Ilja Grigorjewitsch Ehrenburg


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Ehrenburgs Grab auf dem Nowodewitschi-Friedhof mit Picassos Porträt

Ilja Grigorjewitsch Ehrenburg (gelegentlich auch als Erenburg transkribiert; russisch Илья́ Григо́рьевич Эренбу́рг; * 14. Januarjul./ 26. Januar 1891greg. in Kiew, damals Russisches Kaiserreich; † 31. August 1967 in Moskau, damals Sowjetunion) war ein russischer Schriftsteller und Journalist.

Er gehört zu den produktivsten und profiliertesten Autoren der Sowjetunion und veröffentlichte rund hundert Bücher. Ehrenburg ist in erster Linie als Autor von Romanen sowie als Journalist bekannt geworden, insbesondere als Berichterstatter und teilweise auch Propagandist in drei Kriegen (Erster Weltkrieg, Spanischer Bürgerkrieg und vor allem Zweiter Weltkrieg). Seine Propagandaartikel im Zweiten Weltkrieg haben nachträglich in der Bundesrepublik Deutschland, vor allem in den 1960er Jahren, heftige und kontroverse Debatten ausgelöst. Der Roman Tauwetter gab einer ganzen Epoche der sowjetischen Kulturpolitik den Namen, nämlich der Liberalisierung nach dem Tod Josef Stalins (Tauwetter-Periode). Auch Ehrenburgs Reiseberichte fanden große Resonanz, vor allem aber seine Autobiografie Menschen Jahre Leben, die als sein bekanntestes und am meisten diskutiertes Werk gelten kann. Besondere Bedeutung hatte das von ihm gemeinsam mit Wassili Grossman herausgegebene Schwarzbuch über den Völkermord an den sowjetischen Juden, die erste große Dokumentation der Shoah. Zudem veröffentlichte Ehrenburg eine Reihe von Gedichtbänden.

Leben

Jüdische Herkunft, revolutionäre Jugend

Ehrenburg wurde in eine bürgerliche jüdische Familie geboren; sein Vater Grigori war Ingenieur. Die Familie hielt keine Religionsvorschriften ein, Ehrenburg lernte die religiösen Bräuche allerdings bei seinem Großvater mütterlicherseits kennen. Ilja Ehrenburg schloss sich niemals einer Religionsgemeinschaft an und lernte auch nie Jiddisch; er verstand sich zeitlebens als Russe und später als Sowjetbürger und schrieb auf Russisch, auch in seinen vielen Exiljahren. Doch er legte großen Wert auf seine Herkunft und verleugnete nie sein Jüdischsein. Noch in einer Radiorede zu seinem 70. Geburtstag erklärte er: „Ich bin ein russischer Schriftsteller. Und solange auf der Welt auch nur ein einziger Antisemit existiert, werde ich auf die Frage nach der Nationalität stolz antworten: ‚Jude‘.“<ref>Rede Ilja Ehrenburgs am 27. Januar 1961 (Radio Moskau). In: Menschen Jahre Leben, Buch 7, Anhang, S. 215f. In sowjetischen Formularen gab es eine Rubrik „Nationalität“; Juden wurden als Nationalität verstanden.</ref>

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„Demonstration am 17. Oktober 1905“ (Gemälde von Ilja Repin, 1907/1911).
Als vierzehnjähriger Schüler geriet Ehrenburg in die Ereignisse der Russischen Revolution von 1905.

1895 zog die Familie nach Moskau, wo Grigori Ehrenburg eine Stelle als Direktor einer Brauerei bekommen hatte. Ilja Ehrenburg besuchte das renommierte Erste Moskauer Gymnasium und lernte Nikolai Bucharin kennen, der eine Klasse zwei Jahrgänge über ihm besuchte; die beiden blieben bis zu Bucharins Tod während des Großen Terrors 1938 befreundet.

Im Jahre 1905 erfasste die Russische Revolution auch die Schulen; die Gymnasiasten Ehrenburg und Bucharin nahmen an Massenversammlungen teil und erlebten die gewaltsame Niederschlagung der Revolution. Im folgenden Jahr schlossen sie sich einer bolschewistischen Untergrundgruppe an. Ehrenburg verteilte illegal Parteizeitungen und hielt Reden in Fabriken und Kasernen. 1907 wurde er von der Schule verwiesen, 1908 verhaftete ihn die zaristische Geheimpolizei, die Ochrana. Er verbrachte fünf Monate im Gefängnis, wo er geschlagen wurde (einige seiner Zähne brachen dabei ab). Nach seiner Freilassung musste er sich in wechselnden Provinzorten aufhalten und versuchte dort erneut bolschewistische Kontakte zu knüpfen. Schließlich gelang es seinem Vater 1908, wegen Ilja Ehrenburgs angeschlagener Gesundheit einen „Kuraufenthalt“ im Ausland zu erwirken; er hinterlegte dafür eine Kaution, die später verfiel. Ehrenburg wählte Paris als Exilort, nach eigenen Angaben, weil Lenin sich damals dort aufhielt. Seine Schulbildung hat er nie abgeschlossen.

La Rotonde – das Leben der Bohème

In Paris suchte Ehrenburg Lenin auf und beteiligte sich zunächst an der politischen Arbeit der Bolschewiki. Doch er nahm bald Anstoß an den zahlreichen Streitigkeiten der Fraktionen und Grüppchen, vor allem aber dem mangelnden Interesse der exilrussischen Gemeinde für das Pariser Leben. Seine Geliebte und Parteigenossin, die Dichterin Jelisaweta Polonskaja, vermittelte ihm einen Kontakt zu Leo Trotzki, der sich zu dieser Zeit in Wien aufhielt. Doch Ehrenburg war von Trotzki tief enttäuscht. In seinen Memoiren berichtet er, dass dieser die Werke von Ehrenburgs damaligen literarischen Vorbildern, den russischen Symbolisten Waleri Brjussow, Alexander Blok, Konstantin Balmont als dekadent aburteilte und ihm gegenüber die Kunst generell als sekundär und der Politik untergeordnet bezeichnete. (Allerdings verzichtet Ehrenburg darauf, Trotzki beim Namen zu nennen, dieser taucht lediglich als „der bekannte Sozialdemokrat Ch.“ auf.)<ref>Menschen Jahre Leben, Buch 1, S. 80 f.</ref> Er war tief enttäuscht und kehrte nach Paris zurück. Dort produzierte er gemeinsam mit Polonskaja eine Zeitschrift unter dem Titel Leute von gestern, die satirische Karikaturen Lenins und anderer führender Sozialisten enthielt, und machte sich auf diese Weise gründlich unbeliebt. Bald darauf verließ er die bolschewistische Organisation und blieb seitdem bis an sein Lebensende parteilos.

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Die „Closerie des Lilas“ (1909). Hier traf sich damals die Bohème im Pariser Quartier Montparnasse.

Ehrenburg begann Gedichte zu schreiben und veröffentlichte bereits 1910 seinen ersten Gedichtband in der Tradition der russischen Symbolisten. Sein Lebenszentrum in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg wurden die Cafés im Quartier de Montparnasse, damals weithin bekannte Künstlertreffpunkte: die „Closerie des Lilas“, besonders aber „La Rotonde“.<ref>Marcou, S. 37–39.</ref> Dort lernte Ehrenburg die großen Künstler der Moderne kennen, mit denen er lebenslange Freundschaften begann. Die Maler Amedeo Modigliani, Pablo Picasso, Diego Rivera und Fernand Léger gehörten zu seinen engsten Freunden; er wurde mehrmals von ihnen porträtiert. Unter den Schriftstellern waren Maximilian Woloschin und Max Jacob seine engsten Vertrauten.

Ehrenburg lebte in dieser Zeit von väterlichen Zahlungen und Gelegenheitsjobs, u. a. als Fremdenführer für andere Exilrussen; mit Schreiben konnte er kein Geld verdienen, obwohl er mehrere Gedichtbände sowie Übersetzungen französischer Lyrik (Guillaume Apollinaire, Paul Verlaine, François Villon) erstellte. Seine Lyrik fand zunehmend positive Kritiken, u. a. von Brjussow und Nikolai Gumiljow, doch ließ sie sich nicht verkaufen – im Gegenteil, er gab Geld aus, um sie im Selbstverlag zu veröffentlichen. Nach seinem vorläufigen Abschied von der Politik neigte er zeitweise stark dem Katholizismus zu, bewunderte den katholischen Dichter Francis Jammes, dessen Gedichte er ins Russische übersetzte, und schrieb auch selbst katholische Gedichte, etwa auf die Jungfrau Maria oder Papst Innozenz XI., doch konvertierte er nie.

Ende 1909 hatte er die Medizinstudentin Jekaterina Schmidt aus Sankt Petersburg kennengelernt. Die beiden lebten in Paris zusammen und bekamen im März 1911 eine Tochter, Ilja Ehrenburgs einziges Kind, Irina. 1913 trennten sie sich wieder, wobei Irina bei Jekaterina Schmidt blieb; doch scheinen sie sich auch später gut vertragen zu haben und brachten noch nach der Trennung gemeinsam eine Gedichtanthologie heraus.

Krieg, Revolution, Bürgerkrieg

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs meldete sich Ehrenburg freiwillig zum Kampf für Frankreich, wurde aber als untauglich abgewiesen. Da keine Geldanweisungen aus Russland mehr möglich waren, verschlechterte sich seine ökonomische Lage, er hielt sich mit Verladearbeiten am Bahnhof und Schreiben über Wasser. 1915 begann er als Kriegskorrespondent für russische Zeitungen, insbesondere für die Petersburger Börsenzeitung zu schreiben. Seine Reportagen von der Front, u. a. aus Verdun, beschrieben den mechanisierten Krieg in seiner ganzen Entsetzlichkeit. Er berichtete auch über Kolonialsoldaten aus dem Senegal, die zum Kriegsdienst gezwungen wurden, und handelte sich damit Probleme mit der französischen Zensur ein.<ref>Die Figur des Ayscha in Ehrenburgs Roman Die ungewöhnlichen Abenteuer des Julio Jurenito reflektiert diese Erfahrungen.</ref>

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(Strastnaja-Platz, Moskau 1920, heute: Puschkin-Platz). In Moskau erlebte Ehrenburg die Tage der Oktoberrevolution und ein ganzes Jahr Kriegskommunismus.

Die Nachricht von der Februarrevolution 1917 bewog Ehrenburg, wie viele andere Emigranten, nach Russland zurückzukehren. Über England, Norwegen, Schweden und Finnland erreichte er im Juli Petrograd, wie St. Petersburg nun hieß. Die dramatischen Ereignisse der Jahre 1917 und 1918 erlebte er zuerst dort, dann in Moskau. Ehrenburg schrieb unablässig, Gedichte, Essays und Zeitungsartikel. Die andauernde Atmosphäre der Gewalt schockierte ihn; vor allem hielt er nicht viel von den Bolschewiki und spottete wiederholt über „Gott“ Lenin und seine „Hohepriester“ Sinowjew und Kamenew. Ein Gedichtband Gebet für Russland machte ihn bekannt, in dem er den Sturm auf das Winterpalais, den entscheidenden Schlag der Oktoberrevolution, mit einer Vergewaltigung verglich.

Ehrenburg lernte die Futuristen und Suprematisten kennen, die das kulturelle Leben der ersten Sowjetjahre beherrschten, vor allem den Dichter Wladimir Majakowski. Freundschaft aber schloss er mit Boris Pasternak, dessen Lyrik er sein Leben lang bewunderte. Mit zahlreichen Dichterlesungen in Moskauer Cafés und Kneipen machte er sich in dieser Zeit einen Namen; Alexander Blok gibt in einer Tagebuchnotiz eine Äußerung wieder, dass Ehrenburg den ätzendsten Spott mit sich selbst treibe und daher bei der Jugend der letzte Schrei sei.<ref>Tagebucheintrag Bloks vom 31. Januar 1918, hier zitiert nach Rubenstein, S. 48.</ref>

Im Herbst 1918 reiste Ehrenburg auf abenteuerlichen Wegen nach Kiew und blieb dort ein ganzes Jahr. In dieser Zeit wechselte die Stadt mehrfach den Besitzer: Die Deutschen, Symon Petljuras „Direktorium der Ukrainischen Volksrepublik“, die Rote Armee und die Weiße Armee Denikins lösten sich als Herren ab. Während der Herrschaft der Bolschewiki publizierte Ehrenburg einen Gedichtband und arbeitete als Beauftragter für die ästhetische Erziehung krimineller Jugendlicher, denen er mit sozialpädagogischen Maßnahmen, Alphabetisierung, Theatergruppen usw. zu helfen versuchte. Er schloss sich zudem einer Dichtergruppe an, deren wichtigstes Mitglied Ossip Mandelstam war. Zu dieser Zeit lernte er die Kunststudentin Ljuba Michailowna Kosinzewa kennen und heiratete sie bald darauf; fast zugleich begann er eine Liebesbeziehung mit der Literaturstudentin Jadwiga Sommer. Zeitlebens hatte Ehrenburg während seiner langen Ehe ganz offene Liebesgeschichten mit anderen Frauen.<ref>Nach Lilly Marcou soll das auch für Ehrenburgs Frau gegolten haben, doch deuten die Zeitzeugenberichte, die Rubenstein und Marcou gesammelt haben, an, dass diese „offene Ehe“ für Ljuba Michailowna eine schwierige Sache gewesen sein muss.</ref> Die Herrschaft Denikins sah er zunächst eher optimistisch; er hielt Dichterlesungen mit dem Gebet für Russland und schrieb eine Serie antibolschewistischer Artikel in der Zeitschrift Kiewer Leben (Kiewskaja Schisn), die stark von einem mystischen russischen Patriotismus geprägt waren.<ref>Bérard, S. 74 ff.</ref> Doch in dieser Phase erlebte der russische Antisemitismus bald einen Höhepunkt. Ehrenburg schrieb auch darüber und entkam nur mit knapper Not einem Pogrom. Die antisemitischen Ausschreitungen haben ihn stark geprägt und dauerhaften Einfluss auf seine Stellung zur Sowjetunion und der Revolution gehabt.

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1920/21 arbeitete Ehrenburg für Wsewolod Meyerhold in der „Sektion für Kinder- und Jugendtheater“.

1919 zogen sich die Ehrenburgs mit Jadwiga Sommer und Ossip und Nadeschda Mandelstam, wiederum auf abenteuerlichen Wegen und mehrfach antisemitischen Attacken ausgesetzt, nach Koktebel auf der Krim zurück, wo Ehrenburgs alter Freund aus Paris, Maximilian Woloschin, ein Haus hatte. Mandelstam, den Ehrenburg sehr bewunderte, wurde sein enger Freund. Sie hungerten – nur Jadwiga Sommer hatte eine bezahlte Arbeit, die anderen konnten gelegentlich Lebensmittel beisteuern. In Koktebel versuchte Ehrenburg, wie er in seiner Autobiografie schreibt, die Erfahrungen der stürmischen letzten Jahre zu verarbeiten. Er hielt nun die Revolution für ein notwendiges Ereignis, wenn er auch von ihrer Gewalt und ihrer Dekreteherrschaft abgestoßen war.

Schließlich kehrten die Ehrenburgs 1920 auf einem Umweg über Georgien nach Moskau zurück. Nach wenigen Tagen wurde Ehrenburg von der Tscheka verhaftet und der Spionage für den weißen General Wrangel beschuldigt. Wahrscheinlich war es eine Intervention Bucharins, die zu seiner Freilassung führte. Nun arbeitete er für Wsewolod Meyerhold, den großen Theatermann der Revolution, und betreute die Sektion Kinder- und Jugendtheater. In Menschen Jahre Leben beschrieb er später seine Zusammenarbeit mit dem Clown Wladimir Leonidowitsch Durow und die Tierfabeln, die dieser mit dressierten Kaninchen und anderen Tieren auf die Bühne stellte. Die Ehrenburgs erlebten diese Zeit unter dem Kriegskommunismus in großer Armut, Essen und Kleidung waren nur unter größten Schwierigkeiten zu erhalten. Endlich gelang es ihnen 1921, einen sowjetischen Reisepass zu bekommen, und Ilja und Ljuba Ehrenburg kehrten über Riga, Kopenhagen und London nach Paris zurück.

Der unabhängige Romanschriftsteller

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Ilja Ehrenburg im Jahr 1925

Nach 14 Tagen Aufenthalt wurde Ehrenburg jedoch schon wieder als unerwünschter Ausländer nach Belgien abgeschoben. Das Ehepaar Ehrenburg verbrachte einen Monat in dem Seebad La Panne. In dieser Zeit schrieb Ehrenburg seinen ersten Roman, dessen barocker Titel so beginnt: Die ungewöhnlichen Abenteuer des Julio Jurenito ein wenig mitschuldig“ gewesen, was ihm in der Erinnerung „Pein“ bereite. Er erwähnt seinen „scharfen Aufsatz gegen die Surrealisten“ und deren tätlichen Übergriff, ohne freilich Namen zu nennen. Auch Bretons Ausschluß vom Kongreß erwähnt er nicht eigens. Aragon habe dann eine Rede des gestorbenen Crevel verlesen. „Alle standen auf.“ Anschließend habe Paul Éluard eine von Bréton verfaßte Rede verlesen. „Sie enthielt zwar Angriffe auf den Kongreß – für die Surrealisten waren wir ja Reaktionäre, Akademiker und Beamtenseelen –, doch eine halbe Stunde später begaben sich die Journalisten enttäuscht zu einem Imbiß. Alles war glatt verlaufen. Uns war klar, daß die Gefahr nicht Bréton, sondern Hitler hieß.“</ref> Und durch „Kongressregie“ versuchten Malraux und Ehrenburg zu verhindern, dass der Fall<ref>Von Ehrenburg nicht erwähnt.</ref> des in der Sowjetunion verhafteten Victor Serge behandelt wurde, freilich nur mit begrenztem Erfolg.

Spanischer Bürgerkrieg, Großer Terror, Hitler-Stalin-Pakt

Zu Beginn des Spanischen Bürgerkriegs zögerte Iswestija zunächst, Ehrenburg nach Spanien zu schicken – bis er Ende August 1936 auf eigene Faust abreiste. Zunächst hielt er sich vor allem in Katalonien auf und übermittelte bis Ende 1936 ca. 50 Artikel. Doch beschränkte er sich nicht auf die Rolle des Kriegsberichterstatters; er besorgte einen Lastwagen, einen Filmprojektor und eine Druckerpresse, sprach auf Versammlungen, zeigte Filme (u. a. Tschapajew) und schrieb und druckte mehrsprachige Zeitungen und Flugblätter. Dabei kam ihm sein freundschaftliches Verhältnis zu dem führenden Anarchisten Buenaventura Durruti zugute, den er bereits auf einer Spanienreise 1931 kennengelernt hatte. Ehrenburg hat Durruti und die Anarchisten, trotz ihrer divergierenden politischen Ansichten und Loyalitäten, sowohl damals als auch in seiner Autobiografie immer mit großer Sympathie dargestellt.

1937 reiste Ehrenburg viel in Spanien, zu allen Frontabschnitten. Im Februar lernte er Ernest Hemingway kennen und schloss mit ihm Freundschaft. Ehrenburg gehörte auch zu den Organisatoren des Zweiten Internationalen Schriftstellerkongresses zur Verteidigung der Kultur, der im Juli als „Wanderzirkus“ (Ehrenburg) zuerst in Valencia, dann in Madrid und schließlich in Paris tagte – Teilnehmer waren u. a. Malraux, Octavio Paz und Pablo Neruda. Er berichtete weiterhin über den Krieg, schrieb aber nichts über die zunehmenden blutigen Säuberungen der Kommunisten, etwa gegen den POUM. Seine Biografen nehmen an, dass Ehrenburg bewusst vermied, sich zu diesem Thema öffentlich zu positionieren, auch unter dem Eindruck der beunruhigenden Nachrichten von den ersten Moskauer Prozessen.<ref>Vgl. Rubenstein, S. 164ff; Marcou, S. 162ff.; Goldberg, S. 162 ff.</ref> Im selben Jahr kam es zum Bruch mit André Gide. Ehrenburg hatte erfolglos versucht, ihn zum Verzicht auf die Veröffentlichung seines kritischen Berichts über seine Sowjetunionreise (Retour de l'URSS) zu bewegen – Gides Kritik sei zwar sachlich berechtigt, aber politisch unangebracht, weil sie den einzigen Alliierten der Spanischen Republik attackiere.<ref>Das berichtete eine Freundin Gides, Maria van Rysselberghe. Rubenstein referiert ihren Bericht: Ehrenburg habe gesagt, er finde gut, was Gide geschrieben habe, und „könnte noch mehr sagen, wenn er wollte!“ Aber „wenn Russland eine gewaltige Anstrengung unternimmt, um Spanien zu helfen, ist das wirklich nicht der Zeitpunkt, es anzugreifen.“ Vgl. Rubenstein, S. 161, der Rysselberghe nach den Cahiers de la Petite Dame zitiert, in: Cahiers André Gide, vol. 5, Paris 1975, S. 565.</ref> Als Gide schließlich einen offenen Brief an die spanische Republik wegen des Schicksals verhafteter politischer Gefangener in Barcelona unterzeichnete, griff ihn Ehrenburg öffentlich scharf an: Er schweige zum Morden der spanischen Faschisten und zur Untätigkeit der französischen Volksfrontregierung, aber klage die ums Überleben kämpfende spanische Republik an.<ref>Ein für Ehrenburg weitaus ungünstigeres Bild als die genannten Biographen zeichnet Julián Gorkin in seinem 1978 veröffentlichten Buch Les communistes contre la révolution espagnole (deutsche Ausgabe Stalins langer Arm, Köln 1980, mit einem Vorwort von Willy Brandt, vor allem S. 122 und 243–245). Gorkin, Ex-Kommunist, Exilant in Paris und zuletzt führender Kader des POUM und Chef der in Barcelona erscheinenden Tageszeitung La Batalla, zählte damals zu den in Barcelona Inhaftierten, konnte aber später flüchten. Rückblickend wirft er Ehrenburg vor, „einer der wichtigsten Zutreiber“ berühmter Schriftsteller in Moskaus Arme gewesen zu sein; als „wichtiger intellektueller Handelsreisender im Ausland“ habe er „alle Schandtaten“ der Moskauer Diktatur gedeckt – und sei es durch Schweigen, also Aussparen jener Schandtaten. Er behauptet sogar (Seite 243), auch Ehrenburg habe 1937 für den "faschistischen Agenten" Gorkin die Todesstrafe gefordert. Für diese Anschuldigung bietet Gorkin jedoch, entgegen seiner sonstigen Gepflogenheit in dem Buch, keinen Beleg durch Zeugen oder Zitate.</ref>

Direkt von den Kämpfen um Teruel reiste Ehrenburg Weihnachten 1937 mit seiner Frau nach Moskau und besuchte seine Tochter Irina, die seit 1933 mit ihrem Mann Boris Lapin dort lebte. Er geriet mitten in die Hochphase des Großen Terrors. Ehrenburg bekam einen Besucherschein für den Prozess gegen seinen Freund Bucharin, bei dem dieser zum Tode verurteilt wurde. Er schrieb später: „Alles kam mir vor wie ein unerträglich schwerer Traum .</ref> Zu den Mitarbeitern gehörten Margarita Aliger, Abraham Sutzkever, Solomon Michoels und Owadi Sawitsch. Besonders wichtig war Ehrenburg eine Veröffentlichung in der Sowjetunion, weil er über den „heimischen“ Antisemitismus sehr gut Bescheid wusste.<ref>Unter anderem hatte der Schriftsteller Michail Scholochow, damals ebenfalls als Kriegspropagandist tätig, ihn bereits im November 1941 während der Evakuierung nach Kuibyschew (heute Samara) mit antisemitischen Sprüchen traktiert; vgl. Rubenstein, S. 205.</ref> Teile des Materials konnten in Snamja und der jiddischsprachigen Sammlung Merder fun Felker erscheinen, doch es gab zunehmend Probleme mit der sowjetischen Zensur, die Berichte über jüdische Opfer und Kämpfer als nationalistische Verirrung ansah. Schließlich wurde der bereits fertige Satz 1948 im Zuge von Stalins antisemitischen Kampagnen zerstört. Das Schwarzbuch ist in der Sowjetunion nie erschienen.

Ehrenburgs letzter Kriegsartikel („Es reicht!“) erschien am 11. April 1945. Danach wurde er in der Prawda abgekanzelt und konnte einen Monat lang keine Artikel mehr veröffentlichen. Er war wieder einmal in Ungnade gefallen (siehe unten).

Im Kalten Krieg

1945 reiste Ehrenburg durch Osteuropa und zu den Nürnberger Prozessen und veröffentlichte Berichte darüber. Er verband große Hoffnungen mit dem Kriegsende, die sich jedoch als illusionär erwiesen, da bald die ersten Anzeichen des Kalten Kriegs einsetzten. Gemeinsam mit Konstantin Simonow und einem weiteren Journalisten unternahm Ehrenburg 1946, kurz nach Winston Churchills berühmter Rede über den Eisernen Vorhang, eine USA-Reise als Korrespondent der Iswestija. Da er im Umgang mit westlichen Medien bei weitem der erfahrenste Sowjetjournalist war, wurde er dabei zu einer Art Botschafter der sowjetischen Politik. Er nutzte die Gelegenheit, Albert Einstein aufzusuchen und mit ihm über die Herausgabe des Schwarzbuchs zu reden, und schockierte seine Gastgeber mit dem Wunsch, die Südstaaten aufzusuchen, um über die dortige Rassendiskriminierung zu berichten – was ihm gewährt wurde. Auch später verteidigte er immer wieder auf Pressekonferenzen, etwa in Großbritannien, und in Zeitungsartikeln die sowjetische Außenpolitik.

1947 erschien Ehrenburgs großer Kriegsroman Sturm, der zunächst wegen der darin geschilderten Liebe einer französischen Widerstandskämpferin zu einem Sowjetbürger in der Sowjetunion auf Kritik stieß, dann aber 1948 mit dem Stalinpreis ausgezeichnet wurde. Ein Kalter-Kriegs-Roman Die neunte Woge erschien 1951 – es war das einzige Buch, von dem sich Ehrenburg wenig später vollständig lossagte, da es künstlerisch komplett misslungen sei. 1951 begannen auch die Arbeiten an einer (unvollständigen) Werkausgabe Ehrenburgs, allerdings unter erbitterten Kämpfen um die Zensur vieler Bücher (bis hin zu der Forderung, die jüdisch klingenden Namen von Helden zu streichen). Vom Erlös konnte Ehrenburg sich eine Datscha in Nowy Ierusalim (Istra) bei Moskau kaufen.

