Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung


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Die namensgebenden Symbole der Bewegung – das Rote Kreuz und der Rote Halbmond auf weißem Hintergrund

Die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung umfasst das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften (Föderation) sowie die nationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften.<Ref>Statuten der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, 2006, Artikel 1.</ref> Alle diese Organisationen sind voneinander rechtlich unabhängig und innerhalb der Bewegung durch gemeinsame Grundsätze, Ziele, Symbole, Statuten und Organe miteinander verbunden. Die weltweit gleichermaßen geltende Mission der Bewegung – unabhängig von staatlichen Institutionen und auf der Basis freiwilliger Hilfe – sind der Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Würde sowie die Verminderung des Leids von Menschen in Not ohne Ansehen von Nationalität und Abstammung oder religiösen, weltanschaulichen oder politischen Ansichten der Betroffenen und Hilfeleistenden.

Das 1863 gegründete Internationale Komitee vom Roten Kreuz besteht aus bis zu 25 Schweizer Staatsbürgern und ist die einzige Organisation, die im humanitären Völkerrecht erfasst und als dessen Kontrollorgan genannt ist. Es ist die älteste Organisation der Bewegung und neben dem Heiligen Stuhl sowie dem Souveränen Malteser-Ritterorden eines der wenigen originären nichtstaatlichen Völkerrechtssubjekte. Seine ausschließlich humanitäre Mission ist, basierend auf den Prinzipien der Unparteilichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit, der Schutz des Lebens und der Würde der Opfer von Kriegen und innerstaatlichen Konflikten.

Die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften, Nachfolgeorganisation der 1919 entstandenen Liga der Rotkreuz-Gesellschaften, koordiniert innerhalb der Bewegung die Kooperation zwischen den nationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften und leistet Unterstützung beim Aufbau neuer nationaler Gesellschaften. Auf internationaler Ebene leitet und organisiert sie, in Zusammenarbeit mit den nationalen Gesellschaften, Hilfsmissionen nach nicht kriegsbedingten Notsituationen wie zum Beispiel Naturkatastrophen und Epidemien.

Die nationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften sind Organisationen in fast allen Ländern der Welt, die jeweils in ihrem Heimatland im Sinne des humanitären Völkerrechts sowie der Statuten der Internationalen Bewegung tätig sind und die Arbeit des IKRK sowie der Föderation unterstützen. Ihre wichtigsten Aufgaben in ihren Heimatländern sind die Katastrophenhilfe und die Verbreitung der Genfer Konventionen. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten können sie darüber hinaus weitere soziale und humanitäre Aufgaben wahrnehmen, die nicht unmittelbar durch völkerrechtliche Bestimmungen oder die Prinzipien der Bewegung vorgegeben sind. Hierzu zählen in vielen Ländern beispielsweise das Blutspendewesen und der Rettungsdienst sowie die Altenpflege und andere Bereiche der Sozialarbeit.

Von der Gründung im Jahr 1928 als Dachorganisation des IKRK und der Föderation bis zur Umbenennung 1986 lautete der offizielle Name der Bewegung Internationales Rotes Kreuz. Diese bis in die Gegenwart weit verbreitete Bezeichnung und die daraus resultierende Abkürzung IRK sollten jedoch nach Möglichkeit nicht mehr verwendet werden, da sie zu Problemen bei der Unterscheidung zwischen dem IKRK und der Föderation in der öffentlichen Wahrnehmung führen können.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK)

Solferino, Henry Dunant und die Gründung des IKRK

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts gab es keine auch nur annähernd systematische Kriegskrankenpflege, keine gesicherten Einrichtungen zur Unterbringung und Behandlung von Verwundeten, geschweige denn eine Vorsorge durch Bereitstellung von Hilfskräften in ausreichender Zahl und mit angemessener Ausrüstung und Ausbildung. Im Jahre 1859 reiste der Schweizer Geschäftsmann Henry Dunant nach Italien, um dort mit dem französischen Kaiser Napoléon III. über seine Probleme beim Erhalt von Landkonzessionen im französisch besetzten Algerien zu sprechen. Dabei wurde er am 24. Juni 1859 in der Nähe des kleinen Ortes Solferino Zeuge der Schlacht von Solferino und San Martino, in deren Verlauf an einem einzigen Tag rund 6.000 Soldaten getötet und etwa 25.000 verwundet wurden. Die völlig unzureichende medizinische Versorgung und Betreuung sowie das Leid der verwundeten Soldaten entsetzten ihn so sehr, dass er den ursprünglichen Zweck seiner Reise völlig vergaß und sich mehrere Tage lang der Versorgung der Verwundeten sowie der Organisation von Hilfsmaßnahmen widmete. Unter dem Eindruck dieser Erlebnisse schrieb er ein Buch, das er 1862 unter dem Titel Eine Erinnerung an Solferino auf eigene Kosten veröffentlichte und an führende politische und militärische Persönlichkeiten in ganz Europa verschickte. Neben einer sehr eindringlichen Schilderung dessen, was er 1859 erlebt hatte, regte er in diesem Buch die Bildung von freiwilligen Hilfsorganisationen an, die sich in Friedenszeiten auf Hilfe für Verwundete im Krieg vorbereiten sollten. Des Weiteren forderte er den Abschluss von Verträgen, in denen die Neutralität und der Schutz der Kriegsverwundeten und der sie versorgenden Personen sowie aller für sie getroffenen Einrichtungen gesichert werden sollte.

In seiner Heimatstadt Genf gründete Henry Dunant am 9. Februar 1863 mit vier weiteren Bürgern – dem Juristen Gustave Moynier, den Ärzten Louis Appia und Théodore Maunoir sowie dem Armeegeneral Guillaume-Henri Dufour – als Kommission der Genfer Gemeinnützigen Gesellschaft ein Komitee der Fünf zur Vorbereitung einer internationalen Konferenz zur Umsetzung seiner Ideen. Bereits acht Tage später beschlossen die fünf Gründungsmitglieder die Umbenennung der Kommission in Internationales Komitee der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege. Vom 26. bis zum 29. Oktober des gleichen Jahres fand auf Anregung des Komitees eine Internationale Konferenz in Genf statt, „die über die Mittel beraten soll, mit denen man der Unzulänglichkeit der Sanitätsdienste im Felde abhelfen könnte“.<ref>Zitat aus der Einladung zu dieser Konferenz.</ref> Insgesamt 36 Personen nahmen an dieser Konferenz teil, und zwar 18 offizielle Delegierte von Regierungen ihrer jeweiligen Länder, sechs Delegierte verschiedener Vereine und Verbände, sieben nicht offizielle ausländische Teilnehmer und die fünf Mitglieder des Internationalen Komitees. Die auf dieser Konferenz durch offizielle Delegierte vertretenen Länder waren Baden, Bayern, Frankreich, Großbritannien, Hannover, Hessen-Darmstadt, Italien, Niederlande, Österreich, Preußen, Russland, Sachsen, Schweden und Spanien. Zu den Beschlüssen und Forderungen dieser Konferenz, die am 29. Oktober 1863 in Form von Resolutionen angenommen wurden, zählten unter anderem:

  • die Gründung nationaler Hilfsgesellschaften für Kriegsverwundete
  • die Neutralität der Verwundeten
  • die Entsendung freiwilliger Pflegekräfte für Hilfeleistungen auf das Schlachtfeld
  • die Organisation und Durchführung weiterer internationaler Konferenzen
  • die Einführung eines Kenn- und Schutzzeichens in Form einer weißen Armbinde mit rotem Kreuz

Bereits ein Jahr später kam es auf Einladung der Schweizer Regierung an alle europäischen Länder sowie an die Vereinigten Staaten von Amerika, Brasilien und Mexiko zu einer diplomatischen Konferenz, an der 26 Delegierte aus 16 Staaten teilnahmen. Am 22. August 1864 wurde während dieser Konferenz die erste Genfer Konvention „betreffend die Linderung des Loses der im Felddienst verwundeten Militärpersonen“ durch Vertreter von zwölf Staaten unterzeichnet. In dieser Konvention wurden in zehn Artikeln die Vorschläge zum Schutz und zur Neutralisierung der Verwundeten, des Hilfspersonals und der entsprechenden Einrichtungen verbindlich festgelegt.

Zum Ende des Jahres 1863 wurde mit dem Württembergischen Sanitätsverein in Stuttgart die erste nationale Gesellschaft gegründet, kurz danach gefolgt vom Verein zur Pflege verwundeter Krieger im Großherzogtum Oldenburg und weiteren 1864 gegründeten Gesellschaften in Belgien, Preußen, Dänemark, Frankreich und Spanien.

1864 bis 1914

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Gedenkstein zum ersten Einsatz des Roten Kreuzes bei der Schlacht an den Düppeler Schanzen 1864

Ihre erste Bewährungsprobe erlebte die Organisation im Deutsch-Dänischen Krieg: Am 16. April 1864 nahmen an den Düppeler Schanzen erstmals Hilfskräfte und, mit Louis Appia und dem holländischen Hauptmann Charles van de Velde, auch offizielle Delegierte unter dem Zeichen des Roten Kreuzes an einem Krieg teil.<ref> 2013, ISBN 978-3-7065-4762-8.

  • Robert Dempfer: Das Rote Kreuz : von Helden im Rampenlicht und diskreten Helfern. Deuticke, Wien 2009, ISBN 978-3-552-06092-0.
  • Daniel-Erasmus Khan: Das Rote Kreuz : Geschichte einer humanitären Weltbewegung. Verlag Beck, München 2013, ISBN 978-3-406-64712-3.
  • Englischsprachige Bücher

    • David P. Forsythe: Humanitarian Politics: The International Committee of the Red Cross. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1978, ISBN 0-8018-1983-0.
    • Georges Willemin, Roger Heacock: International Organization and the Evolution of World Society. Volume 2: The International Committee of the Red Cross. Martinus Nijhoff Publishers, Boston 1984, ISBN 90-247-3064-3.
    • Pierre Boissier: History of the International Committee of the Red Cross. Volume I: From Solferino to Tsushima. Henry-Dunant-Institut, Genf 1985, ISBN 2-88044-012-2.
    • André Durand: History of the International Committee of the Red Cross. Volume II: From Sarajevo to Hiroshima. Henry-Dunant-Institut, Genf 1984, ISBN 2-88044-009-2.
    • International Committee of the Red Cross: Handbook of the International Red Cross and Red Crescent Movement. 13. Auflage. IKRK, Genf 1994, ISBN 2-88145-074-1.
    • John F. Hutchinson: Champions of Charity: War and the Rise of the Red Cross. Westview Press, Boulder 1997, ISBN 0-8133-3367-9.
    • Caroline Moorehead: Dunant’s dream: War, Switzerland and the history of the Red Cross. HarperCollins, London 1998, ISBN 0-00-255141-1 (gebundene Ausgabe); HarperCollins, London 1999, ISBN 0-00-638883-3 (Taschenbuch-Ausgabe).
    • François Bugnion: The International Committee of the Red Cross and the protection of war victims. IKRK & Macmillan (Ref. 0503), Genf 2003, ISBN 0-333-74771-2.
    • Angela Bennett: The Geneva Convention: The Hidden Origins of the Red Cross. Sutton Publishing, Gloucestershire 2005, ISBN 0-7509-4147-2.
    • David P. Forsythe: The Humanitarians. The International Committee of the Red Cross. Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-61281-0.
    • International Committee of the Red Cross: Study on the use of the emblems – Operational and commercial and other non-operational issues. ICRC (Ref. 4057), Genf 2011, ISBN 978-2-940396-21-4 (PDF; 3,3 MB).

    Französischsprachige Bücher

    • Catherine Rey-Schyrr: Histoire du Comité International de la Croix-Rouge 1945–1955. De Yalta à Dien Bien Phu. Georg Editeur S.A./ IKRK, Genf 2007, ISBN 978-2-8257-0933-7.

    Artikel

    • François Bugnion: The emblem of the Red Cross: a brief history. ICRC (Ref. 0316), Genf 1977.
    • François Bugnion: From the end of the Second World War to the dawn of the third millennium: the activities of the International Committee of the Red Cross during the Cold War and its aftermath: 1945–1995. In: International Review of the Red Cross. 305/1995. ICRC, S. 207–224, ISSN 1560-7755
    • Jean-Philippe Lavoyer, Louis Maresca: The Role of the ICRC in the Development of International Humanitarian Law. In: International Negotiation. 4(3)/1999. Brill Academic Publishers, S. 503–527, ISSN 1382-340X
    • Neville Wylie: The Sound of Silence: The History of the International Committee of the Red Cross as Past and Present. In: Diplomacy and Statecraft. 13(4)/2002. Routledge/ Taylor & Francis, S. 186–204, ISSN 0959-2296
    • David P. Forsythe: The International Committee of the Red Cross and International Humanitarian Law. In: Humanitäres Völkerrecht – Informationsschriften. 2/2003, DRK-Generalsekretariat und Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht, S. 64–77, ISSN 0937-5414
    • Jakob Kellenberger: Reden und Schweigen in der humanitären Tätigkeit. In: Humanitäres Völkerrecht – Informationsschriften. 1/2005, DRK-Generalsekretariat und Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht, S. 42–49, ISSN 0937-5414
    • François Bugnion: Towards a comprehensive Solution to the Question of the Emblem. Revised fourth edition. ICRC (Ref. 0778), Genf 2006.
    • Sven Peterke: The special status of the International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies (IFRC) in public international law. In: Humanitäres Völkerrecht – Informationsschriften. 19/2006. DRK-Generalsekretariat und Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht, S. 268–274, ISSN 0937-5414

    Weblinks

    Commons Commons: Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

    <references />

    24px Dieser Artikel wurde am 20. Mai 2005 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen.