Gemeindeedikt
Die Gemeindeedikte von Bayern sind Erlasse von König Maximilian I. und Teil der „Revolution von oben“ Anfang des 19. Jahrhunderts. Sie wurden im Wesentlichen von Maximilian Joseph Graf von Montgelas und Friedrich von Zentner entworfen.
Hintergrund der Reformen war der Zustand der bayerischen Staatsfinanzen, die eine Neuordnung der Finanzverwaltung und eine Steuerreform erforderten. Mit der Einrichtung einer eigenen Verfassung kam König Maximilian I. auch der Einführung des französischen Hegemonialsystems durch Kaiser Napoléon Bonaparte im Königreich Bayern zuvor.
Inhaltsverzeichnis
Erstes Gemeindeedikt
Das erste Gemeindeedikt vom 28. Juli bzw. 24. September 1808 hatte die Formierung der politischen Gemeinden zum Ziel. Die Gemeindegrenzen sollten genau mit den Steuerdistriktgrenzen übereinstimmen. Es wurden einheitliche Kataster geschaffen und die Ämter in Steuerdistrikte eingeteilt.
Darüber hinaus verstaatlichte der Staat unter Montgelas das Vermögen sowie die zahlreichen Stiftungen der Gemeinden. Gerade dies erwies sich als Fehlschlag, da die Entscheidungsbefugnisse zu stark nach oben in die Ministerien verlagert waren und dadurch der Staatsapparat zu schwerfällig wurde. Noch unter Montgelas nahm man die Rückführung des Gemeindevermögens in die kommunale Selbstverwaltung in Angriff. Eine weitgehende Wiederherstellung der gemeindlichen Selbstverwaltung erfolgte über das Gemeindeedikt von 1818.
Zweites Gemeindeedikt
Die endgültige Selbstverwaltung der Gemeinden brachte das zweite Gemeindeedikt vom 17. Mai 1818. Die Verwaltung dieser Gemeinden geschah durch einen Gemeindeausschuss, der sich aus Gemeindevorsteher und aus dem Gemeindepfleger, wenn notwendig zusätzlich aus einem Stiftungspfleger und aus drei bis fünf weiteren Gemeindebevollmächtigten zusammensetzte. Dies waren die Vorgänger der heutigen Gemeinderäte. Eigener Wirkungskreis der Gemeinden waren die Verwaltung des rückerstatteten Gemeinde- und Stiftungsvermögens, die Aufnahme von Bürgern, die Mitwirkung bei der Zulassung von Gewerben und gewisse Zuständigkeiten in der Kirchenverwaltung und im Volksschulwesen. Im übertragenen Wirkungskreis war die Gemeinde für die Ortspolizei zuständig.
Mit den Gemeindeedikten wurden Städte und größere Märkte zu Munizipalgemeinden zusammengefasst und nach der Einwohnerzahl in drei Klassen eingeteilt: Städte 1. Ordnung (wie z. B. München, Nürnberg oder Regensburg), Städte 2. Ordnung (wie z. B. Amberg, Weiden) und Städte 3. Ordnung (wie z. B. Auerbach, Pegnitz) oder Märkte (wie z. B. Neuhaus, Königstein).
Daneben wurden auf dem Land Ruralgemeinden gebildet (ab 1835: Landgemeinden), die einen Gemeindevorsteher an der Spitze hatten. Wegen der bis 1848 fortbestehenden Sonderrechte des Adels war eine Unterscheidung in landgerichtliche und patrimonialgerichtliche Ruralgemeinden nötig. Ehemalige Hofmarken wurden in der Regel in Patrimonialgemeinden zweiter Klasse, Standesherrschaften unterstellte Gemeinden in Patrimonialgemeinden erster Klasse umgewandelt, alle anderen Landgemeinden waren den Landgerichten zugeordnet. Die mit dem Zweiten Gemeindeedikt geschaffenen über 8500 Gemeinden bildeten das Grundgerüst des Gemeindewesens bis zur Gebietsreform in Bayern in den 1970er Jahren.
Literatur
- Horst Clément: Das bayerische Gemeindeedikt vom 17. Mai 1818. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte der kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland. Dissertation, Universität Freiburg/B. 1934.
- Markus Söder: Von altdeutschen Rechtstraditionen zu einem modernen Gemeindeedikt. Die Entwicklung der Kommunalgesetzgebung im rechtsrheinischen Bayern zwischen 1802 und 1818. Dissertation, Universität Erlangen 1998.
- Emma Mages: Gemeindeverfassung (19./20. Jahrhundert). In: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44499> (20. November 2012)