Bibliophilie


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Der Ausdruck Bibliophilie (von griechisch βιβλίον bíblion „Buch“ und griechisch φίλος philos „Freund“; also „Liebe zum Buch“) bezeichnet allgemein das Sammeln von schönen, seltenen oder historisch wertvollen Büchern meist durch Privatpersonen zum Aufbau einer Privatbibliothek nach bestimmten Sammelkriterien. Das bibliophile Interesse des Sammlers unterstützt dabei sein Bestreben, seine Sammlung in einem oder mehreren angemessenen Räumen und speziellem Mobiliar zu präsentieren. Die erste einschlägige wissenschaftliche Zeitschrift Bulletin du Bibliophile erschien 1834 in Frankreich.

Bibliophiliebegriff und Schwerpunkte

In Bezeichnungen wie bibliophile Ausgabe oder bibliophiles Buch tritt heute allerdings die Bedeutung des Sammelns zurück hinter einen Bibliophiliebegriff, der auf das durch besondere Ausstattung hervorgehobene Exemplar zielt.

Sammler achten teils auf sog. Kollektionen oder Buchreihen, teils auf Schicksale und Alter der Bücher, teils auf das Material derselben. Den größten wissenschaftlichen Wert haben Sammlungen von Büchern, die einen bestimmten Gegenstand betreffen oder in einer gewissen Manier gearbeitet oder in einer berühmten Offizin gedruckt worden sind. Hierher gehören Sammlungen

  • von Ausgaben der Bibel (insbesondere Biblia Hebraica) oder
  • einzelner Klassiker (z. B. des Horaz und Cicero),
  • von bei bestimmten Druckern und Verlagen erschienenen Büchern,
  • über besondere Begebenheiten und Ereignisse,
  • über ganz spezielle Sachgebiete,
  • über bestimmte Persönlichkeiten.

Früher erstreckte sich Bibliophilie oft auf das Sammeln von Büchern, die durch ihre Schicksale etwas Besonderes sind; dazu gehören seltene und verbotene (insbesondere in der römischen Kirche auf den Index gesetzte) Bücher. Auch heute noch allgemein sehr gesucht sind in den frühesten Zeiten der Buchdruckerkunst hergestellte Bücher (Inkunabeln) und die ersten Ausgaben von Werken klassischer Schriftsteller.

Die Vorliebe von Sammlern kann sich noch auf weitere Merkmale der Bücher beziehen. Oft werden hohe Preise gezahlt für

  • Pracht- und illustrierte Ausgaben,
  • unbeschnittene Exemplare älterer seltener Werke,
  • solche mit breitem Rand (Großpapier),
  • mit Miniaturen und Initialen verzierte Bücher,
  • Drucke auf Pergament, Velinpapier oder sonstigen ungewöhnlichen Stoffen.

Auch sehr begehrt sind Bücher mit dem eingeschriebenen Namen des früheren Besitzers, wenn sie bedeutsamen Personen gehörten.

Neben dem lesenden und sammelnden Bücherliebhaber, den man als rezipierenden Bibliophilen bezeichnet, gibt es aber auch den Bibliophilen, welcher seine Bücherliebe so weit treibt, dass er selbst Bücher erstellt und damit zum produzierenden Bibliophilen wird. Die produzierende Bibliophilie findet als darstellende Kunst ihren Ursprung im Versuch des Menschen, seine Wirklichkeit wiederzugeben. Einmal um sie dem Gedächtnis zu bewahren, ein andermal um sie anderen zu übermitteln. So zeigen sich zwei Beweggründe, wobei der zweite überwiegend sozialer Natur ist. Um diesem sozialen Wert gerecht zu werden, gibt es auch Veranstaltungen, wie beispielsweise die Mainzer Minipressen-Messe in der Gutenberg-Stadt Mainz, bei welcher Bibliophile zusammenkommen, um sich auszutauschen und ihre neuesten Bücher und Drucke vorzustellen.

Aber auch bei rezipierenden Bibliophilen können soziale Aspekte eine große Rolle spielen, etwa im Austausch mit anderen Sammlern oder indem die eigene Sammlung der Wissenschaft zugänglich gemacht wird. In diesen Zusammenhang gehört auch das Verleihen von Büchern für Ausstellungen, wobei manche Bibliophile Wert darauf legen, als Eigentümer genannt zu werden, während andere dies strikt ablehnen und anonym bleiben möchten. Ein besonderer Aspekt ist der Wunsch, die Sammlung über das eigene Leben hinaus zu bewahren (und ggf. einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen), indem sie beispielsweise einer öffentlichen Bibliothek oder einem Archiv übereignet wird. Sammler mit entsprechenden finanziellen Mitteln gründen gelegentlich eine eigene Stiftung zur Erhaltung, Pflege und weiterem Ausbau der Sammlung.

Datei:Bookworm traces.JPG
Spuren eines "Bücher-Wurms"

Umgangssprachlich werden bibliophile Menschen auch Bücherwurm genannt, unter anderem, weil sie sich manchmal die Bücher oft so nah vor das Gesicht halten, dass es aussieht, als ob sie diese aufessen würden, genauso wie manche Nagekäfer dass Innere von Büchern auffressen und dabei Spuren hinterlassen. In der Literatur wurde diese Metapher erstmals 1747 von Gotthold Ephraim Lessing in seinem Lustspiel Der junge Gelehrte (3. Aufzug, 1. Auftritt) verwendet.<ref>Deutschlandfunk vom 5. April 2011: Abhandlung über einen Spottbegriff</ref>

Siehe auch

Literatur

Buchsammlung

  • Jürgen Busche und Christine Eichel (Hrsg.)/ Thomas Kierok u.a. (Fotos): Von Bücherlust und Leseglück  −  Kluge Köpfe und ihre Bibliotheken, mit einem Gespräch (Frauen lesen anders) mit Elke Heidenreich, Knesebeck Vlg., München 2008, ISBN 978-3-89660-558-0
  •  Umberto Eco: Die Kunst des Bücherliebens. 1. Auflage. Carl Hanser, München 2009, (übersetzt von Burkhart Kroeber), ISBN 978-3-446-23293-8.
  •  Umberto Eco, Jean-Claude Carrière: Die große Zukunft des Buches  –  Gespräche mit Jean-Philippe de Tonnac. 1. Auflage. Carl Hanser, München 2010, (übersetzt von Barbara Kleiner), ISBN 978-3-446-23577-9.
  • Anne Fadiman: Ex Libris  –  Bekenntnisse einer Bibliomanin, SchimerGraf, München 2005, ISBN 3-86555-023-1
  • Gernot U. Gabel, Wolfgang Schmitz: Kölner Sammler und ihre Bücherkollektionen in der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln. Universitäts- und Stadtbibliothek, Köln 2003, ISBN 3-931596-25-7
  • Holbrook Jackson: The Anatomy of Bibliomania, University Of Illinois, ISBN 978-0-252-07043-3
  • Gerhard Loh: Verzeichnis der Kataloge von Buchauktionen und Privatbibliotheken aus dem deutschsprachigen Raum. Selbstverlag, Leipzig 1995– (bis 2008 fünf Bände erschienen)
  • Wulf D. von Lucius: Bücherlust – Vom Sammeln, 320 S., Farbtafeln, s/w-Abb., kl. bibliophiles Glossar, Übersichten: Katalogfachausdrücke u. Literatur, DuMont Buchvlg., Köln 2000, ISBN 3-7701-4724-3
  • Otto Mühlbrecht: Die Bücherliebhaberei in ihrer Entwicklung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. 2. verb. u. verm. Aufl. Bielefeld u. Leipzig 1898.
  • Klaus Walther (Schriftsteller): Bücher sammeln, Reihe: Kleine Philosophie der Passionen, dtv 34142, Deutscher Taschenbuch Vlg., München 2004, ISBN 3-423-34142-4
  • Klaus Walther (Schriftsteller) (Texte u. Hrsg.) und Dieter Lehnhardt (Fotos): Haben Sie das alles gelesen? Ein Buch für Leser und Sammler. Mironde Verlag, Niederfrohna bei Chemnitz 2014, ISBN 978-3-937654-80-5. (Textliche und fotodokumentarische Präsentation von 16 zeitgenössischen und 10 historischen Privatbibliotheken diverser Dichter, Schriftsteller und Naturwissenschaftler im deutschen und französischen Sprachraum)

Buchpräsentation

  •  Dominique Dupuich (Texte), Roland Beaufre (Fotos): Wie wir mit Büchern wohnen. 1. Auflage. Christian Brandstätter Vlg., Wien/ München 2010, ISBN 978-3-85033-414-3.
  • Estelle Ellis, Caroline Seebohm, Christopher Simon Sykes: Mit Büchern leben. Buchliebhaber und ihre Bibliotheken. Vlg. Gerstenberg, Hildesheim 1996 (zuletzt 2008), ISBN 978-3-8369-2983-7
  •  Leslie Geddes-Brown: Räume für Menschen, die Bücher lieben. 1. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2010, ISBN 978-3-421-03817-3.
  •  Susanne von Meiss (Texte), Reto Guntli (Fotos): Bücherwelten  –  Von Menschen und Bibliotheken. 2. Auflage. Vlg. Gerstenberg, Hildesheim 1999, ISBN 3-8067-2855-0.
  •  Alan Powers: Wohnen mit Büchern. 1. Auflage. Augustus-Vlg., München 2000, ISBN 3-8043-0784-1.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Bibliophilie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

<references />