Seit 1948 spielte Ehrenburg zudem, gemeinsam mit dem französischen Physiker Frédéric Joliot-Curie, eine führende Rolle bei den „Partisanen des Friedens“ (später: Weltfriedensrat), für die sein alter Freund Picasso die berühmte Friedenstaube zeichnete. Ehrenburg gehörte u. a. zu den Autoren des Stockholmer Appells von 1950 für ein Verbot von Atomwaffen, der Millionen von Unterschriften in aller Welt erhielt. In Stockholm lernte er seine letzte Geliebte kennen, die mit einem schwedischen Politiker verheiratete Liselotte Mehr, die später eine bedeutende Rolle für den Entschluss spielte, den Roman Tauwetter und seine Memoiren zu schreiben. 1952 bekam er für seine Arbeit in der Friedensbewegung den Stalin-Friedenspreis.

In der Sowjetunion hatten bald nach Kriegsende neue Repressionswellen begonnen, eingeleitet 1946 durch Schdanows Kampagne gegen die „Speichellecker des Westens“, die sich zunächst gegen Schriftsteller wie Anna Achmatowa richtete. Ehrenburg hielt Kontakt zu Achmatowa und Pasternak und half der Witwe seines Freundes Ossip Mandelstam, Nadeschda Mandelstam, trat aber nicht öffentlich gegen die Kampagne auf. Bald nahm die sowjetische Innenpolitik eine antisemitische Wendung, die sich bereits im Verbot des Schwarzbuchs abzeichnete und mit der durch einen Autounfall kaschierten Ermordung von Solomon Michoels fortsetzte. Außenpolitisch trat die Sowjetunion aber zunächst für die Gründung des neuen Staats Israel ein, den sie als zweiter Staat der Welt (nach der Tschechoslowakei) anerkannte.

Ehrenburg rühmte 1948 bei der Trauerfeier zu Michoels' Tod dessen inspirierende Wirkung auf das Judentum und auch auf die jüdischen Kämpfer in Palästina. Doch wenig später, am 21. September 1948, verfasste er einen ganzseitigen Artikel für die Prawda, aufgemacht als Antwort auf einen (wahrscheinlich fiktiven) Brief eines Münchner Juden, der ihm die Frage gestellt haben soll, ob er ihm rate, nach Palästina auszuwandern. Ehrenburg schrieb, die Hoffnung des Judentums liege nicht in Palästina, sondern in der Sowjetunion. Was die Juden verbinde, sei nicht das Blut, das in ihren Adern fließe, sondern das Blut, das die Judenmörder vergossen haben und noch vergießen; die jüdische Solidarität könne daher keine nationale sein, sie sei vielmehr die „Solidarität der Erniedrigten und Beleidigten“.<ref>Nach Arno Lustiger: Rotbuch: Stalin und die Juden. Die tragische Geschichte des Jüdischen Antifaschistischen Komitees. Aufbau, Berlin 2002, S. 205.</ref> Der Artikel wurde allgemein als Signal einer sowjetischen Kehrtwende verstanden: Ein prominenter sowjetischer Jude wandte sich in der Prawda gegen den Zionismus. Zwar war der Artikel offenbar von Stalin in Auftrag gegeben worden, doch sein Inhalt entsprach durchaus Auffassungen, wie sie Ehrenburg schon früher vertreten hatte. Andererseits wusste Ehrenburg sehr wohl über den wachsenden Antisemitismus in der Sowjetunion und vor allem über Stalins zunehmende Verfolgung von Juden Bescheid, was er in seinem Text zu erwähnen vermied. Der Artikel wird deshalb etwa von Arno Lustiger und Joshua Rubenstein als Warnung interpretiert, als ein Versuch Ehrenburgs, die Euphorie der sowjetischen Juden bezüglich Israel zu bremsen; er sorgte aber auch für erhebliche Verwirrung und Bestürzung. Ewa Bérard zitiert eine Äußerung des israelischen Botschafters dazu: „Man wird nie so gut verraten wie von den eigenen Leuten.“<ref>Bérard, S. 279; vgl. zu dem Artikel auch Rubenstein, S. 258ff.; Marcou, S. 255ff.; Lustiger: Rotbuch, S. 204 ff.</ref>

1949 folgte die Kampagne gegen die wurzellosen Kosmopoliten, in deren Zuge fast alle führenden Mitglieder des Jüdischen Antifaschistischen Komitees verhaftet und ermordet wurden, und 1952 schließlich der Prozess gegen die Ärzteverschwörung. Im Februar 1949 wurden Ehrenburgs Texte plötzlich nicht mehr gedruckt, auf einer Massenversammlung verkündete das Mitglied des Zentralkomitees der KPdSU Fjodor Michailowitsch Golowentschenko wahrheitswidrig die Verhaftung des „Kosmopoliten Ehrenburg“.<ref>Goldberg 1982, S. 233.</ref> Mit einem persönlichen Appell an Stalin erreichte Ehrenburg jedoch nach zwei Monaten die Aufhebung der Publikationssperre. Als 1952/1953 ein Offener Brief unter jüdischen Schriftstellern kursierte, der die Maßnahmen gegen die „Mörderärzte“ billigte und möglicherweise auch zur Deportation der sowjetischen Juden nach Birobidschan aufrief, verweigerte Ehrenburg trotz erheblichen Drucks die Unterschrift.<ref>In den Archiven ist lediglich ein Entwurf dieses Offenen Briefes aufgefunden worden, aber kein Original; es gibt jedoch viele Aussagen von Zeitzeugen dazu. Ehrenburgs Weigerung in einem Brief an Stalin hat sich hingegen erhalten. Vgl. dazu Lustiger, Rotbuch, S. 284–292.</ref> Er hat sich trotz mehrfacher Aufforderung niemals bereit erklärt, die antisemitischen Kampagnen zu unterstützen, äußerte sich aber auch nicht zur Verfolgung von Juden und Oppositionellen in der Sowjetunion, sondern schrieb die üblichen Lobeshymnen auf Stalin.

Ehrenburg war in diesen Jahren zu einer sehr bekannten Person geworden, einerseits aufgrund seiner Propagandatätigkeit im Krieg, die ihm große Popularität verschafft hatte, andererseits aufgrund seiner zahlreichen internationalen Kontakte und Auftritte. Das so erworbene Ansehen hat ihn vor der stalinistischen Verfolgung bewahrt und zugleich seiner Stimme in den folgenden Jahren erhebliches Gewicht verliehen.

Tauwetter

Stalin starb am 5. März 1953, im April wurden die Beschuldigten der „Ärzteverschwörung“ freigesprochen, im Juni wurde Lawrenti Beria verhaftet. Es folgte eine Zeit der Unsicherheit, wohin sich die sowjetische Gesellschaft entwickeln würde. Im Winter dieses Jahres schrieb Ehrenburg seinen letzten Roman, Tauwetter. Mit gedämpfter Euphorie erzählte er vom Frühlingsbeginn in einer Provinzstadt und parallel dazu vom Sturz eines bürokratischen Fabrikleiters und der Liebesgeschichte seiner Frau mit einem Ingenieur. Stalins Name kommt nicht vor, beiläufig werden aber erstmals in der Sowjetliteratur die Ärzteverschwörung und die Verbannung in Arbeitslager erwähnt.

Der Text erschien im April 1954 zunächst in Snamja und stieß sofort auf starke Reaktionen. Schon der Titel galt als bedenklich, da er die Stalinzeit als Frostperiode zu negativ erscheinen ließ; die Redaktion des Blattes hätte lieber „Erneuerung“ oder „Eine neue Phase“ gesehen. In den Literaturzeitschriften erschienen vernichtende Kritiken, u. a. von Konstantin Simonow, die Ehrenburg vorhielten, ein düsteres Bild der sozialistischen Gesellschaft gezeichnet zu haben. Beim Zweiten Schriftstellerkongress der Sowjetunion im Dezember attackierten Michail Scholochow und Alexander Surkow den Roman in den schärfsten Tönen (und mit antisemitischen Untertönen). Die Publikation als Buch wurde um zwei Jahre verzögert. Noch 1963 verwarf Nikita Chruschtschow persönlich Tauwetter als eines der Werke, die „die mit dem Personenkult zusammenhängenden Ereignisse . Diese müssen wir beseitigen und oft einen zur Rettung von Tausenden töten. Die anderen widerstreben, da sie nicht begreifen, dass man sie ihrem eigenen Glück entgegenführt; sie fürchten den schweren Weg und klammern sich an den elenden Schatten der gestrigen Heimstätte. Wir treiben sie vorwärts, wir treiben sie mit eisernen Ruten ins Paradies …<ref>Ehrenburg: Jurenito, S. 287.</ref>

Diese Passage spielte eine erhebliche Rolle dabei, dass der Julio Jurenito nach 1928 nicht mehr in der Sowjetunion erscheinen konnte – und selbst 1962 nur ohne das Großinquisitor-Kapitel.

