Hermann Stodte
Hermann Stodte (* 25. Januar 1871 im Herzogtum Braunschweig; † 24. September 1939 in Lübeck) war ein deutscher Pädagoge und Schulleiter.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Stodte wuchs als Waise bei Verwandten auf und legte sein Abitur in Magdeburg ab. Anschließend studierte er an der Universität Göttingen und schloss dort mit der Promotion zum Dr. phil. ab. Das Staatsexamen für das Höhere Lehramt bestand er 1897.
1901 wurde er durch den damaligen Direktor Julius Müller als Oberlehrer an das spätere Johanneum zu Lübeck geholt, das damals bereits von der Schulpolitik des Lübecker Staates zur Umwandlung in ein Reformrealgymnasium Altonaer Typs vorgesehen war. Stodte lebte sich rasch auch in das Lübecker Kultur- und Geistesleben ein und wurde Mitglied der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit und Mitarbeiter der Lübeckischen Blätter. 1908 bewarb er sich erfolgreich auf die Stelle des Direktors eines ebenfalls neu errichteten Realgymnasiums Frankfurter Systems in Strausberg nordöstlich von Berlin. Er erwarb sich auf dieser Stelle als Schulleiter und Lehrer großes Ansehen. Daneben suchte er dort auch das politisch-staatsbürgerliche Engagement und gründete die Ortsgruppe des Deutschen Flottenvereins. Im Ersten Weltkrieg diente Stodte als Offizier an der Westfront. Als es 1918 am Johanneum in Lübeck um die Nachfolge des seit 42 Jahren im Lübschen Schuldienst tätigen Direktors Müller ging, setzte sich Stodte als bevorzugter Kandidat des Kollegiums wie des scheidenden Direktors gegen eine Vielzahl von konkurrierenden Bewerbern aufgrund der Empfehlung des für die Lübecker Oberschulbehörde zuständigen Senators Arthur Kulenkamp<ref>Emil Ferdinand Fehling: Lübeckische Ratslinie. Lübeck 1925, Nr. 1027</ref> durch, der mit den deutschnationalen Grundauffassungen Stodtes sympathisierte. Stodte selbst wurde 1919 Mitglied der DNVP. Das Deutschtum nahm fortan in der Zeit der Weimarer Republik am Johanneum eine grundlegende Bedeutung in der schulischen Ausrichtung ein. Die Schulgruppe des Vereins für das Deutschtum im Ausland erfreute sich großer Beliebtheit und die abgehaltenen Gedenktage knüpften an die Legenden der Kaiserzeit an. Das Johanneum unter Stodte zeigt sich weniger experimentierfreudig als die Oberschule zum Dom unter dem Reformpädagogen Sebald Schwarz oder das Katharineum unter seinem Direktor Georg Rosenthal. Ab 1923 entstand am Johanneum die Deutsche Oberschule als weiterer Schulzweig neben dem Realgymnasium. Diese Mischung entsprach dem damals überwiegenden Zeitgeist und das Johanneum entwickelte sich unter Stodte bis 1933 zur Schule mit der größten Schülerzahl Lübecks. Stodte verstand es als Direktor die politischen Anfeindungen der extremen politischen Richtungen zu deeskalieren.
1933 verwandelte sich Stodte in einen überzeugten Nationalsozialisten. In seine Amtszeit entfiel die nach einer Denunziation von mindestens einem Kollegen des Lehrers für Englisch und Französisch Walter Kramer beim nationalsozialistischen kommissarischen Schulrat Hans Wolff (Politiker) die durch den Reichstatthalter für Lübeck und Mecklenburg Franz verfügte Entlassung durch den Reichstatthalter Franz Hildebrandt. Dem Lehrer wurde vorgehalten, sich für demokratische Ideale einzusetzen. Schon am nächsten Tag wurde Kramer von dem nationalsozialistischen Schulkommissar Hans Wolff (Politiker) „beurlaubt“, das bedeutete 1933 meistens „endgültig aus dem Dienst entfernt“. Kramer war darüber sehr verzweifelt. Am 27. August verübten er und seine Frau Suizid. <ref>Richard Schult: „Vaterländische Erziehung“ – „Deutschtum“ – „Antisemitismus“. Politische Werteerziehung am Johanneum während der Weimarer Republik (mit zwei Anhängen). In Richard Schult Hrsg.: Johanneum zu Lübeck – Von der höheren Bürgerschule zum Städtischen Gymnasium. Festschrift zur 125-Jahr-Feier. Johanneum Lübeck, Lübeck 1997. S. 267f</ref>Stodte wurde selbst von der Schulverwaltung am 1. Juli 1934 vorzeitig in den Ruhestand geschickt. uDas erfolgte nicht wegen fehlender nationalsozialistischer Gesinnung, sondern weil er die nationalsozialistischen Vorstellungen nicht energisch genug an seiner Schule durchsetzte. <ref>Richard Schult: „Vaterländische Erziehung“ – „Deutschtum“ – „Antisemitismus“. Politische Werteerziehung am Johanneum während der Weimarer Republik (mit zwei Anhängen). In Richard Schult Hrsg.: Johanneum zu Lübeck – Von der höheren Bürgerschule zum Städtischen Gymnasium. Festschrift zur 125-Jahr-Feier. Johanneum Lübeck, Lübeck 1997. S. 270f.</ref>In seinen Schriften betonte er die Vorzüge des nationalsozialistischen Systems.<ref>S. Hermann Stolte: Aufsatzsammlung Wegbereiter des Nationalsozialismus und anderes.</ref>
Stodtes Die Gründung des Reiches (Schloeßmann, Leipzig 1933) und die von ihm herausgegebene Ausgabe Gedichte von Walther von der Vogelweide (Eher, Berlin 1937) wurden in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.<ref>http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-s.html</ref><ref>http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-w.html</ref>
Werke (Auswahl)
- Zum Deutschen Gedanken: Ernst Moritz Arndts Vermächtnis. 1920
- Das Preußische Madchen. Schicksalswege der Eleonore Prochaska. Berlin: Hayn's Erben 1932
- Die Wegbereiter des Nationalsozialismus. Lübeck 1936
- 150 Jahre Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit zu Lübeck. Lübeck 1939.
Literatur
- Johanneum zu Lübeck (Hrsg.), 100 Jahre Johanneum zu Lübeck, Lübeck 1972
- Johanneum zu Lübeck (Hrsg.), Johanneum zu Lübeck - Festschrift zur 125-Jahr-Feier, Lübeck 1997
- Richard Schult: "Toleranz" - "vaterländische Gesinnung", "Deutschtum" - "Antisemitismus" - Politische Werteerziehung am Johanneum während der Weimarer Republik. in: Johanneum zu Lübeck - Festschrift zur 125-Jahr-Feier S. 221-272 (S. 237 ff.)
- Jörg Fligge: Lübecker Schulen im "Dritten Reich": eine Studie zum Bildungswesen in der NS-Zeit im Kontext der Entwicklung im Reichsgebiet, Schmidt-Römhild, Lübeck 2014, S. 455 ff., S. 984
Weblinks
- Literatur von und über Hermann Stodte im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Personalbogen von Hermann Stodte in der Archivdatenbank der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF)
Einzelnachweise
<references />
Personendaten | |
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NAME | Stodte, Hermann |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Pädagoge und Schulleiter |
GEBURTSDATUM | 25. Januar 1871 |
GEBURTSORT | Herzogtum Braunschweig |
STERBEDATUM | 24. September 1939 |
STERBEORT | Lübeck |