Atacamit
Atacamit | |
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Aggregat aus nadeligen Atacamitkristallen aus der „La Farola Mine“, Distrikt Las Pintadas, Región de Atacama, Chile (Größe: 7,5 x 4,9 x 1,5 cm) | |
Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
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Chemische Formel | Cu2Cl(OH)3 |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Halogenide |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
3.DA.10a (8. Auflage: III/D.01) 10.01.01.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol | orthorhombisch-dipyramidal; 2/m 2/m 2/m<ref name="Webmineral" /> |
Raumgruppe (Nr.) | Pnma<ref name="StrunzNickel" /> (Nr. 62) |
Gitterparameter | a = 6,03 Å; b = 9,12 Å; c = 6,86 Å<ref name="StrunzNickel" /> |
Formeleinheiten | Z = 4<ref name="StrunzNickel" /> |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 3 bis 3,5 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,745 bis 3,776; berechnet: 3,756<ref name="Datenblatt" /> |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {010}, deutlich nach {101}<ref name="Datenblatt" /> |
Bruch; Tenazität | muschelig |
Farbe | grasgrün, smaragdgrün bis schwarzgrün |
Strichfarbe | apfelgrün |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz bis Diamantglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,831 nβ = 1,861 nγ 1,880<ref name="Mindat" /> |
Doppelbrechung | δ 0,049<ref name="Mindat" /> |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = 74° (berechnet)<ref name="Mindat" /> |
Pleochroismus | schwach: X = hellgrün; Y = gelbgrün; Z = grasgrün<ref name="Datenblatt" /> |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | empfindlich gegen starke Säuren, unempfindlich gegen schwache Säuren, Licht, Wasser |
Atacamit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Halogenide. Er kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der Zusammensetzung Cu2Cl(OH)3<ref name="IMA-Liste2012" />, ist also chemisch gesehen ein Kupfer-Chlor-Oxihalogenid.
Atacamit entwickelt meist prismatische Kristalle mit überwiegend nadeligem bis säuligem Habitus bis etwa 10 Zentimetern Länge, findet sich aber auch in Form radialstrahliger, blättriger, faseriger oder körniger bis massiger Mineral-Aggregate. Die Oberflächen der durchsichtigen bis durchscheinenden Kristalle weisen einen glas- bis diamantähnlichen Glanz auf. Seine Farbe variiert zwischen Grasgrün, Smaragdgrün und Schwarzgrün, seine Strichfarbe wird als Apfelgrün beschrieben.
Inhaltsverzeichnis
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Atacamit durch den Forschungsreisenden Dombey in der chilenischen Atacamawüste.<ref name="Blumenbach-de" /> Bekannt wurde das Mineral allerdings zunächst unter verschiedenen, beschreibenden Bezeichnungen wie unter anderem Kupfersand bzw. salzsaurer Kupfersand, Grüner Sand aus Peru und Kupferhornerz (nach Dietrich Ludwig Gustav Karsten, 1800<ref name="Karsten1800" />).
Seinen bis heute gültigen Namen Atacamit erhielt das Mineral 1802 durch Johann Friedrich Blumenbach, der es nach seiner Typlokalität benannte.<ref name="Blumenbach-de" />
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Atacamit zur Abteilung der „Oxihalogenide“, wo er als Namensgeber die „Atacamit-Reihe“ mit der System-Nr. III/D.01 und den weiteren Mitgliedern Anthonyit, Belloit, Bobkingit, Botallackit, Calumetit, Gillardit, Haydeeit, Herbertsmithit, Hibbingit, Kapellasit, Kempit, Klinoatacamit, Korshunovskit, Melanothallit, Nepskoeit und Paratacamit bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Atacamit in die erweiterte Abteilung der „Oxihalogenide, Hydroxyhalogenide und verwandte Doppel-Halogenide“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit Cu, etc., ohne Pb“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Hibbingit und Kempit die unbenannte Gruppe 3.DA.10a bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Atacamit in die Klasse der „Halogenide“ und dort in die Abteilung der „Oxihalogenide und Hydroxyhalogenide“ ein. Hier ist er zusammen mit Hibbingit, Gillardit und Haydeeit in der unbenannten Gruppe 10.01.01 innerhalb der Unterabteilung „Oxihalogenide und Hydroxyhalogenide mit der Formel A2(O,OH)3Xq“ zu finden.