Satirische Prosa – „Ich ging immer wieder in die Irre“

In den folgenden Jahren experimentierte Ehrenburg mit diversen epischen Formen. In seiner Autobiografie kommentierte er diesen Suchprozess: „Nach dem Julio Jurenito hatte ich den Eindruck, ich hätte mich schon gefunden, meinen Weg, meine Thematik, meine Sprache. In Wirklichkeit ging ich immer wieder in die Irre, und jedes neue Buch negierte alle vorausgegangenen.“<ref>Menschen Jahre Leben, Buch 3, S. 22.</ref>

Zunächst schrieb er eine Art Fortsetzung des Julio Jurenito, den satirischen Roman Trust D.E., der die physische Zerstörung Europas beschreibt und den Jurenito damit noch zu überbieten sucht; ferner eine Serie von Kurzgeschichten, die sich an den eigenwilligen Stil Remisows anlehnten. Das nächste Experiment war ein Kriminal- und Kolportageroman, Die Liebe der Jeanne Ney, in enger Anlehnung an Charles Dickens' große realistische Romane, mit verwickelter Fabel und von „unglaublicher Sentimentalität“, wie Ehrenburg rückblickend meinte. Hier trat an die Stelle der Revolution und des Krieges, die als unerhörtes Ereignis das Zentrum der ersten Romane bildeten, die große Liebe, die das Leben der Helden völlig umstürzt und zugleich veredelt; freilich ist der Liebende Andrej zugleich Bolschewik und Revolutionär, und der Umsturz durch die Liebe und die Revolution hängen bei ihm eng zusammen. Der Roman wurde unter Regie von Georg Wilhelm Pabst verfilmt, allerdings mit einem Happy-End anstelle des tragischen Schlusses von Ehrenburg – sein Protest als Drehbuch-Koautor war vergebens.

Auf diesen Versuch im „Romantismus“, wie Ehrenburg es nannte, folgte ein groß angelegter Roman über Revolution, Bürgerkrieg und Neue Ökonomische Politik (NÖP) im Stil des französischen Realismus, etwa Balzac und Stendhal: Der Raffer. Ein auktorialer, allwissender Erzähler, der zahlreiche Kommentare und Einordnungen unternimmt, hat es hier mit einem nicht sehr sympathischen Helden zu tun, dessen Charakter viele Defizite aufweist: dem Kellnerssohn Michail Lykow aus Kiew, dem „Raffer“, der in den Wirren der NÖP aus Gier nach Größe auf die schiefe Bahn gerät, Unterschlagungen verübt, ins Gefängnis kommt und dort Selbstmord begeht. Die Taten, Gedanken und Gefühle des Protagonisten werden mit hoher epischer Objektivität geschildert: wie er seinem Bruder, dem überzeugten Kommunisten Artjom, das Leben rettet, indem er sich bei einer weißgardistischen Razzia für ihn ausgibt; doch ebenso wie er einen Kiewer Bürger ermordet, weil dieser sich über den Abzug der Roten Armee freut. Durch seine oft satirisch gefärbten Kommentare hält der Erzähler Distanz zur Hauptfigur und konfrontiert deren grandiose Selbstrechtfertigungen mit seinem Einblick in die Psychologie Michail Lykows. Artjom hingegen erscheint geradlinig, aber blass und uninteressant – selbst sein Sohn, der im letzten Kapitel geboren wird, ist in Wahrheit von Michail. Ein zentrales Thema des Romans ist die Demobilisierung der sowjetischen Gesellschaft nach den Jahren des permanenten Bürgerkriegs – und die Frage, was mit den überschießenden Emotionen und der Gewaltbereitschaft aus dieser Phase in den Friedensjahren der NÖP geschieht. Den Abschluss des Romans bildet ein großes Tableau der Trauerfeiern zum Tode Lenins und damit des Endes der heroischen Phase der Revolution.

Sommer 1925 spielt in Paris. Wie im Julio Jurenito tritt Ehrenburg als mit vielen autobiografischen Zügen ausgestatteter Ich-Erzähler auf. Doch die Geschichte handelt von Trauer und Verlust: Während eines Kuraufenthalts seiner Frau stürzt der Erzähler in die Obdachlosigkeit ab. Antriebslos, mittellos und handlungsunfähig durchwandert er das Panoptikum der Großstadt, die Elendsviertel, Bars und Straßen. Ein italienischer Barbesitzer, ein farcenhafter Wiedergänger des Julio Jurenito, wirbt ihn für einen Auftragsmord an einem Industriefunktionär an, doch Ehrenburg kann sich nicht zum Abdrücken überwinden. Dazu kommt eine triviale Romanze mit der Freundin des Barbesitzers. Die Erzählung verläuft in harten filmischen Schnitten und Sprüngen. Die Realität wird dem Erzähler ungewiss: Alle Figuren geraten ihm zu literarischen Schatten, alle Handlungen zu Posen, worüber er ausgiebig reflektiert. Endlich treibt der Roman einem eigentümlichen kathartischen Schluss zu: Der letzte Mensch, der dem Protagonisten Authentizität von Gefühlen verbürgt hat, ein kleines Mädchen, stirbt im beschädigten südfranzösischen Idyll. Doch gerade dies ermöglicht ihm den Aufbruch:

Eine leere Welt, bevölkert von Ideen und Kleidungsstücken, ist schaurig. Doch es gibt eine Rettung, die kaum sichtbare Kontur einer fernen Küste – deine Hand, ein wenig Wärme und schlichte Liebe. Versuchen wir, damit die Küste zu erreichen. Ja, wir versuchen es …<ref>Sommer 1925, Volk und Welt, S. 130.</ref>
Datei:Suharev Tower in Moscow.jpg
Der Sucharew-Turm in Moskau 1927. In Ehrenburgs Roman In der Prototschni-Gasse spielt der Sucharewka-Markt rund um den Turm mehrfach eine Rolle.

In der Prototschni-Gasse, Ehrenburgs nächster Roman, kombiniert Sozialreportage und Romantismus. Die Handlung spielt in einem übel beleumdeten Stadtviertel Moskaus an der Moskwa, wo verwahrloste Kinder im Keller eines Hauses leben. Der Hausbesitzer, eine Negativgestalt des Romans, versucht sie im tiefsten Winter durch Verstopfen der Zugänge zu ersticken, was nur aus Zufall fehlschlägt. Über weite Strecken handelt das Buch jedoch von den wechselvollen Schicksalen verschiedener Bewohner der Prototschni-Gasse, ihren Lebensverhältnissen, Liebesgeschichten und Einstellungen. Der Erzähler tritt gegenüber dem „Raffer“ zurück, die Erzählweise nähert sich deutlich einer personalen Perspektive. Die Satire verschwindet aus der Erzählerrede, manifestiert sich aber in der Handlungskonstruktion, die die genährten Erwartungen an ein tragisches Ende enttäuscht. So läuft das mit großer Geste vorgebrachte Bekenntnis einer Romanfigur, bei der Ermordung der Kinder mitgeholfen zu haben, ins Leere – die Polizei räumt einen leeren Keller aus. Eine lange Zeit vermisste Protagonistin ist nicht, wie zunächst angedeutet wird, aus enttäuschter Liebe ins Wasser gegangen, sondern zu ihrer Schwester gereist und hat einen Funktionär geheiratet, den sie zwar nicht liebt, der ihr aber immerhin mit Achtung begegnet. Schließlich wird eine Positivfigur eingeführt, der bucklige Jude und Kinomusiker Jusik, der kaum mehr auf eigenes Glück hofft, jedoch den Romanfiguren helfen will, glücklich zu sein.

Diese Figur ist ein Vorschein des Protagonisten von Ehrenburgs folgendem Roman, Das bewegte Leben des Lasik Roitschwantz. Ehrenburg nahm hier Motive und Erzählformen des Julio Jurenito wieder auf, insbesondere das Muster des Schelmenromans. Roitschwantz ist eine dem Schwejk verwandte Figur, ein philosophierender jüdischer Herrenschneider aus Homel, der nach einer Denunziation sein Geschäft verliert und eine Odyssee durch ganz Europa antritt. Er übt eine Reihe von zweifelhaften Beschäftigungen aus, um zu überleben – vom Erfinden günstiger Planberichte über die Vermehrung inexistenter Kaninchen in der Sowjetunion bis zum Reklamestehen als Muster schlechter Ernährung bei einem Apotheker in Ostpreußen. Vor allem aber lernt er den Antisemitismus, Prügel und Gefängnisse in vielen Ländern kennen, von der Sowjetunion über Polen, Deutschland, Frankreich und England bis nach Palästina.

Auch formal ist dieses Werk in mancher Hinsicht dem Jurenito nahe, insbesondere durch eine Zweiteilung der Erzählhaltung. Denn neben den Handlungsbericht des auktorialen Erzählers tritt die direkte und teilweise auch erlebte Rede der Hauptfigur. Ehrenburg hatte damals chassidische Geschichten kennengelernt, und in ihrem Stil philosophiert Lasik Roitschwantz fortwährend. Der deutsche Übersetzer des Buchs, Waldemar Jollos, lenkte den Blick auf die „Sprachseltsamkeiten“ der direkten Rede des Protagonisten: Jiddisch, Russisch und der Jargon des Bolschewismus mischen sich mit weiteren Einflüssen. „Es ergibt sich ein Tohuwabohu der Sprache, aus allen Erinnerungen und Eindrücken dieses rasenden Lebens unzerteilbar gemischt. Aber Ehrenburg handhabt den Dadaismus, zu dem sich Lasiks Sprache allmählich hinaufschraubt, natürlich mit einer außerordentlichen Bewusstheit.“<ref>Waldemar Jollos: Vorrede des Übersetzers. In: Ilja Ehrenburg: Das bewegte Leben des Lasik Roitschwantz. Rhein Verlag: Zürich/Leipzig/München o.J., S. 5–6.</ref>

Zwischen „Faktografie“ und Roman

Ende der 1920er Jahre wandte sich Ehrenburg neuen Prosaformen zu, die durch die Integration von empirischen Daten und Fakten gekennzeichnet waren: Statistiken, historische Dokumente, Beobachtungen usw. Diese Wendung hatte starke Auswirkungen auf die Romanform selbst. Die Werke dieser Phase zielten darauf, aus Elementen der Dokumentation, der Reportage, der argumentierenden Rhetorik, mythologischen Verweisen, kulturellen und politischen Anspielungen sowie den bisher erprobten Erzählformen ein neuartiges Ganzes zu schaffen. Beeinflusst war Ehrenburg dabei von der „Faktografie“, wie sie in den späten 1920er Jahren in der Zeitschrift Nowy LEF („Neue Linke Front der Künste“) um Majakowski propagiert wurde.

Einen ersten Versuch auf diesem Gebiet bildete die Verschwörung der Gleichen, eine belletristische Biografie von Gracchus Babeuf. Fast alle handelnden Figuren sind historisch belegt; Quellen werden im Roman zitiert oder gar – zumindest in der deutschen Ausgabe – im Faksimile abgedruckt. Dessen ungeachtet dominiert ein Wechsel von auktorialer und personaler Erzählsituation die Darstellung. Große historische Überblicke wechseln mit der Innenperspektive Babeufs oder auch seiner Gegenspieler Barras und Carnot; die Erzählperspektive kann sich einem Polizeispitzel anheften oder einem Demonstrationszug. Immer wieder gestaltet Ehrenburg Schlüsselereignisse szenisch aus, etwa das Erschrecken Babeufs bei der ersten Konfrontation mit der grausamen Lynchjustiz der „Straße“. Den thematischen Schwerpunkt bildet die Erschöpfungs- und Verfallsphase der Französischen Revolution – und Babeufs Reaktion darauf: Ablehnung der Terrorherrschaft und stattdessen der Versuch, den sozialen Inhalt der Revolution handstreichartig zur Geltung zu bringen. Die intendierten Parallelen zur russischen Revolution liegen auf der Hand, bleiben aber implizit.

Viel weiter reichen die Konsequenzen für die Romanform bei 10 PS (der Titel bezieht sich auf das in Massenproduktion hergestellte und damals sehr breit beworbene Automodell Citroën 10 CV). Hier schreibt Ehrenburg bereits im Vorwort: „Dieses Buch ist kein Roman, sondern eine Chronik unserer Zeit.“ Das Werk folgte einem Montageprinzip: In sieben Kapiteln, unter anderem Das laufende Band, Reifen, Benzin, Börse, Fahrten betitelt, wird der Gegenstand, das Automobil, eingekreist. In die eindringliche, kritische Darstellung der tayloristischen Fließbandproduktion und der ökonomisch-politischen Kämpfe um Kautschuk und Erdöl sind biografische Passagen eingelassen, die immer wieder aufgenommen werden und keineswegs auf die Innenperspektive der Figuren verzichten: von den real existierenden Kapitalisten André Citroën und Henri Deterding bis zum fiktiven Arbeiter Pierre Chardain und zum namenlosen Kautschukkuli in Malaya. In der Erzählerrede gewinnt jedoch die „Hauptfigur“ des Werkes, das Automobil, ungeachtet allen dokumentarischen Materials mythische Züge. Es verkörpert die zerstörerische Tendenz der kapitalistischen Gesellschaft, und zwar nicht nur in Produktion und Börse, sondern auch in Konsum und Wunscherfüllung.

Das Auto arbeitet rechtschaffen. Noch lange vor seiner Geburt, da es aus noch nichts weiter als Metallschichten und einem Stoß von Zeichnungen besteht, tötet es bereits sorgfältig malaiische Kulis und mexikanische Arbeiter. Seine Geburtswehen sind qualvoll. Es zerstückelt Fleisch, macht Augen blind, zerfrisst Lungen, nimmt die Vernunft. Schließlich rollt es zum Tore in jene Welt hinaus, die man vor seinem Dasein die „schöne“ nannte. Sofort nimmt es seinem vermeintlichen Beherrscher seine altväterliche Ruhe. Es war vielleicht Ehrenburg, der genau die aufgeweckt hat, die später die Leser des Samisdat wurden.“<ref>Nach Bérard, S. 363.</ref>

Eveline Passet und Raimund Petschner fassen zusammen:

Auf Leben und Werk Ilja Ehrenburgs angewandt, sind hauptsächlich zwei verschiedene Plausibilisierungsstrategien zu beobachten. Die eine behauptet einen opportunistischen Kern, von dem aus die wundersamen Wandlungen und Wendungen des Ilja Ehrenburg zu verstehen seien; diese Sicht, im rechten Spektrum, aber auch bis hin zu liberalen Konservativen noch heute verbreitet, möchte in Ilja Ehrenburg nichts anderes erkennen als den Opportunisten und Zyniker, den „Gesinnungslump“. Die andere Sichtweise besteht darin, Ehrenburgs Selbstauskunft, sein Leben lang habe er Schönheit und Gerechtigkeit zu vereinen gesucht, für gültig zu nehmen und als Kern einzusetzen. So wären die Wendungen, die Farbveränderungen und Gewichtsverschiebungen im Leben und Werk Ehrenburgs als eine komplexe individuelle Reaktion auf das Jahrhundert und dessen chaotische Zuckungen zu verstehen. […] Im Gegensatz zum eindimensionalen Deutungsschema des „Opportunismus-Modells“ erscheint Ehrenburg hier als ambivalente Person: jemand, der im Kern das Gute wollte, jedoch auch typische Irrtümer und Verblendungen des Jahrhunderts repräsentiert.<ref>Passet/Petschner: Zeitheimat. Die Leben des Ilja Ehrenburg. In: Jahn 1997, S. 17.</ref>

Auf Kosten des literarischen Werks steht in der heutigen Rezeption Ehrenburgs exemplarisches Leben im Mittelpunkt der Deutungsanstrengungen. Gerade sein außergewöhnlicher Lebenslauf gilt etwa dem Literaturwissenschaftler Efim Etkind als charakteristisch für seine Epoche:

Ilja Ehrenburg ist ein mäßiger Romanschriftsteller und ein schwacher Dichter […]. Und doch ist Ilja Ehrenburg der Mensch des Jahrhunderts. Es wäre schwer, einen anderen zu nennen, der zu einem solchen Grad die Inkarnation seiner Epoche war. […] Überall war er vom Heimweh geplagt: Russe in Frankreich, Franzose in Russland, Jude in Russland wie in Frankreich oder Deutschland, Katholik unter den Juden, Häretiker unter den Christen, Kommunist für die Bürger des Westens, ausländischer Bourgeois für die Moskauer Proletarier, die kommunistischen Funktionäre und seine Kollegen, die sowjetischen Schriftsteller. Das war eine der Facetten seines Lebens: überall und immer im Exil. […] Der Fall Ehrenburg ist außergewöhnlich: Die Zugehörigkeit zu verschiedenen Kulturen, bisweilen einander entgegengesetzt, und die Fähigkeit, die eine durch das Medium der anderen zu sehen, grenzen an ein Wunder. Doch das ist das Eigentümliche unseres Jahrhunderts: Exil und Emigration sind allgemeines Schicksal geworden. […] Ilja Ehrenburg, der Mensch dreier geistiger Kulturen – Jude in Russland, Russe in Frankreich, Franzose in Russland – er ist ganz das Kind des Jahrhunderts.<ref>Efim Etkind: Préface. L'homme aux trois cultures. In: Bérard, S. 7–13, hier: S. 7–9.</ref>

Publikationen (Auswahl)

Genannt sind die Daten der Erstveröffentlichung sowie der ersten deutschen Übersetzung.

Romane

  • Die ungewöhnlichen Abenteuer des Julio Jurenito und seiner Jünger: Monsieur Delhaye, Karl Schmidt, Mister Cool, Alexei Tischin, Ercole Bambucci, Ilja Ehrenburg und des Negers Ayscha in den Tagen des Friedens, des Krieges und der Revolution in Paris, Mexiko, Rom, am Senegal, in Moskau, Kineschma und an anderen Orten, ebenso verschiedene Urteile des Meisters über Pfeifen, über den Tod, über die Liebe, über die Freiheit, über das Schachspiel, das Volk der Juden, Konstruktionen und einige andere Dinge. Необычайные похождения Хулио Хуренито И его учеников мосье Дэле, Карла Шмидта, мистера Куля, Алексея Тишина, Эрколе Бамбучи, Ильи Эренбурга и негра Айши, в дни Мира, войны и революции, в Париже, в Мексике, в Риме, в Сенегале, в Кинешме, в Москве и в других местах, а также различные суждения учителя о трубках, о смерти, о любви, о свободе, об игре в шахматы, о еврейском племени, о конструкции и о многом ином. Gelikon, Berlin und Moskau 1922. Deutsche Übersetzung: Welt-Verlag, Berlin 1923.
  • Leben und Tod des Nikolai Kurbow. Жизнь и гибель Николая Курбова. Gelikon, Berlin 1923.
  • Trust D. E. Die Geschichte der Zerstörung Europas. Трест Д. Е. История гибели Европы. Semlja i Fabrika, Moskau 1923; Gelikon, Berlin 1923. Deutsche Übersetzung: Welt-Verlag, Berlin 1925.
  • Die Liebe der Jeanne Ney. Любовь Жанны Ней. Gelikon, Berlin 1924. Deutsche Übersetzung: Rhein Verlag, Zürich 1926. Verfilmt von Georg Wilhelm Pabst 1927.
  • Der Raffer. Рвач. Navarre, Paris 1925. Deutsche Übersetzung unter dem Titel Michail Lykow: Malik, Berlin 1927.
  • Sommer 1925. Лето 1925 года. Artel Pisatelei „Krug“, Moskau 1926. Deutsche Übersetzung: Volk und Welt, Berlin 1981.
  • In der Prototschni-Gasse. В Проточном переулке. Semlja i Fabrika, Moskau 1927. Deutsche Übersetzung unter dem Titel Die Gasse am Moskaufluss: List, Leipzig 1928; unter dem Titel Die Abflußgasse: Volk und Welt, Berlin 1981.
  • Das bewegte Leben des Lasik Roitschwantz. Бурная жизнь Лазика Ройтшванеца. Petropolis, Berlin 1928. Deutsche Übersetzung: Rhein-Verlag, Zürich o.J. (wohl 1929).
  • Die Verschwörung der Gleichen. Заговор равных. Petropolis, Berlin 1928 (teilweise vorabgedruckt in Krasnaja Now, 1928). Deutsche Übersetzung: Malik, Berlin 1929.
  • Chronik unserer Tage:
    • 10 PS. Chronik unserer Zeit. 10 л.с. Хроника нашего времени. Petropolis, Berlin 1929 (teilweise vorabgedruckt in Krasnaja Now, 1929). Deutsche Übersetzung unter dem Titel Das Leben der Autos: Malik, Berlin 1930.
    • Die Einheitsfront. Единый фронт. Petropolis, Berlin 1930. Deutsche Übersetzung unter dem Titel Die heiligsten Güter. Roman der großen Interessen: Malik, Berlin 1931.
    • Die Traumfabrik. Фабрика снов. Petropolis, Berlin 1931. Deutsche Übersetzung: Malik, Berlin 1931.
  • Moskau glaubt nicht an Tränen. Москва слезам не верит. Sowjetskaja Literatura, Moskau 1933; Gelikon, Paris 1933. Deutsche Übersetzung: Malik, Berlin 1932 (Die Übersetzung trägt den Vermerk: Übersetzung aus dem MS. Offenbar ist der Titel zuerst auf Deutsch, dann auf Russisch erschienen.)
  • Der zweite Tag. День второй. Pascal, Paris 1933. Deutsche Übersetzung: Malik, Prag 1933.
  • Ohne Atempause. Не переводя дыхания. Sowjetski Pisatel, Moskau 1935. Deutsche Übersetzung: Malik, London 1936.
  • Der Fall von Paris. Падение Парижа. Gosisdat, Moskau 1942. Deutsche Übersetzung: Steinberg, Zürich 1945.
  • Sturm. Буря. Sowjetski Pisatel, Moskau 1948 (in Fortsetzungen vorabgedruckt in: Nowy Mir, 1947). Deutsche Übersetzung: Volk und Welt, Berlin 1948.
  • Die neunte Woge. Девятый вал. Sowjetski Pisatel, Moskau 1953. Deutsche Übersetzung: Volk und Welt, Berlin 1953.
  • Tauwetter. Оттепель. Sowjetski Pisatel, Moskau 1956 (vorabveröffentlicht in: Snamja, Nr. 5, 1954 und Nr. 4, 1956). Deutsche Übersetzung: Kultur und Fortschritt, Berlin 1957.

Kurzprosa

  • Unwahrscheinliche Geschichten. Неправдоподобные истории. S. Efron, Berlin 1922. Deutsche Übersetzung: Volk und Welt, Berlin 1984.
  • 6 Novellen mit glücklichem Ausgang. Шесть повестей о легких концах. Gelikon, Berlin 1922.
  • 13 Pfeifen. Тринадцать трубок. Gelikon, Berlin 1923. Deutsche Übersetzung: Malik, Berlin 1930.
  • Die relativen Leiden eines Café-Süchtigen. Условные страдания завсегдатая кафе. Nowaja Schisn, Moskau 1926.

Gedichtbände

  • Verse. Стихи. Paris 1910.
  • Verse über Vorabende. Стихи о канунах. Serna, Moskau 1916.
  • Gebet für Russland. Молитва о России. Sewernje Dni, Moskau 1918.
  • Reflexionen. Раздумия. Riga 1921.
  • Der Baum. Дерево. Moskau 1946.

Über Kunst, Literatur und Film

  • Porträts russischer Schriftsteller. Портреты русских поэтов. Argonawty, Berlin 1922.
  • Und sie bewegt sich doch. А все-таки она вертится. Gelikon, Berlin 1922. Deutsche Übersetzung: Lit, Basel 1986. Ehrenburgs konstruktivistisches Manifest.
  • Вещь – Objet – Gegenstand (dreisprachige Zeitschrift, russisch, französisch und deutsch, herausgegeben von Ehrenburg und El Lissitzky). Berlin 1922.
  • Die Materialisierung des Phantastischen. Материализация фантастики. Kinopetschat, Leningrad 1927. Ehrenburgs Filmbuch. Cover von Alexander Michailowitsch Rodtschenko.
  • Weiße Kohle oder Werthers Tränen. Белый уголь, или слезы Вертера. Priboi, Leningrad 1928. Beiträge daraus ins Deutsche übersetzt in: Ilja Ehrenburg: Über Literatur. Volk und Welt, Berlin 1986. Aufsatzband, der poetologische Reflexionen, Berichte über die Verfilmung der Jeanne Ney und Reiseberichte Ehrenburgs versammelt.
  • Wir und sie: Frankreich. Мы и они: Франция. Mit Owadi Sawitsch. Petropolis, Berlin 1931. Anthologie russischer und französischer Literatur.
  • Französische Hefte. Французские тетради. Sowjetski pisatel, Moskau 1958. Deutsche Übersetzung: VEB Verlag der Kunst, Dresden 1962. Enthält unter anderem Die Lehren von Stendhal, Уроки Стендаля.

Journalistisches, Zeitgeschichtliches und Politisches

  • Das Gesicht des Krieges. Лик войны. Russko-Bolgarskoje Knigoisdatelstwo, Sofia 1920. Sammlung von Ehrenburgs Kriegsreportagen aus dem Ersten Weltkrieg.
  • Visum der Zeit. виза времени. Petropolis, Berlin 1929 (teilweise vorabgedruckt in Krasnaja Now, 1928–1929). Deutsche Übersetzung: List, Leipzig 1929.
  • Spanien. Испания. Federazija, Moskau 1932. Deutsche Übersetzung unter dem Titel Spanien heute: Malik, Berlin 1932.
  • Mein Paris. Мой Париж. Mit El Lissitzky. Isogis, Moskau 1933. Nachdruck: Steidl, Göttingen 2005. Bildband mit Schnappschüssen und Text von Ehrenburg.
  • Der Bürgerkrieg in Österreich. Гражданская война в Австрии. Sowjetskaja Literatura, Moskau 1934. Deutsche Übersetzung: Malik, Prag 1934.
  • Das Schwarzbuch über die verbrecherische Massenvernichtung der Juden durch die faschistischen deutschen Eroberer in den zeitweilig okkupierten Gebieten der Sowjetunion und in den faschistischen Vernichtungslagern Polens während des Krieges 1941–1945. Черная книга о злодейском повсеместном убийстве евреев немецко-фашистскими захватчиками во временно оккупированных районах Советского Союза и в лагерях Польши во время войны 1941–1945 гг. Mit Wassili Grossman. Russischsprachige Erstveröffentlichung: Tarbut, Jerusalem 1980 (es fehlen die litauischen Berichte). Deutsche Übersetzung der vollständigen Fassung, herausgegeben von Arno Lustiger: Rowohlt, Reinbek 1994. ISBN 3-498-01655-5
  • Der Krieg. Война. 3 Bände: Juli 1941–April 1942. April 1942–März 1943. April 1943–März 1944. Gosisdat, Moskau 1942–1944. Sammlung der Artikel von 1941 bis 1945 in Band 5 der Gesammelten Werke. Chudoschostwennaja Literatura, Moskau 1996.

Autobiografie

  • Menschen – Jahre – Leben. Люди, годы, жизнь. Sechs Bücher. Sowjetski Pisatel, Moskau 1961–1966 (vorabgedruckt in: Nowy Mir, 1960–1965). Vollständige Ausgabe (mit Ergänzung zensierter Kapitel und dem unbeendeten siebten Buch): Sowjetski Pisatel, Moskau 1990. Deutsche Übersetzung (von Alexander Kaempfe): Kindler, München 1962–1965; vollständige Ausgabe (inkl. zensierte Kapitel und siebtes Buch, übersetzt von Harry Burck und Fritz Mierau): Volk und Welt, Berlin (Ost) 1978–1990 (ohne ISBN).

Literatur

Biografien

  • Ewa Bérard: La vie tumultueuse d'Ilya Ehrenbourg. Juif, russe et soviétique. Ramsay, Paris 1991 (= Documents et essais), ISBN 2-85956-921-9. (französisch).
  • Anatol Goldberg: Ilya Ehrenburg. Revolutionary, Novelist, Poet, War Correspondent, propagandist: The Extraordinary Epic of a Russian Survivor. Viking, New York 1982, ISBN 0-670-39354-1. (englisch).
  • Lilly Marcou: Wir größten Akrobaten der Welt. Ilja Ehrenburg – eine Biographie. 1. Aufl., Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-7466-1259-4. (dt. Übers.; französische Originalausgabe: Ilya Ehrenbourg – un homme dans son siècle. Plon, Paris 1992.)
  • Joshua Rubenstein: Tangled Loyalties. The Life and Times of Ilya Ehrenburg. 1st Paperback Ed., University of Alabama Press, Tuscaloosa (Alabama/USA) 1999 (= Judaic Studies Series), ISBN 0-8173-0963-2. (englisch; Erstveröffentlichung: Basic Books, New York 1996.)

Zum literarischen Werk

  • Simone Barck: Ehrenburgs Memoiren – ein Buch mit sieben Siegeln. In: Simone Barck, Siegfried Lokatis (Hrsg.): Fenster zur Welt. Eine Geschichte des DDR-Verlages Volk & Welt. 2. Aufl., Christoph Links, Berlin 2005, ISBN 3-86153-300-6, S. 262–265. (Ausstellungskatalog; herausgegeben im Auftrag des Dokumentationszentrums Alltagskultur der DDR, Eisenhüttenstadt).
  • Boris Fresinski: Феномен Ильи Эренбурга (тысяча девятьсот двадцатые годы). Das Phänomen Ilja Ehrenburg (in den 1920er Jahren). In: Ilja Ehrenburg: Необычайные похождения. Ungewöhnliche Abenteuer. Kristall, St. Petersburg 2001, S. 5–31, ISBN 5-306-00066-5.
  • Rahel-Roni Hammermann: Die satirischen Werke von Ilja Erenburg. VWGÖ, Wien 1978, ISBN 3-85369-382-2 (= Dissertationen der Universität Wien, Band 139, zugleich Dissertation an der Universität Wien 1968).
  • Gudrun Heidemann: Das schreibende Ich in der Fremde. Il’ja Ėrenburgs und Vladimir Nabokovs Berliner Prosa der 1920er Jahre. Aisthesis, Bielefeld 2005, ISBN 3-89528-488-2.
  • Reinhard Lauer: Ilja Erenburg und die russische Tauwetter-Literatur. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1975, ISBN 3-525-82818-7.
  • Hélène Mélat: Ilya Ehrenbourg ou la griserie de l’écriture performative. In: Études littéraires, vol. 36, no.1, été 2004 (online).
  • Ralf Schröder: Roman der Seele, Roman der Geschichte. Aufsätze. Zur ästhetischen Selbstfindung von Tynjanow, Ehrenburg, Bulgakow, Aitmatow, Trifonow, Okudshawa. Reclam, Leipzig 1986.
  • Holger Siegel: Ästhetische Theorie und künstlerische Praxis bei Il'ja Ėrenburg 1921–1932. Studien zum Verhältnis von Kunst und Revolution. Narr, Tübingen 1979, ISBN 3-87808-517-6.
  • Erika Ujvary-Maier: Studien zum Frühwerk Ilja Erenburgs. Der Roman „Chulio Churenito“. Juris, Zürich 1970 (Zugleich Dissertation an der philosofischen Fakultät der Universität Zürich 1970).

Zum Thema: Ehrenburg und Deutschland

  • Boris Fresinski: Ilja Ehrenburg und Deutschland. In: Karl Eimermacher, Astrid Volpert (Hrsg.): Stürmische Aufbrüche und enttäuschte Hoffnungen. Russen und Deutsche in der Zwischenkriegszeit. Fink, München 2006, S. 291–327, ISBN 3-7705-4091-3.
  • Peter Jahn (Hrsg.): Ilja Ehrenburg und die Deutschen. Katalog zur Ausstellung im Museum Berlin-Karlshorst vom 27. November 1997 bis 8. Februar 1998. Berlin 1997.
  • Eveline Passet: Im Zerrspiegel der Geschichte. Deutsche Bilder von Ilja Ehrenburg. In: Manfred Sapper, Volker Weichsel (Hrsg.): Das Ich und die Macht. Skizzen zum Homo heroicus und Homo sovieticus (= Osteuropa, 12/2007). BWV, Berlin 2007, S. 17–48, ISBN 978-3-8305-1254-7.

Zum Thema: Ehrenburg als Kriegspropagandist

  • Bernhard Fisch: Ubej! Töte! Zur Rolle von Ilja Ehrenburgs Flugblättern in den Jahren 1944/45. In: Geschichte, Erziehung, Politik, 8. Jahrgang (1997), Heft 1, S. 22–27.
  • Hans Goldenbaum: Nicht Täter, sondern Opfer? Ilja Ehrenburg und der Fall Nemmersdorf im kollektiven Gedächtnis der Deutschen. In: Hallische Beiträge zur Zeitgeschichte, 1/2007, S. 5–38 (PDF).
  • Eveline Passet: Der Feind im Bild im Spiegel. Die Deutschen und Ilja Ehrenburg. In: neue literatur – Zeitschrift für Querverbindungen, 2/1995, S. 5–14.
  • Carola Tischler: Die Vereinfachungen des Genossen Erenburg. Eine Endkriegs- und eine Nachkriegskontroverse. In: Elke Scherstjanoi (Hrsg.): Rotarmisten schreiben aus Deutschland. Briefe von der Front (1945) und historische Analysen. Texte und Materialien zur Zeitgeschichte, Bd. 14. K.G. Saur, München 2004, S. 326–339, ISBN 3-598-11656-X.
  • Thomas Urban: Ilja Ehrenburg als Kriegspropagandist. In: Karl Eimermacher, Astrid Volpert (Hrsg.): Tauwetter, Eiszeit und gelenkte Dialoge. West-östliche Spiegelungen, Band 3: Russen und Deutsche nach 1945. Fink, München 2006, S. 455–488, ISBN 978-3-7705-4088-4.
  • Manfred Zeidler: Die Rolle der Militärpresse innerhalb der politischen Agitationsarbeit: Der Fall Il'ja Erenburg. In: Manfred Zeidler: Kriegsende im Osten. Die Rote Armee und die Besetzung Deutschlands östlich von Oder und Neiße 1944/1945. Oldenbourg, München 1996, S. 113–124, ISBN 3-486-56187-1.

Zum Thema: Ehrenburg im Kalten Krieg

  • Jan C. Behrends: Völkerfreundschaft und Amerikafeindschaft. Ilja Ehrenburgs Publizistik und das Europabild des Stalinismus. In: José Maria Faraldo et al. (Hrsg.): Europa im Ostblock. Vorstellungen und Diskurse (1945–1991) / Europe in the Eastern Bloc. Imaginations and Discourses (1945–1991). Böhlau, Köln 2008, S. 125–144, ISBN 978-3-412-20029-9.

Weblinks

Commons Commons: Ilja Ehrenburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Texte Ehrenburgs im Internet

Einzelnachweise

<references />

24px Dieser Artikel wurde am 2. April 2008 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen.