Künstlerhaus


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche

Künstlerhaus ist im Deutschen eine Bezeichnung mit fünf unterschiedlichen Bedeutungsschwerpunkten, teils in Mischformen, und setzt das Vorhandensein eines oder mehrerer atelierartiger Räume oder Werkstätten voraus.

Definitionsvarianten

Unter einem Künstlerhaus versteht man:

  • ein Bauwerk, welches sowohl Wohnräume als auch ein Atelier oder eine Werkstatt umfasst und durch den Künstler oder Architekten selber oder für ihn errichtet wurde (vgl. Rubenshaus oder Palazzo Zuccari)<ref>Ernst Seidl (Hg.): Lexikon der Bautypen. Funktionen und Formen der Architektur. Stuttgart: Philipp Reclam jun. Verlag, 2006, ISBN 978-3-15-010572-6</ref>,
  • das Geburts-, Eltern- oder Wohnhaus/Residenz mit Atelier eines Künstlers und oft zugleich seine Hauptwirkungsstätte während eines bedeutenden Lebensabschnittes (Max Liebermanns Atelier im Palais Liebermann neben dem Brandenburger Tor in Berlin oder auch seine Sommervilla am Wannsee; Lenbachhaus in München; Münterhaus in Murnau; Claude Monets Domizil in Giverny),
  • ein Gebäude oder zusammenliegende Baukörper mit einer Anzahl von Ateliers/Werkstätten, die meist von einer Vielzahl von Künstlern privat angemietet werden (Bateau-Lavoir, in dem Picasso in seinen frühen Pariser Jahren tätig war; La Ruche in Paris),
  • zahlreiche im deutschsprachigen Raum als Künstlerhaus bezeichnete Einrichtungen/Gebäude, teilweise auch mehrere solcher Einrichtungen bzw. Gebäude in derselben Stadt in unterschiedlicher Trägerschaft, z. B. durch Vereine oder Stiftungen: diese Gebäude dienen als Arbeits- und Begegnungsstätte für Kulturschaffende in den Bereichen wie Bildende Kunst und Kunsthandwerk, Literatur und Musik, teils Darstellende Kunst und sind mit Ateliers, Werkstätten und Kommunikationsräumen unterschiedlichster Art und zuweilen mit Gästewohnungen für begrenzte Künstleraufenthalte ausgestattet. Solche Häuser öffnen sich meist gezielt der umgebenden Wohnbevölkerung und übernehmen oft eine innerörtliche und auch überörtliche Image- und Identitätsfunktion für den Stadtteil oder den Ort.
  • Gebäude und Einrichtungen, die professionellen Künstlern aus unterschiedlichen Ländern meist in Verbindung mit einem Arbeitsstipendium für eine begrenzte Zeit ein Atelier oder eine Werkstatt und eine Atelierwohnung zur Verfügung stellen, damit die Teilnehmer möglichst in einem international geprägten Umfeld kreativ arbeiten können. Diese Art der Förderung wird als Artist in Residence bezeichnet (Villa Romana in Florenz). Solche Einrichtungen werden oft über Stiftungen finanziert.

Begriffsabweichungen

Von den fünf Charakterisierungen sind zu unterscheiden:

  • die Künstlerkolonie: dieser Begriff ist historisch mit außerstädtischen Zusammenschlüssen assoziiert. Gleichwohl übernehmen gegenwärtig eine größere Anzahl von Einrichtungen diese Bezeichnung für sich, die im eigentlichen Sinne als Künstlerhaus bezeichnet werden könnten und ein räumliches und kreatives Zusammenwirken verschiedener Künstler in städtischem Rahmen ermöglichen.
  • das Kunsthaus:

Geschichte

Künstlerhäuser entstanden in der Mitte des 19. Jahrhunderts in verschiedenen deutschen Städten. Sie wurden konzipiert von Künstlervereinen, die eine Verbesserung der Vermittlung und Vermarktung von Werken ihrer Mitglieder suchten und für diesen Zweck geeignete Räumlichkeiten einrichteten. Hier konnten einerseits regelmäßige Ausstellungen zu optimalen Bedingungen gefördert, auf der anderen Seite ein gesellige Zusammenkünfte und Veranstaltungen organisiert werden. Die ersten Künstlerhäuser entstanden 1844 in Stuttgart mit der Glocke und in 1848 gegründet mit dem Malkasten in Düsseldorf. Auch die Künstler in Hannover verfügten bereits seit 1856 über eigene Räumlichkeiten im Museum für Kunst und Wissenschaft, das später den Namen Künstlerhaus erhielt. In der bayerischen Landeshauptstadt München beschäftigte sich ab dem Jahre 1850 der Künstlerunterstützungsverein mit Plänen für ein Künstlerhaus. <ref>Siegfried Kett: Das Nürnberger Künstlerhaus, Nürnberg 1992, Verlag Nürnberger Presse, ISBN 3-920701-89-5, S. 9.</ref>

Liste von Künstlerhäusern

Die hier gegebene Auflistung hat nur exemplarischen Charakter:

In Deutschland

Ort Name Gegründet Bemerkung
Ahrenshoop Künstlerhaus Lukas
Bad Ems Internationales Künstlerhaus Schloß Balmoral
Bamberg Internationales Künstlerhaus Villa Concordia
Berlin Bethanien, Kunstkaserne Berlin
Frankfurt am Main Künstlerhaus Mousonturm 1988
Gelsenkirchen Künstlersiedlung Halfmannshof 1931
Dortmund Künstlerhaus Dortmund
Dresden Künstlerhaus Dresden-Loschwitz 1898
Edenkoben bei Heidelberg Künstlerhaus Edenkoben
Feldafing bei München Künstlerhaus Villa Waldberta
Grimma bei Leipzig Denkmalschmiede Höfgen 1976
Hannover Künstlerhaus Hannover
Hamburg Künstlerhaus Sootbörn
Kempten Künstlerhaus Kempten 2004
Krefeld Künstlerhaus Krefeld
Leipzig Künstlerhaus (Leipzig) 1900 1943 zerstört
Mannheim Künstlerhaus zeitraumexit 2000
Marktoberdorf Künstlerhaus Marktoberdorf 2001
München Künstlerhaus am Lenbachplatz 1900
Neumünster Künstlerhaus Stadttöpferei Neumünster 1987
Nürnberg Künstlerhaus Nürnberg
Rheda-Wiedenbrück Künstlerhaus Wiedenbrück
Saarbrücken Saarländisches Künstlerhaus
Lauenburg/Elbe Künstlerhaus Lauenburg 1986
Schöppingen nahe Münster Stiftung Künstlerdorf Schöppingen
Stuttgart Künstlerhaus Stuttgart 1978
Weimar Künstlerheim Weimar 1887 1945 zerstört
Wiepersdorf südlich Berlins Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf
Wustrow Künstlerhof Schreyahn

In Österreich

Ort Name Gegründet Bemerkung
Bregenz Künstlerhaus Bregenz 1984
Klagenfurt Künstlerhaus Klagenfurt
Salzburg Künstlerhaus Salzburg 1885
Wien Künstlerhaus Wien 1868
Graz Künstlerhaus Graz 1952

In der Schweiz

Ort Name Gegründet Bemerkung
Boswil Künstlerhaus Boswil 1954

Literatur

  • Melanie Klier: KünstlerHäuser. Prestel Verlag, München 2006, ISBN 978-3-7913-3525-4
  • Gérard-Georges Lemaire (Texte); Jean-Claude Amiel (Fotografien): Künstler und ihre Häuser. Knesebeck Verlag, München 2004, ISBN 3-89660-208-X

Einzelnachweise

<references />