Bauingenieurwesen
Das Bauingenieurwesen ist eine Ingenieurwissenschaft, die sich mit der Konzeption, Planung, Entwurf, Konstruktion, Berechnung, Herstellung und dem Betrieb von Bauwerken des Hoch-, Verkehrs-, Tief- und Wasserbaus auseinandersetzt. In diesem Zusammenhang werden ebenfalls Fragen des technischen Umweltschutzes behandelt, beispielsweise Lärmschutz, Gewässer- und Bodenschutz sowie zugehörige Schadstoffuntersuchungen.
Die Berufsbezeichnung lautet Ingenieur bzw. Bauingenieur. Das Studium des Bauingenieurwesens an Universitäten und Fachhochschulen schließt mit einer akademischen Graduierung ab als Bachelor oder Master. Früher war auch Diplom-Ingenieur, abgekürzt Dipl.-Ing. üblich.
Inhaltsverzeichnis
Wortherkunft und Wortbedeutung
Im Wort Bauingenieurwesen steckt der Begriff Ingenieur im Bauwesen. Die Ingenieurbezeichnung ist in diesem Zusammenhang bereits seit dem frühen Mittelalter bekannt. Es leitet sich von dem lateinischen Wort ingenium ab und bedeutet produktiver Geist, Verstand, geistreicher Mensch. Diesen Titel erhielten im 12. und 13. Jahrhundert Menschen, die sich auf den Bau und die Bedienung von Kriegsgerät verstanden.
Diese Bedeutung behielt das Wort Ingenieur viele Jahrhunderte bei und wird beispielsweise im mathematischen Lexikon von Christian Wolf aus dem Jahr 1716 erwähnt. Dort heißt es, der Ingenieur sei ein. »[…] Kriegsbaumeister, […] eine Person, welche die Kriegsbaukunst oder Fortifikation übet und also nicht allein Festungen anzugeben vermögend ist, sondern auch die Attacken bei der Belagerung anzuordnen weiß«.
Johann Rudolf Fäsch ergänzt im Jahr 1735 in seinem Kriegs-, Ingenieur, und Seelexicon: »Übrigens soll er auch eine gründliche Wissenschaft in Arithmetic oder Rechenkunst, der Geometrie, der Geographie, der Civil-Baukunst, der Artillerie, Mechanic, Zeichen Kunst und Perspektive haben, damit er sich bey allen verfallenden Gelegenheiten selbst zu rathen wisse, und nicht nötig habe, sich bey andern erst Raths zu erholen […]«.
Geschichte
Das Bauingenieurwesen zählt zu den ältesten Ingenieurwissenschaften. Erste Gebäude wurden nach der neolithischen Revolution gegen Ende der Steinzeit gebaut. Bei den Assyrern, Babyloniern und Persern, den frühen Hochkulturen Mesopotamiens, wurden Ingenieure an Palast- oder Tempelschulen ausgebildet. Unterrichtet wurde Lesen und Schreiben der Keilschrift, sowie die Berechnung der Neigung von Wasserleitungen, der Erdaushub von Ausschachtarbeiten oder die Belastbarkeit von Mauern. Dieselben Ingenieure, die in Friedenszeiten den Bau von Palästen, Brücken, Tempeln, Stadtmauern oder Aquädukten beaufsichtigten, waren im Kriege mit militärischen Verwaltungsaufgaben betraut. Bemerkenswerte Bauwerke sind die Djoser-Pyramide des Baumeisters Imhotep, der Palast von Persepolis, sowie die Sieben Weltwunder. In der Antike sind die Römer bekannt für ihre vielen Brücken und Straßen. Sie entwickelten auch verbesserte Krane mit Flaschenzug und Laufrad. Im frühen Mittelalter stand vor allem der Ausbau der Klöster im Vordergrund, später der Bau von Burgen und Kathedralen.<ref>König, Kaiser: Geschichte des Ingenieurs</ref>
Für das Bauingenieurwesen sind zwei Bauwerke von besonderer Bedeutung. Der Dom von Florenz war zu Beginn des 15. Jahrhunderts beinahe fertig. Es fehlte nur noch die Kuppel, die wegen des für damalige Verhältnisse gewaltigen Durchmessers von 45 Metern unmachbar schien. Man fand keine Möglichkeit ein Lehrgerüst in den benötigten Abmessungen zu errichten. Brunelleschi fand durch theoretische Überlegungen heraus, dass er die Kuppel ohne Gerüst bauen kann, falls sie eine elliptische Form besitzt. Hierin zeigte sich bereits ein langsamer Übergang vom Erfahrungswissen der Baumeister hin zu theoretischem Wissen der Ingenieure.<ref>Charlotte Schönbeck: Renaissance - Naturwissenschaften und Technik zwischen Tradition und Neubeginn S. 252 in Armin Herrmann, Charlotte Schönbeck(Hrsg.): Technik und Wissenschaft, Düsseldorf, VDI-Verlag, 1991.</ref> Den Wendepunkt für das Bauingenieurwesen brachte die Renovierung des Petersdomes 1742. Hier vertraute man erstmals auf die Berechnungen von Mathematikern auf Grundlagen der Mechanik, die den Einbau von weiteren Zugringen als Verstärkung für das baufällige Gebäude als ausreichend erachteten. Den Vorschlag der erfahrenen Baumeister, die ganze Kuppel abzutragen, verwarf man.<ref>Christoph Scriba, Bertram Maurer: Technik und Mathematik S. 58 in Armin Herrmann, Charlotte Schönbeck(Hrsg.): Technik und Wissenschaft, Düsseldorf, VDI-Verlag, 1991.</ref>
Im 17. Jahrhundert wurden viele Länder von den Regierungen vermessen, um die Verwaltung zu verbessern. Die Landesvermessung Frankreichs war ein Projekt, das von der Académie des sciences durchgeführt wurde und über ein Jahrhundert dauerte. In der Renaissance breiteten sich immer mehr die neuen Kanonen aus; die Burgen verloren ihren militärischen Wert. Verteidigungsanlagen wurden nun flach und massiv erbaut. Die Festungsbaukunst wurde zu einer neuen Disziplin, in der die Geometrie eine große Rolle spielte. Der französische Festungsbaumeister Vauban baute bis 1700 etliche Festungen und nahm an vielen Belagerungen teil. 1675 wurde das Corps des ingénieurs du génie militaire gegründet, das die militärischen Festungsbauingenieure erstmals zusammenfasste. Zwischen 1663 und 1681 wurde der Canal du Languedoc gebaut, das seit der Antike größte Kanalbauprojekt. Außerdem wurde in Frankreich der Straßen- und Brückenbau vom Staat vorangetrieben. Dazu wurden 1716 die zivilen Ingenieure zum Corps des ingénieurs des ponts et chaussées zusammengefasst. Im 18. Jahrhundert wurden auch erste Schulen für die Ausbildung neuer Ingenieure gegründet. Dazu zählen die Ecole des ponts et chaussées 1747 (Schule für Brücken und Straßen) die Ecole du Génie Militaire 1748 in Mézières (Schule für Militärpioniere) und die Ecole des Mines 1783 (Schule für Bergbau). 1794 wurde schließlich die École polytechnique gegründet, die auch für andere Ingenieurwissenschaften international eine große Bedeutung hat. Hier wurden in zwei Jahren Unterricht die gemeinsamen mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundlagen für das anschließende Studium auf einer der vorgenannten Spezialschulen vermittelt. Nach dem Vorbild der Ecole Polytech wurden in Deutschland zu Beginn des 19. Jahrhunderts viele Polytechnische Schulen gegründet, die im Laufe des Jahrhunderts zu Technischen Hochschulen und schließlich zu Technischen Universitäten aufgewertet wurden. Im liberalen England war der Bau von Straßen, Brücken und Kanälen Sache der privaten Wirtschaft. Die britischen Bauingenieure schlossen sich unter Führung des berühmten Ingenieurs John Smeaton 1771 zur Society of Civil Engineers zusammen. Trotz ihres großen Einflusses verfiel sie letztendlich in eine Dauerkrise. Sie wurde 1818 von der Institution of Civil Engineers von Thomas Telford abgelöst.<ref>König (Hrsg.): Propyläen Technikgeschichte</ref>
Teilgebiete
Das Bauingenieurwesen gliedert sich in eine Vielzahl verschiedener Teilgebiete, die den technischen Bereich des gesamten Bauwesens umfassen:
- Baubetrieb und Bauleitung
- Bauinformatik
- Baustoffkunde, Baustoffprüfung, Bauchemie, Bauphysik
- Geotechnik (Erd- und Grundbau), Bodenmechanik, Felsmechanik, Felsbau und Tunnelbau, Bergbau
- Konstruktiver Ingenieurbau (Baustatik, Baudynamik, Stahlbau, Massivbau, Holzbau, Hochbau, Glasbau, Membranbau, Brückenbau, Grundbau)
- Verkehrswegebau (Straßen- und Wegebau, Verkehrsplanung, Eisenbahnbau, in Teilen auch Städtebau)
- Wasser und Umwelt (Wasserwirtschaft, Siedlungswasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Wasserbau, Küsteningenieurwesen, Energiewasserbau, Hydromechanik, Stahlwasserbau, Stauanlagenbau, Verkehrswasserbau, Hydrologie)
Auf Grund des hohen Bauwerksbestandes kommt den Themen Sanierung und Bauwerkserhaltung eine wachsende Bedeutung zu.
In all diesen Teilgebieten sind Bauingenieure maßgebend beschäftigt und übernehmen dort u.a. den Entwurf, die Berechnung und die Bemessung von Anlagen und Bauwerken. Die Beteiligung ist dabei je nach Art und Funktion des Bauwerks unterschiedlich stark ausgeprägt.
Unter den Fachgebieten des Bauingenieurwesens sind hervorzuheben:
Hochbau
Der Sammelbegriff Hochbau steht für Baukonstruktionen, die mehrheitlich über der Erde errichtet werden. Im Hochbau ist der Bauingenieur im Bereich des konstruktiven Ingenieurbaus für die statische Berechnung und Bemessung von Tragwerken aller Art verantwortlich. Je nach verwendetem Baustoff ist dabei zwischen Massivbau, Stahlbau oder Holzbau zu unterscheiden. Zu diesen Tragwerken zählen sowohl einfache Geschossbauten (wie etwa Wohn- oder Bürogebäude) als auch anspruchsvolle Bauwerke (wie beispielsweise Hallen, Sportanlagen oder Türme).
Mit Hilfe der Festigkeitslehre und den Gesetzmäßigkeiten der technischen Mechanik konstruiert der Bauingenieur ein Tragwerk bestehend aus Platten und Balken, Stützen und Wänden sowie Geschossdecken. Gemäß den äußeren auftretenden Einwirkungen und den geplanten Einwirkungen aus der Gebäudenutzung entsteht so ein statisch wirksames Tragwerk. Gestalterische oder nutzungstechnische Vorgaben werden in diesem Bereich nach den Anforderungen der Bauaufgabe in der Regel von einem Architekten in einem Entwurf zeichnerisch dargestellt und in enger Zusammenarbeit mit dem Bauingenieur umgesetzt.
Ein weiteres Betätigungsfeld des Bauingenieurwesens im Bereich des konstruktiven Ingenieurbaus ist der Brückenbau. In diesem Bereich entwirft und berechnet der Bauingenieur Brückentragwerke für Verkehrswege und Versorgungsleitungen.
Baubetrieb und Bauleitung
Ein wichtiger Bereich des Bauingenieurwesens ist die baubetriebliche Betreuung eines Bauvorhabens. Der Bauingenieur übernimmt dabei die Projektleitung (oder Teile von ihr) und führt die Baumaßnahme durch die einzelnen Projektphasen. Er ist verantwortlich für die Koordination einzelner Gewerke und Bauabläufe sowie für die Einhaltung von festgelegten Bauzeiten (so genanntes Controlling). Zu diesem Zweck bedient er sich zahlreicher Werkzeuge des Projektmanagement und übernimmt die Ablaufplanung und -steuerung.
Bei anspruchsvollen Bauaufgaben, bei der eine Vielzahl von Bauverfahren zur Anwendung kommen und Bauabläufe streng strukturiert sind (beispielsweise Taktplanung), übernehmen Bauingenieure die Bauleitung.
Neben der Bauleitung zählt auch die Bauabrechnung und Ausschreibungsbearbeitung zu diesem Teilgebiet. Der Bauingenieur stellt Ausschreibungsunterlagen zusammen oder verfasst Angebote für Baumaßnahmen. Dabei kalkuliert er Baupreise und plant die Bauvorbereitung, Baustelleneinrichtung und Bauausführung. Während der Bauarbeiten bearbeitet er die Abrechnung und ist für die Nachtragsverwaltung verantwortlich. Nach Abschluss der Baumaßnahme verantwortet er die Kostenfeststellung.
Tiefbau
Ein weiteres Teilgebiet des Bauingenieurwesens ist der Tiefbau. Dort werden alle Bauaufgaben behandelt, die im Erdreich oder mit dem Erdreich zu tun haben. Zu den Kernaufgaben zählt dabei der Erdbau, für dessen Ausführung Kenntnisse im Bereich der Bodenmechanik und der Wasserhaltung notwendig sind. Neben dem Erdbau spielt auch der Grundbau eine wesentliche Rolle, da in diesem Fall Gründungen für Hochbauten vom Bauingenieur entworfen werden und mit Hilfe der Baugrubensicherung die Erstellung dieser Gründungen möglich gemacht wird.
Weiterhin gehört der Einbau und die Wartung aller erdverlegten Ver- und Entsorgungsleitungen zum Bereich des Tiefbaus. In diesem Fall müssen Gräben angelegt und gesichert werden und nach den Leitungsarbeiten wieder ordnungsgemäß verfüllt und verdichtet werden. Der Bauingenieur wählt hierfür geeignete Bauverfahren aus und verhindert so Setzungsschäden an umliegenden Gebäuden und Anlagen.
Der Bauingenieur wird auch im Tunnel- und Stollenbau tätig. Dort beschäftigt er sich mit dem Vortrieb des Tunnelbauwerks und kümmert sich um die Erstellung aller beteiligten Bauwerke (wie etwa Bahnhöfe). Erdstatische Berechnung verhindern den Einsturz des Tunnels und das Eindringen von Wasser.
Studium
Voraussetzungen
Da der Beruf eine naturwissenschaftliche Ausrichtung besitzt, sind eine Technikbegeisterung, Problemlösungsveranlagung und der Umgang mit Maschinen von Vorteil. Zudem sollten logisches Denkvermögen, Konzentrationsvermögen und Ausdauer bzw. Geduld vorhanden sein. Das in der Öffentlichkeit oft angesprochene mathematische Können ist zwar grundlegend gefordert, wird aber in vielen Bereichen nicht in allzu hohem Maße verlangt. Der Umgang mit moderner EDV gewinnt auch im Bauwesen zunehmend an Bedeutung, sodass der Bauingenieur auch auf diesem Gebiet Kenntnisse besitzen sollte. Studienvoraussetzung ist ein Zeugnis der Hochschulreife (allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife oder Fachhochschulreife), der Studiengang selbst kann mit einem Numerus clausus beschränkt sein.
Studiengang
Der Studiengang „Bauingenieurwesen” wird an vielen Universitäten, Technischen Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz angeboten. Das Studium des Bauingenieurwesens ist neben Elektrotechnik und Maschinenbau einer der drei klassischen Studiengänge für angehende Ingenieure.
Nebenstehende Grafik zeigt die Zahl der Studienanfänger und Absolventen im Fach Bauingenieurwesen an den verschiedenen Hochschularten in Deutschland. Generell ist aus der Grafik ein abwärtsgerichteter Trend zu erkennen, der mit der stark schwankenden Konjunkturlage im Baubereich verbunden ist.
Aufgrund der Vereinheitlichung der Strukturen der Hochschulausbildung in Europa im Bologna-Prozess wurden bis Ende 2010 bereits die meisten Ingenieurstudiengänge vom bisherigen Diplomstudiengang auf das anglo-amerikanische Bachelor- und Master-System umgestellt.
Einige Hochschulen bieten ein „duales Studium” oder auch Verbundstudium an. In diesem Fall besteht die Möglichkeit sowohl das Studium zum Bauingenieur mit Bachelor-Grad zu absolvieren, als auch einen Meisterbrief, Gesellenprüfung im Bauhandwerk vorausgesetzt, zu erwerben. Damit soll die Qualifizierung der Absolventen für bestimmte Berufstätigkeiten verbessert und die Anstellungschancen erhöht werden.
Das teilweise noch angebotene Diplomstudium dauert nach der Regelstudienzeit zehn Semester. Die Regelstudienzeit für das Bachelorstudium beträgt meistens sechs Semester und im Masterstudium vier Semester. Es gibt aber auch Modelle in denen die Regelstudienzeit variiert, der Bachelor kann dann sieben Semester dauern und der Master drei. Diese Unterschiede folgen aus den unterschiedlichen Angeboten der Hochschulen. Das Universitätsstudium ist im Allgemeinen theoretischer und wissenschaftlicher ausgerichtet als an Fachhochschulen. In Fachhochschulen wird dagegen verstärkt anwendungsorientiertes Wissen vermittelt. Für das Studium des Bauingenieurwesens ist an Universitäten und Fachhochschulen normalerweise ein Grundpraktikum abzuleisten, das allerdings bei einer geeigneten Berufsausbildung entfallen kann. An Fachhochschulen ist des Weiteren ein praktisches Studiensemester eingeplant.
Abschluss
Mit erfolgreichem Studienabschluss wurde bisher der akademische Grad eines Diplomingenieurs verliehen (bei einem FH-Diplomstudiengang mit Angabe der Hochschule). Die Abschlussbezeichnungen lauten nach der Umstellung fortan beispielsweise Bachelor of Engineering und Master of Engineering oder Bachelor of Science und Master of Science.
Der akademische Grad des Diplomingenieurs einer Universität entspricht dabei dem Mastergrad, der eines Fachhochschulabsolventen entspricht dem Bachelorgrad. In Österreich wird der akademische Hochschulgrad „Dipl.-Ing.“ auch als „DI“ abgekürzt. Dem Absolventen einer 5-jährigen schulischen Ausbildung an einer Höheren Technischen Lehranstalt (HTL) kann – auf Antrag – die Standesbezeichnung „Ingenieur der Fachrichtung Bauwesen” verliehen werden.
Die wissenschaftliche Weiterqualifikation als „Doktor der Ingenieurwissenschaften (Dr.-Ing.)“ ist in einem mehrsemestrigen Promotionsverfahren an einer Universität bzw. Technischen Hochschule möglich. Voraussetzung dafür ist ein erfolgreicher Diplom- oder Masterabschluss.
Auch an Berufsakademien werden Bauingenieure ausgebildet. Im Gegensatz zu Hochschulabsolventen erhält der BA-Absolvent keinen akademischen Hochschulgrad, sondern die staatliche Bezeichnung als „Dipl.- Ing. (BA)“. An einigen akkreditierten Berufsakademien ist der Abschluss als Bachelor möglich.
Berufsbild
Aufgaben
Konzipieren, Planen, Berechnen, Konstruieren, Organisieren, aber auch Verwalten sind die wichtigsten Tätigkeitsmerkmale des Bauingenieurs. Technische Lösungen von Bauingenieuren sind immer einerseits der Sicherheit (Standsicherheit, Betriebssicherheit, Gebrauchstauglichkeit) und andererseits der Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Bauingenieure arbeiten sowohl in Unternehmen aller Größenordnungen in Bauindustrie und Bauhandwerk als auch in Ingenieurbüros unterschiedlichster Größen. Auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung sind Bauingenieure beschäftigt. Sie können Angestellte, Freiberufler oder Beamte sein. Häufig arbeiten Bauingenieure eng mit Architekten und Stadtplanern zusammen. Für Bauingenieure gibt es eine eigene Laufbahnprüfung (Beamtenlaufbahn) im öffentlichen Dienst.
Bauingenieure sind in unterschiedlichen Teilbereichen (Überschneidungen möglich) des Bauingenieurwesens tätig und werden dann unterschiedlich bezeichnet. So werden Ingenieure, die im Bereich Hochbau arbeiten als Tragwerksplaner oder Statiker bezeichnet. Für Projektleiter einer Baustelle hat sich der Begriff Bauleiter durchgesetzt. Wasserbauingenieure arbeiten im Wasserbau, Verkehrswegeplaner im Verkehrswegebau und Tiefbauingenieure beschäftigen sich mit Tiefbauaufgaben. Die Immobilienverwaltung und Gebäudeüberwachung bzw. steuerung wird von so genannten Facilitymanagern übernommen.
Verdienst
Das tarifliche Anfangsgehalt in der Bauindustrie beträgt für Fachhochschulabsolventen monatlich 2993 € (West) bzw. 2670 € (Ost) und für Absolventen der Technischen Universität pro Monat 3309 € (West) bzw. 2951 € (Ost). Jedoch sind viele Bauingenieure in Unternehmen, insbesondere Ingenieurbüros, beschäftigt, die nicht Mitglied in einem der Bau-Arbeitgeberverbände sind. Der Unterschied zwischen Ost und West kann bis zu 22 % betragen.
Im Vergleich mit anderen Ingenieurberufen befindet sich der Bauingenieurberuf auf den letzten Plätzen der Einkommensliste.<ref>Was verdienen Ingenieure und Ingenieurinnen? Eine Analyse von Einkommensdaten auf Basis der WSI-Lohnspiegel-Datenbank, Seite 1 (PDF; 92 kB)</ref> Das Gehalt von Frauen liegt mit einem Prozentsatz von ca. 23 % unterhalb des Gehalts von ihren männlichen Kollegen.<ref>Was verdienen Ingenieure und Ingenieurinnen? Eine Analyse von Einkommensdaten auf Basis der WSI-Lohnspiegel-Datenbank, Seite 9 (PDF; 92 kB)</ref>
Die Lohnstatistik zeigt auch, dass Ingenieure mit Fachhochschulabschluss etwas weniger verdienen als Absolventen der Universität. Einen beträchtlichen Einkommensvorsprung haben promovierte Bauingenieure gegenüber den beiden anderen Absolventengruppen. Das Einkommen erhöht sich im Allgemeinen bei größeren Betrieben und mit zunehmender Berufserfahrung.
Haftung
Der Bauingenieur erlangt durch seine Tätigkeit ein beträchtliches Maß an Verantwortung für Mensch und Umwelt. Die Bauwerke an sich müssen sowohl hinsichtlich der Standsicherheit als auch der Gebrauchstauglichkeit gewissen Anforderungen genügen. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt und durch die Mangelhaftigkeit des Bauwerks sogar Menschen verletzt oder getötet haftet der Bauingenieur für diese Fehler. Es besteht die Möglichkeit, dass entweder eine empfindliche Geldbuße oder eine Freiheitsstrafe angesetzt wird, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Bauingenieur fahrlässig gehandelt hat oder die anerkannten Regeln der Technik missachtet hat.
Die Tatsache, dass Bauingenieure für ihre Fehler haftbar gemacht werden, ist schon seit dem 18. Jahrhundert v. Chr. bekannt. So ist im Codex Hammurapi folgender Absatz zu lesen:
„Wenn ein Baumeister ein Haus baut für einen Mann und macht seine Konstruktion nicht stark, so daß es einstürzt und verursacht den Tod des Bauherrn, dieser Baumeister soll getötet werden.“
Diese Art von Haftungsansprüchen ist selbstverständlich in der aktuellen Gesetzgebung nicht mehr zu finden, dennoch gelten auch hier harte Strafen. So legt beispielsweise § 319 (Baugefährdung) des deutschen Strafgesetzbuches fest:
„Wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues oder des Abbruchs eines Bauwerks gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Das schweizerische Strafgesetzbuch besagt in Artikel 229:
„1 Wer vorsätzlich bei der Leitung oder Ausführung eines Bauwerkes oder eines Abbruches die anerkannten Regeln der Baukunde außer acht lässt und dadurch wissentlich Leib und Leben von Mitmenschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Mit Freiheitsstrafe ist eine Geldstrafe zu verbinden. 2 Lässt der Täter die anerkannten Regeln der Baukunde fahrlässig außer Acht, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.“
Siehe auch
- Kategorie:Bauingenieur
- Bauwesen, Bauwerk, Gebäude
- Gebäudesystemtechnologie
- Ziviltechniker
- Fachplanung
Literatur
- Ricken, Herbert: Der Bauingenieur, Verl. für Bauwesen, 1994, ISBN 3-345-00266-3
- Hahn, Volker: Der Bauingenieur und seine gesellschaftspolitische Aufgabe, Stiftung Bauwesen, 1996
- Leonhardt, Fritz: Der Bauingenieur und seine Aufgaben, Deutsche Verlags-Anstalt, 1981, ISBN 3-421-02569-X
Weblinks
Einzelnachweise
<references />