Architekt
Der Architekt (griech. ἀρχιτέκτων architékton, „Oberster Handwerker, Baukünstler, Baumeister“, aus ἀρχή arché, „Anfang, Ursprung, Grundlage, das Erste“ und τέχνη techne, „Kunst, Handwerk“) befasst sich mit der technischen, wirtschaftlichen, funktionalen und gestalterischen Planung und Errichtung oder Änderung von Gebäuden und Bauwerken vorwiegend des Hochbaues. Seine Kernkompetenz ist das über das Bauen hinausgehende Schaffen von Architektur.
Inhaltsverzeichnis
Überblick
Das Berufsbild des Architekten ist nicht eindeutig definier- und abgrenzbar, länderweise verschieden und ständig in Bewegung. Die Spannweite der Tätigkeitsbereiche reicht von der „Baukunst“, die sich dem Entwurf und der Architekturtheorie widmet, über Ingenieurtätigkeiten und das technische Entwerfen von Gebäuden bis hin zur Bauleitung, bei der Bauplanung und -ausführung koordiniert werden und deren Augenmerk vor allem auf Terminen, Qualität und Baukosten liegt.
Dem Berufsfeld zwischen Baukunst aktuellen oder historischen Zuschnitts auf der einen und angewandter Technik auf der anderen Seite entsprechen auch die möglichen Ausbildungswege wie Universitäten (vor allem Technische Universitäten / Technische Hochschulen), Fachhochschulen, Kunstakademien und Berufsakademien, aber auch Colleges und technische Mittelschulen. Die Schwerpunkte der Ausbildung werden traditionell unterschiedlich gesetzt: bei Kunstakademien wird vor allem Wert auf den gestalterischen Aspekt gelegt, an Universitäten wird bei der Ausbildung ein besonderes Augenmerk auf Theorie und Wissenschaft gelegt, an Fachhochschulen wird auf wissenschaftlicher Grundlage anwendungsorientierter als an den Unis ausgebildet und an Berufsakademien wird praxisnah, aber weniger breit gefächert ausgebildet als an einer Hochschule. Die meisten Institutionen haben inzwischen ein individuelles Ausbildungsprofil mit ganz eigenen Studienschwerpunkten.
Geschichte
Der Beruf des Architekten ist traditionell generalistisch angelegt: die Baumeister vergangener Zeiten erstellten in Personalunion den Entwurf und die Statik und beaufsichtigen den Bauablauf. Je nach Epoche kamen sie aus ganz verschiedenen Klassen und Berufszweigen, zum Beispiel waren sie im Römischen Reich meistens Militäringenieure (vgl. Vitruv), im Frühmittelalter oft Kleriker, im Spätmittelalter aus dem Handwerk, in der Renaissance Künstler, Bildhauer oder Wissenschaftler.
Die aus dem Steinmetzhandwerk und der Bauhüttentradition hervorgegangenen mittelalterlichen Baumeister werden in zeitgenössischen Quellen als Werkmeister oder magister operis bezeichnet. Nach der Gesellenprüfung als Steinmetz absolvierten sie eine zusätzliche Ausbildung und waren nach der Meisterprüfung befähigt als Architekt zu arbeiten (siehe Werkmeisterbücher).
Erst im 19. Jahrhundert, im Zuge des ökonomischen und technischen Fortschritts durch die Industrialisierung, bildete sich der Beruf des Architekten als eigene akademische Disziplin heraus. Es gab enorme Fortschritte in der Bautechnologie, neue Bauaufgaben (Geschosswohnungen, Feuerwachen, Schulen) ergaben sich. Es entstanden Architekturschulen und -akademien. Die dort im Regelfall kürzer ausgebildeten Baumeister führten weiterhin ihre auf die Umsetzung spezialisierten Bauunternehmungen, die akademischen Architekten spezialisierten sich auf den Entwurf von Gebäuden.
Zunehmend bildeten sich die Fachdisziplinen Architektur und Bauingenieurwesen heraus. Die Architekten beschäftigten sich schwerpunktmäßig mit der Gestaltung der Bauwerke des Hochbaus, die Bauingenieure erbrachten nun sämtliche Leistungen für die Bauwerke des Tief- und Ingenieurbaues und planten das Tragwerk für Hochbauten, ebenso wurden sie oft in der Bauleitung für Hochbauten tätig. Die Komplexität der Aufgaben nahm seitdem kontinuierlich weiter zu, so dass sich im 20. Jahrhundert weitere Fachdisziplinen etablierten: Städtebau, Landschaftsarchitektur, Innenarchitektur, Bauphysik etc.
Gegen Ende des 20. Jahrhunderts kamen Berufe hinzu, die viele Aufgaben des klassischen Architekten übernahmen. Baumanagement und Facilitymanagement übernahmen die Koordination der Bauausführung, große Unternehmen boten komplette Planungs- und Ausführungspakete an, so dass sich traditionelle Aufgabenfelder der Architekten verlagerten. In manchen Bereichen ist auch in Deutschland ein Rückzug der Architekten auf den Aspekt des Entwerfens zu beobachten, wie dies in den USA zum Beispiel schon weit verbreitet ist.
Der Trend zur Spezialisierung macht heute auch vor dem an sich generalistisch angelegten Architektenberuf nicht halt. Neben dem Architekten, der sich hauptsächlich mit Hochbau beschäftigt, gibt es in Deutschland noch die Berufsgruppen der Landschaftsarchitekten, Innenarchitekten und Städtebauarchitekten. Weiterhin findet in den einzelnen Büros eine zunehmende Spezialisierung auf bestimmte Bauaufgaben (Verwaltungs- und Gewerbebau, Kulturbau, Wohnungsbau etc.) oder auf bestimmte Leistungsphasen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (z. B. Entwurf, Ausführungsplanung, Ausschreibung oder Bauleitung) statt. Überdies lässt sich eine weitere Spezialisierung auf bestimmte Nischen feststellen, wie z. B. das ökologische Bauen oder die Sanierung von Altbauten beobachten.
Arbeitsfelder
Übliche Arbeitsfelder, die von Architekten (je nach Land, Büro und Qualifikation in unterschiedlichem Maße) abgedeckt werden:
- Während des gesamten Bauprozesses:
- Projektsteuerung
- Koordination der Planungsbeteiligten, Behörden und Ausführenden
- Vertreter des Bauherren gegenüber Planungsbeteiligten, Behörden und Ausführenden
- In der Bauplanungsphase:
- Wettbewerbsmanagement
- Grundlagenermittlung, Vorplanung
- Entwurfsplanung von Gebäuden und Bauwerken vorwiegend des Hochbaues (siehe auch Wettbewerb (Architektur))
- Genehmigungsplanung (in der Schweiz als Baueingabe, in Österreich als Einreichplan bezeichnet)
- Ausführungsplanung; Koordination zwischen den verschiedenen Fachplanern wie z. B. Haustechnik, Tragwerksplanung oder Brandschutzgutachtern
- Ausschreibung und Vergabe: Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe von Bauleistungen, Herbeiführung der erforderlichen Verträge
- Während der Bauausführung:
- Baumanagement: Kostenkontrolle, einzufügen.
Das Statistische Bundesamt nannte 2008 aus Finanzamtsdaten ein durchschnittliches jährliches Bruttoeinkommen für Architekten von 54.529 Euro, die Bundesarchitektenkammer 2011 von 45.000 Euro. Es ist jedoch zu beachten, dass in dieser Statistik nur in der Kammer offiziell als Architekten eingetragene Berufstätige erfasst sind. <ref>Bundesarchitektenkammer: Wirtschaft/Arbeitsmarkt; Statistik.</ref> Die Mehrheit der in der Branche Tätigen verdient deutlich weniger, die Spanne ist sehr groß.
Österreich
Berufsbezeichnung
Die Berufsbezeichnungen Architekt und Ziviltechniker sind in Österreich geschützt und dürfen gemäß Ziviltechnikergesetz 1993 von Personen, denen eine entsprechende Befugnis nicht verliehen wurde, nicht geführt werden.
Verbände
In Österreich gehören die Architekten gemeinsam mit den Ingenieurkonsulenten zur Gruppe der Ziviltechniker.
Schweiz
Ausbildung
In der Schweiz wird Architektur an verschiedenen Hochschulen im Rahmen eines Architekturstudiums gelehrt.
Berufsbezeichnung
Die Berufsbezeichnung Architekt ist in der Schweiz keineswegs geschützt, daher gibt es zahlreiche Praktiker, die sich so bezeichnen. So sind auch die Anforderungen an die Berufsausübung nicht einheitlich geregelt. Einzig in Kantonen der französischsprachigen Schweiz, im Tessin und in Luzern schreiben die kantonalen Baugesetze die qualitativen Mindestanforderungen an Architekten und Bauingenieure vor. Die akademischen Grade aus dem Erwerb von Hochschuldiplomen sind jedoch gesetzlich geschützt.
Verbände
In der Schweiz ist die Architekturszene in drei Verbände gefasst. Der Bund Schweizer Architekten (BSA), der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA) und Swiss Engineering STV (ehemals Schweizerischer Technischer Verband) als größter Berufsverband aller Ingenieure und Architekten. Speziell in der Schweiz gibt es auch den Beruf des Hochbauzeichners, welcher eine unterstützende Funktion in einem Architekturbüro übernimmt.
Siehe auch: Liste von Schweizer ArchitektenSpanien
In Spanien ist die Berufsbezeichnung Architekt (Arquitecto) wie in Deutschland geschützt und setzt ein Studium der Architektur, sowie die Zugehörigkeit zu einer spanischen Architektenkammer voraus. Neben dem mit dem deutschen Architekt vergleichbaren Arquitecto existiert in Spanien noch eine weitere Berufsgruppe, die entscheidende Aufgaben bei der Gebäudeplanung und -erstellung übernimmt, die der sogenannten Aparejadores oder Arquitectos técnicos. Anders als bei der Arquitectura, welche u. a. auch die entwurflichen, baukünstlerischen und -geschichtlichen Aspekte betrachtet und lehrt, konzentriert sich die vierjährige akademische Arquitectura técnica, auf die technisch-konstruktiven Probleme des Bauens. Der Aparejador ist allerdings kein Arquitecto, sondern ein Ingeniero civil und somit dem Bauingenieur oder anglo-amerikanischen Civil engineer gleichzusetzen. Sein Leistungsbild umfasst vorwiegend die Bereiche der Bauleitung und -überwachung, Ausschreibung, Vergabe und Abstimmung mit den Behörden.
Japan
Die japanische Entsprechung des allgemeinen Begriffs Architekt ist kenchikuka (jap. 建築家), der aus kenchiku ‚Gebäude errichten‘ und ka hier etwa ‚Berufsausübender‘ zusammengesetzt ist.<ref>建築家. In: 世界大百科事典 第2版 bei kotobank.jp. Hitachi Solutions, abgerufen am 12. April 2012 (日本語). </ref> Dieser ist allerdings nicht rechtlich geschützt.
Bauplanung und Bauausführung darf in Japan jedoch nur von staatlich zertifizierten Architekten durchgeführt werden, die als kenchikushi (建築士) bezeichnet werden, wobei shi für ‚Gelehrter‘ steht. Deren rechtlichen Anforderungen sind im Kenchikushi-hō (建築士法, „Architektengesetz“) von 1950 festgelegt. Dieses kennt drei Klassen von Architekten: Architekten 1. Klasse (一級建築士, ikkyū kenchikushi) die jede Art von Gebäuden planen und errichten dürfen, Architekten 2. Klasse (二級建築士, nikyū kenchikushi) für eine begrenzte Art von Gebäuden kleineren Ausmaßes und Holzbau-Architekten (木造建築士, mokuzō kenchikushi) für kleinere Holzgebäude. So dürfen zum Beispiel öffentliche Gebäude wie Schulen, Krankenhäuser, Theater usw. mit einer Grundfläche von mehr als 500 m² oder einer Höhe von mehr als 13 m nur von Architekten 1. Klasse errichtet werden. Diese erhalten ihre Lizenz vom Bauministerium, die beiden anderen Architektenklassen von ihrer jeweiligen Präfektur.<ref>建築士. In: 主要な資格がわかる事典 bei kotobank.jp. Kodansha, abgerufen am 12. April 2012 (日本語). </ref><ref name="Dispute Resolution" /> 1995 gab es 264.398 Architekten 1. Klasse, 566.791 Architekten 2. Klasse und 11.386 Holzbau-Architekten.<ref name="Dispute Resolution">Peter Fenn, Michael O’Shea, Edward Davies (Hrsg.): Dispute Resolution and Conflict Management in Construction: An International Review. Routledge, London 1998, ISBN 0-419-23700-3, S. 339 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).</ref>
Siehe auch
- Portal Portal: Architektur und Bauwesen – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Architektur und Bauwesen
Literatur
- Günther Binding: Meister der Baukunst. Geschichte des Architekten- und Ingenieurberufes. Primus Verlag, Darmstadt 2004, ISBN 3-89678-497-8.
- Kerstin Dörhöfer: Pionierinnen in der Architektur: Eine Baugeschichte der Moderne. Wasmuth, Tübingen 2004, ISBN 3-8030-0639-2.
- Werner Durth: Deutsche Architekten. dtv, München 1992, ISBN 3-7828-1141-0.
- Mathias Eisenmenger: Der Architekt: Das zukünftige Berufsbild unter Berücksichtigung seiner Verantwortung als Baumeister. kassel university press, Kassel 2007, ISBN 978-3-89958-252-9.
- Robert Hodonyi: Von Baustelle zu Baustelle. Ein Streifzug durch die Geschichte des Architektenmotivs in der Literatur. In: Weimarer Beiträge. Zeitschrift für Literaturwissenschaft, Ästhetik und Kulturwissenschaften. 54, H. 4, 2008, S. 589–608.
- Ralph Johannes (Hrsg.): Entwerfen. Architektenausbildung in Europa von Vitruv bis Mitte des 20. Jahrhunderts: Geschichte - Theorie - Praxis. Junius Verlag, Hamburg 2009, ISBN 978-3-88506-441-1.
- Isabel Kuhl, Kristina Lowis, Sabine Thiel-Siling: 50 Architekten die man kennen sollte. Prestel Verlag, München 2008, ISBN 978-3-7913-4044-9.
- Ulrich Pfammatter: Die Erfindung des modernen Architekten: Ursprung und Entwicklung seiner wissenschaftlich-industriellen Ausbildung. Birkhäuser, Basel u. a. 1997, ISBN 3-7643-5473-9.
- Hanno Wolfensberger: Architektendämmerung : 10 Abgesänge auf einen Berufsstand. Campus, Frankfurt am Main/ New York 1993, ISBN 3-593-34922-1.
- Tanja Kullack: Architektur - eine weibliche Profession. Jovis Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-86859-114-9.
- Ingrid von Kruse: Eminent Architects. Jovis Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-86859-111-8.
- Ulrike Eichhorn: Achitektinnen. Ihr Beruf. Ihr Leben. Edition Eichhorn, Berlin 2013, ISBN 978-3-8442-6702-0.
Weblinks
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<references />
Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten! -
- Baumanagement: Kostenkontrolle, einzufügen.