Deportation


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Deportation (lat. deportare „wegbringen“, „fortschaffen“) ist die staatliche Verbringung von Menschen in andere Gebiete. Sie erfolgt auf staatliche Anordnung, die sich auf das geltende Recht des durchführenden Landes bezieht. Deportationen dienen dem Antritt von Strafmaßnahmen, der zwangsweisen Unterdrückung von politischen Gegnern oder der Isolierung von ethnischen Minderheiten. Sie sind mit Teil- oder Totalverlusten von gesetzlichen Rechten der Deportierten verbunden.

Rechtlichen Schutz gegen Deportationen bietet in Friedenszeiten die UN-Menschenrechtscharta (Artikel 9 und 12), in Kriegszeiten der Artikel 49 des Genfer Abkommens vom 12. August 1949. Grundsätzlich ist zwischen der Deportation von Einzelpersonen und Personengruppen zu unterscheiden.

In Abgrenzung zum Begriff Deportation steht die Definition des Zwangsexils, das meist nur mit Einschränkungen der freien Entfaltung des Individuums am ursprünglichen Aufenthaltsort verbunden ist. Am neu gewählten Zielort finden jedoch keine Beschneidungen und Sanktionen der persönlichen Freiheit durch den für das Exil verantwortlichen Staat statt.

Deportation von Einzelpersonen

Deportationen von Strafgefangenen

Datei:Gulag Location Map.svg
Karte des Gulag-Systems

Die Deportation von Strafgefangenen in entfernte Gebiete, wo sie sich mehr oder weniger frei bewegen konnten, hat eine lange Geschichte. In der Neuzeit wurde sie in größerem Umfang von folgenden Staaten angewendet:

Großbritannien nach Australien, Russland nach Sibirien, Sowjetunion mit Straflagern (GULAG) im ganzen Land, Frankreich nach Französisch-Guyana und von Norditalien in die Basilicata.

Deportation von unerwünschten Personen

Darunter fällt die Deportation von Personen, die zwar keine Straftaten begangen haben, deren Verbleib vor Ort jedoch nicht erwünscht ist. Solche Deportationen wurden in unterschiedlichem Umfang praktisch von allen Diktaturen durchgeführt.

Die Deportationen im Rahmen des Holocausts und die Frage nach deren nicht übersehbarer Wahrnehmung in der Öffentlichkeit an vielen Bahnhöfen konfrontiert im Nachkriegsdeutschland Zeitzeugen auch mit der Frage nach ihrer Zustimmung zum Handeln ihrer damaligen Staatsführung.

Deportation von Personengruppen

Deportationen im staatlichen Konsens

Solche Deportationen sind selten, die Grenzen zur Emigration sind fließend. Als Beispiel sei der Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und der Türkei in den 1920er Jahren genannt.

Im Juni 1939 wurde das deutsch-italienische Abkommen zur Umsiedlung der Südtiroler zwischen Deutschland und Italien geschlossen. Südtiroler, die sich nicht bis zum 31. Dezember 1939 für die Option der Umsiedlung entschieden, verloren den Schutz als Volksdeutsche.<ref>Provinz Bozen: Geschichte Südtirols bis 1945. abgerufen 24. Januar 2015.</ref> Die Interessen der Südtiroler wurden von Hitler zugunsten seiner Eroberungspläne geopfert, um den Stahlpakt zu festigen.<ref>Warum Hitler die Südtiroler opferte: So kam es zur Option. In: Die Zeit, 3. März 1989, abgerufen 24. Januar 2015.</ref>

In dem Zusatz vom 28. September 1939 zum Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag wurde nach der Aufteilung Polens der Austausch von Minderheiten zwischen Deutschland und der Sowjetunion vereinbart. Betroffen waren u.a. die volksdeutschen Gruppen: Baltendeutsche, Bessarabiendeutsche und Bukowinadeutsche und auf der sowjetischen Seite in Deutschland und dem deutsch besetzten Polen lebende Ukrainer und Weißrussen. Im Rahmen des Generalplan Ost wurde durch den Nahplan das Vorgehen zur Ansiedlung dieser Volksdeutschen im ehemaligen Polen festgelegt. Zuständig für die Vertreibung der ursprünglichen Einwohner war die Umwandererzentralstelle („Amt für Aussiedlung von Polen und Juden“), für die Verwertung des zurückgelassenen Vermögens die Haupttreuhandstelle Ost bzw. die „Treuhandstelle für das Generalgouvernement“ und für die Neuansiedlung der Volksdeutschen unter dem Propagandabegriff „Heim ins Reich“ die Volksdeutsche Mittelstelle.

Datei:Partition of Punjab, India 1947.jpg
Überfüllter Flüchtlingszug, Punjab, Indien 1947

Die größte Umsiedlung im staatlichen Konsens mit etwa 20 Mio betroffenen Menschen war die Teilung Indiens. Im Rahmen der Unabhängigkeitsverhandlungen kam man überein, Umsiedlungen nach religiösen Gesichtspunkten vorzunehmen. Muslims sollten in das neu entstehende Pakistan und Hindus in den Staat Indien umsiedeln. Durch mangelhafte Vorbereitung, ungenügende Unterstützung und den mit der Umsiedlung verbundenen Ungerechtigkeiten, kam es zu Übergriffen, Unruhen, gewaltsamen Vertreibungen und Flucht, in deren Verlauf schätzungsweise bis zu einer Million Todesopfer zu beklagen waren.<ref>Twentieth Century Atlas - Death Tolls and Casualty Statistics for Wars, Dictatorships and Genocides. 2014.</ref><ref>Barbara D. Metcalf, Thomas R. Metcalf: A Concise History of Modern India. 2nd edition. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2006, ISBN 0-521-86362-7, S. 23 und 372.</ref>

Deportationen aus wirtschaftlichen Gründen (Schottland)

Ein Beispiel für eine Deportation aus wirtschaftlichen Gründen sind die Highland Clearances in Schottland im 18. und 19. Jahrhundert. Pächter wurden im großen Stil von ihren Höfen vertrieben, um Platz für lukrativere Schaffarmen zu schaffen. Diese Umsiedlung war legal, wurde jedoch als ungerecht empfunden. Obwohl die Presse auf Seiten der Opfer stand, regte sich wenig politischer oder gar gewaltsamer Widerstand.

Verbringung von Personengruppen zur Zwangsarbeit

Datei:Bundesarchiv Bild 101I-168-0895-06A, Griechenland, Saloniki, Erfassung von Juden.jpg
Erfassung griechischer Juden zur Arbeitsdeportation, 1942, Propagandaaufnahme der Wehrmacht
Hauptartikel: Zwangsarbeit

Deportationen betrafen auch diejenigen Menschen in allen im Zweiten Weltkrieg vom nationalsozialistischen Deutschland besetzten Ländern, die nicht angeworben, sondern zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt wurden („Ostarbeiter“).

Durch den sowjetischen Geheimdienst NKWD wurden ab Dezember 1944 Hunderttausende deutscher Zivilisten zur Zwangsarbeit in Lager (Gulag) der Sowjetunion deportiert, überwiegend Frauen. Davon waren zuerst die deutschen Minderheiten auf dem Balkan, die so genannten Volksdeutschen betroffen. Mit Erreichen des Reichsgebietes wurden die Deportationen im heutigen polnischen Staatsgebiet fortgesetzt und erst an der zukünftigen Oder-Neiße-Grenze gestoppt. Diese Zivildeportationen wurden auf der Konferenz von Jalta als so genannte reparations in kind von den Alliierten legitimiert.<ref>Daniela Hendel: Die Deportationen von deutschen Frauen und Mädchen in die Sowjetunion 1944/1945. 2005.</ref> Etwa ein Drittel dieser Deportierten starb aufgrund der Haftbedingungen durch Hunger, Krankheiten und Kälte oder schon während der Transporte in Viehwaggons.<ref>Freya Klier: Verschleppt ans Ende der Welt. 1996.</ref>

Deportation in Kambodscha: Schätzungsweise 1,7 bis 2 Millionen Menschen wurden in der Zeit der Roten Khmer in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre unter der am kommunistischen Mao-Regime orientierten Herrschaft Pol Pots aus politisch-ideologischen Gründen in Todeslager deportiert und dort umgebracht oder wurden nach der Deportation zur Zwangsarbeit auf Reisfeldern ermordet (bei einer Gesamtbevölkerung von etwas mehr als 7 Millionen Kambodschanern).

Deportationen als Sanktion

Die Deportation von Teilen der unterworfenen Bevölkerung war bereits in mittelassyrischer Zeit ein wichtiges Herrschaftselement, wie Rationenlisten belegen, und wurde in neuassyrischer Zeit verstärkt fortgeführt.

Bereits Salmanassar I. (Inschrift vom Aššurtempel in Assur) berichtet, er habe 14.400 Gefangenen aus Hanilgabat nach Assur gebracht und geblendet. Sein Nachfolger Tukulti-Ninurta I. setzte zahlreiche Deportierte beim Bau seiner neuen Hauptstadt Kar-Tukulti-Ninurta ein, darunter Subaräer, Sutäer und Männer aus den Nairi-Ländern, Leute aus Katmuhi, Alše, Purulumzi und Amadani. Aus den Rationenlisten lassen sich erschließen: 7300 Kassiten, 350 Subaräer, 200 Sutäer und 99 Bewohner von Nairi. Aus der Regierungszeit von Tiglat-pileser I. sind zahlreiche deportierte Kriegsgefangene aus Schubria, Nairi und Katmuhi bekannt. Sie wurden mit Gerste-Rationen versorgt. Ihr Einsatz unterstand genauer Aufsicht. Parpola<ref>Simo Parpola: Assyrian identity in ancient times and today. 2004.</ref> schätzt, dass in neu-assyrischer Zeit insgesamt etwas 4,5 Millionen Menschen deportiert wurden.

Deportationen von politischen Gegnern

Auch viele der Menschen, die z. B. Widerstand gegen die Nationalsozialisten und die Besetzung ihres Landes geleistet hatten (siehe: Résistance), wurden in die KZ deportiert, soweit sie nicht an Ort und Stelle oder in ihrem Heimatland getötet wurden. Durch schlechte Transportbedingungen (z. B. Verweigerung von Wasser, Luftmangel etc.) starb in manchen Zügen ein großer Teil der Insassen bereits während des Transports (dieses war der NS-typische Begriff für die Deportation).

In der DDR wurden in den Jahren 1952 und 1961 im Zuge der „Aktion Ungeziefer“ bzw. „Aktion Kornblume“ zwischen 11.000 und 12.000 Menschen, die von den Staatsorganen als „politisch unzuverlässig“ eingestuft wurden, aus Ortschaften an der innerdeutschen Grenze zwangsweise in das Landesinnere umgesiedelt.

Deportationen aus religiösen Gründen

In der Schweiz fanden bis in das 18. Jahrhundert auch Deportationen aus religiösen Gründen statt. Hier waren es die Mennoniten, die vor allem im Kanton Bern mit Hilfe von staatlichen Täuferkammern und Täuferjägern festgesetzt und ausgewiesen wurden<ref>Horst Penner: Weltweite Bruderschaft. Ein mennonitisches Geschichtsbuch. 4. Auflage, überarbeitet von Horst Gerlach und Horst Quiring. Mennonitischer Geschichtsverein, Weierhof 1984, ISBN 3-921881-04-8.</ref> mit dem Ziel das eigene Territorium täuferfrei zu machen.<ref>Zum 300. Jahrestag einer missglückten Deportation. Mennonews, abgerufen am 24. Januar 2015.</ref> Im 20. Jahrhundert wurden zudem große Teile der russlanddeutschen Mennoniten unter Stalin nach Sibirien deportiert, wo viele von ihnen Zwangsarbeit leisten mussten.<ref>Mennonitische Kolonien in Russland. Täufergeschichte.net, abgerufen am 24. Januar 2015.</ref>

Deportationen aufgrund rassischer Zuordnung

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Karte der Arbeits- und Vernichtungslager im von Deutschland besetzten Europa um 1942

Die Vertreibung und Deportation indianischer Stämme in den USA, siehe hierzu Pfad der Tränen.

Die Nationalsozialisten verschleppten aus rassischen Gründen die Juden in Deutschland und die jüdischen Einwohner der von Deutschland im Zweiten Weltkrieg besetzten und kontrollierten Gebiete (Belgien, Frankreich, Niederlande, Luxemburg, Griechenland, Ungarn etc.). Bei der Deportation deutscher Juden wurden diese massenhaft zwischen Oktober 1941 und März 1943 in neu errichtete so genannte Ghettos, wie z. B. das Warschauer Ghetto, die Ghettos in Łódź, Minsk und Wilna, in Konzentrations- bzw. Vernichtungslager verbracht. Als ebenfalls „rassefremd“ wurden Roma, vor allem Sinti in das Zigeunerlager Auschwitz, einen Abschnitt des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau deportiert (siehe auch Denkmal Güterwagen).

Hauptartikel: Holocaust und Porajmos

„Deportation“ als politischer Begriff

In einer Kampagne des Netzwerks „kein mensch ist illegal“ im Jahr 1999 macht sich diese die englische Übersetzung für Abschiebung, nämlich deportation zunutze und protestierte unter dem Kampfbegriff „deportation-class“ gegen Beteiligung von Fluggesellschaften, insbesondere der Deutschen Lufthansa, an staatlichen Abschiebungen. Die Lufthansa betonte dagegen, dass die Durchführung einer Abschiebung nach einem rechtsstaatlichen Verfahren erfolge und wehrte sich auf dem Rechtswege dagegen, mit dem Begriff „Deportation“, der dagegen unter anderem auch für Verbrechen des Nationalsozialismus stehe, in Verbindung gebracht zu werden.

Gedenken

Literatur

  • Christopher R. Browning: Die „Endlösung“ und das Auswärtige Amt. Das Referat D III der Abteilung Deutschland. 1940–1943 (= Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart. Bd. 16). Aus dem Amerikanischen von Claudia Kotte. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-22870-6.
  • Andreas Gestrich, Gerhard Hirschfeld, Holger Sonnabend (Hrsg.): Ausweisung und Deportation. Formen der Zwangsmigration in der Geschichte (= Stuttgarter Beiträge zur historischen Migrationsforschung. Bd. 2). Franz Steiner, Stuttgart 1995, ISBN 3-515-06662-4.
  • Daniela Hendel: Die Deportationen von deutschen Frauen und Mädchen in die Sowjetunion 1944/1945. Bund der Stalinistisch Verfolgten – Landesverband Berlin-Brandenburg, Berlin 2005.
  • Freya Klier: Verschleppt ans Ende der Welt. Schicksale deutscher Frauen in sowjetischen Arbeitslagern. Ullstein, Ullstein u. a. 1996, ISBN 3-550-07094-2.
  • Birthe Kundrus, Beate Meyer (Hrsg.): Die Deportation der Juden aus Deutschland. Pläne, Praxis, Reaktionen 1938–1945 (= Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus. Bd. 20 ). Wallstein, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-792-6.
  • Bustenay Oded: Mass deportations and deportees in the Neo-Assyrian Empire. Wiesbaden, Reichert 1979, ISBN 3-88226-043-2.
  • Simo Parpola: Assyrian identity in ancient times and today. 2004.
  • Wolfgang Röllig: Deportation und Integration: Das Schicksal von Fremden im assyrischen und babylonischen Staat. In: Meinhard Schuster (Hrsg.): Die Begegnung mit dem Fremden. Wertungen und Wirkungen in Hochkulturen von Altertum bis zur Gegenwart (= Colloquium Rauricum. Bd. 4). Teubner, Stuttgart u. a. 1996, ISBN 3-519-07414-1, S. 100–114.
  • Georg Weber, Renate Weber-Schlenther, Armin Nassehi, Oliver Sill, Georg Kneer: Die Deportation von Siebenbürger Sachsen in die Sowjetunion 1945–1949. Drei Bände. Böhlau, Köln u. a. 1995, ISBN 3-412-06595-1.

Anmerkungen und Einzelnachweise

<references/>

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Deportation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen