Ruppiner Land


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Das Ruppiner Land (auch Land Ruppin, Herrschaft Ruppin, Grafschaft Ruppin oder Ruppinscher Kreis) ist eine historische Landschaft im Nordwesten des Landes Brandenburg. Es handelt sich um das ehemalige Gebiet der im Kern reichsunmittelbaren Herrschaft Ruppin des Heiligen Römischen Reichs (um 1214 bis 1524) und des Ruppinschen Kreises der Mark Brandenburg (1524 bis 1817).

Geographie

Datei:Brandenburg Landschaften.png
Lage des Ruppiner Landes im Land Brandenburg

Das Ruppiner Land erstreckt sich zwischen dem Kleinen Pälitzsee im Norden, der Havel im Osten, dem Rhin im Süden und der Jäglitz und der Dosse im Westen, ohne dass diese Gewässer durchgehend die Grenze bilden. Es grenzt im Nordosten an Mecklenburg (insbesondere an den Fürstenberger Werder), im Osten an die Uckermark, im Südosten an das Land Löwenberg, im Süden an das Havelland sowie im Westen und Norden an die Prignitz.<ref>Bratring: Grafschaft Ruppin. 1799, S. 1–3.</ref>

Hauptort des Ruppiner Landes ist die Stadt Neuruppin. Weitere gegenwärtige oder ehemalige Städte sind Alt Ruppin, Gransee, Lindow (Mark), Neustadt (Dosse), Rheinsberg und Wusterhausen/Dosse.<ref>Bratring: Grafschaft Ruppin. 1799, S. X.</ref>

Naturräumlich wird der nördliche Teil des Ruppiner Landes eingenommen durch die Wittstock-Ruppiner Heide (einschließlich der Ruppiner Schweiz), das Neustrelitzer Kleinseenland (Bereich Rheinsberger Seengebiet) und die Granseer Platte. Der südliche Teil wird eingenommen durch die Ruppiner Platte, das Rhinluch und die Rüthnicker Heide.

Geschichte

Slawenzeit und deutsche Eroberung

Das Ruppiner Land war seit dem 1. Jahrhundert nur schwach besiedelt. Vermutlich ab dem 6. Jahrhundert wanderten slawische Stämme aus dem Osten ein. Seit spätestens 948 bewohnte der elbslawische Stamm der Zamzizi das Gebiet. Ihr politisches Zentrum war vermutlich die Slawenburg Ruppin auf einer Insel im Ruppiner See. Daneben bildete der Burgwall Altfriesack am Nordufer des Bützsees vermutlich einen weiteren kultischen Mittelpunkt. Am Westufer des Ruppiner Sees lag der Burgwall Treskow. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts kam das Ruppiner Land nach dem Wendenkreuzzug 1147 unter deutsche Oberhoheit und die deutsche Ostsiedlung setzte in dem Gebiet ein.

Herrschaft der Grafen von Lindow-Ruppin

Datei:Ruppin 1400.png
Karte der Herrschaft Ruppin als Territorium des Heiligen Römischen Reichs um 1400

Um 1214 gelangte das Kerngebiet des Ruppiner Landes zwischen den Flüssen Temnitz und Rhin als reichsunmittelbare Herrschaft Ruppin in den Besitz des edelfreien Grafen Gebhard von Arnstein (* 1180/1209; † um 1256), eines Urenkels Albrechts des Bären. Er ist der erste historisch belegte Herr zu Ruppin und Stammvater der Grafen von Lindow-Ruppin, die eine Nebenlinie der Grafen von Arnstein bildeten und bis 1524 im Besitz der Herrschaft blieben. Der Name Lindow-Ruppin bezieht sich neben der Herrschaft Ruppin auf die Herrschaft Lindau (auch Herrschaft Lindow) in Anhalt, die ebenfalls im Besitz des Adelsgeschlechts war.

Aufgrund des Grafentitels derer von Lindow-Ruppin wurde die Herrschaft Ruppin seit dem Ende des 13. Jahrhunderts auch als Grafschaft Ruppin bezeichnet.<ref>Geographisches Institut: Rheinsberg-Fürstenberger Seengebiet. 1974, S. 20.</ref> Trotzdem war Ruppin eine Herrschaft, keine Grafschaft. Das Wappen der Herrschaft Ruppin zeigte ähnlich dem der Grafen von Lindow-Ruppin in Rot einen silbernen Adler goldbewehrt.<ref>Die Blasonierung findet sich bei Albrecht von Brandenburg#Wappen (Feld 15, ohne Quellenangabe).</ref>

Kurz nach 1220 hatte Gebhard das Gebiet seiner Herrschaft nach Osten bis an die Grenzen der Länder Gransee und Löwenberg erweitert. Er baute die Burg Ruppin (auch Planenburg) in unmittelbarer Nähe der ehemaligen Slawenburg Ruppin als politisches Zentrum der Herrschaft aus. Die Burg Wildberg war vermutlich ebenfalls in seinem Besitz. Fünf Kilometer südwestlich der Burg Ruppin gründete Gebhart die Siedlung Neuruppin als wirtschaftliches Zentrum der Herrschaft Ruppin; sie wurde 1238 erstmals schriftlich erwähnt. Zwischen 1230 und 1240 stiftete Gebhart das Zisterziensernonnenkloster Lindow. Im Jahr 1240 nahm er seinen ständigen Wohnsitz in der Burg Ruppin. 1246 gründete Gebhards Bruder Wichmann von Arnstein (* um 1185; † 1270) das Dominikanerkloster Neuruppin und wurde dessen erster Prior.

Die Siedlung Neuruppin erhielt 1256 unter Gebhards Sohn Günther I. von Lindow (* um 1230; † um 1284) das Stadtrecht. Im Verlauf des 13. Jahrhunderts wurde das Gebiet der Herrschaft Ruppin nach Norden bis zur Linie Goldbeck–Rheinsberg–Menz erweitert. Um 1300 wurde die Burg Goldbeck angelegt. 1349 kamen die Länder Wusterhausen und Gransee als brandenburgische Lehen hinzu, nachdem sie seit 1317 bereits in Pfandbesitz der Grafen von Lindow-Ruppin waren. 1407 wurde Neustadt Teil der Herrschaft Ruppin.

Die Herrschaft Ruppin gehörte dem 1512 geschaffenen Obersächsischen Reichskreis an.<ref>Hernach volgend die zehen Krayß.</ref> Gemäß der Reichsmatrikel von 1521 hatte die Herrschaft Ruppin drei Soldaten zu Pferd, zwölf Soldaten zu Fuß und 42 Gulden für die Reichsarmee zu stellen.<ref>Reichsmatrikel von 1521.</ref>

Kreis der Mark Brandenburg

Datei:Ruppin 1724.jpg
Karte des Ruppinschen Kreises („Land Ruppin“) der Mark Brandenburg 1724

1524 erlosch das Adelsgeschlecht Lindow-Ruppin mit dem Tod des Grafen Wichmann. Die Herrschaft Ruppin, die sowohl reichsunmittelbare Gebiete als auch brandenburgische Lehen umfasste, wurde daraufhin vollständig durch Kurfürst Joachim I. von Brandenburg eingezogen und mit der Mark Brandenburg vereinigt. Sie blieb als ständische und steuerliche Einheit erhalten und bildete fortan den Ruppinschen Kreis der Mittelmark. Verwandte des verstorbenen Grafen Wichmann klagten 1541 vor dem Reichskammergericht gegen die Einziehung der Herrschaft durch den Kurfürsten. Die Klage wurde 1562 abgewiesen.<ref>Bratring: Grafschaft Ruppin. 1799, S. 256–257.</ref>

Der Umfang des Ruppinschen Kreises änderte sich in der Folgezeit kaum. Das Amt Goldbeck kam zur Prignitz. Ebenso wurden die Dörfer Bagwitz, Kleinzerlang (an die Prignitz) und Schwarz (an Mecklenburg) abgegeben. Im 18. Jahrhundert hatte der Ruppinsche Kreis eine Fläche von 32,75 Quadratmeilen (etwa 1842 km²). Die größte Ost-West-Ausdehnung betrug 8,5 Meilen (etwa 64 km), die größte Nord-Süd-Ausdehnung 5,25 Meilen (etwa 39 km).<ref>Bratring: Grafschaft Ruppin. 1799, S. 3–4.</ref> Im Jahr 1800 hatte der Ruppinsche Kreis eine Bevölkerungszahl von 46.808 Menschen.<ref>Bratring: Statistisch=topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. 1805, S. 31.</ref>

Die preußischen Könige führten von 1704 bis 1873 als Teil ihrer Titulatur den Titel eines Grafen zu Ruppin. Die Könige Friedrich der Große und Friedrich Wilhelm III. reisten im Ausland gelegentlich inkognito als Grafen von Ruppin.<ref>Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 1. 1862, S. 32.</ref>

Seit den Preußischen Reformen

Im Zuge der Preußischen Reformen wurde 1817 aus dem Großteil des Ruppinschen Kreises, erweitert um einen Teil des Landes Löwenberg, der Kreis Ruppin der Provinz Brandenburg gebildet. Die Ortschaften Friedrichsgüte, Gadow, Neuendorf, Quäste, Zernitz und Zootzen wurden an den Kreis Ostprignitz, die Ortschaften Marienthal und Ribbeck an den Kreis Templin abgegeben. Aus dem Glien-Löwenbergischen Kreis kamen die Ortschaften Grüneberg, Hoppenrade, Löwenberg, Moncaprice, Neuendorf, Neuhof, Neukammer, Schleuen, Teschendorf und Zollhaus an den Kreis Ruppin.<ref>O. V.: Ortschafts=Verzeichniß des Regierungs=Bezirks Potsdam. O. J., Einleitung, B.8 und VIII.</ref>

Der letzte Landrat des Ruppinschen Kreises sowie der erste Landrat des Kreises Ruppin war Friedrich von Zieten, Sohn des Generals Hans Joachim von Zieten.

Theodor Fontane setzte dem Ruppiner Land ein literarisches Denkmal mit dem ersten Band seiner Wanderungen durch die Mark Brandenburg, der 1862 unter dem Titel Die Grafschaft Ruppin erschien, sowie mit seinem Roman Der Stechlin von 1897/98.

Ehefrau und Kinder von Oskar Prinz von Preußen führten Anfang des 20. Jahrhunderts zeitweise den Titel Gräfin bzw. Graf von Ruppin.

Der Kreis Ruppin – ab 1939 Landkreis Ruppin – bestand bis 1952, als er auf die neuen Kreise Gransee, Kyritz, Neuruppin und Oranienburg aufgeteilt wurde. Seit 1993 gehört das Ruppiner Land zu den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin und Oberhavel.

Der Tourismusverband Ruppiner Seenland e. V. in Neuruppin firmierte zeitweise als Tourismusverband Ruppiner Land e. V. Trotz dieser Bezeichnung umfasst das Gebiet dieses Verbandes auch Teile der Landkreise Ostprignitz-Ruppin und Oberhavel, die nicht zum historischen Ruppiner Land gehören.<ref name="tourismus" />

Literatur

  •  Bratring, Friedrich Wilhelm August: Die Grafschaft Ruppin in historischer, statistischer und geographischer Hinsicht. Gottfried Hayn, Berlin 1799 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  •  Bratring, Friedrich Wilhelm August: Statistisch=topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. Für Statistiker, Geschäftsmänner, besonders für Kameralisten. Zweiter Band. Die Mittelmark und Ukermark enthaltend. Friedrich Maurer, Berlin 1805, Kapitel Der Ruppinsche Kreis, S. 19–64 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  •  Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 1: [Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Hertz, Berlin 1862 (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv).
  •  Geographisches Institut der Akademie der Wissenschaften der DDR (Hrsg.): Das Rheinsberg-Fürstenberger Seengebiet. Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme in den Gebieten von Zechlin, Rheinsberg, Fürstenberg und Himmelpfort (= Werte unserer Heimat. Band 25). Akademie-Verlag, Berlin 1974, DNB 750097159.
  •  Institut für Geographie und Geoökologie der Akademie der Wissenschaften der DDR (Hrsg.): Ruppiner Land. Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme in den Gebieten von Zühlen, Dierberg, Neuruppin und Lindow (= Werte unserer Heimat. Band 37). Akademie-Verlag, Berlin 1981, DNB 820301612.
  •  O. V.: Ortschafts=Verzeichniß des Regierungs=Bezirks Potsdam nach der neuesten Kreiseintheilung vom Jahre 1817, mit Bemerkung des Kreises, zu welchem der Ort früher gehörte, der Qualität, Seelenzahl, Confession, kirchlichen Verhältnisse, Besitzer und Addreß-Oerter nebst alphabethischem Register. Georg Decker, Berlin o. J. (Volltext in der Google-Buchsuche).

Weblinks

Commons Commons: Ruppiner Land – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

<references> <ref name="tourismus">Der Verband: Ruppiner Seenland. Tourismusverband Ruppiner Seenland e. V., abgerufen am 1. April 2015.</ref> </references>

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