Kathedrale


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25px Dieser Artikel behandelt die Bischofskirche. Zum Thriller-Roman des US-amerikanischen Schriftstellers Nelson DeMille aus dem Jahr 1981 siehe Die Kathedrale.
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Kathedrale von Lincoln, anglikanische Kathedrale der Diözese Lincoln
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Kathedrale von Florenz, Italien

Eine Kathedrale oder Kathedralkirche (lateinisch ecclesia cathedralis „Kirche des Bischofssitzes“ zu griechisch καθέδρα kathedra „Sitz“ und καθεδρικός kathedrikos „Lehrstuhl“), auch Bischofskirche oder Mutterkirche genannt, ist eine Kirche, die Sitz (lateinisch cathedra) eines Bischofs und somit das Zentrum einer Diözese ist. Die Hauptkirche einer Kirchenprovinz (Metropolie) wird auch als Metropolitankirche bezeichnet.

Die Bezeichnung ist in der römisch-katholischen, orthodoxen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein kirchlicher Titel. In der evangelischen Kirche werden die ranghöchsten Kirchen Hauptkirche genannt, sie sind zumeist Sitz des Landesbischofs (Präses, Kirchenpräsidenten). Gelegentlich sind auch im Protestantismus Bischofskirche oder Bezeichnungen, die auf vorreformatorische Bischofssitze zurückgehen, in Gebrauch. In den lutherischen Kirchen Skandinaviens heißen die Bischofskirchen Domkirke/Domkyrka.

In der Liste der Listen der Kathedralen sind Kathedralen nach Kontinenten sortiert aufgeführt.

Etymologie

Die Bezeichnung Kathedrale (ecclesia cathedralis) tauchte erstmals 516 auf dem Konzil von Tarragona auf, das allerdings nicht zur Reihe der ökumenischen Konzile gehört. Daneben nannte man Bischofskirchen auch ecclesia maior „große Kirche“, was in einigen Sprachen heute der deutschen Kathedrale entspricht.

Ähnliche Begriffe

Besonders im deutschen und italienischen Sprachraum werden Kathedralen auch Dom oder Münster genannt. Beispiele dafür sind Kölner Dom, Mailänder Dom, Freiburger Münster und Straßburger Münster. Die Bezeichnung „Dom“ oder „Münster“ deutet im allgemeinen Sprachgebrauch an, dass es sich um eine große oder bedeutsame Kirche handelt, denn nicht alle Dome und Münster sind auch Bischofssitze: das Ulmer Münster und selbst der Petersdom sind keine Kathedralen.

Metropolitenkirche:

In der Orthodoxen Kirche Griechenlands, deren Oberhaupt und wichtigste Bischöfe gleichzeitig den Titel Metropolit tragen, gibt es die Bezeichnung Mitropolitikós Naós (Μητροπολιτικός Ναός), Metropolitenkirche, eigentlich sogar Metropoliten-Tempel.

Besondere Kathedralen

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Chor und Apsis der Lateranbasilika mit Cathedra

Die ranghöchste Kirche der römisch-katholischen Kirche ist die Lateranbasilika, Kathedrale der Diözese Rom. Sie ist die älteste der Basilicae maiores und trägt die Ehrenbezeichnung „Mutter und Haupt aller Kirchen des Erdkreises“. Ihr Weihetag wird in der römisch-katholischen Kirche als Fest im Rang eines Herrenfestes begangen.

Die Kathedralen der katholischen Patriarchen heißen Patriarchalbasilika.

Kathedralkirchen und Bischofssitz

Durch die Verlegung von Bischofssitzen oder die Aufhebung von Bistümern durch die Reformation oder Säkularisation können Kathedralen ihren Titel verlieren.

Konkathedrale

In der römisch-katholischen Kirche wird eine ehemalige Bischofskirche nach der Verlegung eines Bischofssitzes oder der Zusammenführung zweier Bistümer manchmal als zweite Kathedrale des Bistums weitergeführt und trägt die Bezeichnung Konkathedrale oder Ko-Kathedrale. Die Kathedrale des Erzbistums München und Freising ist weiterhin unter ihrem alten Namen Frauenkirche bekannt, während der ursprüngliche Bischofssitz, der Freisinger Dom, heute Konkathedrale ist. Die Bischofskirche des lateinischen Patriarchen in Jerusalem wird als Konkathedrale bezeichnet, weil der Kathedralrang der Grabeskirche vorbehalten ist.

Weitere Konkathedralen sind:

Prokathedrale

Vorläufig oder temporär eingerichtete Bischofskirchen werden Prokathedrale genannt und behalten diese Bezeichnung meist auch, nachdem der Bischofssitz wieder verlegt wurde. Besonders bei neu errichteten Bistümern kann es vorkommen, dass bis zur Fertigstellung einer geplanten Kathedrale eine andere Kirche temporär als Bischofssitz fungiert.

Kathedralbau

Kunstgeschichtliche Bedeutung

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Der Kölner Dom wurde zu Ehren der Heiligen drei Könige errichtet. Der Sakralbau wurde erst nach 600-jähriger Bauzeit vollendet.

Hans Jantzen bezeichnete die Kathedralen als „Träger der führenden Gedanken der abendländischen Baukunst“. In der katholischen und vielen orthodoxen Kirchengemeinschaften wurden bzw. werden Bischofskirchen besonders groß und aufwändig gestaltet. Den künstlerischen und bautechnischen Höhepunkt erfuhren die Kathedralen in der Gotik, besonders in Frankreich.

Die kunstgeschichtliche Definition Adolf Adams, der „unter Kathedralen die Hauptkirchen des gotischen Baustils“ versteht, stimmt mit der kirchlichen insoweit überein, als Bischofskirchen grundsätzlich die größten und wichtigsten waren, in der Zeit der Gotik aber die größte Aufmerksamkeit erfuhren. Im frühen Mittelalter hatten oft Klöster und ihre Kirchen eine ebenso große Bedeutung. Nach Reformation und Gegenreformation richtete sich das Augenmerk der Kirche(n) mehr auf die Seelsorge und damit auf Pfarrkirchen und Wallfahrtskirchen.

Die wohl bekannteste gotische Kathedrale in Deutschland ist der Kölner Dom.

Typische Bauformen

Im Einflussbereich des französischen Kathedralbaus haben seit der Spätromanik Kathedralen Gemeinsamkeiten in Bauform und Ausstattung. Typisch ist ein großer Chorraum im Osten, der dem Klerus vorbehalten war und durch ein Querschiff vom übrigen Kirchenschiff getrennt wird. So hat die Kirche insgesamt einen kreuzförmigen Grundriss. Das Langhaus ist als mehrschiffige Basilika ausgeführt, bei der das Hauptschiff höher und breiter ist als die Seitenschiffe. Die Westfassade wird von zwei Türmen geprägt. Ein weiterer Turm befindet sich oft über der Kreuzung von Langhaus und Querschiff, der sogenannten Vierung. In der Gotik wurde auf diesen Vierungsturm nicht selten verzichtet, während die Westtürme immer höher gebaut wurden.

Bei geringerem französischen Einfluss wurden auch eintürmige Dome gebaut (Ostseeraum). In Italien mit seiner überwiegend eigenständigen Bautradition überwiegen turmlose Westfassaden. Überhaupt wurden bei italienischen Kirchen zumeist nur einzelne gotische Stilelemente übernommen.

Nach Ende der Gotik gebaute Kathedralen haben über der Vierung oft eine Kuppel, wie in Florenz, Rom (Petersdom), Salzburg und London (St Paul’s Cathedral). Kuppeln auf Pfarrkirchen sind außerhalb der orthodoxen Konfessionen dagegen selten. In der Zeit des Barock wurden – wie auch bei anderen Kirchen – vielerorts zusätzliche pompöse Altäre eingebaut.

Späte Nachbesserungen

Nicht wenige Kathedralen, wie zum Beispiel der Kölner Dom, der Mailänder Dom, der Veitsdom in Prag und der Nidarosdom in Trondheim, blieben nach dem Ende der Gotik unvollendet stehen und wurden erst im 19. Jahrhundert fertiggestellt.

Klein und Groß

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Heilig-Kreuz-Kathedrale in Nin (Kroatien)

Kirchen als sozialer Treffpunkt

Eine Kathedrale oder Kirche des Mittelalters war als sozialer Treffpunkt das Zentrum des dörflichen oder städtischen Lebens, in dem sich die unterschiedlichsten politischen, sozialen und geistlichen Funktionen bündelten. Bis zum Aufkommen der Rathäuser im 13. Jahrhundert war die Kirche zentraler Versammlungs-, Beratungs- und Wahlort für die Organe der bürgerlichen Gemeinde, ebenso wurden dort Rechtsgeschäfte abgewickelt. Das Langhaus einer Kathedrale war ein religiöser und gesellschaftlicher Treffpunkt der Stadt.<ref>Christopher Brooke: Die Kathedrale in der mittelalterlichen Gesellschaft. In: Wim Swaan: Die großen Kathedralen. DuMont, Köln 1969, S. 19.</ref> Die Kirche wurde gelegentlich auch als Warenspeicher, Stall, Gasthaus, Hurentreff, Markt, Festung und Zufluchtsort für die Bevölkerung benutzt. Aufgeführt wurden im Kirchenraum auch die beliebten Mysterienspiele, die sich aus den jährlich wiederholten Lesungen der Messe entwickelt hatten.

Literatur

Aufsätze
Bücher
  • Adolf Adam: Wo sich Gottes Volk versammelt. Gestalt und Symbolik des Kirchenbaus. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 1984, ISBN 3-451-20186-0.
  • Hans Jantzen: Kunst der Gotik. Klassische Kathedralen Frankreichs – Chartres, Reims, Amiens. Neuausgabe, 2. Aufl, erweitert und kommentiert durch ein Nachwort von Hans-Joachim Kunst. Reimer, Berlin 2003, ISBN 3-496-00898-9.
  • Christoph Markschies: Gibt es eine „Theologie der gotischen Kathedrale“? Nochmals: Suger von Saint-Denis und Sankt Dionys von Areopag (= Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse. Jg. 1995, Abh. 1). Winter, Heidelberg 1995, ISBN 3-8253-0272-5.
  • Uwe A. Oster (Hrsg.): Die großen Kathedralen. Gotische Baukunst in Europa. 2. Auflage. Primus, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-89678-842-9.
  • Otto von Simson: Die gotische Kathedrale. Beiträge zu ihrer Entstehung und Bedeutung. 5., gegenüber der 2., 3. und 4. unveränderte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1992, ISBN 3-534-04306-5.
  • Ernst Ullmann: Die Welt der gotischen Kathedrale. Union-Verlag, Berlin 1981, ISBN 3-85063-117-6.

Einzelnachweise

<references/>

Weblinks

Commons Commons: Kathedrale – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Kathedrale – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen