Frank O’Connor
Frank O’Connor oder mit bürgerlichem Namen Michael Francis O’Donovan (* 17. September 1903 in Cork; † 10. März 1966 in Dublin) war ein irischer Schriftsteller und Autor bekannter Kurzgeschichten.
Inhaltsverzeichnis
Leben
O’Connor wuchs in einer Irland-orientierten proletarischen Familie auf. In seiner Autobiografie An Only Child schildert O'Connor seine Kindheits- und Jugendzeit, in der er aufgrund der kriegsbedingten Abwesenheit des Vaters, der nur zu kurzen Gastbesuchen während des Ersten Weltkrieges nach Hause zurückkehrte, lange mit seiner Mutter allein lebte, eine Zeit, die er später als die glücklichste seines Lebens bezeichnete.<ref>Vgl. Frank O‘Connor: An Only Child. Knopf Verlag New York 1961, S. 148, 20, 153 und S. 148.</ref> Nach der endgültigen Heimkehr des Vaters aus dem Krieg war das Familienleben durch Armut und eine angespannte, konfliktgeladene Atmosphäre zwischen Michael O‘Donovon und seinem Vater gekennzeichnet, der durch seine hemmungslose Trunksucht die Familie an den Rand des Ruins brachte.<ref>Vgl. Frank O‘Connor: An Only Child. Knopf Verlag New York 1961, S. 31f., 38 und S. 178.</ref>
Wie Seán O’Faoláin und Liam O’Flaherty gehörte Frank O‘Connor zur Generation der um 1900 geborenen irischen Schriftsteller, die in ihrer Jugend den irischen Unabhängigkeitskampf und den anschließenden Bürgerkrieg miterlebten und in ihren Werken reflektierten.
O‘Connor, der die Schule nur bis zum 12. Lebensjahr besuchen konnte, schloss sich als junger Mann der Irish Republican Army (IRA) an, kämpfte im Bürgerkrieg auf der Seite der unterlegenen Republikaner, wurde verhaftet und kam ins Gefängnis. Seine persönlichen Erfahrungen dieser erbitterten Auseinandersetzungen und Kämpfe verarbeitete O‘Connor vor allem in seiner Kurzprosa, beispielsweise in Guests of the Nation, dt. Gäste der Nation, einer Erzählung, die weit über Irland hinaus bekannt wurde.<ref>Vgl. die Angaben bei Heinz Kosok: Geschichte der anglo-irischen Literatur. Schmidt Verlag, Berlin 190, ISBN 3.503-03004-2, S. 189 und 192.</ref>
Ebenso wenig wie O’Faoláin oder O’Flaherty ließ sich Frank O‘Connor auch später nicht vom Establishment des neuen irischen Freistaates vereinnahmen und blieb in zahlreiche Kontroversen um die Freiheit der Literatur in Irland im Kampfe gegen staatliche und kirchliche Zensur verwickelt, die mancherlei Anfeindungen zur Folge hatte und seinen Namen auf die Verbotsliste der Zensurbehörden brachte.<ref>Vgl. die Angaben bei Heinz Kosok: Geschichte der anglo-irischen Literatur. Schmidt Verlag, Berlin 190, ISBN 3.503-03004-2, S. 189f.</ref>
Nach seiner Entlassung wandte er sich vom politischen Kampf ab und widmete sich fortan der Literatur und der irischen Sprache. Er arbeitete als Bibliothekar und leitete von 1937 bis 1939 das Abbey Theatre in Dublin. 1931 erschien unter dem Pseudonym Frank O’Connor sein erster Band mit Kurzgeschichten, Gäste der Nation. Außerdem schrieb er Gedichte, Romane, Theaterstücke und zwei Autobiografien.
Fast alle Werke beschäftigten sich mit Irland, seinen Menschen und ihren Problemen. In mehreren Einzelerzählungen griff er größere politische Vorgänge und Auseinandersetzungen, vorrangig aus dem irischen Unabhängigkeitskampf, auf und spiegelte sie in der konkreten Individualsituation seiner Erzählfiguren. O’Connor, der in den 1950er-Jahren in den USA lebte, starb im März 1966 in Dublin.
Nach seinem Tod wurde 1968 seine zweite Autobiografie My Father’s Son von Maurice Sheehy herausgegeben, der O’Connor seit 1963 gekannt hatte. Ein Jahr später stellte Maurice Sheehy einen Gedenkband zusammen, in dem Freunde und Kollegen von O’Connor sich an ihn erinnerten.
Vor allem mit der Weiterentwicklung der Erzähltechnik in seiner Kurzprosa sowie seinen literaturtheoretischen Konzeptionen, in denen mehrfach der Moment der „intense awareness of human loneliness“ (dt. sinngemaß: „intensives Bewusstsein der menschlichen Einsamkeit“) als besonderes Gattungsmerkmal der modernen short story im Gegensatz zum Roman hervorgehoben wird, leistete Frank O‘Connor Kosok zufolge einen nicht unerheblichen Beitrag zur Entwicklung des herausragenden Ranges der irischen Kurzgeschichte in der Weltliteratur.<ref>Vgl. die Angaben bei Heinz Kosok: Geschichte der anglo-irischen Literatur. Schmidt Verlag, Berlin 190, ISBN 3.503-03004-2, S. 189f. sowie in Heinz Kosok: Die irische Kurzgeschichte. In: Arno Löffler und Eberhard Späth (Hrsg.): Geschichte der englischen Kurzgeschichte. Francke Verlag, Tübingen und Basel 2005, ISBN 3-8252-2662-X, S. 246-271, hier S.255ff.</ref>
Ebenso bereitete O’Connor mit dem Aufwerfen der Thematik der zwischenmenschlichen Sexualität, die er trotz der drohenden Zensur durch die Katholische Kirche beispielsweise in Mein Ödipus-Komplex in zwar indirekter bzw. implizit andeutender, aber unverkennbarer Form gestaltet, den Weg vor für die jüngeren irischen Kurzgeschichten, die durch eine „neue Offenheit in Fragen der Sexualität“ im Gegensatz zu den herrschenden Moralvorstellungen der Katholischen Kirche in Irland geprägt sind.<ref>Vgl. genauer Heinz Kosok: Die irische Kurzgeschichte. In: Arno Löffler und Eberhard Späth (Hrsg.): Geschichte der englischen Kurzgeschichte. Francke Verlag, Tübingen und Basel 2005, ISBN 3-8252-2662-X, S. 268f.</ref>
Besonders bekannt geworden sind O’Connors Kindheitsgeschichten, die häufig mit vordergründiger Komik und teilweise auch autobiografischen Zügen das Erzählte in einfühlsamer Weise aus der Sicht eines Kindes darbieten, für das die Erwachsenenwelt unverständlich oder rätselhaft und zugleich beängstigend ist.
Mit seiner Konzentration bzw. Fokussierung auf irische Charaktere vor allem in seiner Kurzprosa hat O’Connor, wie Kosok in seinen Ausführungen zur irischen Kurzgeschichte darlegt, „nicht nur das irische Bewußtsein nationaler Identität beeinflußt [sic], sondern durch die Übersetzung in zahlreiche Sprachen auch in entscheidendem Maße das internationale Bild Irlands geprägt.“<ref>Heinz Kosok: Die irische Kurzgeschichte. In: Arno Löffler und Eberhard Späth (Hrsg.): Geschichte der englischen Kurzgeschichte. Francke Verlag, Tübingen und Basel 2005, ISBN 3-8252-2662-X, S. 260.</ref>
Werke
- Brautnacht
- Don Juans Versuchung
- Irische Kindheit
- Mein Ödipus-Komplex
- Meistererzählungen
- Die Reise nach Dublin
- Eine selbständige Frau
- Und freitags Fisch, Erzählungen
- Eine unmögliche Ehe
- Er hat die Hosen an, Erzählungen
Literatur
- Maurice Sheehy: Michael/Frank: Studies on Frank O'Connor: With a bibliography of his writing. Gill and Macmillan Ltd, Dublin 1969.
- Frank O'Connor, in: Internationales Biographisches Archiv 17/1966 vom 18. April 1966, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Weblinks
- Literatur von und über Frank O’Connor im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Frank O’Connor in der Internet Movie Database (englisch)
- Frank O’Connor in der Notable Names Database (englisch)
Einzelnachweise
<references />
Personendaten | |
---|---|
NAME | O’Connor, Frank |
ALTERNATIVNAMEN | O’Connor O’Donovan, Michael Francis (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | irischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 17. September 1903 |
GEBURTSORT | Cork |
STERBEDATUM | 10. März 1966 |
STERBEORT | Dublin |