Symon Petljura
Symon Wassyljowytsch Petljura, auch Petliura oder Petlura (ukrainisch Симон Васильович Петлюра, wiss. Transliteration Symon Vasyl'ovyč Petljura; * 10. Maijul./ 22. Mai 1879greg. in Poltawa; † 25. Mai 1926 in Paris) war ein ukrainischer Politiker, Journalist, Literat und Publizist und von 1919 bis 1920 Präsident der Ukraine.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Petljura wurde am 22. Mai 1879 in Poltawa als Sohn von Stadtkosaken geboren. Diese Herkunft ermöglichte ihm, im Gegensatz zu den weitgehend rechtlosen Bauern, ein Studium. Petljura war im Jahre 1905 Mitbegründer der Ukrainischen Arbeiterpartei und Herausgeber der Zeitschriften Slowo und Ukrajinskaja Schysn zwischen 1905 und 1909. Während des Ersten Weltkriegs diente er in der zaristischen Armee. Nach der Februarrevolution von 1917 wurde er Mitglied des neuen Parlaments (Zentralna Rada), das im Juni die Ukraine als autonome Republik ausrief. Im Juli wurde er Kriegsminister, bald darauf besetzten jedoch deutsche Truppen die Ukraine und installierten eine Marionettenregierung.
Nach dem Rückzug der deutschen Truppen 1918 wurde Petljura eines von fünf Mitgliedern der neuen Regierung und militärischer Oberbefehlshaber (Ataman), 1919 dann Regierungschef. Im Russischen Bürgerkrieg kämpfte er sowohl gegen die Bolschewiki als auch gegen Teile der russischen Konservativen („Weiße“), rivalisierende Ukrainer unter Pawlo Skoropadskyj oder Nestor Machno und gegen Polen. In seinem Herrschaftsbereich ereigneten sich Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung der Ukraine, wobei man von 35.000 bis 50.000 Toten ausgeht. Er führte zwar gesetzliche Strafen für Gewalt gegen jüdische Zivilisten ein, die Umsetzung dieser Gesetze wurde jedoch nur nachlässig durchgesetzt.<ref name="zeit-2014-03-28">Jens Jessen: Krim-Krise: Teufelspakt für die Ukraine. In: Die Zeit. 28. März 2014, abgerufen am 8. Dezember 2014. </ref>
Nach dem Sieg der Kommunisten floh Petljura nach Polen, wo er als legaler Regierungschef der Ukraine anerkannt wurde und im März 1920 in Lublin ein Friedensabkommen mit der polnischen Regierung unterzeichnete, wobei er im Tausch gegen militärische Hilfe die polnischen Bedingungen für die Grenzziehung im Osten akzeptierte. Im Polnisch-Sowjetischen Krieg gelang dann jedoch nur zeitweise die Besetzung von Kiew, und die Wiederherstellung der ukrainischen Unabhängigkeit scheiterte. Petljura führte nun zunächst von Tarnów und Warschau aus die ukrainische Exilregierung an, musste Polen jedoch aufgrund verstärkten sowjetischen Drucks 1923 verlassen und ging über Wien und Genf 1924 nach Paris. Dort gründete er die Zeitung „Tryzub“, welche über die Aktivitäten der ukrainischen Exilregierung berichtete.<ref>http://www.encyclopediaofukraine.com/display.asp?linkpath=pages\P\E\PetliuraSymon.htm</ref>
Am 25. Mai 1926 wurde er während eines Einkaufsbummels in Paris von dem aus der Ukraine stammenden jüdischen Anarchisten Scholom Schwartzbard auf offener Straße niedergeschossen und starb kurz darauf. Der Täter wurde von einem französischen Gericht freigesprochen, weil er in Vergeltung für den Tod von 15 Familienmitgliedern, darunter seine Eltern, gehandelt habe.
Ehrungen
Nach der Auflösung der Sowjetunion im Jahre 1991 und der darauffolgenden Unabhängigkeit der Ukraine wird Petljura in seiner Heimat heute als bedeutender Politiker und als einer der Gründer der modernen Ukraine gewürdigt. Petljura wurden eine Reihe von Ehrungen zuteil. In der Hauptstadt Kiew wurde ebenso wie in seiner Heimatstadt Poltawa ein Denkmal errichtet. 2009 benannte die Stadtverwaltung von Kiew eine Straße nach ihm.<ref>[1]</ref> In mehreren Städten wie zum Beispiel Riwne<ref>http://io.ua/113873</ref> oder Lwiw<ref>http://h.ua/story/38575/</ref> wurden Straßen nach ihm benannt. Die ukrainisch-amerikanische Jugendorganisation CYM (SUM) beruft sich auf Petljura als Vorbild.<ref>[2]</ref> Seit 1993 finden in Kiew jährliche Lesungen seiner Werke statt.<ref>[3]</ref>
Literatur
- Rudolf A. Mark: Symon Petljura und die UNR. Harrassowitz, Wiesbaden 1988. ISBN 3-447-02700-2 (= Forschungen zur osteuropäischen Geschichte. Band 40, zugleich Dissertation an der FU Berlin 1988).
- Nikolai Alexejewitsch Ostrowski: Wie der Stahl gehärtet wurde, LeiV, Leipzig 2004, ISBN 3-89603-197-X.
- David Engel: Schwarzbard-Prozess, in: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 5, Metzler, Stuttgart/Weimar 2014, S. 395–400
Weblinks
- Symon Petljura in der Online-Version der Edition Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik
- Rezensionen von Büchern über Petljura
- Rezension des Buches von Henry Abramson A Prayer for the Government: Ukrainians and Jews in Revolutionary Times
Einzelnachweise
<references />
Personendaten | |
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NAME | Petljura, Symon |
ALTERNATIVNAMEN | Симон Петлюра (ukrainisch); Petliura, Symon; Petljura, Symon Wassyljowytsch; Petlura, Symon |
KURZBESCHREIBUNG | ukrainischer Politiker |
GEBURTSDATUM | 22. Mai 1879 |
GEBURTSORT | Poltawa |
STERBEDATUM | 25. Mai 1926 |
STERBEORT | Paris |