Chokwe
Die Chokwe (auch Côkwe, Tshokwe oder Tschokwe geschrieben; die koloniale Bezeichnung in Angola war Quioco), sind eine Bantu-Ethnie im südlichen Afrika. Sie leben vorwiegend in Angola, daneben in der Demokratischen Republik Kongo und in Sambia.
Inhaltsverzeichnis
Gesellschaft und Kultur
Die Sprache der Chokwe ist Uchokwe (Wuchokwe), wobei viele Chokwe heute auch andere Sprachen als Verkehrssprache beherrschen – Portugiesisch in Angola (allerdings wenig außerhalb der Städte), Englisch in Sambia und Französisch im Kongo. ISO 639-3: cjk.<ref>Cokwe auf www.ethnologue.com. Abgerufen am 19. Januar 2014 (englisch).</ref>
In ihrer traditionellen Religion ist Kalunga der Schöpfer und die höchste Macht, daneben gibt es diverse Ahnen- und Naturgeister, die mahamba. Diese Religion hat die Chokwe zu viel beachteten künstlerischen Werken veranlasst, vor allem Masken und Holzskulpturen. Heute sind viele Chokwe Christen, wiederum jedoch relativ weniger in Angola.
Die Chokwe-Gesellschaft ist unter lokalen Führern (mwana nganga) organisiert. Diese beraten sich mit den Ältesten sowie mit Ritual-Spezialisten, bevor sie Entscheidungen treffen. Die Dörfer sind in Bereiche eingeteilt, die jeweils von Familienoberhäuptern geführt werden. Die Gesellschaft ist geteilt in jene, die matrilinear von den Herrschenden abstammen, und in die Nachkommen ehemals versklavter Bevölkerungsteile. Über die lokale Ebene hinaus gibt es auch ein Netz regionaler Führer, das ihre Siedlungsgebiete in den fraglichem drei Ländern überspannt, jedoch wenig in Erscheinung tritt.
Wirtschaft
Die Chokwe betreiben Ackerbau (Brandrodung) und bauen Maniok, Yams und Erdnüsse an. Tabak und Hanf werden zum Schnupfen angebaut, Mais zur Herstellung von Maisbier. Ferner werden Schafe, Ziegen, Schweine und Hühner gehalten, weiteres Protein liefert die Jagd. Hierbei gibt es eine Gemeinschaft der Jäger von größerem Wild, die yanga, während kleineres Wild von jedermann gejagt wird. Anbau und Verarbeitung von Nahrungsmitteln ist praktisch ausschließlich Frauenarbeit.
Geschichte
Die Chokwe stammen möglicherweise von den Ambundu und den Mbuti-Pygmäen ab. Von etwa 1600 bis 1850 standen sie unter dem Einfluss der Lunda-Staaten im heutigen Angola. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führte die Entwicklung der Handelsrouten vom Chokwe-Gebiet an die angolanische Küste zu einem Anwachsen des Elfenbein- und Kautschukhandels und verhalf damit den Chokwe zu Wohlstand. Dieser ermöglichte eine Expansion des Chokwe-Königreichs, das schließlich sogar Lunda einnahm. Der Aufstieg war allerdings von kurzer Dauer; die Macht der Chokwe schwand bald infolge von zu starker Expansion in Richtung Südangola, eingeschleppten Krankheiten und der kolonialen Eroberung und Beherrschung, der sie nur wenig Widerstand entgegensetzten.
Das hauptsächliche Siedlungsgebiet der Chokwe ist weiterhin der Nordosten Angolas, also die heutigen Provinzen Lunda Norte und Lunda Sul. Sie leben dort eng mit den Lunda zusammen, von denen sie Teile durch Assimilation absorbiert haben. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein sind sie jedoch in Gruppen in südlicher Richtung gewandert und haben sich dabei in Zwischenräumen zwischen anderen Ethnien angesiedelt.
Die Chokwe haben sich am antikolonialen Kampf, 1961–1974, kaum beteiligt, ebenso wenig am Bürgerkrieg in Angola, 1975–2002. Als einziger ethnischen Gruppe ist es ihnen gelungen, nach der Einführung des Mehrparteiensystems in Angola bei beiden Parlamentswahlen (1992 und 2008) über eine neugegründete Partei, Partido da Renovação Social (PRS), einige Abgeordnete als ihre Interessenvertreter ins Parlament zu entsenden. <ref> Hier wird davon abgesehen, dass FNLA und UNITA in gewissem Maße als Interessenvertreter der Bakongo bzw. der Ovimbundu anzusehen sind.</ref>
Für den Zusammenhalt der Chokwe ist wichtig, dass sie bis heute über ein grenzüberschreitendes Netz traditioneller Autoritäten verfügen. In Angola zeigen sie sich wenig offen für europäische Kulturgüter, die über Schulen und christliche Missionen vermittelt werden; bei der jedoch wachsenden Minderheit derjenigen, die in die Städte gegangen sind, hat sich dies allerdings sehr rasch geändert. Auch dort wird jedoch die eigene Sprache hochgehalten; daraus erklärt sich, dass dem Côkwe, wie es seither geschrieben wird, von der angolanischen Regierung neben dem Umbundu, dem Kimbundu, dem Kikongo und dem Ukwanyama der Status einer Nationalsprache (língua nacional) verliehen wurde.
Anmerkungen und Einzelnachweise
<references />
Literatur
- José Redinha, Etnias e Culturas de Angola, Luanda: Instituto de Investigação Científica de Angola, 1975
- Hermann Baumann: Die Mannbarkeitsfeiern bei den Tsokwe (N.O. Angola; Westafrika) und ihren Nachbarn. Reimer, Berlin 1932
- Marie Louise Bastin: La sculpture tshokwe. Meudon: Chaffin, 1982
- Jean David & Gerhard Merzeder (Hrsg.): Chokwe and their Bantu neighbours. Zürich: Galerie Walu, 2003. ISBN 3-9522495-1-3
- Manuel Jordán: Chokwe. New York, 1998, ISBN 0-8239-1990-0
- João Vicente Martins: Os Tutchokwe do Nordeste de Angola. Doktorarbeit in Anthropologie, Lissabon: Universidade Nova de Lisboa, 1997
- Joseph C. Miller, Chokwe Expansion 1850-1900, Madison: Wisconsin University, 1969
- Boris Westiau: Chokwe. Mailand: Cinque Continenti, 2006
Weblinks und Bibliografie
- Chokwe Information. The University of Iowa
- Chokwe Mask History. Rebirth African Art Gallery
- Lunda-Chokwe. In: Thomas Collelo (Hrsg.): Angola: A Country Study. GPO for the Library of Congress, Washington 1991