Bahnstrecke Ducherow–Heringsdorf–Wolgaster Fähre
Ducherow–Heringsdorf–Wolgaster Fähre
<tr><td style="vertical-align:top;" colspan="2"></td></tr><tr><td style="vertical-align:top;" colspan="2"> Streckenverlauf (Landkarte) </td></tr><tr><td style="vertical-align:top;">Streckennummer (DB):</td><td>6768 Ducherow–Heringsdorf6773 Heringsdorf–Wolgaster Fähre</td></tr><tr><td style="vertical-align:top;">Kursbuchstrecke (DB):</td><td>193</td></tr><tr><td style="vertical-align:top;">Streckenlänge:</td><td>80,3 km</td></tr><tr><td style="vertical-align:top;">Spurweite:</td><td>1435 mm (Normalspur) </td></tr><tr><td style="vertical-align:top;">Streckenklasse:</td><td>B1<ref name="UBB">Benutzungsbedingungen für das Schienennetz und die Serviceeinrichtungen der Usedomer Bäderbahn GmbH (SNB/NBS UBB) - gültig ab 10. April 2012 (PDF-Datei, 733 KB) S. 17, 19. Abgerufen am 15. Oktober 2012</ref></td></tr><tr><td style="vertical-align:top;">Maximale Neigung:</td><td> 16<ref name="UBB" /> ‰</td></tr><tr><td style="vertical-align:top;">Höchstgeschwindigkeit:</td><td>80 km/h</td></tr> | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Die Bahnstrecke Ducherow – Heringsdorf – Wolgaster Fähre führte von Ducherow über den Peenestrom mit der Hubbrücke Karnin auf die Insel Usedom, zuerst nach Osten bis zur Swinemündung und anschließend über fast die gesamte Länge der Insel parallel zur Ostseeküste zum Peenestrom gegenüber von Wolgast.
Die Strecke konnte durch die Übergabe von Swinemünde an Polen gemäß Potsdamer Abkommen nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr durchgehend betrieben werden. Die über den Peenestrom führende Hubbrücke Karnin war kurz vor Kriegsende zerstört worden. Der Abschnitt von Ducherow bis Ahlbeck – inklusive des kurzen Teils in Świnoujście – wurde 1945 bis 1948 als Reparationsleistung an die Sowjetunion demontiert. Heute (2014) sind ein kurzer Streckenteil ab einem neuen Bahnhof in Świnoujście und der Abschnitt zwischen der Staatsgrenze und Ahlbeck wiederhergestellt, eine neue Straßenbrücke über den Peenestrom mit zusätzlichem Gleis in die Stadt Wolgast erstellt und die Strecke ab Świnoujście bis Wolgast Hafen in Betrieb. Pläne für die Wiederherstellung des gesamten demontierten Streckenteils gab es schon in der DDR und werden weiterhin diskutiert. Ihre Verwirklichung ist wegen der Kosten für die wiederaufzubauende Hubbrücke Karnin und wegen des in Świnoujście durch Überbauungen inzwischen entstandenen Platzmangels erschwert.<ref name="BZ">Peter Neumann: Die Bahn will in zwei Stunden nach Usedom. In: Berliner Zeitung. 14. Mai 2007 (Online-Artikel).</ref>
Der Abschnitt zwischen Ducherow und Heringsdorf war eine zweigleisige Hauptbahn, die Verlängerung bis Wolgaster Fähre eine eingleisige Nebenbahn. Die heute betriebene Strecke Świnoujście – Wolgast ist eine eingleisige Nebenbahn. Sie ist die Stammstrecke der Usedomer Bäderbahn (UBB), auf der Züge im Sommer alle 30 Minuten (weiter nach Züssow alle 60 Minuten) verkehren.
