleichbar als Hauptstadt. Leipzig gewann in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts unter den deutschen Städten gegenüber Nürnberg und Augsburg Gewicht durch die Messen, über die ein größeres Volumen des kontinentalen Ost-West-Handels abgewickelt wurde – eine politische Macht im deutschen Sprachraum kam Leipzig dabei ebenso wenig wie Hamburg zu.

Eine Veränderung dieser Lage sollte sich erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und im 19. Jahrhundert mit der Industrialisierung ergeben, die Wirtschaftsstandorte mit fossilen Energiereserven – Kohlevorkommen – interessant machte und das sich einigende deutsche Reich als kontinentalen Wirtschaftsstandort an Bedeutung gewinnen ließ.

Frankreich konnte im Lauf des 17. Jahrhunderts als militärisch geschützter großer Flächenstaat politische Macht gewinnen, Macht der französischen Krone, die Gewinne aus dem Staat zog und in den Aufbau einer Armee investierte, die unter Ludwig XIV. zur europäischen Bedrohung wurde. Im Welthandel erwies sich Frankreich mit dieser Struktur den Niederlanden und Großbritannien zunehmend unterlegen.

Politische Entwicklungen: Europa

Konfessionalisierung politischer Auseinandersetzungen

Die Reformation hinterließ dem 17. Jahrhundert eine konfessionell gegliederte Landkarte. Luther hatte früh weltliche Herrschaft für den Schutz der neuen Konfession gewonnen. Für weltliche Herrschaften lag wenig später im Bekenntnis zur neuen Religion die Chance, mit dem Religionswechsel gegenüber dem mehrheitlich katholischen Reichsverband auf Distanz zu gehen. Eine Schwächung des Kaisertums war im deutschsprachigen Raum die Folge. Die neue Religion selbst spaltete sich unverzüglich in Lutheraner, Reformierte und dissidente Gruppen, die sich weigerten, Bündnisse der neuen Religion mit weltlicher Macht anzuerkennen. Nord- und Mitteldeutschland wurden mit der Reformation lutherisch, die Schweiz und die heutigen Niederlande wurden reformiert, die Spanischen Niederlande, das heutige Belgien, blieben katholisch. England führte unter Heinrich VIII. die Reformation ein, das Ziel war hier stärker als auf dem Kontinent eine Union weltlicher und kirchlicher Macht. Heinrich VIII. wurde Oberhaupt der von ihm begründeten Anglikanischen Kirche. Skandinavien wurde lutherisch. Polen blieb katholisch, gewährte aber im Verlauf gerade Gruppen des Widerstands gegen eine Verbindung weltlicher Herrschaft mit den protestantischen Konfessionen, wie den Socinianern politischen Schutz. Das heutige Rumänien gewährte dissidenten protestantischen Bewegungen weiteren Schutz.

Die Aufteilung der europäischen Landkarte unter den Konfessionen schuf im 16. Jahrhundert ein neues Allianzengeflecht. Die Konflikte zwischen den konfessionell orientierten Gebieten eskalierten mit der Wende ins 17. Jahrhundert aus mehreren Gründen: Jedes Territorium Europas verfügte zu Beginn des 17. Jahrhunderts über eine vom Staat legitimierte religiöse Orientierung und über konfessionelle Minderheiten – die in ausländischen Staaten Verbündete hatten. Grundsätzlich ungeklärt war der Status der konfessionellen Minderheiten. Sie organisierten sich zum Teil in geheimen Zirkeln, offen betrieben sie Widerstand gegen staatliche Politik, wo immer diese die Mehrheitsreligion privilegierte. Zweitens luden sich im Reichsgebiet die seit dem Mittelalter bestehenden Konflikte zwischen Kaiserhaus und Fürstentümern auf, konfessionelle Blöcke standen nun dem Kaiserhaus gegenüber, das seiner Entmachtung mutmaßlich nur in einem Konfessionskampf begegnen konnte. Böhmen geriet hier in das Zentrum der Auseinandersetzungen, an denen sich der Dreißigjährige Krieg entzünden sollte. Eine dritte Konfliktsituation bestand in den Niederlanden mit dem andauernden Krieg zwischen den Spanischen Niederlanden und der Republik. Hier standen Spanien und Frankreich als katholische Staaten im Hintergrund, während die freien Niederlande eine zunehmende Macht als führende Wirtschaftsnation und Seemacht beanspruchten.

Der Dreißigjährige Krieg, 1618–1648

Hauptartikel: Dreißigjähriger Krieg

Auseinandersetzungen um die konfessionelle Orientierung der Territorien im Heiligen Römischen Reich und die vom Kaiserhaus betriebene Gegenreformation eskalierten 1618 im Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs. Er führte in Mitteleuropa zu einer politischen und wirtschaftlichen Katastrophe. Der deutschsprachige Raum geriet in den Brennpunkt europäischer Interessen. Schweden unterstützte im Dreißigjährigen Krieg offiziell die deutschen Protestanten, Frankreich nahm im Verlauf des Krieges eigene Machtinteressen als katholische Nation wahr. Söldnertruppen aus ganz Europa kämpften auf Seiten der verschiedenen Heerführer, die erhebliche eigene Macht gewannen.

Die Kriegsführung nahm im Verlauf unkontrollierte Züge an: Städte wurden belagert und geplündert – die belagernden Armeen mussten aus dem Umland ernährt werden. Marodierende Söldnertruppen mussten sich selbst ernähren und taten dies ungezügelt mit Einsatz von Gewalt gegen die Landbevölkerung.

Mitteleuropa erlitt im Verlauf der dreißig Jahre von 1618 bis 1648 einen Bevölkerungsrückgang und einen Einbruch der landwirtschaftlichen Produktivität.

Der Westfälische Friede beendete 1648 die militärischen Auseinandersetzungen mit einer Bestätigung der Kompromissformel, die bereits ein Jahrhundert zuvor gefunden worden war: Die einzelnen Territorien erhalten die Macht, über die Religion im eigenen Land bestimmen zu können.

Der Englische Bürgerkrieg, 1641–1660

Hauptartikel: Englischer Bürgerkrieg

Eine eigene Konfliktsituation religiös-staatlicher Dimension wird in Großbritannien ab den 1640ern ausgetragen. Die Macht der regierenden Stuarts insbesondere auf dem Gebiet der Religion findet hier nur geteilte Anerkennung. Es entsteht eine Spaltung zwischen Anhängern des Königs (Royalists) und Anhängern des Parlaments (Roundheads). Beide Strömungen sprechen (ab den 1680ern gefolgt von den Tories und Whigs) bis in das 18. Jahrhundert ein breites Spektrum an Strömungen im konfessionell politischen Kampf an: Die einen mit Parteigängern, die (heimlich) die Rekatholisierung befürworten, sowie mit Gruppen, die explizit für eine Stärkung der Anglikanischen Kirche in ihren hohen Würden eintreten; die anderen mit Angeboten einer Stärkung bürgerlicher Rechte, deren Schutz das Parlament übernehmen soll. Sie rekrutieren sich in den 1640ern vor allem aus dem puritanischen Lager. 1649 wird in einer revolutionären Erhebung des Parlaments Karl I. hingerichtet. Sein Sohn Karl II. begibt sich in französischen Schutz, während in England die Gewaltherrschaft Cromwells anbricht, die 1660 endet, als sich zeigt, dass das neue Regime nicht in der Lage ist, eine Kontinuität der Herrschaft über Cromwells Tod hinaus herzustellen. Karl II. wird im Akte der „Restauration“ ins Land zurückgeholt und König gegenüber einem Parlament, dem er erhebliche Macht einräumen muss.

Frankreich wird unter Ludwig XIV. zur Großmacht, 1661–1715

Die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts ist vom Anwachsen französischer Macht bestimmt: Frankreich greift die Niederlande an, diese sind auf der anderen Seite in eine Auseinandersetzung mit England um die Seeherrschaft involviert. Es gelingt Frankreich im Verlauf der Auseinandersetzungen nicht, die Niederlande einzunehmen, auch die Tatsache, dass man Karl II. Schutz gewährte und damit über gute Beziehungen nach England verfügt bleibt im Kräftespiel folgenlos. Ludwig XIV. wurde auch Sonnenkönig genannt. Er bestieg 1643 den Thron und regierte 72 Jahre lang.

Der Türkische Angriff auf Wien, 1683

In Ausnutzung der Destabilisierung, die protestantische Gruppen im Balkangebiet und dem heutigen Ungarn der katholisch-habsburgischen Macht bereiten, riskiert das Osmanische Reich – heimlich von Frankreich unterstützt – in den frühen 1680ern einen Angriff auf Österreich, der aber in einem militärischen Debakel endet. Die Belagerung Wiens scheitert 1683, nachdem Truppen Polens, verschiedener Reichsterritorien und der Republik Venedig der Stadt zu Hilfe kommen. Namentlich Bayern, nach Bündniswechsel unter dem neuen Kurfürsten seit 1679 in Allianz mit Wien (statt Frankreich), engagiert sich an der „Befreiung“ Ungarns und des Balkans in den Kriegszügen der 1680er, die bis Belgrad und Temesvar gehen und den Grundstein für den späteren habsburgischen Vielvölkerstaat legen.

Die Glorious Revolution und die Große Allianz gegen Frankreich, 1688–1712

Hauptartikel: Glorious Revolution

Eine geschlossene neue politische Situation richtet sich in den 1680ern ein: England erlebt 1688 eine zweite Revolution, der Nachfolger Karls II. wird, da er eine Rückführung der Nation in den Katholizismus befürchten lässt, abgesetzt und mit militärischer, vom Parlament organisierter Gewalt aus dem Land vertrieben. Sein Rückzug verläuft über Irland nach Frankreich. Die Regentschaft wird Wilhelm III. (verheiratet mit einer englischen Erbin) zugesprochen, dem Regenten, der in den 1670ern den Widerstand der Niederlande gegen Frankreich organisierte. Als Frankreich 1689 die Pfalz angreift, tritt Wilhelm III. maßgeblich für das Bündnis der ihm unterstehenden Machtbereiche der Niederlande und Englands mit dem Reich ein. Eine europäische Allianz gegen Frankreich mit Dauer bis 1698 ist die Folge. Im Spanischen Erbfolgekrieg wird sie 1701–1712 ihre zweite Auflage finden.

Eine zweite gesamteuropäische Konfliktsituation bahnt sich Ende des 17. Jahrhunderts zwischen Schweden und Russland an, die ab dem Jahr 1700 in den Großen Nordischen Krieg mündet (1700–1721).

Zusammenfassung

Die großen und kleineren Konfliktszenarien des 17. Jahrhunderts mögen auf den ersten Blick unübersichtlich erscheinen. Eigene Übersichtlichkeit gewinnen sie in einigen grundlegenden Entwicklungen:

  • Die Aufteilung der europäischen Landkarte nach Nationen, die religiöse und kulturelle Identität gewinnen, findet mit den bis 1648 geführten Kriegen ihre Bestätigung und im Westfälischen Frieden ihre offizielle Anerkennung.
  • Die beiden englischen Revolutionen wie die kontinentaleuropäischen Konflikte führen im Lauf des 17. Jahrhunderts zu einer Konsolidierung weltlicher Macht, die sich im Verlauf unabhängig von der Legitimation durch die Kirche manifestiert. Die weltliche Regentschaft bestimmt die Religion und sie schützt die Religion im eigenen Territorium, dies wird im Verlauf Grundsatz neuer Staatsverfassungen.
  • In allen Ländern Europas entsteht ein neues Gefühl gegenüber weltlicher Macht: Sie privilegiert Gruppen und sie schafft Gruppen, die als offizielle Minderheiten Rechte beanspruchen. Der Ruf nach bürgerlichen Freiheiten wird im Lauf des 17. Jahrhunderts als Ruf nach Freiheit der Konfession manifest. Die Frage, welches Recht der Staat gegenüber dem Bürger hat, wird die große Frage der nächsten drei Jahrhunderte. Ihre Lösung ist ein Staat, der sich als Garant bürgerlicher Rechte definiert und dabei Macht als alle seine Bürger gleichmäßig schützender Nationalstaat im 19. Jahrhundert gewinnt.
  • Frankreich wird im 17. Jahrhundert zur großen Macht in Europa, die jedoch ihre Herrschaftsinteressen nicht durchsetzen kann.
  • Die Niederlande erleben im 17. Jahrhundert ein goldenes Zeitalter: Amsterdam wird der Welthandelsplatz, bevor diese Position mit dem Wechsel ins 18. Jahrhundert an London übergeht.
  • England etabliert in den beiden Revolutionen ein neues politisches System der weltlichen Parlamentsmacht gegenüber der Monarchie. Die Glorious Revolution macht denkbar, was nach der ersten Revolution und der Enthauptung Karls I. undenkbar schien: Dass ein Parlament friedlich bestimmen kann, welcher Regent die Macht im Interesse der jetzt unabhängigen Bürger ausübt.
  • Im Verlauf der militärischen Auseinandersetzungen entsteht schließlich ein Konsens über Sitten, nach denen Krieg bis zu Beginn des Ersten Weltkriegs zu führen ist: Unter Wahrung der menschlichen Ressourcen, zivilisiert von Heeren, die von Generälen geführt werden, ohne das Land im selben Moment zu verwüsten. Europa bleibt von Kriegen gezeichnet, doch erlebt es diese Ende des 17. Jahrhunderts neu als Leistungen einer politisch kontrollierten europäischen Zivilisation.

Politische Entwicklungen: Weltweite Perspektive

Lateinamerika

Ein massiver Ausgriff Europas auf die Welt setzte mit der Entdeckung Amerikas 1492 ein. Das 16. Jahrhundert erlebte die gewaltsame Inbesitznahme Lateinamerikas durch spanische und portugiesische Eroberer. Das erste Interesse galt der Plünderung der Goldvorkommen und bescherte Spanien und Portugal keinen langfristigen Vorteil. Die Preise für Gold sanken mit dem wachsenden Angebot. Die Ausbeutung Lateinamerikas brachte ihre eigene Entwertung mit sich. Plantagen wurden in Lateinamerika eingerichtet, entwickelten jedoch nicht die Kraft, die beiden iberischen Kolonialmächte vor dem politischen und wirtschaftlichen Niedergang zu schützen, den sie im 17. Jahrhundert erleben.

Nordamerika

Die Kolonialisierung Nordamerikas geschieht im 17. Jahrhundert unter Franzosen, Niederländern und Engländern. Die Interessen liegen hier komplexer. Aus England kommen vor allem religiös motivierte Gruppen, die sich in der Heimat nicht der Staatsmacht unterordnen wollen. Die einzelnen nordamerikanischen Provinzen gründeten sich zum Teil in utopistischen christlichen Projekten. In Nord- wie Südamerika sind die Europäer den einheimischen Bevölkerungsgruppen militärisch überlegen. Die englische Kolonialisierung erweist sich in Nordamerika als besonders effizient, da sie als erste eine Infrastruktur zwischen den Gemeinden schuf und größere Mengen an Siedlern auf den Kontinent herstellt. Franzosen und Niederländer müssen hier im 18. Jahrhundert dem Druck Großbritanniens weichen. Die Südstaaten erleben im Verlauf des späten 17. und 18. Jahrhunderts eine Machtansammlung durch Großplantagen, die vor allem von Engländern betrieben werden. Ein Machtfaktor wird Nordamerika erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Asien

Die Erschließung des asiatischen Raums geschieht im Wettstreit zwischen Niederländern, Franzosen und Engländern, wobei die Niederländer hier im 17. Jahrhundert zuerst einmal die führende Kraft werden.

Osmanisches Reich

Das Osmanische Reich breitet sich im 17. Jahrhundert im Norden vorübergehend bis nach Ungarn aus, nach Süden erstreckt es sich bis nach Ägypten, Arabien und Persien. Für Europas Kontakt mit dem Orient ist diese Konstellation von größter Bedeutung. Europas Bild Arabiens wird im Lauf des 17. und 18. Jahrhunderts durch türkische Vermittlung geprägt. Der Machteinbruch, den die Verluste auf dem Balkan dem Osmanischen Reich in den 1680ern bereiten, öffnet Kulturkontakten zwischen Europa und der Türkei im Lauf des 18. Jahrhunderts die Tore. Ein Import von islamischer Kultur nach Europa wird zu Beginn des 18. Jahrhunderts Bedeutung gewinnen.

Persien

Persien ist zweiter asiatischer Machtblock, ohne jedoch im 17. Jahrhundert effizienter expandieren zu können.

Die Timuriden-Türken

Eine Expansion gelingt dagegen auf dem indischen Subkontinent dem islamischen Timurlenk-Reich. Sein Zusammenbruch im 18. Jahrhundert wird zu einem Machtvakuum führen, das englische Truppen mit der größten Effizienz ausnutzen werden.

China

China öffnet sich im Lauf des 17. Jahrhunderts Europa beträchtlich: Niederländische Händler werden an der Südküste zu Großeinkäufern chinesischen Porzellans und chinesischer Seide, die Manufakturen Shanghais stellen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts eigene Ware für den europäischen Markt her, Ware mit symmetrischeren Mustern, die in Europa auf mehr Gefallen stoßen. Die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts schafft zudem der katholischen Mission günstige Bedingungen, Kaiser Kangxi erlaubt sowohl eine Volksmission als auch den Jesuiten Privilegien: eine jesuitische Präsenz am Hof. Jesuitische Mönche nehmen in der Folge Mandarinspositionen ein. Sie rechtfertigen ihre Teilnahme an chinesischen Staatszeremonien im konfuzianischen Ritual mit einer speziellen Interpretation chinesischer Kultur, der zufolge China kein heidnisches Land ist, sondern ein atheistisches, das nach der Sintflut von Nachkommen Noahs besiedelt wurde, effektiv die gesamte vorsintflutliche Kultur in großen Zügen bewahrte und sich vom Patriarchentum zur zentralen Monarchie entwickelte – indes eben die Religion verlor. Man nehme am Hof mithin nicht an heidnischen, sondern allenfalls an weltlichen gottlosen Zeremonien teil. Rivalitäten unter den missionierenden Orden führen mit der Wende ins 18. Jahrhundert in den Ritenstreit, den Streit darüber, ob Jesuiten sich derart bereitwillig der chinesischen Kultur unterordnen dürften. Das Ergebnis der Auseinandersetzung, die am Ende in päpstliche Entscheidungen mündet, ist zu Beginn des 18. Jahrhunderts das Ende der weiteren Mission bei Hofe.

Europas Intellektuelle gewinnen im selben Streit, informiert von Jesuiten über China – das angeblich philosophisch geordnete, weise Staatswesen – den größten Respekt ab. Eine China-Mode kommt im 17. Jahrhundert auf und dauert bruchlos bis ins 19. Jahrhundert bis in den Jugendstil fort. Chinesisches Design inspiriert den galanten Stil bei Innendekorationen mit leichten Ornamenten und exotischen Motiven. Die Erfahrung der kulturellen Überlegenheit erlaubt die Aneignung des Fremden in der Mode, die hier im frühen 18. Jahrhundert einen Höhepunkt finden wird.

Japan

Japan verschließt sich Anfang des 17. Jahrhunderts gegenüber der gesamten Welt. Europas Nationen hatten in den politischen Einigungsprozess hinein intrigiert, der das 16. Jahrhundert mit Bürgerkriegen überschattete. Anfang des 17. Jahrhunderts werden die Portugiesen aus Japan vertrieben, allein den Niederländern wird ein Handelsstützpunkt im Hafen von Nagasaki gestattet, den sie nicht verlassen dürfen. Er wird zum Umschlagspunkt für den europäischen Seehandel mit Japan.

Die politische Stabilisierung gewährt Japan wachsenden Wohlstand und führt im Lauf des 17. Jahrhunderts zu einer monetären Katastrophe: Japans Oberschicht kauft mit Silber in China Luxusprodukte, vor allem Seide und Ginseng. Ein Ausverkauf der Währung ist die Folge. Reis wird zur zweiten Währung im Land. Geldentwertungen, die Einführung einer Währung lediglich nominellen Wertes stehen am Ende des 17. Jahrhunderts, können Japan jedoch nicht in die Position setzen, im Ausland Güter zu erwerben – eine Lage, die die Entscheidung für die Isolation stabilisiert. Japan baut eine weitgehend autarke Wirtschaft auf.

Indonesien

Das 17. Jahrhundert bleibt unter diesen Prämissen, was Europas Handel mit Asien anbetrifft, Handelsgesellschaften überlassen, die Privatgelder in einzelne Unternehmungen stecken. Die Niederlande können in Indonesien Fuß fassen, das ab 1600 niederländisch wird.

Ausblick

Die großen Nationen Asiens können sich einer Auseinandersetzung mit den europäischen Nationen im Lauf des 17. Jahrhunderts noch widersetzen. Noch verfügen Europas Nationen nicht über eine Militärmacht, die hier eine Auseinandersetzung profitabel macht. Eine Veränderung bringt hier erst der Zusammenbruch des Mogulreiches im Lauf des frühen 18. Jahrhunderts. Europas Nationen, die über Münzprägestätten und Militärbasen an Indiens Küste verfügen, werden in diesem Zusammenbruch Macht gewinnen.

Afrika

Afrika entzog sich bis in das 19. Jahrhundert hinein europäischen Perspektiven. Die Küste war infolge der küstenorientierten Seefahrt halbwegs bekannt wie die geographischen Umrisse. Der Norden und Westen war arabisch. In Südafrika wurde im Lauf des 17. Jahrhunderts eine niederländische Kolonie aufgebaut, sie lag günstig auf der Handelsroute gen Indien. Das Innere des Landes blieb unbekannt und galt noch im frühen 18. Jahrhundert als weitgehend unbesiedelt.

Im Geflecht internationaler Wirtschaftsbeziehungen entwickelt sich im 17. Jahrhundert der Sklavenhandel zum weltweiten Geschäft. Erste Sklaventransporte fanden Mitte des vorangegangenen Jahrhunderts statt. Sklaven von der Westküste erwiesen sich auf den westindischen Plantagen als besser einsetzbar als die einheimische Bevölkerung. Portugal verfügte über eine eigene Tradition im Einsatz schwarzer Sklaven. Das weltweite Geschäft macht ab Beginn des 17. Jahrhunderts jedoch England mit einem Dreieckshandel, der Schiffe maximal ausnutzt: Ware, die an der Westküste Afrikas gegen Sklaven eingetauscht wird, füllt die Schiffe in die eine Richtung, Sklaven füllen sie auf dem Weg nach Westen über den Atlantik, Rohstoffe aus den Amerikas kommen auf dem Rückweg zur weiteren Verarbeitung nach Europa. Etwa 1,7 Millionen Sklaven werden zwischen 1600 und 1800 auf diesem Handelsweg aus Afrika gewaltsam ausgesiedelt. Der Aufbau der Kolonien in Lateinamerika, den westindischen Inseln und den Südstaaten Nordamerikas hätte sich ohne den Sklavenhandel nicht als anhaltendes Geschäft für Europa bewerkstelligen lassen.

Buchmarkt und Zeitungswesen

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Die englische Buchproduktion 1600–1800, Titelzählung nach dem English Short Title Catalogue. Die Statistik zeigt deutlich – eine Besonderheit des englischen Marktes – das Aufkommen der aktuellen politischen Berichterstattung mit der Revolution 1641/42. Die Höhepunkte der Presseaktivität liegen vor 1730 jeweils in politisch turbulenten Jahren. Als Phasen zeichnen sich die Bürgerkriegszeit mit abfallender Produktion, die Zeit der Kriege gegen die Niederlande (1670er) und der Großen Allianz (1689–1712) ab. Mitte des 18. Jahrhunderts setzt ein neues Wachstum mit bald exponentieller Kurve ein, hinter dem entscheidend der Aufstieg der Belletristik steht.

Mit dem 16. Jahrhundert ermöglichte der Buchdruck im deutschsprachigen Raum den aktuellen Austausch – die Reformation verbreitete sich zum guten Teil mit dem neuen Medium. Das 17. Jahrhundert schafft der neuen Technologie wachsende Märkte in Politik, Theologie und Wissenschaften.

Politik ist zu Beginn des 17. Jahrhunderts auf das Engste mit theologischen Kontroversen verknüpft, gewinnt im 17. Jahrhundert jedoch mit der Zeitung ein eigenes Medium. Diese entwickelt sich von der Flugblattschrift zum in der Regel drei Mal wöchentlich erscheinenden Blatt. Zeitungen breiten sich Mitte des 17. Jahrhunderts in Westeuropas Städten aus, die Drucker stellen mit der Post eingehende Meldungen kommentarlos zusammen. Die Perspektive liegt auf der Außenpolitik, was die Blätter gegenüber der landesinternen Zensur weitgehend unproblematisch macht. Die Qualität der Berichterstattung wächst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erheblich; das ist vor allem ein Verdienst der niederländischen Zeitungsverleger, die von Regenten und aus politisch interessierten Kreisen mit Nachrichten versorgt werden, die sodann vor Europas Öffentlichkeit Fakten schaffen.

Während der lokale Buchmarkt zum guten Teil mit theologischer Ware handelt, die im Zeitalter konfessioneller Auseinandersetzungen erhebliche Konjunktur hat, gewinnt der internationale Buchmarkt Bedeutung mit überregional absetzbarer Produktion auf Latein und auf Französisch. Die sich verschärfenden Zensurbestimmungen in Frankreich sorgen ab Mitte des 17. Jahrhunderts für eine Verlagerung des französischsprachigen internationalen Buchdrucks in die Niederlande.

Im deutschen Sprachraum werden die Universitätsorte Leipzig, Halle und Jena ab Mitte des 17. Jahrhunderts interessante Verlagsstandorte. Leipzig kann durch die Buchmessen dabei eine zentrale Stellung im Handel einnehmen, aus dem sich die katholischen Verlagsorte jedoch zunehmend zurückziehen, da hier im Tausch gehandelt wird, für den ihre Ware aus konfessionellen Gründen immer weniger in Frage kommt.

Ein schmales Marktsegment entwickelt sich im 17. Jahrhundert mit den belles lettres vornehmlich französischsprachiger Ware, die Bürger und Adel mit Memoires, Historien, Romanen und Gedichten adressiert. Ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gewinnt dieses Marktsegment die Macht, international Moden zu setzen. Die galante Conduite verbreitet sich vor allem mit Romanen und neuen unterhaltsamen Journalen wie dem Mercure Galant.

Ende des 17. Jahrhunderts gewinnen drei Produktionen des Buchmarkts Macht für neue Entwicklungen: Das alphabetisch sortierte Lexikon (das sich in handlichen Bändchen besonders dem Zeitungsleser andient), das wissenschaftliche („literarische“) Journal, das den gesamten Buchmarkt beobachtet, aus allen Wissenschaften, zunehmend aber auch aus den belles lettres berichtet (aus denen im 18. Jahrhundert die Literatur im neuen Wortsinn hervorgehen wird). Bleiben Zeitungen kommentarlose Sammlungen außenpolitischer Nachrichten, so bieten rezensierende Journale Ende des 17. Jahrhunderts die politische Analyse, dort wo sie neueste Publikationen aus der aktuellen Geschichte berühren. Eine interessante Nischenstellung nimmt auf demselben Markt in Deutschland die Literaturgeschichte ein, die Studenten einen zitierbaren Überblick über die Wissenschaften gibt. Aus ihr entsteht im Laufe des 19. Jahrhunderts die moderne Literaturgeschichte, mit der Literatur im neuen Wortsinn Bildungsgegenstand werden wird.

Poesie und Musik

Drama

Entgegen den gelehrten Bestrebungen in der Poesie, die Kultur der Antike wieder einzurichten, richtet sich mit dem 17. Jahrhundert ein eigenes Spektrum der Gattungen ein. Mit dem Beginn des 17. Jahrhunderts gewinnt die Oper als Gattung Konturen. Der Theorie nach übernimmt sie vom Drama der Griechen dessen Offenheit für die Musik. Tatsächlich bricht sie mit den Konventionen der griechischen Tragödie, da sie den glücklichen Schluss zur Regel macht, das Ende in einem höfischen Fest. Pragmatiker rechtfertigen dies damit, dass man weltlichen Machthabern, den wichtigsten Auftraggebern, kaum etwas anderes zumuten könne. Zudem sieht man die Poesie dort in größter Vollkommenheit, wo sie das Zusammenspiel mit der Musik erlaubt. Die Oper wird im Lauf des 17. Jahrhunderts zur wichtigsten poetischen Produktion an den Höfen, die über sie gegenüber dem zugelassenen Publikum Pracht demonstrieren. Für Dichter wird es zunehmend interessant, für die Oper zu schreiben. Ihre Texte werden zu den Opern gedruckt und am Ende als Andenken aufbewahrt, sie werden zudem ob ihrer Poesien für sich genossen.

Am Hof hat neben der Oper die Komödie Raum, die wie die Oper im italienischen und französischen Stil besteht.

Oper und Komödie finden im Lauf des 17. Jahrhunderts zunehmend ein bürgerliches Publikum durch die Arbeit von reisenden Truppen, die in städtischen Sälen oder an größeren höfischen Bühnen gastieren. Reiche Städte wie Hamburg und London bieten der Oper und der Komödie Ende des 17. Jahrhunderts eigenen Raum in einem kommerziellen Betrieb.

Eine eigene Tradition findet das Drama der Haupt- und Staatsaktionen und der Komödien, wie Shakespeare sie auf Londons städtischen Bühnen zu Beginn des 17. Jahrhunderts vorlegte. Auf dem Kontinent entsteht hier ein Geschäft für Wandertruppen, die sich auf spektakuläre Effekte, Kampfszenen und inszenierte Hinrichtungen verstehen.

In den katholischen Gebieten entwickelt sich, was inszenierte Poesie anbetrifft, zunehmend unabhängig schließlich eine Kultur inszenierter, der Oper naher Musik, am Ende des Jahrhunderts auch in protestantischen Gebieten in Form von Oratorien und Kantaten.

Eine Nischenproduktion entsteht auf dem Gebiet des Dramas mit gymnasialen Aufführungen, die Schülern das Rollenspiel lehren. Die meisten heute als Barocktragödien und -Komödien klassifizierten Werke stammen aus dieser Nischenproduktion.

Epos und kleinere Gattungen

Epische Poesie sollte zwar nach der aristotelischen Poetik einen hohen Stellenwert genießen, auf dem Gebiet des heroischen Epos geriet die Produktion jedoch mit bestellter und freiwillig sich Regenten andienender Panegyrik in Misskredit. Leser bemängelten, dass sie kaum längere Passagen in Versen ermüdungsfrei lesen konnten. Hier gewann der Roman in Prosa Terrain, das eigentlich der Poesie zukommen sollte. Auf dem Gebiet der Epik hatte das satirische Versepos größere Chancen, Leser zu finden – als Satire auf das hohe Epos, wie als Option auf politische und theologische Kontroversen zu rekurrieren.

Kleinere Gattungen der Poesie florierten erheblich, insbesondere, da sich mit ihnen zu allen Anlässen bürgerlichen und höfischen Lebens Geld verdienen ließ. Es wurde im deutschsprachigen Raum im Lauf des 17. Jahrhunderts Mode, beliebige bürgerliche Feste wie Beerdigungen, Jubiläen, Eheschließungen mit Auftragswerken zu schmücken, die für Geld verfasst in geringer Auflage gedruckt am Ende unter die Gäste gingen. (Siehe eingehender das Kapitel Casualpoesie)

Wissenschaften

Auch wenn man das 17. und 18. Jahrhundert heute als die beiden Jahrhunderte sieht, in denen die Naturwissenschaften aufkamen, blieben sie bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts hinein von geringem öffentlichen Interesse. Europas Universitäten bieten im 17. Jahrhundert das Studium in den vier Fakultäten Theologie, Jurisprudenz, Medizin und Philosophie. Letzteres Feld bleibt dem Grundstudium mit Angeboten von der Geschichte bis zur Poesie und zur Rhetorik vorbehalten.

Die Naturwissenschaften bleiben im 17. Jahrhundert Materie von elitären Gruppierungen, finanziert von einzelnen Fürsten, die Observatorien einrichten, sowie von reichen Privatleuten, die die Experimente „curieux“ finden. Eine gezieltere Forschung wird von der Royal Society betrieben, von der maßgebliche Impulse ausgehen, Wissen mit praktischer Nutzung zu verbinden. Sie gibt Anregungen, Reiseberichte zu sammeln, sie interessiert sich für Verbesserungen der Navigation und der Kartographie. Ihre Forschung bleibt jedoch einem elitären Gelehrtennetz vorbehalten. Die Ergebnisse englischer oder kontinentaleuropäischer Universitäten lassen vergleichbare Forschungen kaum zu.

Gleichwohl gewinnen die Universitäten an Bedeutung. Auf dem Kontinent werden sie, nach 1648, Orte, an denen Karrieren vergeben werden. Nachwuchs aus bürgerlichen Familien studiert in den modischen Universitäten Jenas, Halles und Leipzigs Ende des Jahrhunderts mit der Aussicht, von hier aus Positionen in Stadt und Staat oder Pfarreien zu erlangen.

Der Lehrbetrieb wurde in Deutschland bis auf Ausnahmen weiterhin auf Latein gehalten. Dennoch bereitet sich mit dem Aufstieg der Universitäten als Karrieregaranten die Entwicklung des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts vor, in der die Wissenschaften zu zentralen staatlichen und öffentlichen Institutionen werden. Das wird deutlich, sobald man auf das Pressewesen sieht, das die universitäre Buchproduktion umgibt: es schafft eine Öffentlichkeit, die im Lauf des 18. Jahrhunderts einen rasanten Aufstieg nimmt.

