Gottfried Wilhelm Leibniz


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Datei:Gottfried Wilhelm von Leibniz.jpg
Gottfried Wilhelm Leibniz,
Porträt von Christoph Bernhard Francke, um 1700; Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig

Gottfried Wilhelm Leibniz (* 21. Junijul./ 1. Juli 1646greg. in Leipzig; † 14. November 1716 in Hannover) war ein deutscher Philosoph, Mathematiker, Diplomat, Historiker und politischer Berater der frühen Aufklärung. Er gilt als der universale Geist seiner Zeit und war einer der bedeutendsten Philosophen des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts sowie einer der wichtigsten Vordenker der Aufklärung. Leibniz sagte über sich selbst: „Beim Erwachen hatte ich schon so viele Einfälle, dass der Tag nicht ausreichte, um sie niederzuschreiben.“ Im 18. Jahrhundert wird er vielfach als Freiherr bezeichnet; doch bislang fehlt eine Beurkundung über eine Nobilitierung.

In den frühen Schriften anderer Autoren über ihn, aber gelegentlich auch von ihm selbst wurde sein Nachname analog zum Nachnamen seines Vaters auch „Leibnitz“ geschrieben.<ref>Louis de Jaucourt: Geschichte des Herrn von Leibnitz und Verzeichniß seiner Werke. Verlag Heinsius, 1757, S. 1</ref>

Leben

Leibniz wurde nach heutigem Kalender am 1. Juli 1646 in Leipzig geboren. Seine Eltern, insbesondere sein Vater, der aus Altenberg im Erzgebirge stammende Rechtsgelehrte Friedrich Leibnütz (1597–1652), weckten früh ein Interesse an juristischen und philosophischen Problemen. Sein Vater war Jurist und Professor für Moralphilosophie (Ethik) und seine Mutter Catharina war die Tochter des Leipziger Professors und Rechtswissenschaftlers Wilhelm Schmuck. Der achtjährige Leibniz erlernte anhand der umfangreichen väterlichen Bibliothek autodidaktisch die lateinische und die griechische Sprache. Mit zwölf Jahren entwickelte er beim Durchdenken logischer Fragestellungen die Anfänge einer mathematischen Zeichensprache.

Leibniz besuchte von 1655 bis 1661 die Nikolaischule. 1661 immatrikulierte er sich an der Leipziger Universität und betrieb philosophische Studien beim Theologen Johann Adam Schertzer und dem Philosophietheoretiker Jakob Thomasius. 1663 wechselte er an die Universität von Jena, um sich dort unter Anleitung des Mathematikers, Physikers und Astronomen Erhard Weigel pythagoreischen Gedanken zu öffnen.

Mit 20 Jahren wollte sich Leibniz zum Doktor der Rechte promovieren lassen, doch die Leipziger Professoren lehnten ihn als zu jung ab. So ging er nach Nürnberg, um dort an der Universität Altdorf das Verwehrte nachzuholen. Vorübergehend stand er in Verbindung zu einer dortigen alchimistischen Geheimgesellschaft, deren Experimente er jedoch schon bald verspottete. Anschließend stand er bis 1672 im Dienst des Mainzer Erzbischofs Johann Philipp von Schönborn. Er lebte während seiner Mainzer Zeit im Boyneburger Hof, der Wohnstätte des kurmainzischen Oberhofmarschalls Johann Christian von Boyneburg, der ihm eine Stelle als Mitarbeiter des Hofrats Hermann Andreas Lasser verschafft hatte. Mit Lasser arbeitete er im Auftrag des Kurfürsten an einer Reform des römischen Rechts (Corpus juris reconcinnatum). Sein Werk Nova methodus discendae docendaeque jurisprudentiae („Eine neue Methode, die Jurisprudenz zu lernen und zu lehren“) erlangte in einschlägigen Kreisen starke Rezeption. Im Jahre 1670 stieg Leibniz trotz seiner lutherischen Konfession zum Rat am kurfürstlichen Oberrevisionsgericht auf.<ref>Der Universalgelehrte und Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) in Mainz</ref>

1672 reiste Leibniz als Diplomat nach Paris. Dort unterbreitete er dem „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. einen Plan für einen kreuzzugähnlichen Eroberungsfeldzug gegen Ägypten, um ihn von den geplanten Eroberungskriegen in Europa abzubringen. Der König lehnte diesen Plan ab; über einhundert Jahre später jedoch setzte Napoléon Bonaparte ihn in der Ägyptischen Expedition um.

1672/73 vollendete Leibniz Arbeiten an seiner Rechenmaschine mit Staffelwalze für die vier Grundrechenarten, führte diese vor der Royal Society in London vor und wurde auswärtiges Mitglied dieser berühmten Gelehrtengesellschaft. Das von Leibniz weiterentwickelte duale Zahlensystem legte den Grundstein für die rechnergestützte Informationstechnologie des 20. Jahrhunderts.

Schon Jahre zuvor, ab 1668, hatte sich unterdessen der welfische Herzog Johann Friedrich bemüht, Leibniz als Bibliothekar an seine Residenzstadt Hannover zu berufen. Doch erst nach mehreren Absagen sagte Leibniz dem Herzog schließlich im Jahr 1676 zu<ref>Annette von Boetticher (Red.): Leibnizstätten und Leibniz-Institutionen in Hannover, in: Leibniz und Hannover - dem Universalgenie auf der Spur, hrsg. vom Präsidium der Leibniz Universität Hannover, Hannover: 1666. Digitalisat der SLUB-Dresden

  • Nova Methodus Discendae Docendaeque Iurisprudentiae Frankfurt 1667. Digitalisat der SLUB-Dresden
  • Dialogus de connexione inter res et verba. 1677.
  • Nova Methodus Pro Maximis Et Minimis. Leipzig 1684.
  • Metaphysische Abhandlung (Originaltitel: Discours de métaphysique). 1686.
  • Ars Combinatoria. : Olms, 2008, ISBN 978-3-487-08820-4
  • Eric J. Aiton: Gottfried Wilhelm Leibniz: eine Biographie. Frankfurt a.M.: Insel, 1991 (Originalausgabe: Leibniz. A Biography. Hilger, Bristol 1985).
  • Ines Böger: »Ein seculum … da man zu Societäten Lust hat«. Darstellung und Analyse der Leibnizschen Sozietätspläne vor dem Hintergrund der europäischen Akademiebewegung im 17. und frühen 18. Jahrhundert. Herbert Utz Verlag, München 2001, ISBN 3-8316-0018-X.
  • Reinhard Finster, Gerd van den Heuvel: Gottfried Wilhelm Leibniz. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. 4. Auflage. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2000 (= Rowohlts Monographien, 50481), ISBN 3-499-50481-2.
  • Eike Christian Hirsch: Der berühmte Herr Leibniz. Eine Biographie. C. H. Beck, München 2000, ISBN 3-406-45268-X.
  • Kurt Müller, Gisela Krönert: Leben und Werk von Gottfried Wilhelm Leibniz. Eine Chronik. Klostermann, Frankfurt am Main 1969 (Veröffentlichungen des Leibniz-Archivs, Band 2).
  • Wilhelm Totok, Carl Haase: (Hrsg.): Sein Leben, sein Wirken, seine Welt. Verlag für Literatur und Zeitgeschehen, Hannover 1966
  • G. E. Guhrauer: Gottfried Wilhelm Freiherr von Leibniz: eine Biographie; zu Leibnizens Säkular-Feier; mit neuen Beilagen und einem Register. Hildesheim: Olms
  • Gunter Quarg: Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716): eine Ausstellung zu Leben und Werk in Büchern und Dokumenten. Universitäts- und Stadtbibliothek, Köln 1996 (106 S.), ISBN 3-931596-08-7 (Kleine Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, Band 1).
  • George MacDonald Ross: Gottfried Wilhelm Leibniz. Leben und Denken Leibniz-Bücherwarte, Bad Münder 1990, ISBN 978-3-925237-14-0.
  • Gerd von den Heuvel: Leibniz, Gottfried Wilhelm, in: Stadtlexikon Hannover, S. 392f.
  • C. von Minutoli: Leibnitz als Kriegspolitiker (1841; in: Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges, 1841; S. 95–125) download
  • Denken

    • Robert M. Adams: Leibniz: Determinist, Theist, Idealist. Oxford University Press, Oxford 1998, ISBN 0-19-508460-8.
    • Maria Rosa Antognazza: Leibniz: An Intellectual Biography, Cambridge University Press 2009 (das Buch erhielt den Pfizer Award)
    • Horst Bredekamp: Die Fenster der Monade. Gottfried Wilhelm Leibniz’ Theater der Natur und Kunst, Akademie Verlag Berlin 2004.
    • Hubertus Busche: Leibniz’ Weg ins perspektivische Universum. Eine Harmonie im Zeitalter der Berechnung. Felix Meiner Verlag, Hamburg 1997, ISBN 978-3-7873-1342-6.
    • J. A. Cover, John O'Leary-Hawthorne: Substance and Individuation in Leibniz. Cambridge University Press, Cambridge 1999, ISBN 0-521-59394-8.
    • Aron Gurwitsch: Leibniz. Philosophie des Panlogismus. Walter de Gruyter, Berlin 1974, ISBN 3-11-004358-0.
    • Nicholas Jolley (Hrsg.): The Cambridge Companion to Leibniz. Cambridge University Press, Cambridge 1995, ISBN 0-521-36588-0.
    • M. Kulstad: Leibniz on Apperception, Consciousness, and Reflection. Philosophia Verlag, München 1991, ISBN 3-88405-069-9.
    • Wolfgang Lenzen: Calculus universalis. Studien zur Logik von G. W. Leibniz. Mentis, Paderborn 2004, ISBN 3-89785-362-0.
    • Wolfgang Lenzen: „Leibniz’s Logic“, in: Dov M. Gabbay, John Woods (Hge.): Handbook of the History of Logic, Volume 3, The Rise of Modern Logic: from Leibniz to Frege. North-Holland 2004, ISBN 978-0-444-51611-4, S. 1–83.
    • Michael-Thomas Liske: Gottfried Wilhelm Leibniz. Beck, München 2000, ISBN 978-3-406-41955-3.
    • Benson Mates: The philosophy of Leibniz. Metaphysics and language. Oxford University Press, New York 1986, ISBN 0-19-503696-4.
    • R. McRae: Leibniz: Perception, Apperception, and Thought. University of Toronto Press, Toranto 1976, ISBN 0-8020-5349-1.
    • G. H. Parkinson: Leibniz on Human Freedom. Stuttgart 1970.
    • Nicholas Rescher: Leibniz, An Introduction to his Philosophy. Basil Blackwell, Oxford 1979, ISBN 0-631-11570-6.
    • Nicholas Rescher: Leibniz’s Metaphysics of Nature. A group of essays. D. Reidel, Dordrecht 1981, ISBN 90-277-1252-2.
    • Bertrand Russell: A Critical Exposition of the Philosophy of Leibniz. Routledge, London 1992 (1. Auflage 1900), ISBN 0-415-08296-X.
    • Donald Rutherford: Leibniz and the Rational Order of Nature.Cambridge University Press, Cambridge 1995, ISBN 0-521-46155-3.
    • Manfred Wilde: Korrespondenten von G. W. Leibniz. Johann Caspar Westphal, geb. 28. November 1649 in Rügenwalde/Pommern - gest. 24. März 1722 in Delitzsch/Sachsen. In: Studia Leibnitiana. Zeitschrift für Geschichte der Philosophie und der Wissenschaften, Band 38/39, Heft 2 (2006/2007). Herausgegeben im Auftrag der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft e.V., Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2008, S. 219−234.
    • Catherine Wilson: Leibniz’s Metaphysics: A historical and comparative study. Manchester University Press, Manchester 1989, ISBN 0-7190-2788-8.
    • R. S. Woolhouse (Hrsg.): Gottfried Wilhelm Leibniz. Critical Assessments. Routledge, London 1994 (4 Bde.), ISBN 0-415-03808-1.

    Zum Weltdokumentenerbe

    • Georg Ruppelt (Hrsg. im Auftrag der Freunde und Förderer der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Bibliothek e.V.): UNESCO-Weltdokumentenerbe: der Briefwechsel von Gottfried Wilhelm Leibniz / Aufnahme des Briefwechsels von Gottfried Wilhelm Leibniz in das Register des UNESCO-Weltdokumentenerbes „Memory of the world“, Dokumentation der Festveranstaltung vom 1. Juli 2008. Niemeyer, Hameln 2009, ISBN 978-3-8271-8900-4.

    Belletristik

    • Egmont Colerus: Leibniz, der Lebensroman eines weltumspannenden Geistes. Paul Zsolnay Verlag, Berlin - Wien - Leipzig 1939.
    • Christa Johannsen: Leibniz. Roman seines Lebens. 6. Auflage, Berlin: Union-Verlag, 1976

    Weblinks

    Wikisource Wikisource: Godefridus Guilielmus Leibnitius – Quellen und Volltexte (Latein)
    Wikisource Wikisource: Gottfried Wilhelm Leibniz – Quellen und Volltexte (français)
    Commons Commons: Gottfried Wilhelm Leibniz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Werke

    Einzelnachweise

    <references />