Hans Barlach


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Hans-Georg Barlach (* 31. August 1955 in Ratzeburg; † 15. Juli 2015 in Hamburg) war ein deutscher Galerist und Unternehmer. Seine Rolle in den Rechtsstreitigkeiten um den Suhrkamp Verlag sorgte für große Aufmerksamkeit und machte ihn außerhalb der Medienbranche bekannt.<ref> Sandra Kegel: Suhrkamp-Aktionär Hans Barlach Er spielte alles oder nichts. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 2015-07-15, ISSN 0174-4909 (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/themen/suhrkamp-aktionaer-hans-barlach-gestorben-13703958.html, abgerufen am 10. Dezember 2015).</ref>

Leben

Hans Barlach war der jüngere von zwei Söhnen von Nikolaus (Klaus) Barlach (1906–2001), dem einzigen Sohn und Alleinerben<ref>Berliner Chronik: 12. März 1976. In: Der Tagesspiegel, 12. März 1976.</ref> des Bildhauers Ernst Barlach.

Hans Barlach besuchte das Nordsee-Internat in Sankt Peter-Ording, brach die Schule 1972 ab und begann eine Ausbildung zum chemotechnischen Assistenten in Neumünster.<ref>Hans Barlach. Munzinger Biographie, abgerufen am 15. Juli 2015.</ref> Nach dem Abschluss seiner Lehre wirkte er seit 1977 im Auftrag seines Vaters als Verwalter des Ernst-Barlach-Nachlasses. Ab Ende 1982 betrieb er am Loogeplatz in Hamburg-Eppendorf in einer 1980 als Sitz der Nachlassverwaltung gekauften Jugendstilvilla seine erste Galerie.<ref>Evelyn Preuss: Der Enkel ehrt das Erbe des Großvaters. In: Hamburger Abendblatt, 27. Dezember 1982, S. 19 (PDF; 1,3 MB)</ref> Im August 1984 wurde auf Barlachs Initiative der Kunstraum Hamburg eingerichtet und im November 1984 eröffnete er in Kellerräumen des Holthusenbades die Farbbad-Galerie.<ref>Evelyn Preuss: Mehr als ein Ort der Kunst: die Farbbad-Galerie. In: Hamburger Abendblatt, 28. November 1984, S. 10 (PDF; 1,9 MB)</ref>

Seit 1984 war Barlach an der Hamburger Rundschau beteiligt, deren Eigentümer er 1998 wurde und die er im Frühjahr 2000 einstellte.<ref>Der langsame Tod eines Experiments. In: Die Welt, 13. März 2000.
Redaktionsgemeinschaft in Auflösung. In: Die Welt, 10. November 1999.</ref>

In den 1990er Jahren investierte Barlach als Gesellschafter der Kunsthof Vermögensverwaltung oHG in die Berliner Oranienburger Straße 27 und schuf dort den KunstHof Berlin, eine Wohn- und Gewerbehofanlage.<ref>Kunstraum Oranienburger Straße: Eine Initiative von Dirk Streifler und Sascha Pohlan. Streifler & Kollegen, Kunstraum Oranienburger Straße, abgerufen am 15. Juli 2015.
Ingeborg Ruthe: Schluss mit dem Schattendasein. In: Berliner Zeitung, 10. März 2007.</ref>

1999 leistete Barlach eine Bürgschaft von vier Millionen DM und sanierte als Projektentwickler und Gesellschafter der Süllberg Objektgesellschaft gemeinsam mit dem ehemaligen Heidelberger Bauinvestor Roland Ernst<ref>Gisela Reiners: Zukunft des Süllbergs steht in den Sternen. In: Die Welt, 7. Juni 2000.
Süllberg-Bauherr Roland Ernst in Heidelberg verhaftet. In: Hamburger Morgenpost, 27. März 2000.
Themen des Monats: „Rien ne va plus“ – Ein Casino auf dem Süllberg? Hamburger Klönschnack Heft 04/2000, Klaus Schümann Verlag, Hamburg.</ref> das historische Blankeneser Süllberg-Hotel in Hamburg, wobei im Mai 1999 der denkmalgeschützte Süllberg-Turm einstürzte, für den keine angeblich von Barlach beantragte Abrissgenehmigung erteilt wurde. Barlach wies Verdächtigungen zurück, man habe das Haus aus Kostengründen vorsätzlich beschädigen lassen.<ref>Süllberg: Bauherr droht Millionenbuße. In: Hamburger Morgenpost, 20. Mai 1999.
Süllberg: Ein Fall für den Staatsanwalt. In: Hamburger Morgenpost, 25. Mai 1999.
Austernkeller zieht auf den Süllberg. Hamburger Abendblatt, 12/13. Mai 1999, Seite 19 (PDF; 142 kB)</ref>

Mit seiner gemeinsam mit Frank Otto gegründeten City-Boulevard Beteiligungs GmbH und Co. KG übernahm Barlach im Oktober 1999 von Gruner + Jahr die Hamburger Morgenpost.<ref>Info: Die Käufer der MOPO. In: Hamburger Morgenpost, 22. Oktober 1999.</ref> An der City-Boulevard hielt Barlach zunächst 33 %, seit 2003 67 % der Anteile. Im Jahr 2004 kaufte er mit Hilfe eines Kredites in Höhe von 1,6 Mio € von dem Verleger Heinz Bauer den Rest der Anteile und verkaufte die MOPO im Januar 2006 an BV Deutsche Zeitungsholding, ein Unternehmen der Investorengruppe Veronis Suhler Stevenson International Ltd. (VSS) und David Montgomerys Mecom Group für geschätzte 24 Mio €.<ref name="HA">Kai-Hinrich Renner: Suhrkamp - Hans Barlach geht aufs Ganze. In: Hamburger Abendblatt, 19. Dezember 2012.</ref>

Ebenfalls 2004 wollte Gruner + Jahr TV-Today für 15 Mio €<ref name="HA"/> verkaufen, Barlach übernahm – mit einem, wie es sich im Nachhinein herausstellte, vom Burda-Verlag finanzierten Darlehen<ref>TV Today: Burda finanzierte Barlach. In: Manager Magazin, 13. Juli 2004.</ref> – die Programmzeitschrift und verkaufte 2005 an Burda.

Barlach lebte in Hamburg-Winterhude.<ref>Hans-Georg Barlach im Porträt: Viel mehr als nur ein Enkel. In: handelsblatt.com. Abgerufen am 17. Juli 2015.</ref> Er starb am 15. Juli 2015 im Alter von 59 Jahren in Hamburg an einer Lungenentzündung.<ref>Suhrkamp-Aktionär Hans Barlach gestorben. Mitteilung des rbb, 15. Juli 2015. Abgerufen am 15. Juli 2015
Eine geschlagene Schlacht. dpa-Artikel In: Der Tagesspiegel, 15. Juli 2015. Abgerufen am 15. Juli 2015</ref>

Der Suhrkamp-Streit

Größere Bekanntheit auch über Hamburg und die Medienbranche hinaus erreichte Barlach mit seiner Beteiligung am Suhrkamp Verlag. Im November 2006 kündigte er an, gemeinsam mit dem Hamburger Mäzen und Investmentbanker Claus Grossner († 2010)<ref>Claus Großner: Ein unbekannter Bekannter. Hamburger Abendblatt, 22. Dezember 2010.</ref> für acht Millionen Euro die Medienholding AG Winterthur und damit die 29 % der Anteile am Verlag zu übernehmen, die bis dahin von dem Schweizer Unternehmer und Mäzen Andreas Reinhart gehalten wurden. In der Folgezeit kam es zu jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen mit der Suhrkamp-Geschäftsführerin Ulla Unseld-Berkéwicz. Seit dem Ausstieg Joachim Unselds als Gesellschafter im November 2009 hält die Medienholding AG Winterthur 39 % der Verlagsanteile, die Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung unter Vorsitz von Unseld-Berkéwicz 61 %.

Im September 2011 reichte Barlach Klage wegen Veruntreuung gegen die Geschäftsleitung des Suhrkamp-Verlags ein. 2012 plante er, mit Josef Depenbrock in die Geschäftsführung einzutreten.<ref>Arno Widmann: In Wahrheit eine Barockoper. In: Frankfurter Rundschau, 14. Dezember 2012.</ref> Am 10. Dezember 2012 verurteilte das Landgericht Berlin die Geschäftsleitung zu Schadenersatz und erklärte den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 17. November 2011 zur Nichtabberufung von Unseld-Berkéwicz für nichtig.<ref>Richard Kämmerlings: Streit um den Verlag: Suhrkamp verliert – zumindest erst mal. In: Hamburger Abendblatt, 11. Dezember 2012.
Sebastian Hammelehle: Gericht beruft Berkéwicz als Verlagschefin ab. In: Spiegel Online, 10. Dezember 2012.</ref> Das Urteil wurde nie rechtskräftig.

Im Gegenzug wurde Barlach mit Urteil des schweizerischen Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 7. Mai 2013 verpflichtet, dem damaligen Verkäufer der Aktien der Medienholding Winterthur AG, dem Unternehmer Andreas Reinhart, den Kaufpreis von CHF 5 Mio. zu bezahlen. Barlach hatte sich mit Argumenten, welche das Handelsgericht als offensichtlich haltlos qualifizierte, erfolglos gegen die Klage des Verkäufers gewehrt.<ref>Urteil vom 7. Mai 2013 in Sachen Andreas Reinhart, Kläger, … gegen Hans Barlach, Beklagter. Handelsgericht des Kantons Zürich vom 7. Mai 2013 (pdf; 300 kB).
Joachim Güntner: Schweizer Urteil gegen Barlach: Entspannung unterm Schutzschirm. In: Neue Zürcher Zeitung, 1. Juni 2013.</ref> Die von Barlach gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde wies das schweizerische Bundesgericht mit Urteil vom 2. September 2013 ab.<ref>Barlach unterliegt vor Bundesgericht. In: Neue Zürcher Zeitung, 4. September 2013.</ref> Barlach, der sich gegen die Vollstreckung gewehrt hatte, kündigte am 5. September 2013 öffentlich an, die Schuld zu begleichen.<ref>Suhrkamp wird Aktiengesellschaft. In: Die Zeit, 4. September 2013.</ref>

Im Zuge der Streitigkeiten kam es zu gegenseitigen Verunglimpfungen. Ein vorsitzender Richter stellte Ende 2012 im Prozess fest: „Beide Gesellschafter sehen sich offenbar wechselseitig als Inkarnation des Bösen.“<ref name=nzz20121207>Joachim Güntner: Die Farce nach der Tragödie? In: Neue Zürcher Zeitung, 7. Dezember 2012.</ref> Suhrkamp-Autor Peter Handke schrieb in der Zeit über Barlach: „Aber da, da ist, nein handelt ein von Grund auf Böser, ein Abgrundböser. Ein Unhold.“<ref>Peter Handke: Suhrkamp: „Unerzählbarer Alptraum“. In: Die Zeit 52/2012 vom 27. Dezember 2012.</ref>

Im Mai 2013 beantragte Suhrkamp ein Insolvenzverfahren in Eigenregie.<ref>Schutzschirmverfahren sichert Existenz und Handlungsfähigkeit des Suhrkamp Verlags. Mitteilung des Suhrkamp Verlags, 27. Mai 2013.</ref> Im Januar 2014 stimmte das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg der Umwandlung des Suhrkamp-Verlags in eine AG zu.<ref>Suhrkamp-Insolvenz: Gericht billigt Umwandlung in Aktiengesellschaft. Süddeutsche Zeitung, 15. Januar 2014.</ref>

Am 17. April 2014 wurde bekannt, dass Suhrkamp-Minderheitsgesellschafter Hans Barlach laut einer Entscheidung des Landgerichts Berlin vor den Bundesgerichtshof ziehen darf.<ref>Suhrkamp-Streit vor dem Bundesgerichtshof: Sanierung hat Vorrang. Boersenblatt.net, 17. April 2014.</ref> Mit Urteil vom 20. Oktober 2014 hat das Landgericht Berlin letztinstanzlich den Widerspruch Barlachs gegen den Insolvenzplan des Verlages abgewiesen, der unter anderem durch die vorgesehene Umwandlung der KG in eine AG seine Einwirkungsmöglichkeiten auf die Geschäftsführung des Verlages entscheidend beschränkte.<ref>Zeit Online, 24. Oktober 2014
zur Vorgeschichte siehe z.B. auch Thomas E. Schmidt: Suhrkamp Verlag: Es ist vorbei. Die Zeit 44/2013 vom 23. Oktober 2013.</ref>

Am 18. Dezember 2014 hat das Bundesverfassungsgericht Barlachs Verfassungsbeschwerde gegen die Umwandlung der Gesellschaftsform abgewiesen. Der Suhrkamp Verlag wurde im Januar 2015 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, dabei gingen alle Sonderrechte Barlachs aus dem vorherigen Gesellschaftervertrag verloren. Eine weitere Verfassungsbeschwerde Barlachs gegen die Bedingungen der Eigenverwaltung im Insolvenzrecht läuft weiter, hatte aber keine aufschiebende Wirkung in Sachen Suhrkamp.

Einzelnachweise

<references />