Bilkay Öney
Bilkay Öney ([bɪlˈkaj œˈnɛj]; * 23. Juni 1970 in Malatya, Türkei) ist eine deutsche Politikerin türkischer Abstammung. Öney war in der Partei Bündnis 90/Die Grünen aktiv und wechselte 2009 in die SPD.<ref>Ex-Grüne: "Ich will soziale Gerechtigkeit" Tagesspiegel de, 12. Mai 2009. Abgerufen am 16. Dezember 2011</ref> Sie war von September 2006 bis Mai 2009 integrationspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin.<ref>Sabine Beikler, Ulrich Zawatka-Gerlach: Übertritt: Grün war die Hoffnung. In: Der Tagesspiegel, 13. Mai 2009, erneut abgerufen am 6. Oktober 2011</ref> Seit dem 12. Mai 2011 ist sie in Baden-Württemberg im Kabinett Kretschmann Landesministerin für Integration.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Ausbildung und Beruf
Bilkay Öney lebt seit 1973 in Berlin. Sie absolvierte ein Studium der Betriebswirtschaftslehre und Medienberatung an der TU Berlin. Danach arbeitete Öney als Bankangestellte und wechselte dann zum staatlichen türkischen Fernsehsender TRT. Dort arbeitete sie als Redaktionsassistentin, dann als Assistentin der Geschäftsführung und als Redakteurin und Moderatorin, bis sie am 17. September 2006 ins Berliner Abgeordnetenhaus gewählt wurde. Zwischenzeitlich war sie die Pressesprecherin des Bildungswerkes Kreuzberg (BWK).
Parteilaufbahn
Bilkay Öney war bis zum 12. Mai 2009 Mitglied der Grünen. Öney wurde zur integrationspolitischen Sprecherin der Grünen gewählt und war Mitglied des Innenausschusses und des Ausschusses für Integration, Arbeit und Soziales.
Am 15. Mai 2009 trat Öney aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen aus und in die SPD ein<ref name="achgut">Paul Nellen: Zu gut für die Grünen - die Abgeordnete Bilkay Öney. In: Die Achse des Guten, 13. Mai 2009, erneut abgerufen am 6. Oktober 2011</ref>. Zur Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin 2011 sollte sie als SPD-Spitzenkandidatin im Bezirk Mitte auf Listenplatz eins kandidieren<ref>Öney siegt, Donnermeyer verliert knapp Berliner Zeitung, 7. Dezember 2010, abgerufen am 9. August 2013.</ref>, bevor sie Ministerin in Baden-Württemberg wurde.
Abgeordnetentätigkeit
Öney erzielte über den Platz drei der grünen Landesliste Berlin im September 2006 den Einzug in das Abgeordnetenhaus von Berlin.
Nach ihrem Parteiwechsel im Jahr 2009 war sie Mitglied der SPD-Fraktion des Innenausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses und des Ausschusses für Verfassungsschutz.
Öffentliche Ämter
Im Mai 2011 wurde Öney als Ministerin für Integration in die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann berufen.<ref>Die Ministerin. Ministerium für Integration Baden-Württemberg, abgerufen am 6. Oktober 2011</ref><ref>Moritz Schuller: Kontrapunkt: Bilkay Öney - die Alibiministerin. In: Der Tagesspiegel, 4. Mai 2011, erneut abgerufen am 6. Oktober 2011</ref>
Sonstiges Engagement, Ehrungen, Auszeichnungen
Öney trat der von Cem Özdemir 1994<ref>http://www.immigruen-berlin.de/</ref> mitgegründeten<ref>Einfluß mit Immi-Grün Der Spiegel, 1. Juli 1996. Abgerufen am 22. September 2011</ref> und den Grünen nahestehenden Initiative ImmiGrün - Bündnis der neuen InländerInnen bei, deren Sprecherin sie bis Mai 2009 war.<ref>Homepage der ImmiGrün Berlin</ref>
- German-American-Young-Leader der Atlantik-Brücke e. V. (2003)
- World-Young-Business-Achiever (WYBA) Finalistin Deutschland (2003)
- Mitglied der Bundesversammlung zur Wahl des deutschen Bundespräsidenten 2004
- European-Young-Leader der Atlantik-Brücke e. V. (2005)
- German-Israeli-Young-Leader der Bertelsmann-Stiftung (2008)
- Marshall-Memorial-Fellow des German Marshall Fund (2009)
- Bund Deutscher PfadfinderInnen
- Mitglied im Beirat von Türkiyemspor Berlin (bis zur Beiratsauflösung)
2013 erhielt Bilkay Öney den Clara-Zetkin-Preis der IG Metall Heidenheim für ihren Einsatz in der Politik.<ref>Integrationsministerin Bilkay Öney erhält Clara-Zetkin-Preis , Südwest Presse, 10. März 2013. Abgerufen am 16. November 2015.</ref>
2015 wurde Bilkay Öney von der Helga und Edzard Reuter-Stiftung für ihr "Bemühen um ein friedliches Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen und das Engagement für die Integration von Zuwanderern in der deutschen Gesellschaft" geehrt.<ref>Helga und Edzard Reuter-Stiftung ehrt Integrationsleistungen, Pressemitteilung der Helga und Edzard Reuter-Stiftung, 5. November 2015. Abgerufen am 16. November 2015.</ref>
Privates
Öney ist alevitisch und bezeichnete sich selbst als „Rock ’n’ Roll-Muslima“.<ref>Die Rock-’n’-Roll-Muslima von Grün-Rot, Badische Zeitung, 24. Mai 2011. Abgerufen am 17. Dezember 2011.</ref><ref>Migration ist ein Teil von mir, Tagesspiegel, 4. Mai 2011. Abgerufen am 17. Dezember 2011.</ref> Später erläuterte sie, in einer linksliberalen „feministischen“ Lehrerfamilie ohne religiöse Erziehung groß geworden zu sein: „Meine Eltern waren immer der Auffassung, dass Religion der Menschheit mehr Schaden gebracht hat als Nutzen“<ref>Zitiert aus dem Radioportrait „Muslime in Deutschland“, SWR1 Baden-Württemberg, 22. Jan. 2015, ab Min. 11:30</ref>.
Positionen
Kopftuchverbot
Öney trat für ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst ein.<ref>Transkript des SPD.de-Expertenchats mit Bilkay Öney und Rüdiger Veit am 26. September 2010. (PDF-Datei; 80 kB) In: SPD.de, erneut abgerufen am 6. Oktober 2011</ref> In ihrer Eigenschaft als Landesministerin für Integration forderte sie eine erneute Debatte über das Kopftuchverbot. „Früher habe ich gesagt, das Neutralitätsgebot des Staates ist sehr wichtig. Als Integrationsministerin muss ich nun dafür Sorge tragen, dass sich auch die Musliminnen integrieren. Es ist eine Abwägungsfrage.“<ref>Ministerin fordert neue Debatte über Kopftuchverbot Focus Online, 9. September 2011. Abgerufen am 5. Oktober 2011</ref>
Religiöse Beschneidung
Im Jahr 2012 forderte Öney nach einem Urteil des Landgerichts Köln, wonach die Beschneidung von Jungen aus religiösen Beweggründen rechtswidrig und strafbar ist, gesetzliche Regeln zur Stärkung der Religionsfreiheit. Kern der Entscheidung war die Abwägung zwischen der Religionsfreiheit der Eltern und dem Recht eines Kindes auf körperliche Unversehrtheit.<ref>Beschneidung aus religiösen Gründen ist strafbar spiegel.de, 26. Juni 2012, abgerufen am 27. Juni 2012.</ref> Das Gericht urteilte, entscheidend sei nicht das Recht der Eltern auf Religions- und Erziehungsfreiheit; entscheidend sei allein das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit.<ref>Urteil des Landgerichts Köln vom 7. Mai 2012 – 151 Ns 169/11.</ref> Öney erklärte in diesem Zusammenhang, sie frage sich, warum jetzt eine Art Religionskrieg angezettelt werde. Das Argument mit dem Kindeswohl sei für sie fadenscheinig. "Als hätten Juden und Muslime das Kindeswohl nicht im Blick. Das finde ich unverschämt." Sie wolle nicht, dass Deutschland das einzige Land auf der Welt sei, das Beschneidungen verbiete: "Damit würde die freie Religionsausübung eingeschränkt."<ref>Menschen bei Maischberger Der Beschneidungsstreit: Wie weit dürfen religiöse Rituale gehen? (Memento vom 14. August 2012 im Internet Archive), ARD, 14. August 2012, 22:45 Uhr, abgerufen am 14. August 2012.</ref>
Doppelte Staatsbürgerschaft
Als erste türkeistämmige Ministerin setzte sich Öney in ihrer Funktion als Landesministerin im Bundesrat für die doppelte Staatsbürgerschaft und gegen das Optionsmodell ein.<ref>„Ich möchte keinen doppelten Standard“, Stuttgarter Zeitung, 1. Aug. 2011. Abgerufen am 6. März 2012</ref><ref>Grün-rote Regierung startet neuen Anlauf für Doppelpass Stuttgarter Zeitung, 14. Mai 2013. Abgerufen am 16. Mai 2013</ref>
Innere Sicherheit
Im Juni 2012 wurde Öney vom baden-württembergischen Oppositionspolitiker Bernhard Lasotta für ihre Antwort auf eine Frage in einem Interview und einer Podiumsdiskussion kritisiert.<ref>Lasotta erhebt schwere Vorwürfe gegen Bilkay Öney Stimme.de, abgerufen am 22.Juni 2012</ref><ref>Bernhard Lasotta: Materialsammlung zu den Aussagen von Bilkay Öney (PDF-Datei; 88 kB)</ref> Öney hatte auf Rückfragen nach dem Begriff Tiefer Staat angemerkt, die Schwierigkeiten der deutschen Behörden, die Anschlagspläne der rechtsextremistischen Terrorzelle NSU frühzeitig und umfassend aufzudecken, seien auch mit der Existenz eines „tiefen Staates“ in Deutschland zu erklären.<ref>"Kritik an Öney "Spiel mit Begrifflichkeiten"", Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. Juni 2012. Abgerufen am 17. Juni 2012</ref> <ref>"FDP fordert Rücktritt von Bilkey Öney"", Stuttgarter Zeitung, 11. Juni 2012. Abgerufen am 17. Juni 2012</ref> Der Begriff Tiefer Staat wird in der Türkei gebraucht, um eine der Öffentlichkeit wenig bekannte Beziehung zwischen Sicherheitskräften, Politik, Justiz, Verwaltung und dem organisierten Verbrechen zu beschreiben, beispielsweise im Zusammenhang mit den Hintergründen der Ermordung des kritischen Journalisten Hrant Dink. Öney distanzierte sich von ihren Äußerungen mit den Worten: „Ich habe bereits mehrfach klargestellt, dass ich keinerlei Thesen zu einem Tiefen Staat in Deutschland vertrete. Es ging um Ermittlungsfehler im Rahmen der NSU-Mordserie.“ Sie erklärte, sie hätte den Begriff nicht aufgreifen dürfen: „Die Aussage Tiefer Staat wurde falsch verstanden. Indem die CDU mit den Wörtern spielt, versuchen sie meine Staatstreue zu prüfen.“<ref>"Öney bleibt in der Kritik", Badische Zeitung, 12. Juni 2012. Abgerufen am 17. Juni 2012</ref> <ref>"Bilkey Öney: Ich relativiere nichts", Stuttgarter Nachrichten, 15. Juni 2012. Abgerufen am 17. Juni 2012</ref>
Rolle als Flüchtlings- und Asylpolitikerin
Im Zuge der seit Herbst 2014 ansteigenden Flüchtlings- und Asylbewerberzahlen auch in Baden-Württemberg wird Öney von der Presse attestiert, „ihre Rolle gefunden“ zu haben: „In der Flüchtlingskrise zählt Öney zu den Stützen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Selbst die CDU zollt Respekt“<ref>So Josef Kelnberger in: „Raus aus der Scharmützelzone“, Süddeutsche Zeitung vom 13. Okt. 2014, S. 6</ref>. Öney wirbt in Bürgerversammlungen selber für die Regierungspolitik in der Flüchtlingsunterbringungsfrage und sucht dabei auch „den Schulterschluss mit der CDU“ – erfolgreich: „Am Ende: Beifall“<ref>Josef Kelnberger, a.a.O.</ref>. Öney definiert ihre Flüchtlingspolitik und die der Landesregierung als dialogisch, transparent und offen: „Uns war wichtig, von Anfang an Landkreise, Landräte, Regierungspräsidien, aber auch Kommunen, Bürgermeister und Gemeinderäte einzubeziehen. Es muss klar sein: Wir richten keine Aufnahmestelle gegen den Willen der Bürger ein, sondern mit ihnen gemeinsam“<ref>Steven Geyer: „Ministerin Öney wirbt für Flüchtlinge“, in: Frankfurter Rundschau, 13. Dez. 2014</ref>. Statt Zweifel an ihrer Kompetenz und am Sinn des neuen Integrationsministeriums „erhält sie sogar Lob von der CDU-Opposition… 'Sie hat's gepackt, meint ein früherer CDU-Minister“<ref>Gabriele Renz: „Frau Öneys wahre Mission“, in: Südkurier Bad Säckingen vom 8. Okt. 2014, S. 2</ref>.
Im Frühjahr 2015 erläuterte Öney in mehreren Zeitungsinterviews ihre Auffassung, dass man „Ängste vor zu viel Zuwanderung ernst nehmen“ müsse – in manchen Städten gebe es ein deutliches Missverhältnis von Einwanderern und Einheimischen, das sich Rechtspopulisten politisch zunutze machten. Besorgt macht Öney die Lage in ihrer Heimatstadt Berlin: „Dort sind einige Bezirke aus dem Gleichgewicht geraten, weil der Anteil der Ausländer innerhalb kürzester Zeit extrem gestiegen ist. Wenn man aber auf den Straßen fast keine Deutschen mehr sieht, dann schrillen bei den Deutschen, die dort leben, aber auch bei den schon alteingesessenen Migranten die Alarmglocken“<ref>Interview in der „Badischen Zeitung“ am 15. April 2015: „Ministerin Öney: Menschen sind keine Ware“; ähnlich auch „Integration ist kein Schönheitswettbewerb“, Interview im „Tagesspiegel“ (Berlin), 25. April 2015</ref>. „Mit Blick auf die innere Sicherheit“ fordert Öney die Einführung von Grenzkontrollen: „Unsere Grenzen sind derzeit zu durchlässig“. Zugleich spricht sie sich dafür aus, mehr Geld für schnelle Integration bereitzustellen<ref>„Integrationsministerin für Grenzkontrollen gegen Flüchtlinge“, FOCUS, 30. April 2015</ref>.
Literatur
- Bilkay Öney, in: Internationales Biographisches Archiv 21/2011 vom 24. Mai 2011, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Weblinks
- Bilkay Öney, Ministerin für Integration des Landes Baden-Württemberg. Lebenslauf.
- Positionen zur Integrationsdebatte im Chat (PDF-Datei; 80 kB)
- Ministerin Öney: “Es gibt Verteilungskämpfe und Vorurteile”, Interview mit gazelle-magazin.de, 8. Juni 2013
Einzelnachweise
<references />
Ministerpräsident: Kretschmann (Stellvertreter: Schmid)
Landesminister:
Friedrich (Bundesrat+Europa) |
Schmid (Finanzen) |
Gall (Inneres) |
Öney (Integration) |
Stickelberger (Justiz) |
Stoch (Kultus) |
Bonde (Ländlicher Raum) |
Altpeter (Soziales) |
Untersteller (Umwelt)
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Hermann (Verkehr) |
Bauer (Wissenschaft)
|
Krebs (Staat)
Staatsrätin: Erler (Zivilgesellschaft)
Staatssekretäre:
Hofelich (Finanzen) |
von Wartenberg (Kultur) |
Splett (Verkehr) |
Walter (Wissenschaft) |
Murawski (Staat)
Personendaten | |
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NAME | Öney, Bilkay |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Politikerin (SPD), MdA |
GEBURTSDATUM | 23. Juni 1970 |
GEBURTSORT | Malatya, Türkei |