Inhaltsverzeichnis
Streckenverlauf
Die Strecke begann am Bahnhof Ducherow an der Angermünde-Stralsunder Eisenbahn, von der sie nach Nordosten abzweigte. Bis zum Peenestrom, den sie auf der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Hubbrücke Karnin überquerte, war die Strecke fast geradlinig. Anschließend führte sie parallel zur Südküste Usedoms über die Orte Usedom und Dargen nach Swinemünde. Der Swinemünder Hauptbahnhof befand sich am Westrand der Stadt. Danach schwenkte die Strecke in einen großen Bogen nach Nordwesten und weiter parallel zur Nordküste von Usedom. Vom westlichen Stadtrand von Swinemünde (Świnoujście) an ist die Strecke in Betrieb und führt wieder über die Grenze nach Ahlbeck und weiter nach Heringsdorf.
Der Bahnhof Heringsdorf war als dreigleisiger Kopfbahnhof angelegt worden. Die Züge wechseln heute wie damals im Bahnhof die Fahrtrichtung und passieren nach einer etwa 180°-Kurve Heringsdorf am südlichen Ortsrand. Die Strecke führt auf der Boddenseite der Insel weiter nach Nordwesten bis Zinnowitz, wo die ebenfalls nach Nordwesten führende Strecke nach Peenemünde abzweigt. Die Stammstrecke schwenkt nach Südwesten und endete ursprünglich im noch auf Usedom gelegenen Bahnhof Wolgaster Fähre.
Reisende mussten früher zum Anschluss an die Bahnstrecke Züssow–Wolgast Hafen zwischen den Bahnhöfen Wolgaster Fähre und Wolgast Hafen zu Fuß den Peenestrom über die Straßenbrücke überqueren. Güterwagen und andere Eisenbahnfahrzeuge wurden bis 1990 mit einer Fähre (einem Trajekt) zwischen Festland und Insel überführt.
Im Jahr 2000 ging die neue Wolgaster Peenebrücke in Betrieb, die auch mit einem Eisenbahngleis versehen wurde. Über diese Brücke hat die Insel Usedom 55 Jahre nach der Zerstörung der Hubbrücke Karnin und der Demontage des dortigen Streckenteils wieder eine direkte Eisenbahnverbindung mit dem pommerschen Festland erhalten.
Geschichte
Die erste Eisenbahn auf Usedom
Nachdem bereits seit 1863 über die Bahnstrecke Züssow–Wolgast Hafen eine Verbindung bis zum Peenestrom, der Usedom vom Festland trennt, aufgenommen wurde, gab es seitens der Berlin-Stettiner Eisenbahn-Gesellschaft (BSE), die das Normalspurnetz in der Region betrieb, Bestrebungen, die Insel über eine weitere Verbindung zu erreichen. Diese sollte jedoch nicht am Peenestrom enden, sondern diesen überbrücken und von Berlin aus auf kürzerem Wege nach Swinemünde führen. Nach Erteilung der Baugenehmigungen begannen im August 1873 die Arbeiten, die sich über drei Jahre hinzogen. Die Querung des Peenestroms bei Karnin beanspruchte die meiste Bauzeit und wurde Ende 1875 in Form einer Drehbrücke fertig gestellt. Das Planum der zunächst eingleisigen Strecke wurde bereits für die Anlage des zweiten, 1908 realisierten Gleises vorbereitet.<ref>Malte Werning: Insel- und Bäderbahnen der Ostsee, GeraMond-Verlag, 2005, S. 107</ref> Am 15. Mai 1876 fuhr der erste Zug von Berlin aus über die neue Strecke nach Swinemünde, und Güterzüge fuhren über Anschlussgleise weiter zum Hafen. Drei Jahre später wurde die Berlin-Stettiner Eisenbahn-Gesellschaft verstaatlicht und der Betrieb und das Wagenmaterial von den Preußischen Staatseisenbahnen übernommen.
Nachdem das Grundnetz der preußischen Eisenbahnen bis etwa 1880 errichtet war, begann der Bau von Nebenbahnen in dünner besiedelte Gebiete. Da bis auf die Swinemünder Zufahrtstrecke und die Festlandverbindung nach Wolgast noch kein weiterer Eisenbahnanschluss für Usedom bestand, wurde ab 1893 die Hauptstrecke von Swinemünde aus als Nebenstrecke parallel zur Küste nach Heringsdorf verlängert (Betriebsaufnahme am 1. Juli 1894).
Streckenausbau und Netzerweiterung
Nach dem zweigleisigen Ausbau der bestehenden Strecke im Jahr 1908 folgte 1911 die Verlängerung der Strecke entlang der Nordküste der Insel. Der Bahnhof Heringsdorf blieb dabei Kopfbahnhof; er konnte aus Platzgründen nicht zum Durchgangsbahnhof ausgebaut werden. Streckenende war der Bahnhof Wolgaster Fähre auf der Usedomer Seite gegenüber von Wolgast. Dort bestand Anschluss über eine Personenfähre zum Festland und dort zur Bahnstrecke Züssow–Wolgast Hafen. Eine Eisenbahnfährverbindung (Trajekt) gab es nur für den Güterverkehr.
Die auf der Strecke verkehrenden Züge dienten vor allem dem lokalen Personen- und Güterverkehr. Hinzu kamen einige durchgehende Zugpaare für den Ausflugsverkehr von und nach Berlin. Der Abschnitt Ducherow–Swinemünde war der am meisten befahrene Abschnitt. Die Drehbrücke bei Karnin wurde zum Engpass, da diese allgemein offenstand und nur für das Passieren der Züge geschlossen wurde. Sie wurde daher abgetragen und in den Jahren 1932/33 durch die schneller zu betätigende Hubbrücke Karnin ersetzt. Das Schließen und Öffnen der neuen Hubbrücke dauerte nur noch etwa je zwei Minuten. Außerdem erlaubte die Brücke eine Geschwindigkeit der Züge bis 100 km/h und es war somit möglich, mehr Züge einzusetzen.
Im Sommer verkehrten mehrere durchgehende Schnell- und Eilzüge der Deutschen Reichsbahn von Berlin nach Heringsdorf, Zinnowitz oder Carlshagen-Trassenheide (heute Trassenheide), darunter die so genannten „Strohwitwerzüge“, die zu ihrem Namen kamen, weil sie samstags Familienväter von der Arbeit zu ihren Familien auf der Insel brachte und am Sonntagabend zurück. Hinzu kam eine direkte Verbindung in und aus Richtung Dresden und Breslau.<ref>Malte Werning: Insel- und Bäderbahnen der Ostsee. GeraMond-Verlag, 2005, S. 108</ref> Im Winter verkehrte lediglich ein durchgehender Eilzug von Berlin bis Swinemünde. Ab Mitte der 1930er Jahre nahm der Verkehr mit der Anlage der Heeresversuchsanstalt Peenemünde (HVA) sowie der Munitionsanstalt in der Mellenthiner Heide stark zu. Neben der bereits 1934 eröffneten Straßenbrücke Wolgast wurde 1937 zusätzlich für den Personenverkehr der HVA die Werkbahn Peenemünde (Zinnowitz–Trassenheide–Karlshagen–Peenemünde) in Betrieb genommen.
Die Verknappung der Ressourcen während des Zweiten Weltkrieges führte 1941 zur Einstellung der öffentlichen Schnell- und Eilzüge von und nach Berlin.
Zerstörung und Trennung der Strecke
Während die Strecke im Zweiten Weltkrieg von größeren Zerstörungen verschont blieb, sprengten am 29. April 1945, unmittelbar vor Ende des Krieges, sich zurückziehende Truppen der Wehrmacht die Karniner Brücke. Zerstört wurden lediglich die seitlichen Brückenbögen des 350 Meter langen Bauwerks. Die mittige Hubbrücke wurde angehoben und nicht zerstört, um der im Stettiner Haff operierenden Kriegsmarine einen trümmerfreien Fluchtweg durch den Peenestrom in die Ostsee zu ermöglichen.
Nach der Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 wurde Swinemünde aufgrund des Potsdamer Abkommens Polen zugeteilt und in Świnoujście umbenannt. Für die Strecke, die nun auf einem etwa fünf Kilometer langen Abschnitt durch polnisches Gebiet führte, bedeutete dies die Teilung in zwei auf deutschem Gebiet verbleibende Abschnitte. Auf dem südlichen Abschnitt Ducherow – zerstörte Karniner Hubbrücke – polnische Grenze und auf dem kurzen Teil Ahlbeck – polnische Grenze des nördlichen Abschnittes wurden die Schienen als Reparationsleistung abmontiert und in die Sowjetunion gebracht. Der Abbau zwischen der Karniner Hubbrücke und polnischer Grenze war 1948 beendet. Die dort fahrenden Güterzüge brachten die hinter ihnen abgebauten Schienen zum Hafen von Świnoujście.
Durch die Reduzierung der Strecke auf den Abschnitt Ahlbeck – Wolgaster Fähre wurde die Usedomer Eisenbahn zu einer isolierten Inselbahn, die für zugreisende Personen mit dem Festland nur durch zweimaliges Umsteigen über die Wolgaster Fähre verbunden war. Die Inselbahn wurde auch als Nebenbahn behandelt und folglich nur notdürftig instand gehalten. Ihre Höchstgeschwindigkeit verringerte sich auf lediglich 60 km/h. Dennoch gab es von Berlin und dem Süden der DDR aus durchgehende Züge über Züssow bis Wolgast Hafen.
Das Angebot war für eine Nebenbahn relativ dicht, es verkehrten 1960 zirka 14 Zugpaare pro Tag auf der Gesamtstrecke. Die Zahl reduzierte sich in den 1980er-Jahren etwas auf – je nach Verkehrstag – elf bis zwölf. Mehrfach, zum Beispiel zwischen 1965 und 1969, gab es Bestrebungen der DDR, die Strecke nach Ducherow wieder aufzubauen. Die Grenze zu Polen und damit verbundene zwischenstaatliche Probleme und die schwierige Topografie auf einer den polnischen Zipfel bei Świnoujście umgehenden Alternativstrecke in Kombination mit den wirtschaftlichen Schwächen des Staates ließen das Vorhaben nicht zustandekommen. Der etwa 5 km lange alte Streckenteil in Świnoujście war infolge der Demontagen auf deutscher Seite ebenfalls bald entfernt und später teilweise mit Straßen und Häusern überbaut worden.
Überwiegend kamen Maschinen der Baureihe 86 zum Einsatz, die im Betriebswerk Heringsdorf stationiert wurden. Für den Inseleinsatz erhielten diese Loks Windleitbleche. Nach Ende des Dampfbetriebes verkehrten dort Diesellokomotiven der Baureihe 110 (später Baureihe 201 der Deutschen Bahn) mit dreiachsigen, später mit vierachsigen Reko-Wagen. Die Deutsche Reichsbahn richtete zusätzlich zwischen 70 und 100 Sonderzüge in Richtung Insel ein, deren Wagen teilweise über die Fähre bis nach Heringsdorf verkehrten.
1990 endete der Trajektverkehr in Wolgast, da das Fährschiff Stralsund, das zuletzt mithilfe eines Schleppers übersetzen musste, ausgemustert wurde. Damit wurde auch der Güterverkehr auf die Insel eingestellt. Wegen des wegfallenden Güterverkehrs, der schwierigen Überführung von Fahrzeugen auf die Insel und zurückgehenden Fahrgastzahlen beantragte die Reichsbahndirektion Schwerin 1992 die Stilllegung der Strecke. Am 1. April 1993 wurde das Projekt Usedom als Vorläufer der Usedomer Bäderbahn gegründet. Mit einem attraktiven Fahrplan wollte man die Reisendenzahlen steigern und der drohenden Stilllegung entgegenwirken.<ref>Zur Geschichte der Bahn auf der Insel Usedom von 1945 bis 1995 auf den Seiten der Usedomer Bäderbahn, abgerufen am 26. Februar 2013</ref>
Übernahme und Ausbau durch die UBB
Nach dem der Deutschen Wiedervereinigung am 1. Januar 1994 folgenden Zusammenschluss der beiden deutschen Staatsbahnen Reichsbahn und Bundesbahn kam die Strecke zur neuen Deutschen Bahn AG. Diese gründete am 21. Dezember 1994 die Usedomer Bäderbahn GmbH (UBB) als 100-prozentiges Tochterunternehmen, das am 1. Juni 1995 den gesamten Schienenverkehr auf der Insel übernahm, also auf der Stammstrecke und auf dem Peenemünder Ast. Statt der unwirtschaftlichen lokbespannten Züge wurden Triebwagen eingesetzt, zunächst die im Volksmund als Ferkeltaxe bezeichneten Schienenbusse der Baureihe 771/772.
In den darauf folgenden Jahren führte die UBB umfangreiche Streckensanierungen durch, wodurch die Höchstgeschwindigkeit an vielen Stellen auf 80 km/h erhöht werden konnte. Hinzu kam der Ausbau von Trassenheide und Koserow zu Kreuzungsbahnhöfen. 1997 kam es zu einer ersten Streckenverlängerung von Ahlbeck in Richtung Grenze zum neuen Haltepunkt Ahlbeck Grenze. Auf der bestehenden Strecke wurden zusätzlich die Haltepunkte Stubbenfelde, Heringsdorf-Neuhof und Ahlbeck Ostseetherme eingerichtet. Eine weitere Maßnahme war die schrittweise Umstellung des Fuhrparks auf Triebwagen der Baureihe 646.
Die nächste größere Maßnahme war der Neubau der Peenequerung in Wolgast. Neben der alten Straßenbrücke wurde eine kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücke errichtet, und die alte Straßenbrücke wurde anschließend abgerissen. Während der Straßenverkehr bereits ab 1998 möglich war, wurde der Eisenbahnverkehr erst mit dem Fahrplanwechsel am 26. März 2000 über die neue Brücke aufgenommen. Die zulässige Achslast beträgt nur 16,6 Tonnen, schwere Einheiten können die Brücke nicht passieren.
Im Jahre 1999 gingen auch die Eigentums- und Betriebsrechte auf der Festlandstrecke Züssow–Wolgast Hafen an die UBB über. Die nicht mehr benötigte Oberleitung wurde abgebaut, da die Dieseltriebwagen der UBB bis Züssow durchfahren. Die UBB-Züge haben nun direkten Anschluss an die RE-Züge der Verbindung Berlin – Pasewalk – Anklam – Züssow – Greifswald – Stralsund. Die Fahrgastzahlen auf der neuen Gesamtstrecke haben sich gegenüber 1995 mehr als verzehnfacht.
Am 5. Oktober 2007 begann der Bau der Verlängerung von Ahlbeck Grenze nach Świnoujście (Swinemünde).<ref>Usedomer Bäderbahn fährt ab Frühjahr nach Swinemünde. In: Signal, Heft 6/2007, S. 5</ref> Für rund drei Millionen Euro wurden 1,5 km Strecke wieder aufgebaut und der neue, zweigleisige Bahnhof Świnoujście Centrum am Rande des Stadtzentrums (etwa 250 m vor dem früheren Bahnhof Swinemünde Bad) errichtet. Für den Betrieb auf polnischer Seite gründete die UBB die Tochtergesellschaft UBB Polska.<ref name="Br2008"/> Die Bauarbeiten wurden im April 2008 weitgehend abgeschlossen; der erste Probezug hatte die Strecke bereits am 14. Februar 2008 befahren.<ref>„Erster Testzug der Usedomer Bäderbahn nach Swinemünde“: Meldung auf der Website der ebenfalls zur DB-Gruppe zählenden S-Bahn Berlin</ref> Die Aufnahme des planmäßigen Betriebes wurde jedoch aufgrund fehlender Genehmigungen polnischer Behörden mehrfach verschoben.<ref name="Br2008"/> Am 20. September 2008 konnte die Strecke freigegeben werden,<ref>Die Badewannenbahn. In Berliner Zeitung, 22. September 2008</ref> der Planbetrieb wurde am nächsten Tag aufgenommen. Auch auf polnischer Seite war man mit der schleppenden Arbeitsweise des Warschauer Eisenbahnverkehrsamtes UTK unzufrieden.<ref>Zmurkiewicz macht Druck in Warschau. In: Ostsee-Zeitung vom 4. Juli 2008</ref>
Am 1. Juni 2011 ging ein neuer Haltepunkt am Forstamt Neu Pudagla in der Nähe von Ückeritz in Betrieb.<ref>Neu Pudagla erhält einen neuen Haltepunkt. DB Mobility Logistics AG, 31. Mai 2011, abgerufen am 2. Juni 2011. </Ref> Geplant ist ein künftiger Haltepunkt in Damerow bei Koserow und der Einbau von Kreuzungsstellen an den Haltepunkten Schmollensee und Bannemin-Mölschow.
Pläne für den Wiederaufbau der Strecke ab Ducherow
Die in der DDR in den 1960er Jahren nicht realisierten Pläne zum Wiederaufbau des alten südlichen Teils der Strecke wurden nach der Wiedervereinigung wieder aktuell. Die in den 1990er Jahren gestiegenen Fahrgastzahlen und die späteren Streckenverlängerungen von Ahlbeck bis schließlich Świnoujście Centrum erzeugten erneut den Wunsch, die Strecke vollständig wiederherzustellen. Die Fahrzeit zwischen Berlin und dem Osten der Insel Usedom könnte so mit rund zwei Stunden auf die Hälfte verkürzt werden.<ref name="BZ"/> Die ca. 40 km lange zu reaktivierende Strecke wurde bisher nie offiziell entwidmet. Im Bundesverkehrswegeplan 2003 ist sie im Abschnitt Bau leistungsfähiger Verkehrswege in den neuen Bundesländern erwähnt,<ref>Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Bundesverkehrswegeplan 2003; Abschnitt 4.2 Bau leistungsfähiger Verkehrswege in den neuen Bundesländern, Online (pdf; 2,4 MB), S. 26</ref> und im Bundesschienenwegeausbaugesetz vom 15. September 2004 (BGBl. I Nr. 49, S. 2322) ist die Strecke (Berlin –) Ducherow – Swinemünde (Świnoujście) – Ahlbeck Grenze (Usedom) unter der lfd. Nr. 3 Internationale Projekte enthalten.
Später rückte die Bundesregierung von den Reaktivierungsplänen ab und erklärte im Jahr 2008 in Bezug auf ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten, dass die „wirtschaftliche Betreibung der Linie derzeit nicht erkennbar“ sei. Die UBB verwies bereits damals darauf, dass das Gutachten nicht die Potentiale des Güterverkehrs berücksichtigen würde.<ref name="Br2008">Bahn-Report, Heft 6/2008, S. 34</ref> Im Bundesverkehrswegeplan blieb das Projekt weiterhin enthalten. Das Bahnprojekt wurde Mitte Januar 2010 kurzfristig auf die Tagesordnung der 2. Deutsch-Polnischen Oderkonferenz in Potsdam gesetzt. Die Deutsche Bahn AG ging 2010 von Kosten in Höhe von 140 Millionen Euro für den Wiederaufbau aus.<ref>Unschlagbar schnell auf die Insel Usedom. Wiederaufbau der kürzesten Bahnverbindung im Gespräch, in: punkt 3, 2/2010, S. 2</ref>
Zur Wiederherstellung des südlichen Streckenteils ist entweder die Reparatur der Karniner Hubbrücke oder ein Ersatzbau notwendig. Am 9. April 2010 wurde ein verbands- und parteiübergreifendes deutsch-polnisches Aktionsbündnis Karniner Brücke gegründet, das sich für den Wiederaufbau der Brücke einsetzt.<ref>Berliner Zeitung: Schneller per Zug nach Usedom, Artikel vom 30. März 2010</ref> Ende April 2010 wurde eine von der DB International erarbeitete neue Nutzen-Kosten-Analyse veröffentlicht, die nach Auffassung des Aktionsbündnis mit Berücksichtigung des Güterverkehrs schon im ungünstigsten Fall ein Nutzen-Kosten-Faktor von 2,6 ergibt.<ref>Berliner Zeitung: Schneller per Bahn von Berlin nach Usedom, (Wiederaufbau der alten Strecke rechnet sich), Artikel vom 29. April 2010</ref>
Mecklenburg-Vorpommerns damaliger Verkehrsminister Volker Schlotmann forderte im September 2010 ein Wirtschaftsgutachten der Deutschen Bahn über die Verbindung. Eine solche Untersuchung sei Voraussetzung für die Aufnahme des Projektes in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans. Das Land werde prüfen lassen, ob zusätzliche Fördermittel von der Europäischen Union bereitgestellt werden können. Im Oktober 2010 bestätigte der Regionalleiter der DB Regio Nordost und Geschäftsführer der UBB, Andreas Zylka, dass der Wiederaufbau der Karniner Brücke wirtschaftlich sei. Insbesondere würde der Güterverkehr in Richtung Südwesten profitieren.
Die Bundesregierung antwortete im Frühling 2012 auf zwei Kleine Anfragen im Deutschen Bundestag, dass der Wiederaufbau der Eisenbahnstrecke Ducherow–Karnin–Swinemünde einschließlich der Karniner Hubbrücke aufgrund der ihr vorliegenden Gutachten derzeit unwirtschaftlich sei.<ref>Drucksache Nr. 17/9290. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend „Entwicklung des Schienenverkehrs zwischen Deutschland und Polen“. Deutscher Bundestag, 10. April 2012, abgerufen am 17. Dezember 2012 (PDF; 196 kB, die Fragen 15 und 16 beziehen sich auf die Wirtschaftlichkeit eines Wiederaufbaus der Strecke Ducherow–Swinemünde). </ref><ref>Drucksache Nr. 17/9642. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der SPD betreffend „Ausbau der deutsch-polnischen Bahnverbindungen“. Deutscher Bundestag, 15. Mai 2012, abgerufen am 17. Dezember 2012 (PDF; 78 kB, die Frage 8 bezieht sich auf einen Neubau der Karniner Brücke). </ref> Anfang Oktober 2012 veröffentlichte die DB eine neue Studie, in der auch das Fahrgastpotential nach Swinemünde berücksichtigt wurde.<ref>Schnellere Zugverbindung nach Usedom möglich. In: Ostsee-Zeitung, 2. Oktober 2012</ref> Die Planungen sehen nun eine Klappbrücke hinter der Karniner Hubbrücke und eine eingleisige Strecke vor. Die veranschlagten Baukosten liegen mit 100 Millionen Euro um 40 Millionen Euro unter den bisherigen Planungen.<ref>Karniner Brücke: Sellering wirbt in Polen für Bahn-Projekt. In: Ostsee-Zeitung, 16. Juni 2012</ref> Mecklenburg-Vorpommern hat die Strecke für den Bundesverkehrswegeplan 2015 angemeldet.<ref>Schneller ans Meer. In: Berliner-Zeitung.de, 17. April 2013</ref><ref>Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Übersicht über die laufenden Vorhaben und die für den Bundesverkehrswegeplan vorgeschlagenen Vorhaben. Bundesschienenwege. 9. Februar 2015. S. 4</ref><ref>Aktionsbündnis Karniner Brücke: Neuer Bundesverkehrswegeplan 2015. Projektanmeldung zum Aus- und Neubau von Schienenstrecken (Länder)</ref> Ergänzend weist ein Berater der Europäischen Union darauf hin, dass nach dem Bau eines Swinetunnels<ref>Swine-Tunnel ist Westpommerns wichtigstes Verkehrsprojekt. Ostsee-Zeitung. 17. November 2014</ref> (Projektname: „Usedom Crossing“) mit integriertem Eisenbahngleis Usedom mit Wolin verbunden werden könne, was die Möglichkeit biete, den Skandinavienverkehr über Świnoujście auch über Ducherow nach Berlin zu leiten.<ref>Alexander Vogt: Finanzierungsperspektiven „Usedom Crossing“ aus Sicht des Europäischen Parlaments (Vortrag). Świnoujście, 26. April 2014</ref>
Die DB Netze steht dem Projekt wohlwollend gegenüber, verweist aber auf viele ungeklärte Fragen. Insbesondere sei die Höhe der Gesamtkosten für die Wieder-Inbetriebnahme der Strecke unklar (zwischen 80 und 500 Millionen Euro). Auch sei unklar, ob die Mittel im Etat für Regionalisierungsmaßnahmen für das Projekt in hinreichender Höhe bereitgestellt werden können.<ref>Arvid Kämmerer: Reaktivierung der Strecke Ducherow – Swinemünde/ Świnoujście (PL) – Heringsdorf (Südanbindung Usedom). Rail Baltica Growth Corridor. März 2013</ref> Ohne grenzüberschreitenden Güterverkehr von und nach Świnoujście wird nach Ansicht von Vertretern der DB Netze ein wirtschaftlicher Betrieb der Strecke nur schwer möglich sein.<ref>Peter Neumann: Schneller ans Meer. In: Berliner Zeitung. 17. April 2013</ref>
Die Arbeitsagentur Greifswald sieht durch das Bauvorhaben erhebliche positive Effekte. Sie weist darauf hin, dass durch die Bahnbrücke Ortschaften mit hoher Arbeitslosigkeit an die Tourismusregion Usedom angebunden werden könnten, in der eine hohe Zahl von Arbeits- und Ausbildungsstellen als zu besetzen gemeldet sei, und dass zwei Drittel der Kosten des grenzüberschreitenden Bahnprojekts aus EU-Mitteln gefördert werden könnten.<ref>Martina Rathke: Usedom sucht schnellen Bahnanschluss nach Berlin. In: Berliner Zeitung. 4. Januar 2015</ref>
Der für die Region zuständige Wahlkreisabgeordnete des Deutschen Bundestags, Matthias Lietz (CDU), der zugleich Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestags ist, lehnt das Eisenbahnprojekt ab und fordert den Bau von Ortsumgehungen der Bundesstraßen, die auf Usedom liegen und dorthin führen.<ref>CDU-Abgeordneter spricht sich gegen Karniner Brücke aus. In: Ostsee-Zeitung. 27. Januar 2015</ref> Im September 2014 hat sich eine „Bürgerinitiative Karnin 21“ gebildet, die sich gegen die Reaktivierung der Eisenbahnlinie wendet.<ref>Störende Güterzüge und Steuereinbußen. Ostsee-Zeitung. 18. September 2014</ref><ref>Bürgerinitiative Karnin 21: Beschwerde gegen die Unterstützung der Wiederherstellung der Eisenbahnverbindung Ducherow-Swinemünde-Heringsdorf und den Antrag der Aufnahme in den vordringlichen Bedarf Plus+ des BVWP 2015. Petition an den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern</ref>
Literatur
- Fritz Spalink: 100 Jahre Eisenbahn auf der Insel Usedom. Historische Gesellschaft zu Seebad Heringsdorf auf Usedom e.V. 2012
- Ludger Kenning: Die Usedomer Bäderbahn. Kenning, Nordhorn 2010, ISBN 978-3-933613-51-6
- Bernd Kuhlmann: Eisenbahnen auf Usedom. Über Swinemünde nach Peenemünde. 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Alba, Düsseldorf 2005, ISBN 3-87094-241-X
- Hans Ulrich Bauer: Die Eisenbahnhubbrücke Karnin. IGEL Verlag, 2012, ISBN 978-3-9810371-7-3.
Weblinks
- Commons Commons: Bahnstrecke Ducherow–Heringsdorf–Wolgaster Fähre – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Eisenbahnen in Mecklenburg-Vorpommern – Ducherow–Heringsdorf–Wolgast
- Geschichte des Inselnetzes auf der Homepage der Usedomer Bäderbahn
- Peter Neumann: Schneller per Bahn von Berlin nach Usedom. Analyse: Wiederaufbau der alten Strecke rechnet sich. In: Berliner Zeitung. 29. April 2010, abgerufen am 16. Juni 2015.
- Thomas Rietig: Mitten durch die Hubbrücke. rsv-Presse. 8. Juni 2015
Einzelnachweise
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