Lebensbedingungen

Auch nach der Verbesserung der Lebensverhältnisse, die nach 1648 eintritt, bleibt die Sterblichkeit in Europa – und aller Welt – enorm hoch. Das hat hauptsächlich mit der fehlenden Hygiene zu tun, die für eine hohe Säuglingssterblichkeit sorgt. Die Berechnungen, die Edmond Halley Ende des 17. Jahrhunderts aufgrund der ihm aus Breslau zugänglich gemachten Daten durchführte, offenbaren, dass die Lebenserwartung insgesamt bei knapp über 17 Jahren lag. Wer die ersten Jahre überlebte, konnte allerdings hoffen, eines Tages eine Familie zu gründen und noch das Heranwachsen der Kinder zu erleben.

Man liest oft, Menschen seien mit 40 Jahren alt gewesen, da die Lebenserwartung allgemein niedrig lag. Alt war man ab 60. Es war ein anderes Problem, dass man kaum wusste, welche Krankheiten tödlich waren. Es gehörte zum Lebensgefühl des 17. wie des 18. Jahrhunderts, dass man ein schweres Fieber oder einen Infekt unverzüglich als Anzeichen einer womöglich tödlichen Krankheit sah.

Die Tuberkulose war zwischen 20 und 40 ein erhebliches Problem, wie auch das Kindbett mit seinen Infektionen für die gebärende Frau. Dennoch sollte man vorsichtig damit sein, mit den Statistiken ein spezielles „barockes Lebensgefühl“ steten Schwankens zwischen Leben und Tod zu verbinden. Das Lebensgefühl änderte sich erst mit dem ausgehenden 18. Jahrhundert und dem nun greifenden medizinischen Fortschritt.

Siehe zu Lebenserwartung und Statistiken eingehender Edmond Halleys Veröffentlichung für die Royal Society (1696).


Ernährungsweise

Bis etwa 1650 ernährte sich die Oberschicht sowohl der islamischen als auch der christlichen Welt von London bis Delhi nahezu gleich. Bis zu diesem Zeitpunkt bestimmten dicke, stark gewürzte Pürees oder Pasten (z. B. die Mandelsulz), süße oder säuerliche Soßen, gekochtes Gemüse und angewärmter, gewürzter Wein (Hypocras) den Speisezettel, alle Hauptgerichte wurden gezuckert. Ab Mitte des 17. Jahrhunderts jedoch änderte sich in Mitteleuropa die Auswahl und Zusammensetzung der Speisen fundamental und ähnelte nun unseren Essgewohnheiten: Hauptgerichte wurden nicht mehr so stark gewürzt und Zucker wurde nur noch für die Nachspeise verwendet, Soßen wurden auf der Basis von Fetten und Ölen hergestellt und Obst und Gemüse wurde nun auch roh verzehrt. Der abrupte Wandel in der Ernährung spiegelt den Wandel im wissenschaftlichen und medizinischen Weltbild der Menschen jener Epoche wider, die u. a. die Verdauung nicht mehr als ein Vorgang des Garens, sondern als Gärung („Fermentation“) im Sinne einer chemischen Umsetzung verstanden. Gleichzeitig waren die Ärzte des 17. Jahrhunderts von den Lehren des Paracelsus (1493–1541) beeinflusst, der die vier Elemente der Antike durch die drei Prinzipien Sal, Sulfur und Mercurius ersetzte. Sal (Salz, Mehl) stellte hierbei das den Geschmack-gebende Prinzip dar, Mercurius (Essig, Wein, Fleischextrakt) stand für das flüchtige bzw. gasförmige Element und Sulfur (Öl, Butter, Schmalz) machte die Speisen fettig. Letzteres Prinzip, so die Vorstellung, besaß die Fähigkeit, Sal und Mercurius zu verbinden und bildete deshalb die Basis vieler Soßen. Die Unterschicht war von dieser Änderung in der Ernährungsweise kaum betroffen, musste sie sich doch weiterhin und bis weit in das 19. Jahrhundert hinein von Hafergrütze und Mehl- bzw. Gemüsesuppen mit Brot ernähren.

Auch wenn die damalige Ernährungslehre heute seltsam anmuten muss, ist die westliche Küche auch heute noch vom damaligen Gedankengut geprägt, was sich sowohl in der Zusammensetzung der Speisen als auch in ihrer Abfolge eines Menüs widerspiegelt.

Hexenverfolgung

Die Hexenverfolgung war im 17. Jahrhundert weit verbreitet. So wurden den angeblichen Hexen folgende Vorwürfe gemacht:

  • Sie verdürben die Ernte
  • Sie quälten Menschen und Tiere durch Krankheiten und Verletzungen
  • Sie trieben Unzucht mit „Teufeln“
  • Sie protestierten gegen die Kirche
  • Sie praktizierten „abscheuliche Hexenkünste“

So wurden die „Hexen“ zum Sündenbock für alles Schlechte der damaligen Welt.


Persönlichkeiten

Anderes

Erfindungen und Entdeckungen

Literatur

  • Geoffrey Parker/ Lesley M. Smith (Hgg.): The general crisis of the seventeenth century. 2. Auflage, London 1997, ISBN 0-415-16518-0.

Weblinks

Commons Commons: 17. Jahrhundert – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien