Schnupftabak
Bei Schnupftabak handelt es sich um eine fein gemahlene Mischung aus einer oder mehreren Sorten von Tabak, die durch Einsaugen in die Nase konsumiert wird und seit ungefähr dem 17. Jahrhundert in Europa bekannt ist. Das Nikotin entfaltet seine Wirkung über die vorderen Nasenschleimhäute; ein zu heftiges Einziehen kann daher Schmerzen verursachen. Aus diesem Grund wird der Schnupftabak nur langsam in das Nasenloch eingesogen. Nach längerem Gebrauch stellt sich jedoch ein Gewöhnungseffekt ein, sodass der Reiz weniger wahrgenommen wird.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Mittel- und südamerikanische Kulturen verwendeten Schnupftabak lange vor dessen Einführung in Europa. Die ersten Berichte des Mönchs Romano Pane, den Kolumbus auf seiner zweiten Reise auf der Insel Hispaniola zurückließ, handelten von einem seltsamen Ritual der Einheimischen. Im ersten Bericht von 1496 heißt es: „Immer wenn die Könige ihre Götter um Rat fragen wegen ihrer Kriege, wegen einer Steigerung des Fruchtertrages oder wegen Not, Gesundheit und Krankheit, schnupften sie in ihren Tempeln das Kraut in ihre Nasenlöcher. […] Das Pulver ist von solcher Kraft, dass es einem völlig den Verstand raubt.“ Im frühen 16. Jahrhundert dokumentierten portugiesische Seeleute Schnupftabakmühlen im heutigen Brasilien und Venezuela.Um 1561 brachte Jean Nicot, französischer Gesandter am portugiesischen Hof, Tabakblätter und -saat nach Frankreich. Die französische Königin Katharina von Medici war bereits im 16. Jahrhundert eine der ersten und berühmtesten Schnupferinnen, die gepulverte Tabakblätter gegen Kopfschmerzen und Migräne einnahm und dadurch das Schnupfen hoffähig machte. Daher hieß der Schnupftabak lange Zeit das Pulver der Königin, poudre de la reine.
Im Jahre 1677 entstand die erste Schnupftabakmanufaktur der Welt, die königliche Tabakfabrik im spanischen Sevilla. Sie verarbeitete schweren Tabak der damals spanischen Kolonie Kuba und stellte in ihrer besten Zeit um 1840 mit Hilfe von 40 Tabaksmühlen und 1700 Arbeitern über 1000 Tonnen Schnupftabak jährlich her. Die wirtschaftliche Bedeutung übertraf andere Kolonialwaren wie Kaffee, Tee oder Rohrzucker um ein Vielfaches.
Nachdem in den deutschen Ländern Schnupftabake lange Zeit nur als Importware in Apotheken erhältlich waren, entstand 1733 die erste Schnupftabakfabrik in Offenbach am Main, die noch heute existierende Firma Bernard. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts setzten sich jedoch zunehmend die Rauchtabake, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts insbesondere die Zigaretten durch. Die meisten Schnupftabakfabriken setzten seit den 1920er Jahren, spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg, auf Zigaretten- und Pfeifentabake, sodass heute nur noch fünf Hersteller in Deutschland mit einer Gesamtleistung von 270 Tonnen jährlich existieren.
In letzter Zeit ist in Teilen Europas, insbesondere durch die immer strenger werdenden gesetzlichen Rauchverbote, eine Verstärkung des Schnupftabakverbrauchs zu beobachten. Auch besteht eine eigentliche Schnupferszene mit Schnupfclubs, Schnupfmeisterschaften, Anbietern von Schnupfmaschinen, Onlineshops und dergleichen.
Dem gegenüber steht ein Verbot von Tabakerzeugnissen an bestimmten öffentlichen Orten in der Türkei, dort ist neben dem Rauchen auch das Kauen und Einsaugen von Tabak verboten.<ref>Gesetz Nummer 5727 Änderung des Gesetzes über die Prävention von Schäden von Tabakprodukten, Große Nationalversammlung der Türkei, abgerufen am 18. Mai 2008.</ref>
Schnupftabak-Arten
Bis vor 200 Jahren wurde Schnupftabak nicht als Pulver, sondern in Form von Karotten oder Bändern verkauft: Der Schnupfer musste sie vor dem Genuss erst selber zu Pulver reiben. Im Rokoko des 18. Jahrhunderts setzte sich der Verkauf des stark parfümierten Pulvers von Frankreich ausgehend durch. Die Schnupftabaksdosen oder Tabatieren begründeten einen neuen Bereich des Kunstgewerbes (siehe Stobwasser) und sind heute als Prunkstücke eines jeden Tabakmuseums zu besichtigen.
Schnupftabake unterscheiden sich hauptsächlich nach Art der Herstellung, den verwendeten Tabaksorten und der Aromatisierung.
Schmalzler oder Brasil
Diese bayerische Spezialität gehört bis heute zu den Klassikern auf dem deutschsprachigen Schnupftabakmarkt, der sich hauptsächlich über Süddeutschland, Österreich und die Deutschschweiz erstreckt. Schmalzler wurde ursprünglich aus gesoßten, dunklen Brasiltabaken hergestellt, die zu langen Tabaksträngen, den Mangotes geflochten wurden. Obwohl die fertigen Mangotes überwiegend importiert wurden, existiert bis heute der Beruf des Bandtabakmachers, der importierte oder heimische Tabaksorten mit maschineller Unterstützung zu Endlosbändern flicht. Die besondere Eigenart des Schmalzlers und Grund des Namens war früher Butterschmalz, das die Prise weniger staubig machte. Heute wird aus Konservierungsgründen Weißöl verwendet.Schmalzler haben oft einen erdig-würzigen Geschmack nach Tabak, ohne oder mit wenig zusätzlichen Aromen, eine feste bis klebrig-feuchte Konsistenz und sind meist dunkelbraun bis fast schwarz. Der Tabak ist vergleichsweise grob zerrieben.
Snuff
Der heute meistverkaufte Schnupftabak stammt ursprünglich aus England (z. B. Wilsons of Sharrow, Gawith Hoggarth, Samuel Gawith, Fribourg & Treyer, McChrystal’s, Toque), wobei der weltweit größte Hersteller die niederbayerische Firma Pöschl Tabak ist. Er wird vorwiegend aus hellen Virginia-Tabaken aus den USA und aus Afrika hergestellt, ist oft aromatisiert (z. B. mit Menthol oder Eukalyptus, Blüten-, Frucht- oder Kräuteraromen) und daher in Geschmack und Geruch grundverschieden zum Schmalzler. Snuff wird heute meist nach einer Schnellmethode verarbeitet, es gibt aber noch einzelne Marken, die Snuff jahrelang in Holzfässern reifen lassen. Somit gibt es auch hier große qualitative Unterschiede.
Der Geschmack des Snuff hängt stark von der Aromatisierung ab, typisch für deutsche Snuffs ist der pfefferminzige Mentholgeschmack, der den eigentlichen Tabakgeschmack bisweilen überdeckt. Die Konsistenz variiert von staubig, pulvrig bis krümelig-klebrig, die Farbgebung reicht von hellem gelbbraun bis dunkelbraun. Snuff ist meist sehr fein gemahlen.
Klassische Schnupftabake
Die Urart der heutigen Schnupftabake wurde aus Tabak-Karotten gepulvert: Der gesoßte und aromatisierte Tabak wird fest zu großen karottenförmigen Gebilden gewickelt und über vier bis sieben Jahre, manche Sorten über zehn Jahre gelagert, also kalt fermentiert. Diese Karottierung ist heute nahezu bedeutungslos geworden, die Karotten werden aber vereinzelt immer noch hergestellt. Die Karottierung ist die älteste Tabakverarbeitungsmethode überhaupt, vermutlich älter als das Tabakrauchen: Portugiesische Seeleute berichteten im frühen 16. Jahrhundert bereits von dieser Methode der südamerikanischen Ureinwohner, die zunächst von den europäischen Herstellern übernommen wurde. Diese Schnupftabake haben heute noch die Namen der Städte, in denen die Hersteller ihre wohlbehüteten Rezepte oft über Generationen entwickelten und verfeinerten. Zu den bekanntesten zählen der Spagniol aus Sevilla, Pariser, St. Omèr oder Straßburger.
Klassische Schnupftabake schmecken meist intensiv nach Tabak, ohne oder nur mit feinen, parfümartigen Aromatisierungen, die den Tabakgeschmack stützen, aber selten überdecken. Klassische Schnupftabake sind mittelfein bis grob gemahlen; die Konsistenz ist oft feinkörnig und trocken, kann aber bis klebrig-feucht variieren.
Herstellungsverfahren
Traditionelle Verfahren
Die traditionelle Schnupftabakherstellung besteht aus einem langwierigen, mehrstufigen Prozess. Zunächst werden Tabakblätter verschiedener Sorten, die je nach Sorte bereits anfermentiert sind, zu einer für den späteren Geschmack charakteristischen Mischung zusammengestellt.
Es folgt dann die Soßierung, bei der der Tabak mit einer wiederum charakteristischen, aromatischen Flüssigkeit benetzt wird. Danach folgt ein Fermentations- und Lagerprozess, der unterschiedlich lang und kalt oder warm erfolgen kann. Insbesondere für alte Rezepte kann die Lagerzeit für die Tabake bis zur Reife mehrere Jahre betragen.
Wenn der Schnupftabak fertig ausgereift ist, wird er möglichst langsam getrocknet, um die Aromen nicht zu verlieren. Schließlich wird er zerrieben und ggf. noch mit zusätzlichen Aromamischungen versetzt.
Als letzten Schritt erhalten Schmalzler-Sorten noch den für sie typischen Zusatz von Ölen, die den Tabak geschmacklich nicht mehr verändern, sondern lediglich feuchter machen.
Je nach Sorte können mehrere Fermentations- und Trockenprozesse erfolgen, um den gewünschten Geschmack zu erreichen.
Um einen einmal gefundenen, charakteristischen Geschmack einer Sorte in diesem aufwändigen Prozess konstant beibehalten zu können, arbeiten einige Hersteller immer noch auf Maschinen, die zum Teil aus der Frühzeit der Industrialisierung stammen. So arbeitet beispielsweise Samuel Gawith noch immer teilweise mit Maschinen aus den 1750er Jahren.<ref>http://www.samuelgawith.co.uk/?PageId=4</ref>
Schnellverfahren
Heute werden Schnupftabake oft nach Schnellverfahren ohne mehrjährige Lagerzeiten hergestellt. Jeder Hersteller wendet unterschiedliche Verfahren und teilweise Mischformen an, um seine charakteristischen Tabake zu erhalten.
Beim modernen Schnellverfahren zur Herstellung von Snuff wird aus den fermentierten und entrippten Tabakblättern ein Mehl hergestellt. Das Mehl wird mit einer Soßierungslösung angefeuchtet und drei bis vier Wochen in einem kühlen Raum gelagert, in dem die Aromen ausreifen können, ohne eine zusätzliche Fermentation anzustoßen. Diese Methode wird vor allem mit hellen Virginiatabaken praktiziert, die später stark aromatisiert werden.
Bekannte Hersteller
sortiert nach Datum der Firmengründung
Fribourg & Treyer
Obwohl diese Schnupftabakmarke, seit 1720 auf dem Markt, längst von Wilsons of Sharrow übernommen wurde, verdient sie eine eigene Erwähnung aufgrund ihrer sehr alten Rezepte und ihres „europäischen“ Geschmacks, die von keiner anderen Marke mehr so hergestellt werden. Die Tabake sind meist grob, feucht, weich, intensiv im Geschmack und äußerst „nasenschonend“. Vor allem alte Rezepte aus Frankreich werden noch immer produziert und auch die sehr gut schließenden schlanken Hochdosen mit Schraubverschluss sind heute einzigartig.
Gebrüder Bernard
Gebrüder Bernard ist der erste und älteste Schnupftabakhersteller Deutschlands und wurde 1733 in Offenbach gegründet. Die Bernard AG wurde 2008 liquidiert und die Schnupftabaksparte von Bernard Schnupftabak GmbH übernommen. Der Firmensitz ist heute Sinzing (bei Regensburg). Die Firma produziert hauptsächlich klassische Schnupftabake (Alt-Offenbacher köstlich, Pariser No. 2, Gekachelter Virginie, Klostermischung), sowie Schmalzler, etwa den bekannten Original Schmalzlerfranzl Brasil. Auch moderne Snuffs mit Menthol gehören zum Sortiment.
Wilsons of Sharrow
Wilsons of Sharrow ist eine um 1737 in Sheffield gegründete Snuff-Manufaktur, mit über 250-jähriger Tradition in der Schnupftabakherstellung. Der Name leitet sich von den Sharrow Mills (Sharrowmühlen) ab, in denen ein relativ breit gefächertes Angebot von Snuffs der Wilsons hergestellt wird. Außer den hauseigenen Snuffs werden in dieser Tabakmühle auch die Tabakprodukte des englischen Unternehmens Fribourg & Treyer hergestellt.
Letztlich bezieht auch die sehr populäre Marke McChrystal’s ihre Grundtabake von Wilsons. Die Aromatisierung geschieht dann bei McChrystal’s nach geheimen und überlieferten Rezepturen.
American Snuff Company
Die American Snuff Company, bis 2010 Conwood, ist der älteste Schnupftabakhersteller der Vereinigten Staaten. Sie wurde bereits 1782 während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges in Red Clay Creek in Delaware gegründet. Die Garret-Marke von 1870 ist die älteste Marke der Vereinigten Staaten, die ununterbrochen in Nutzung ist.<ref>Offizielle Webseiten von der American Snuff Company (Memento vom 23. Juni 2010 im Internet Archive).</ref>
Samuel Gawith
Samuel Gawith ist einer der ältesten und traditionsreichsten Schnupftabakhersteller Englands. Die Schnupftabake der Firma Gawith zeichnen sich vor allem durch ihre sehr flauschige, luftige und feine Beschaffenheit aus. Das traditionell englische Angebot wird durch mehrere Sorten mit modernem, zum Teil fruchtigem Charakter ergänzt.
Pöschl Tabak GmbH & Co. KG
Pöschl Tabak, gegründet 1902 in Landshut, ist nach eigenen Angaben der weltgrößte Schnupftabakhersteller. Weltweit soll der Marktanteil ca. 50 % und in Deutschland um die 92 % betragen. Bekannte Erzeugnisse der Firma sind Gletscherprise, Löwenprise und Gawith Apricot Snuff, der unter der Lizenz von Gawith Hoggarth Ltd. hergestellt wird. Des Weiteren werden vier Sorten Schmalzer hergestellt und vertrieben.
McChrystal’s
McChrystal’s ist die bekannteste Schnupftabakmarke in der Schweiz. Der Großteil ihres Tabakangebots wird in England hergestellt. Durch ihre große Bandbreite an Schnupfsorten findet sie großen Anklang bei Schnupfeinsteigern (McChrystal’s The Original and Genuine). Überdies ist sie in sehr vielen Ländern an Kiosken und in Fachgeschäften für Tabake vertreten.
Leonard Dingler
Leonard Dingler ist ein in Südafrika ansässiger Hersteller, der vor allem auf dem einheimischen Markt verbreitet ist. Auf ausländischen Märkten ist hauptsächlich die Marke Magnet Menthol Snuff bekannt, obwohl Dingler auch Tabake führt, die in ihrer Natürlichkeit an bayrische Schmalzer erinnern. Die Tabake werden in ganz eigenen, sehr gut schließenden Kunststoffdosen angeboten und sind in der Regel grob und feucht. Dingler Tabake haben den Ruf, die nikotinstärksten Tabake zu sein, und werden deshalb gerne für Raucherentwöhnung empfohlen.
Toque Snuff
Eine neugegründete Firma, die aufgrund der EU-weiten Rauchverbote mit „Don’t SMOKE – Snuff TOQUE“ wirbt. Laut Eigenangabe werden keine künstlichen Aromen verwendet. Eine Besonderheit von Toque ist, dass alle Tabake in Applikatoren angeboten werden, was dem Bedürfnis eines unauffälligen Schnupfens entgegenkommen soll.
Ritual
Das Schnupfen ist mit verschiedensten Ritualen verbunden, z. B. ein Spruch bei jedem Schnupfen oder erneutes Schnupfen, wenn jemand geniest hat. In der Schweiz wird nach dem Schnupfspruch normalerweise von allen Schnupfenden das Wort Priis angehängt, welches gut mit einem Prost zu vergleichen wäre.
Schnupfen vom Handrücken
Die Aufnahme eines oder zweier kleinerer Häufchen vom Handrücken der Faust. Hierbei sollte darauf geachtet werden, die linke Hand zu benutzen, denn es wird als amateurhaft angesehen, den rechten Handrücken zu benutzen. Ebenfalls zu beachten ist, dass die Schnupfer den kleinen Finger und den Daumen von der Faust wegspreizen, damit die Oberhandfläche gerade ist. Nun hält man sich die Hand unter die Nase und schnupft das Pulver ein. Auch hier gibt es einige Fauxpas, die man möglichst vermeiden sollte: Ein zu heftiges Einziehen kann einerseits zu einem heftigen Niesreflex führen, andererseits kann es bei besonders feinem Schnupftabak vorkommen, dass dieser direkt in den Rachen gelangt und dort ein sehr unangenehmes Brennen verursacht.
Schnupfen von den Fingerspitzen
Die Aufnahme des Schnupftabaks, der zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten wird, und die direkte Zuführung zum einzelnen Nasenloch. Diese Methode verbindet sich mit dem Gebrauch der heute weitgehend nicht mehr verwendeten Schnupftabakdose. In früheren Zeiten war diese oft aus Silber gefertigte Deckeldose unentbehrlicher Bestandteil eines gesellschaftsfähigen Konsumverhaltens. Außerdem kann mit dieser Methode ein eventuell vorhandener Schnauzbart vor den unschönen schwarzen Tabakresten geschützt werden. Dieses Verfahren wird auch als englisch bezeichnet, da in England vorwiegend auf diese Weise geschnupft wird.
Schnupftabakdosen
Die transportfähige Unterbringung von Schnupftabak erfordert geeignete Behältnisse. Viele der heute angebotenen Sorten werden in entsprechenden Dosen angeboten, die einerseits luftdicht abschließen, andererseits eine leichte Portionierung erlauben. Daneben wurden und werden spezielle Dosen gefertigt und angeboten. Klassische Varianten sind aus verschiedenen, teilweise edlen Materialien und mit aufwendigen Verarbeitungsweisen hergestellt. Abhängig von der Herkunft wurde und wird vor allem Horn, Messing oder Silber verarbeitet.
Besondere Schnupftabaksdosen sind Gegenstand eines eigenen Sammelgebietes. Silberne Dosen sind in der Regel innen vergoldet, um den Tabak möglichst unverändert aufbewahren zu können. Neben der runden Deckeldose gibt es zahlreiche eckige Formen sowie eine taschengerechte abgerundete Form. Neben den bis zu ca. 6×4 cm kleinen Taschendosen gab es auch größere Tischdosen. Eine besondere Rarität aus früherer Zeit ist die sogenannte „Beggar’s Box“, eine Dose mit einem offensichtlichen Teil zum Anbieten und einem verborgenen Teil zum Eigengebrauch. Die Schnupftabaksdose war vor allem im 18. und 19. Jahrhundert ein gesellschaftsfähiges Schmuckstück, welches vor allem in England auch als Geschenk zur Anerkennung besonderer Leistungen beliebt war.
Gesundheitsrisiko
Nikotin ist eine Droge und kann unabhängig von der Form der Verabreichung abhängig machen, egal ob es geraucht, gekaut oder geschnupft wird. Nach Gaede kann durch einen Tabakschnupfer täglich 20 bis 60 mg Nikotin aufgenommen werden, das heißt, ähnliche Mengen wie bei einem starken Raucher.<ref>http://www.springerlink.com/content/u7734v5r27140663/</ref> Die genaue Menge kann kaum vorherbestimmt werden, da sie von den jeweiligen Konsumgewohnheiten und -methoden abhängt. Außerdem enthält jede Marke einen anderen Anteil an Tabak und somit auch an Nikotin.
Im Gegensatz zum Rauchen von Tabak treten beim Schnupfen keine für den Konsumenten oder die Mitmenschen giftigen Verbrennungsprodukte wie zum Beispiel Benzol, Teer oder Blausäure auf. Nach aktuellen Studien ist es also wesentlich weniger gesundheitsschädlich als der Konsum von Zigaretten, kann aber zu einer Abhängigkeit vom giftigen, unter anderem blutdrucksteigernden Nikotin führen.
Wenn mehr geschnupft wird, als in der Nase gespeichert werden kann, besteht die Gefahr, dass der Tabak, der noch nicht sein enthaltenes Nikotin langsam an die Nasenschleimhaut abgegeben hat, den Rachen hinunterläuft, was sich durch scharfen Geschmack bemerkbar macht, und somit in den Magen und anschließend in den Darm gelangt. Dies hat zur Folge, dass das gesamte Nikotin in kurzer Zeit in die Blutbahn gelangt und somit einen sogenannten Nikotinschock auslöst. Dieser Effekt verursacht bei Menschen, die Nikotin nicht gewohnt sind, Übelkeit, Brechreiz, Schwindelgefühl und im schlimmsten Fall Bewusstlosigkeit; es wurden Fälle ab Mengen von ein bis fünf Gramm Schnupftabak beobachtet.
Über die Schädlichkeit wird diskutiert: Auf der einen Seite werben die Hersteller mit Unbedenklichkeitsstudien, auf der anderen Seite warnt das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg vor den Folgen. Hier wurden als krebsfördernde Substanzen auch Nitrosamine herausgestellt.<ref>http://www.dkfz-heidelberg.de/de/presse/pressemitteilungen/2004/dkfz_pm_04_49.php</ref>
Während die Packungen einige Zeit mit dem Aufdruck „Dieses Produkt verursacht Krebs“ versehen waren, steht jetzt „Dieses Tabakerzeugnis kann Ihre Gesundheit schädigen und macht abhängig“ auf der Rückseite.
Laut einer vom Tabakhersteller Pöschl in Auftrag gegebenen und 2008 veröffentlichten Studie (Süddeutsche Nasenkrebs-Studie) von Eberhard Greiser, Direktor am Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin, stellt Schnupftabak allein kein Krebsrisiko dar.<ref>Zusammenfassung der Studienergebnisse aus Sicht eines Schnupftabakherstellers.</ref> Im Beirat zu dieser Studie waren ebenfalls namhafte Ärzte des Krebsforschungszentrums Heidelberg, von Universitäten und des Bundeswehrkrankenhauses Ulm beteiligt. Diese Studie wird von Pöschl und anderen Herstellern zu Werbezwecken herangezogen.
Bestätigt werden diese Ergebnisse inzwischen durch Studien der WHO.<ref>WHO IARC Working Group on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans (2007): Smokeless Tobacco and Some Tobacco-specific N-Nitrosamines, IARC monographs on the evaluation of carcinogenic risks to humans, Bd. 89, Lyon 2007, S. 366.</ref>
Sonstiges
In Deutschland unterliegt Schnupftabak seit 1993 nicht mehr der Tabaksteuer.
Schnupftabake enthalten neben Tabak diverse Zusatzstoffe, die vor allem der Befeuchtung und Aromatisierung dienen. Welche Substanzen für eine solche Verwendung zulässig sind, ist in Deutschland durch die Tabakverordnung geregelt. Das deutsche Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) unterhält eine Tabakzusatzstoff-Datenbank, in der auch die Zusatzstoffe der in Deutschland angebotenen Schnupftabake nachzulesen sind.
Der Altkanzler Helmut Schmidt nutzte aufgrund des Rauchverbots im Plenarsaal des Bundestages Schnupftabak. Ebenso verwenden Bergmänner im Steinkohlenbergbau während ihrer Schicht unter Tage Schnupftabak, da hier Rauchverbot auf Grund der Gefahr von Schlagwetterexplosionen gilt.
Der sogenannte weiße Schnupftabak besteht aus Traubenzucker und Aromastoffen, meist Menthol. Dieses tabakfreie Produkt enthält kein Nikotin und wird auf die gleiche Art konsumiert wie echter Schnupftabak.<ref>http://www.schnupftabak.org/weisser-schnupftabak/</ref>
Literatur
- Wilhelm Busch, „Die Prise“ bei Projekt Gutenberg [1]
- Heidemarie Brosche: Das Schnupftabakbuch. Verlag Naumann, Nidderau 1993, ISBN 3-924490-53-8.
- Heiner Schaefer: Schnupftabak-Gläser. Kleinodien aus dem Bayerischen Wald. Morsak-Verlag, Grafenau 1997, ISBN 3-87553-493-X.
- Kurt Schöning: Schnupftabakbrevier. Heimeran Verlag, München 1975, ISBN 3-7765-0199-5.
Weblinks
- Tabakzusatzstoff-Datenbank des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
- Pressemitteilung zum Tabak-Artikel des Krebsforschungszentrums Heidelberg
- Rauchfreie Tabakprodukte: Wie sieht es mit Kau- oder Schnupftabak aus?, Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), Heidelberg. 28. November 2011. Zuletzt abgerufen am 4. September 2014.
- Homepage des Schweizer Schnupfverbandes
- Süddeutsche Nasenkrebs-Studie als PDF (Memento vom 31. März 2010 im Internet Archive) (312 kB)
- Dissertation über Schnupftabak von 1837 (Memento vom 17. Mai 2008 im Internet Archive)
Quellen
<references/>