Frieden
Frieden (älterer Nominativ Friede, von althochdeutsch fridu „Schonung“, „Freundschaft“) ist allgemein definiert als ein heilsamer Zustand der Stille oder Ruhe, als die Abwesenheit von Störung oder Beunruhigung und besonders von Krieg. Frieden ist das Ergebnis der Tugend der „Friedfertigkeit“ und damit verbundener Friedensbemühungen.
Frieden ist im heutigen Sprachgebrauch der allgemeine Zustand zwischen Menschen, sozialen Gruppen oder Staaten, in dem bestehende Konflikte in rechtlich festgelegten Normen ohne Gewalt ausgetragen werden. Der Begriff bezeichnet einen Zustand in der Beziehung zwischen Völkern und Staaten, der den Krieg zur Durchsetzung von Politik ausschließt.
In der Sprache deutschsprachiger Juristen ist von Frieden auch im Zusammenhang mit innenpolitischen Auseinandersetzungen (Straftatbestand des Landfriedensbruchs), mit dem Arbeitsleben (Störung des Betriebsfriedens als Kategorie des Betriebsverfassungsgesetzes) und mit dem Schutz des Privateigentums (Straftatbestand des Hausfriedensbruchs) die Rede. Zur Kennzeichnung von Grundstücken, die gegen Hausfriedensbrüche geschützt werden sollen, werden diese oft eingefriedet.
In der Sprache der Psychologie und der Theologie gibt es den Begriff Seelenfrieden (vgl. den englischen Begriff „peace of mind“ oder „inner peace“<ref>en:Inner peace</ref>); diesen sollen Lebende anstreben und Verstorbene auf dem Friedhof bzw. im Jenseits finden.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Friedensbegriffe
- 2 Der Friedensgedanke in der Geschichte
- 3 Dimensionen des Friedens
- 3.1 Abwesenheit von Krieg zwischen Staaten
- 3.2 Abwesenheit von Aufruhr, Fehden und Selbstjustiz in einem Land
- 3.3 Religionsfrieden, Kirchenfrieden und Frieden zwischen den Religionen
- 3.4 Sozialer Frieden
- 3.5 Betriebsfrieden, Arbeitsfrieden
- 3.6 Schulfrieden
- 3.7 Hausfrieden, Frieden im Haus und häuslicher Frieden
- 3.8 Familienfrieden
- 3.9 Frieden zwischen den Geschlechtern
- 3.10 Weitere Dimensionen
- 4 Symbole
- 5 Verschiedene Bewertungen von Streit und Konflikt
- 6 Siehe auch
- 7 Literatur
- 8 Weblinks
- 9 Einzelnachweise
Friedensbegriffe
In erster Linie ist mit dem Begriff Frieden die Abwesenheit von Gewalt oder Krieg gemeint. In diesem Sinne ist Frieden zwischen und innerhalb von Nationalstaaten, Religionen und Bevölkerungsgruppen ein Ziel vieler Personen und Organisationen, besonders der Vereinten Nationen. Frieden kann freiwillig sein, wenn potentielle Streitparteien sich entschließen, auf Störung des Friedens zu verzichten, oder er kann erzwungen sein, indem durch Sanktionen, die im Völkerrecht vorgesehen sind, oder innerstaatliches Recht diejenigen niedergehalten werden, die andernfalls eine solche Störung verursachen würden.
Positiver/negativer Frieden:
In der wissenschaftlichen Diskussion unterscheidet man zwischen dem oben genannten engen Friedensbegriff(„negativer Frieden“), der die Abwesenheit von Konflikten beinhaltet, und einem weiter gefassten Friedensbegriff („positiver Frieden“). Letzterer umfasst neben dem Fehlen kriegerischer Gewalt, bei Johan Galtung direkte Gewalt genannt, auch das Fehlen kultureller und struktureller Gewalt. Nach dieser Definition bedeutet Frieden also zusätzlich das Fehlen einer „auf Gewalt basierenden Kultur“, sowie das Fehlen repressiver oder ausbeuterischer Strukturen. Ein struktureller Frieden wäre die konkrete Utopie eines sozialen Zusammenlebens in Harmonie und ohne Statuskämpfe und „Reibungsverluste“. Frieden wird hier positiv definiert als „die Fähigkeit , durch Aufstiegsmöglichkeiten, mit der Möglichkeit, sich in der Gesellschaft zu betätigen, sowohl als sozialer wie als politischer Akteur.“<ref>Nico Nissen: Der soziale Frieden in Deutschland ist gefährdet. Albrecht von Lucke über bedenkliche Entwicklungen im postdemokratischen Zeitalter. heise.de. 18. Dezember 2009</ref>
Betriebsfrieden, Arbeitsfrieden
Die Abwesenheit von Arbeitskämpfen zwischen Sozialpartnern, insbesondere von Streiks und Aussperrungen, wird als Betriebsfrieden bzw. (vor allem in der Schweiz) als Arbeitsfrieden bezeichnet. Das Betriebsverfassungsgesetz stellt in Deutschland Regeln auf, nach denen sich die Rechtmäßigkeit von Arbeitskämpfen bemisst.
Zu den Verhaltensweisen, die als „Störungen des Betriebsfriedens“ gelten, sind auch die parteipolitische Betätigung von Beschäftigten oder Unternehmern im Betrieb, Mobbing und andere Formen sozial unerwünschten Verhaltens zu zählen.
Eine „Störung des Betriebsfriedens“ durch einen Arbeitnehmer führt als „verhaltensbedingter Kündigungsgrund“ regelmäßig zur Entlassung des Störers.<ref>Stichwort: Betriebsfrieden. www.kuendigung.de</ref>
Schulfrieden
Der Begriff Schulfrieden hat drei verschiedene Bedeutungen:
- Erstens bezeichnet er die Abwesenheit von Gewalt und andauernden gravierenden Konflikten in einer bestimmten Schule.
- Zweitens bezieht er sich auf einen Zustand in einem bestimmten Land, der dadurch gekennzeichnet ist, dass der lang andauernde bildungspolitische Streit über die angemessene Schulstruktur und angemessenen Unterricht in den Schulen beigelegt ist.
- Drittens ist dann von Schulfrieden die Rede, wenn die Beziehung zwischen dem Schulträger und den von Schule und Unterricht Betroffenen nicht gestört ist.
Frieden in einer bestimmten Schule
Das Bundesverwaltungsgericht definiert den Schulfrieden als Zustand der Konfliktfreiheit und -bewältigung, der einen ordnungsgemäßen Unterricht ermöglicht, damit der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag verwirklicht werden kann.<ref>BVerwG, Urt. v. 30. 11. 2011 – 6 C 20.10, BVerwGE 141, 223(235 f.)</ref>
Als Störungen des Schulfriedens werden (auch von Gerichten) bewertet:
- Störungen der konstruktiven Zusammenarbeit aller am Schulleben Beteiligten
- Gewaltanwendung und Mobbing<ref>Schulrecht: Gewalt gegen Mitschüler rechtfertigt sofortigen Schulausschluss</ref>
- die Berufung darauf, Vorschriften der eigenen Religion im Rahmen der Religionsfreiheit in den Räumen der Schule während der Unterrichtszeit befolgen zu dürfen (z. B. in der Form, dass Lehrerinnen darauf bestehen, im Unterricht ein Kopftuch tragen zu dürfen, oder dass Schüler eigene Räumlichkeiten zur Verrichtung ritueller Gebete fordern).<ref>Juraforum: Urteile von Verwaltungsgerichten zum Thema „Schulfrieden“</ref><ref>OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Mai 2010, Az. OVG 3 B 29.09, Volltext.</ref> Ein Einzelfall wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt<ref>Tagesspiegel: Streit um Religionsfreiheit Zitat: "Schulen sind, anders als viele mutmaßen, auch nach Auffassung der OVG-Richter keine religionsfreien Räume. Die Einschränkung sei allerdings gerechtfertigt, weil einer „durchaus konkreten Gefahr“ für den Schulfrieden zu begegnen sei." Die Revision wurde zurückgewiesen; Yunus M. kann noch vor das Bundesverfassungsgericht ziehen und dort das Urteil anfechten.</ref> und am 30. November 2011 entschieden. Das Bundesverwaltungsgericht <ref>BVerwG, Urteil vom 30. November 2011, Az. 6 C 20.10, Volltext</ref>: Die Verrichtung von Gebeten in der Schule findet ihre Schranke in der Wahrung des Schulfriedens. Ein Schüler ist nicht berechtigt, während des Besuchs der Schule außerhalb der Unterrichtszeit ein Gebet zu verrichten, wenn dies konkret geeignet ist, den Schulfrieden zu stören. „Das Bundesverwaltungsgericht hat … für den konkreten Fall des Klägers entschieden, dass hier aufgrund der Verhältnisse an der von ihm besuchten Schule die Verrichtung des Gebets auf dem Schulflur eine bereits ohnehin bestehende Gefahr für den Schulfrieden erhöhen konnte. Damit ist ein Zustand der Konfliktfreiheit und -bewältigung gemeint, der im Interesse der Verwirklichung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags den ordnungsgemäßen Unterrichtsablauf ermöglicht. Der Schulfrieden kann beeinträchtigt werden, wenn ein religiös motiviertes Verhalten eines Schülers religiöse Konflikte in der Schule hervorruft oder verschärft.“<ref>Pressemitteilung Nr. 106/2011 des BVerwG.</ref>
- In Bayern begründete 2008 ein Schulamt die Versetzung einer Lehrkraft damit, dass eine „nachweisliche und nachhaltige Störung des Schulfriedens“ vorliege, nachdem die Lehrerin an einer Grundschule einen „zu hohen Anteil“ der Schüler ihrer Klasse für den Besuch des Gymnasiums empfohlen hatte.<ref>Christian Bleher: Störerin des Schulfriedens: Kritische bayerische Lehrkraft versetzt. taz. 4. August 2008</ref><ref>Strafversetzt wegen guter Noten: Grundschul-Rebellin erhält Courage-Preis, spiegel.de vom 4. Juni 2009</ref>
Konsens zur Schulentwicklung im Staat
Ein Beispiel für einen Schulfrieden in der zweiten Bedeutung des Begriffs stellt der im Dezember 2008 beschlossene „Konsens zur Schulentwicklung“ in Bremen dar. Die SPD, die Grünen, die CDU und die FDP in Bremen einigten sich darauf, zehn Jahre lang keine Initiativen zu ergreifen, durch die die im Jahr 2008 beschlossenen Maßnahmen zur Schulstrukturreform wesentlich abgeändert werden sollen.<ref>Eckhard Stengel: Bremen schließt Schulfrieden. Der Tagesspiegel. 5. Januar 2009</ref><ref>CDU Bremen: Bremer Konsens zur Schulentwicklung. 19. Dezember 2008</ref>
In Hamburg ist allerdings der Versuch der den schwarz-grünen Senat tragenden Parteien, einen Schulfrieden durch Einbezug der SPD und der Linken zu stiften<ref>Kaija Kutter: Hamburger Schulreform – Parteien schließen Schulfrieden. taz. 23. Februar 2010</ref>, durch ein erfolgreiches Referendum gescheitert, in dem die Mehrheit der Abstimmenden gegen die Einführung einer sechsjährigen Grundschule in Hamburg stimmte.<ref>Albrecht-Thaer-Gymnasium: Volksentscheid erfolgreich! 18. Juli 2010</ref> Ob Politiker einen Schulfrieden ohne Einbezug der betroffenen Bürger stiften können, ist daher strittig.
Bemühungen um einen Schulfrieden gibt es auch in Flächenländern.<ref>Klaus Wallbaum: GEW schlägt „Schulfrieden“ vor. Hannoversche Allgemeine Zeitung. 25. März 2010</ref><ref>Theo Schumacher: Bildungsgipfel: Rot-Grün in NRW sucht den Schulfrieden. Westdeutsche Allgemeine Zeitung. 22. September 2010</ref>
Konsens zur Schulentwicklung in einer Gemeinde, einem Kreis oder einem Schulverband
Störungen des Schulfriedens können sich auch aus Beschlüssen der Schulträger einer oder mehrerer Schulen in einer Region ergeben. Auslöser von Konflikten ist oftmals der demografische Wandel in einem Gebiet, der mit abnehmenden Schülerzahlen verbunden ist, oder verändertes Verhalten der Eltern im Hinblick auf die Wahl weiterführender Schulen in solchen Ländern, in denen der Elternwille über den Übergang eines Kindes in eine Schule des Sekundarbereichs I ausschlaggebend ist. Dabei geht es einerseits um den Bestandsschutz für vorhandene Schulen, andererseits aber auch um Zusammenlegung von Schulen verschiedener Schulformen und die Gründung neuer Schulen. Probleme ergeben sich bei sinkenden Schülerzahlen auch dadurch, dass Schüler infolge von Schulschließungen oftmals weitere Schulwege zurücklegen müssen. Ein Beispiel für einen Konflikt, der durch den Schulträger ausgelöst wurde, ist der Streit um die Zuweisung von Schülern im Rheingau-Taunus-Kreis in Hessen.<ref>Oliver Bock: Rheingau-Taunus-Kreis: Kein Schulfrieden im Idsteiner Land. Frankfurter Allgemeine Zeitung. 13. Juni 2009</ref>
Hausfrieden, Frieden im Haus und häuslicher Frieden
Die Respektierung des Menschenrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung (in Deutschland geschützt durch Art. 13 GG) wird auch Hausfrieden genannt. Die Verletzung des Hausfriedens erfüllt den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs (in Deutschland strafbar nach § 123 Strafgesetzbuch). Einen Hausfriedensbruch kann man nicht nur dadurch begehen, dass man in private Wohnungen oder Wohnhäuser unbefugt eindringt, sondern auch durch das unbefugte Betreten fremder Grundstücke und das Betreten öffentlich zugänglicher Einrichtungen trotz eines Hausverbots oder dadurch, dass man eine Einrichtung nicht verlässt, obwohl man dazu aufgefordert worden ist.
Eine weitere Bedeutung besitzt der Begriff Hausfrieden als Analogiebildung zum Betriebsfrieden: Es zulässig, dass der Vermieter einem Mieter in einem Mehrfamilien-Wohnhaus mit der Begründung dessen Wohnung kündigt, er störe durch sein Fehlverhalten den Frieden im Haus.
Mit häuslicher Frieden wird das gedeihliche Zusammenleben in einem Haushalt bezeichnet. Als solcher gilt unter Umständen auch eine Wohngemeinschaft. Straftaten, die durch Mitglieder des Haushalts begangen werden, in dem das Opfer der Straftat lebt, werden nicht durch besondere Strafrechtsvorschriften verfolgt. Seitdem in Deutschland auch die Vergewaltigung und die sexuelle Nötigung in der Ehe strafbar sind, sind im Prinzip alle Vorschriften des Strafgesetzbuches auch auf Fälle häuslicher Gewalt anwendbar. Eine Ausnahme bildet im deutschen Strafrecht § 247 Strafgesetzbuch (Haus- und Familiendiebstahl), dem zufolge um des „häuslichen Friedens“ willen der Diebstahl oder die Unterschlagung desjenigen, der mit dem Opfer in häuslicher Gemeinschaft lebt, nur auf Antrag verfolgt wird. Als „Hausfriedensbruch“ im Sinne einer Störung des häuslichen Friedens bewertete der „Spiegel“ 1982 die Hausaufgaben für Schüler, da sie eine ständige Quelle der Belästigung von Eltern (von denen erwartet werde, dass sie ihren Kindern helfen) und des häuslichen Unfriedens seien.<ref>Hausaufgaben sind Hausfriedensbruch. Der Spiegel, Ausgabe 12/1982. 22. März 1982, S. 56–73</ref><ref>Klaus-Jürgen Tillmann: Lernförderung oder „Hausfriedensbruch“? Hausaufgaben aus Elternsicht. In: Schüler 2015: FamilienLeben. Velber. Friedrich-Verlag 2015, S. 118ff.</ref>
Familienfrieden
Eng mit dem häuslichen Frieden, dem Frieden im Haushalt bzw. in der Wohn- und Lebengemeinschaft, verwandt ist der Familienfrieden, der Frieden zwischen Eheleuten bzw. Lebensgefährten und zwischen Verwandten. Der Familienfrieden kann von innen, d.h. von Mitgliedern der betreffenden Familie, aber auch von außen gestört werden. Insbesondere eine Inanspruchnahme von Unterhaltspflichtigen durch Personen, die nicht ihrem Haushalt angehören, oder durch den Staat wird oftmals von Beklagten und deren Anwälten als „Störung des Familienfriedens“, d.h. hier konkret als finanzielle Untergrabung der aktuellen Lebensgemeinschaft bewertet.
Der Wunsch eines Sohnes oder einer Tochter, seine bzw. ihre Abstammung vom Ehemann der Mutter überprüfen zu lassen, gilt laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts auch dann nicht mehr als unzulässige Störung des Familienfriedens, wenn die Ehe noch besteht.<ref>BVerfGE 79, 256 - Kenntnis der eigenen Abstammung. Urteil vom 31. Januar 1989</ref> Allerdings stellte das Oberlandesgericht Nürnberg fest, dass es im Interesse des Familienfriedens geboten sein könne, nicht bereits einem kleinen Kind mitzuteilen, dass sein sozialer Vater nicht sein leiblicher Vater sei.<ref>Vaterschaftsfeststellung, Blutentnahme der Mutter. OLG Nürnberg. 3. Januar 1996</ref>
Im Interesse des Familienfriedens duldet der deutsche Staat in Form eines Verzichts auf Strafverfolgung die Züchtigung von Kindern durch deren Erziehungsberechtigte, obwohl § 1631 Abs. 2 BGB bestimmt: „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“<ref>Manfred Heinrich: Elterliche Züchtigung und Strafrecht. In: Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik (ZIS). Ausgabe 5/2011. S. 437</ref>
Frieden zwischen den Geschlechtern
Bereits 1250 führte Birger Jarl in Schweden ein Gesetz über den Frauenfrieden (schwedisch: kvinnofrid) ein, durch das Vergewaltigungen und Frauenraub schwer bestraft wurden.
Seit dem 1. September 1999 gibt es in Schweden den Straftatbestand des schweren Frauensfriedensbruchs.<ref>Elke Wittich: Friede den Frauen! Vergewaltigung in Schweden. jungle world. 3. September 2003. Ferner: Das schwedische Modell Frauenfrieden (PDF-Datei; 3,68 MB) von Sonja Plessl (als Print: Zwischenwelt. Zeitschrift der Theodor Kramer Gesellschaft, 2011). Das Gesetz lautet: Wer sich gegen Vergütung eine zufällige sexuelle Beziehung beschafft, wird – wenn die Tat nicht mit einer Strafe nach dem Strafgesetzbuch belegt ist – für den Kauf sexueller Dienste zu einer Geldstrafe oder zu einer Gefängnisstrafe von im Höchstfall 6 Monaten verurteilt. Auch der Versuch ist strafbar.</ref> Die neue rechtliche Norm des Frauenfriedensbruchs wurde entsprechend den Begriffen des Haus- und Landfriedensbruchs gebildet. Sie wurde bei ihrer Einführung als erforderlich gesehen, um z. B. die Strafverfolgung von anhaltender häuslicher Gewalt zu erleichtern.<ref>Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Auszug aus der Untersuchung „Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes“. Abschlussbericht. Fußnote 526 (PDF-Datei; 459 kB)</ref> Demzufolge umschreibt der Rechtsbegriff „grobe Verletzung der Integrität einer Frau“, kurz „Frauenfriedensbruch“, im schwedischen Strafrecht wiederholte Straftaten, die von Männern an Frauen begangen werden, zu denen sie eine enge Beziehung haben. Die einzelnen Taten würden, für sich allein genommen, möglicherweise nicht verfolgt, insgesamt dagegen wiegen sie schwer genug für eine Bestrafung.<ref>Von Österreich lernen. Die Zeit, 1. April 2004</ref>
Weitere Dimensionen
- Burgfrieden
- Weihnachtsfrieden (Erster Weltkrieg)
- Weihnachtsfrieden (Öffentlicher Dienst)
- Weihnachtsfrieden (Skandinavien)
- Öffentlicher Friede
Symbole
- CND-Symbol
- Friedenstaube: Die Taube wird sehr häufig zur Darstellung des Friedens gebraucht. Meist trägt sie einen Olivenzweig in ihrem Schnabel
- Olivenzweig/ -baum
- Regenbogenfahne mit Aufschrift PACE
- Friedensglocke als Mahnmal für den Frieden
- Friedenslicht
Verschiedene Bewertungen von Streit und Konflikt
Hans Grothe plädierte 2008 in der Zeitschrift Eltern für eine Erziehung zur Friedfertigkeit: „Kinder müssen erleben bzw. vorgelebt bekommen, dass Konflikte auch ohne Zorn und ohne Gewalt bewältigt werden können […]. Dazu gehören Geduld und Selbstbeherrschung. Und wenn es erst einmal zur Routine geworden ist, Konflikte am Familientisch gemeinsam zu lösen, denkt bald keiner mehr an Streit und Wutausbrüche.“<ref> Wie Erziehung zur Friedfertigkeit gelingen kann. Die Thesen des Experten Hans Grothe in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift ELTERN. 20. Februar 2008</ref> In diesem Beitrag werden „Frieden“ und Affekte wie Zorn als unvereinbare Gegensätze empfunden.
Im Jahr 1922 wehrte sich der „revolutionäre Pazifist“ Kurt Hiller heftig gegen das Ziel, Menschen zur Friedfertigkeit zu erziehen. Er vertrat die Auffassung, ein Friedfertiger sei „ein friedlicher, sanftmütiger, durchaus nachgiebiger, toleranter Mensch […], ein niemals opponierendes, sich auflehnendes, aggressives, gar zornentbrantes, vielmehr vom Honig der Eintracht und von allen Salben bedingungsloser Menschenliebe triefendes Demutsgeschöpf“, gekennzeichnet durch „Lammesgesinnung“ und „Betschwestertugend“.<ref>Wolfram Beyer: Was ist eigentlich Pazifismus? Zur Klärung eines politischen Begriffs. Deutsche Friedensgesellschaft / Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), 4. Februar 2011</ref>
Auch im Kontext der Aktivitäten der deutschen Friedensbewegung wurde in den 1980er Jahren kritisiert, dass das Wortfeld „Frieden“ im Deutschen viele bedenkliche Konnotationen aufweise, die eher zur Resignation beitrügen als dazu, den Prozess der Stiftung von Frieden zu befördern.<ref>Fritz Pasierbsky: Krieg und Frieden in der Sprache. Eine sprachwissenschaftliche Textanalyse. S. Fischer. Frankfurt am Main 1983, S. 11–27. ISBN 3-596-26409-X</ref>
Bereits Martin Luther habe bei der deutschen Übersetzung der Bibel in den Seligpreisungen der Bergpredigt nicht von Friedensstiftern, sondern von Friedfertigen gesprochen<ref>Matthäus 5,9. Lutherbibel. 1912</ref>, einem Begriff, bei dem man laut Fritz Pasierbsky weniger an Kämpfer für den Frieden als an Menschen denke, die „in Frieden gelassen werden“ wollen, also an Konfliktscheue. Friedensstiftung setze aber (auch konfliktbehaftete) Tätigkeit und nicht Untätigkeit („Ruhe“) voraus. Es gehe nicht um Konfliktvermeidung, sondern um gewaltfreie Konfliktaustragung.
An der Vorstellung, Frieden sei ein Synonym für „Ruhe“, stört Kritiker vor allem die Nähe zur Ruhe des Friedhofs. Die Vorstellung liege nahe, dass der Mensch erst im Tode den Frieden finden könne, der ihm im Leben versagt geblieben sei. Die Formel: „Ruhe in Frieden!“ schaffe eine begriffliche Nähe von Frieden und „Tod“, während es in Wirklichkeit der Krieg sei, der den Tod bringe, und der Frieden, der ein Weiterleben ermögliche. Aufgabe der Friedensbewegung sei es, so Pasierbsky, die Konnotation zu beseitigen, wonach Frieden Konfliktvermeidung impliziere und nur das Prinzip „Krieg“ für „Leben“ stehe.
Die Ansicht, dass es kein Leben ohne Konflikte geben könne, wird durch Philosophen wie Georg Wilhelm Friedrich Hegel bestätigt. Ihm zufolge seien das Leben oder Veränderungen im Allgemeinen nur durch das Aushalten von Widersprüchen, durch widerstreitende Momente möglich:
- „[…] Etwas ist also lebendig, nur insofern es den Widerspruch in sich enthält, und zwar diese Kraft ist, den Widerspruch in sich zu fassen und auszuhalten. Wenn aber ein Existierendes nicht in seiner positiven Bestimmung zugleich über seine negative überzugreifen vermag, so ist es nicht die lebendige Einheit selbst, nicht Grund, sondern geht in dem Widerspruch zugrunde.“<ref>G. W. F. Hegel: Wissenschaft der Logik – Die Lehre vom Wesen. (1813) S. 61, Meiner Verlag, 2. Auflage</ref>
Zu den negativen Konnotationen des Begriffs „Friedfertigkeit“ ist anzumerken, dass der Wortbestandteil „Fertigkeit“ in dem Begriff auf das Begriffspaar Fähigkeiten und Fertigkeiten verweist. Beide Begriffe werden in der Kategorie Kompetenz vereinigt. Die Fertigkeit, den Frieden zu sichern bzw. einen Frieden herbeizuführen, ist im Allgemeinen keineswegs negativ konnotiert.
Siehe auch
Literatur
- Klassiker
- Jeremy Bentham: Grundsätze für Völkerrecht und Frieden, (1786/1789) übers. K. v. Raumer in: K. v. Raumer 1953, S. 379–417.
- Émeric Crucé, Der Neue Kineas oder Abhandlung über die Gelegenheiten und Mittel, einen allge meinen Frieden des Handels auf dem ganzen Erdkreise zu begründen, Übertragung von „Thomas Willing Balch, Le Nouveau Cynée de Émeric Crucé. Réimpression du texte original de 1623 avec introduction et traduction anglaise, Philadelphia 1909“ von Walther Neft in: K. v. Raumer 1953 S. 289–320.
- Johanna J. Danis: Krieg und durchkreuzter Frieden, Triangulierung der Gegensätze, Edition Psychosymbolik, München 1996, ISBN 3-925350-70-5.
- Erasmus von Rotterdam: Die Klage des Friedens, der bei allen Völkern verworfen und niedergeschlagen wurde (Querela Pacis undique gentium ejectae profligataeque), 1517, erste Herausgabe von Georg Spalatin, erste deutsche Ausgabe 1622.
- Sebastian Franck: Das Krieg Büchlin des frides. Ein krieg des frides, wider alle lermen, aufrur und unsinnigkait zu kriegen, mit gründlicher anzaigung, auß wichtigen eehafften ursachen, auß gründtlichen argumenten der Hailigen Schrifft, alten Leeren, Concilien, Decreten, der Hayden schrifft und vernunfft widerlegt, 1539 und 1. Nachdruck von Cyriacus Jacob zum Bock, Frankfurt am Main 1550.
- Friedrich Gentz: Über den ewigen Frieden, in: Historisches Journal, S. 709–790, 1800.
- I Ging – Das Buch der Wandlungen. Hier verwendete Ausgabe 1974, Eugen Diederichs Verlag Düsseldorf; Köln. ISBN 3-424-00061-2.
- Immanuel Kant: Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf. Verlag Friedrich Nicolovius, Königsberg 1795 und als vermehrte Auflage ebenda, Königsberg 1796.
- William Penn: Ein Essay zum gegenwärtigen und zukünftigen Frieden von Europa durch Schaffung eines europäischen Reichstags, Parlaments oder Staatenhauses, 1693 in: von Raumer 1953 S. 321–342.
- Jean-Jacques Rousseau: Auszug aus dem Plan des Ewigen Friedens des Herrn Abbé de Saint-Pierre (1756 bis 1761) übers. v. Gertrud von Raumer in: K. v. Raumer 1953, S. 343–368.
- Kurt von Raumer: Ewiger Friede. Friedensrufe und Friedenpläne seit der Renaissance. Karl Alber Verlag, Freiburg 1953.
- Carl Friedrich von Weizsäcker: Bedingungen des Friedens. Göttingen 1964
- Neuere Darstellungen
- Andrea Cagan: Frieden ist möglich. Prem Rawat – Sein Leben, sein Weg. Albatros, Wien 2007, ISBN 978-3-85219-031-0.
- Wolfgang Dietrich, Josefina Echavarría Alvarez, Norbert Koppensteiner (Hrsg.): Schlüsseltexte der Friedensforschung, Lit, Münster / Wien 2006, ISBN 3-8258-9731-1 (Lit, Münster) / ISBN 3-7000-0502-4 (Lit, Wien).
- Wolfgang Dietrich: Variationen über die vielen Frieden. Schriften des UNESCO Chair for Peace Studies der Universität Innsbruck.
- Band 1: Deutungen, VS-Verlag, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-16253-9.
- Band 2: Elicitive Konflikttransformation und die transrationale Wende der Friedenspolitik. VS-Verlag, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-18123-3.
- Johan Galtung u. a.: Neue Wege zum Frieden. Konflikte aus 45 Jahren: Diagnose, Prognose, Therapie. Bund für Soziale Verteidigung 2003, ISBN 3-00-0117032.
- Hans-Werner Gensichen: Weltreligionen und Weltfrieden. Göttingen 1985
- Alfred Hirsch, Pascal Delhom (Hrsg.): Denkwege des Friedens. Aporien und Perspektiven. Alber, Freiburg / München 2007, ISBN 978-3-495-48204-9.
- Karlheinz Koppe: Der vergessene Frieden. Friedensvorstellungen von der Antike bis zur Gegenwart. Opladen 2001. ISBN 3-8100-3099-6.
- Norbert Koppensteiner: The Art of the Transpersonal Self; Transformation as Aesthetic and Energetic Practice. ATROPOS New York/Dresden 2009.
- Samrat Schmiem Kumar: Bhakti – the yoga of love. Trans-rational approaches tp Peace Studies; (= Masters of Peace/1) Lit, Münster, Wien; 2010
- Terry Nardin: The Ethics of War and Peace: Religious and Secular Perspectives. The Ethikon Series in Comparative Ethics, Princeton University Press 1996.
- Terry Nardin: The Philosophy of War and Peace. in: Routledge Encyclopedia of Philosophy. 9 (1998), S. 684–691.
- Nachschlagewerke
- Wolfgang Dietrich, Josefina Echavarría Alvarez, Gustavo Esteva, Daniela Ingruber, Norbert Koppensteiner (Hrsg.): The Palgrave International Handbook of Peace Studies. A Cultural Perspective. London, Palgrave MacMillan, 2011
- Nigel Young (Hrsg.): The Oxford International Encyclopedia of Peace. Oxford University Press, 2010
Weblinks
- Online-Bibliographie Theologie und Frieden des IThF – Die Online-Bibliographie Theologie und Frieden des Instituts für Theologie und Frieden (IThF), Hamburg, enthält ca. 148.000 durch detaillierte Deskriptoren sacherschlossene Titel. Berücksichtigung findet dabei für friedensethische Forschung relevante Literatur aus einzelnen Disziplinen der Theologie und anderen Wissenschaften
- Manifest für eine Welt des Friedens, der Liebe und des Glücks (aus der Wikiversity)
- AG Friedensforschung der Uni Kassel
- Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung (AFK)
- Zentrum für Friedensforschung und Friedenspädagogik an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
- Manifest gegen die Wehrpflicht und das Militärsystem (dreisprachig)
- Deutscher Friedensrat e. V.
Einzelnachweise
<references />