Kristallstruktur
Atacamit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pnam (Raumgruppen-Nr. 62) mit den Gitterparametern a = 6,03 Å; b = 9,12 Å und c = 6,86 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle<ref name="StrunzNickel" />.
Modifikationen und Varietäten
Von der Verbindung Cu2Cl(OH)3 sind bisher vier natürliche Modifikationen bekannt. Neben dem orthorhombischen Atacamit sind dies noch die monoklin kristallisierenden Minerale Botallackit und Klinoatacamit sowie der trigonale Paratacamit.
Bildung und Fundorte
Atacamit bildet sich in der Oxidationszone sulfidischer Kupfer-Lagerstätten unter ariden Klimabedingungen. Seltener entsteht er als Sublimationsprodukt vulkanischer Gase. Auch als sekundäre Mineralbildung in Schlacken ehemaliger Erzverhüttung sowie in der Patina antiker Bronzen<ref name="Schröcke" /> findet sich mitunter Atacamit.
Als Begleitminerale treten unter anderem Botallackit, Brochantit, Caledonit, Cuprit, Linarit und Paratacamit auf.<ref name="Datenblatt" /> Unter Einfluss der Atmosphäre wandelt sich Atacamit langsam in Malachit und bei gleichzeitiger Anwesenheit von Kieselsäure in Chrysokoll um.<ref name="Schröcke" />
Als eher seltene Mineralbildung kann Atacamit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Als bekannt gelten bisher (Stand: 2012) rund 500 Fundorte.<ref name="Mindat" /> In der als Typlokalität geltenden Atacamawüste bzw. der gleichnamigen Región de Atacama konnte das Mineral an vielen Orten gefunden werden wie unter anderem in der Umgebung des Vulkans Cerro Negro in der Provinz Chañaral, Checo de Cobre, Tierra Amarilla und Zapallar (Chile) in der Provinz Copiapó sowie Vallenar in der Provinz Huasco. Daneben fand sich Atacamit noch in vielen weiteren Regionen Chiles.
Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Atacamit-Funde ist unter anderem Burra in Südaustralien, wo mit rund 10 Zentimetern die bisher längsten bekannten Kristalle zutage traten. Gut ausgebildete Kristalle von mehreren Zentimetern Größe fanden sich auch in den Kupfergruben von Moona und Wallaroo. Bis zu einem Zentimeter Durchmesser können die Kristalle in Tsumeb in Namibia erreichen.<ref name="Dörfler" />
In Deutschland fand sich Atacamit unter anderem in der Gruba Clara in Baden-Württemberg, in den Kupfergruben bei Lichtenberg und Kupferberg sowie im Salzbergwerk Berchtesgaden in Bayern, in den Schlackenfeldern der Kupferwerke bei Frankfurt-Heddernheim und Richelsdorf in Hessen, in der Julius-Hütte bei Astfeld im niedersächsischen Harz, in den nordrhein-westfälischen Zechen Christian Levin und Pluto sowie den Kupfergruben von Marsberg, in der Schlackenhalde der Grube „Virneberg“ bei Halsbrücke in Rheinland-Pfalz, im Mansfelder Becken in Sachsen-Anhalt, in der Grube „Lorenz Gegentrum“ und dem „Deutschlandschacht“ bei Oelsnitz/Erzgeb. in Sachsen sowie an der Nordküste von Helgoland in Schleswig-Holstein.
In Österreich sind bisher nur die Grube „Haagen“ bei Webing in der salzburger Marktgemeinde Abtenau und der „Silberberg“ (Stockerstollen) im tiroler Gemeindegebiet Brixlegg-Rattenberg.
Der bisher einzige bekannte Fundort in der Schweiz sind die Salzbergwerke bei Bex im Kanton Waadt.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in der Antarktis, in Argentinien, Bolivien, China, der Demokratischen Republik Kongo, Frankreich, Griechenland, Kanada, Indien, Iran, Irland, Isle of Man, Italien, Japan, Jordanien, Kasachstan, Mexiko, Neuseeland, Norwegen, Peru, Portugal, Russland, der Slowakei, Spanien, Südafrika, Tonga, Turkmenistan, Ukraine, Ungarn, Usbekistan, im Vereinigten Königreich, den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und in Vietnam.<ref name="MindatFundorte" />
Auch in Gesteinsproben vom Mittelatlantischen Rücken sowie im Pazifischen Ozean, genauer vom Manus-Becken der Bismarcksee und vom Ostpazifischen Rücken, konnte Atacamit nachgewiesen werden.<ref name="MindatFundorte" />
Verwendung
Als Kupfererz hat Atacamit nur eine geringe Bedeutung.
Im Oktober 2002 fanden Helga Lichtenegger und ihre Kollegen von der University of California, Santa Barbara in den vier zahnähnlichen Kiefern des räuberischen und giftigen "Blutwurms" Glycera dibranchiata Kupfer, dass in Form des Minerals Atacamit eingebaut ist und publizierten ihren Fund im Fachmagazin Science.<ref name="wissenschaft.de" />
Siehe auch
Literatur
- XVII. Mineralogische Bemerkungen über das Arseniksaure-, Salzsaure- und Phosphorsaure-Kupfer von Herrn Oberbergrath D. C. G. Karsten, in: Der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin, neue Schriften, Band 3, Berlin 1801 (S. 288–306 in der Google-Buchsuche)
- II. Das wahre Salzsaure-Kupfer (mit Analysen von Rochefoucaud, Berthollet und Proust ab S. 303) in der Google-Buchsuche
- Kupfersand (S. 486–493), in: Franz Ambros Reuß (Hrsg.): Lehrbuch der Mineralogie nach Karsten's mineralogischen Tabellen, Leipzig 1803 in der Google-Buchsuche
- J. F. Blumenbach: L´atacamit, sable vert d´Atacama, in: Manuel D´Histoire Naturelle, Band 2, Soulange Artaud, Paris 1803, S. 348-349 (PDF 109,2 kB)
- Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 493.
Weblinks
- Commons Commons: Atacamite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Mineralienatlas:Atacamit (Wiki)
- American Mineralogist Crystal Structure Database - Atacamite (englisch, 1949 und 1986)
- Mineralien-Lexikon - Atacamit
Einzelnachweise
<references> <ref name="Blumenbach-de"> J. F. Blumenbach: Handbuch der Naturgeschichte, 6. Auflage, Frankfurt und Leipzig 1802, S. 653 in der Google-Buchsuche </ref> <ref name="Blumenbach-fr"> J. F. Blumenbach: L´atacamit, sable vert d´Atacama, in: Manuel D´Histoire Naturelle, Band 2, Soulange Artaud, Paris 1803, S. 348-349 (PDF 109,2 kB) </ref> <ref name="Datenblatt"> Handbook of Mineralogy - Atacamite (englisch, PDF 70,4 kB) </ref> <ref name="Dörfler"> Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 68. </ref> <ref name="IMA-Liste2012"> IMA/CNMNC List of Mineral Names (2012; PDF; 8,9 MB) </ref> <ref name="Karsten1800"> Dietrich Ludwig Gustav Karsten: Tabellarische Uebersicht der mineralogisch-einfachen Fossilien, in: Mineralogische Tabellen mit Rüksicht auf die neuesten Entdekkungen, Heinrich August Rottmann, Berlin 1800, S. 46-46 (PDF 1,8 MB; Ordnung: Kupfer, Gattung: Kupfersand) </ref> <ref name="Lüschen"> Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 178. </ref> <ref name="Mindat"> MinDat - Mindat - Atacamite (englisch) </ref> <ref name="MindatFundorte"> Mindat - Fundorte für Atacamit </ref> <ref name="Reuß"> Franz Ambros Reuß: Lehrbuch der Mineralogie nach Karsten's mineralogischen Tabellen, Leipzig 1803 in der Google-Buchsuche </ref> <ref name="Schröcke"> Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 337–339. </ref> <ref name="StrunzNickel"> Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 171. </ref> <ref name="Webmineral"> Webmineral - Atacamite (englisch) </ref> <ref name="wissenschaft.de"> Bild der Wissenschaft: Stahlharte Beißer: Borstenwürmer haben Metall im Kiefer von Ute Kehse, 29. Juli 2003 (zuletzt abgerufen am 1. Januar 2013) </ref> </references>