Jan Koplowitz


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Jan Koplowitz (* 1. Dezember 1909 in Kudowa, Niederschlesien; † 19. September 2001 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller und kommunistischer Funktionär.

Leben

Jan Koplowitz besuchte die hebräische Kleinkinderschule in Nachod, danach die private und höhere Knaben- und Mädchenschule zu Sackisch.

Als er mit 16 Jahren einen Streik der Bohemia- und Kurangestellten mitherbeiführte, wurde er von seinem großbürgerlichen Elternhaus verstoßen und schloss sich 1928 der kommunistischen Bewegung an, schrieb für Arbeiterzeitungen, Agitprop-Gruppen und trat dem Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller bei. Egon Erwin Kisch und Ilja Ehrenburg wurden seine Lehrer, in deren Tradition er seine spätere Arbeit sah. Im Jahre wurde er 1931 Redakteur der Breslauer Arbeiterzeitung und Leiter der Agitprop-Gruppe Roter Knüppel, deren Texte er schrieb.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten begann er in Nordböhmen die illegale Arbeit für die KPD. In Prag lebte er u. a. auch im Bärenhaus bei Egon Erwin Kisch. Im Prager Stadtteil Žižkov wurde er 1938 illegaler Parteiorganisator, nachdem die Parteileitung infolge des Münchener Abkommens 1938 nach England emigrierte. Nach der Besetzung von Prag durch Deutschland 1939 floh Koplowitz über Polen nach Schweden und von dort nach Großbritannien.<ref>Aus dem Kurhotel „Bohemia“ in die Maxhütte. In: Berliner Zeitung, 22. September 2001</ref> Dort lebte er von 1939 bis 1945 im Exil und heiratete eine österreichische Emigrantin, mit der er drei Kinder hatte. Er arbeitete in der Free German League of Culture in Great Britain und in Amateur-Theatergruppen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte er mit seiner zweiten Frau Babette (Betty) in Ost-Berlin. Johannes R. Becher holte ihn ins Kollegium des Ministeriums für Kultur, dort leitete er die Konzert- und Gastspieldirektion. In der Maxhütte Unterwellenborn gründete er einen Zirkel schreibender Arbeiter. Die Erlebnisse dort flossen in sein Buch Unser Kumpel Max der Riese mit ein. Ebenso verwendete er seine Erlebnisse bei der Errichtung von Neustadt in der Taktstraße, einer „offene Reportage“ über den Aufbau von Plattenbauten.

In dem 1979 fertiggestellten und später verfilmten Roman Bohemia – mein Schicksal erzählt Koplowitz die Geschichte seiner Familie, die zu großen Teilen dem Holocaust zum Opfer fiel.

Koplowitz’ Sohn Daniel war von 1977 bis 1989 in der Türkei wegen Drogenbesitzes in Haft. Bei seinen Bemühungen, ihn frei zu bekommen, sei er durch das Ministerium für Staatssicherheit dazu gedrängt worden, als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) tätig zu werden, wie Koplowitz in seinem Roman Bestattungskosten angab. Als IM „Pollak“ hatte er Informationen zumindest über Joachim Seyppel weitergegeben.<ref name="Bestatt" /> In Joachim Walthers Untersuchung Sicherungsbereich Literatur wird jedoch schon weitaus früher eine IM-Tätigkeit Koplowitz’ nachgewiesen. So zeigte er 1973 bei seinem Führungsoffizier polnische Jugendliche an, die auf dem Berliner Alexanderplatz „zionistische Lieder“ gesungen hätten, und beschwerte sich, dass die Kontakttelefonnummer im Ministerium für Staatssicherheit längere Zeit besetzt gewesen sei.<ref>Joachim Walther: Sicherungsbereich Literatur. Schriftsteller und Staatssicherheit in der Deutschen Demokratischen Republik. Ullstein, Berlin 1999, ISBN 3-548-26553-7, S. 408</ref>

Werke

Bücher, Romane, Erzählungen

  • 1948: Kultur auf der Spur. 14-teilige Reportage im Neues Deutschland
  • 1954: Unser Kumpel Max, der Riese (Arbeiterlesebuch)
  • 1956: Es geht nicht ohne Liebe (Erzählung)
  • 1960: Glück auf, Piddl (Roman)
  • 1963: Herzstation (Roman)
  • 1965: Das Geschäft blüht (Roman)
  • 1968: die taktstrasse (offene Reportage)
  • 1971: Geschichten aus dem Ölpapier (autobiografische Erzählungen)
  • 1972: Der Kampf um die Bohemia
  • 1977: Die Sumpfhühner (Roman)
  • 1979: Bohemia – mein Schicksal (Roman)<ref>Mitteldeutscher Verlag, ISBN 3-88680-025-3</ref>
  • 1986: Der Unglückselige Blaukünstler (Roman)
  • 1988: Karfunkel und der Taschendieb (Geschichten)<ref>Drei Geschichten von Jan Koplowitz. Hardcover, Mitteldeutscher Verlag, ISBN 3-354-00319-7</ref>
  • 1989: Das Brot der fremden Länder (Schilderungen der Zeit nach 1933)<ref>Mitteldeutscher Verlag, ISBN 3-354-00515-7</ref>
  • 1994: Bestattungskosten (Geschichten, Balladen, Briefe)<ref name="Bestatt">Jan Koplowitz: Bestattungskosten. Dietz, ISBN 3-320-01853-1</ref>
  • 2001: Daniel in der Löwengrube (Vater-Sohn-Roman).<ref>hagalil online, abgerufen 15. Juli 2009</ref>

Filmographie

  • 1980–1982: Hotel Polan und seine Gäste (Drehbuch)
  • 1968: Im Zeichen der Öllampe (Kommentar)
  • 1966: Der Augenzeuge [Jg. 1966 / Nr. 046] (Mitwirkung)
  • 1963–1965: Drei Kriege (Fernsehserie 1963–1965)<ref>fernsehserien.de aufgerufen 14. Juli 2009</ref>
  • 1963: Es geht nicht ohne Liebe (Drehbuch)
  • 1963: Koffer mit Dynamit (Drehbuch)
  • 1952/1953: Jacke wie Hose (Drehbuch, Liedtexte)

Er wirkte für weitere Filme, Fernseh- und Hörspiele; verfasste Lieder, Songs und Chansons<ref>Meyers Universallexikon Band 2, VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1. Auflage 1979, Lizenznummer 433 130/96/79 - LSV 9807, S. 591</ref>

Übersetzungen

6 Gedichte von Jiří Suchý / Jiří Šlitr auf Durchschlagseiten, deutsch von Jan Koplowitz: Stille und Ruh’ (Ticho a klid), Kiki, Hochzeit (Svatba), Weis zog mich morgens mein Mütterlein an (Bíle mě matička oblékala), Warum Leute scheut ihr Liebe …, Es war einmal ein König (Byl jednou jeden král)

Ehrungen

Literatur

Weblinks

Commons Commons: Jan Koplowitz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

<references />