Mailänder Dom
Mailänder Dom Duomo di Santa Maria Nascente Cattedrale Metropolitana di Santa Maria Nascente | ||||||
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Außenansicht des Mailänder Doms Außenansicht des Mailänder Doms | ||||||
Daten | ||||||
Ort | Mailand | |||||
Baumeister | (Div.) | |||||
Baujahr | 1388–1965 | |||||
Höhe | 106,50 m | |||||
Grundfläche | > 11.000 m² | |||||
Koordinaten | 9,1908416666667|primary | dim= | globe= | name=Mailänder Dom Duomo di Santa Maria Nascente Cattedrale Metropolitana di Santa Maria Nascente |
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Der Mailänder Dom, Duomo di Santa Maria Nascente (im lombardischen Dialekt Dom de Milan), ist eines der berühmtesten Bauwerke Italiens und Europas und die Kathedrale des Erzbistums Mailand. Er ist nach dem Petersdom im Vatikan und der Kathedrale von Sevilla flächenmäßig die drittgrößte Kirche der Welt.<ref>Mailand, Casa Editrice Bonechi, ISBN 978-88-476-1724-7</ref> Der fünfschiffige Dom ist 157 Meter lang und 109 Meter breit. Die hohen, farbenprächtigen Glasfenster des Chors gehören zu den größten der Welt und stellen eine Sehenswürdigkeit für sich dar. Das durch den hellen Marmor und die knapp 4000 Statuen einmalige Bauwerk wurde 1572 durch Karl Borromäus auf den Namen Santa Maria Nascente geweiht und trägt somit das Patrozinium Mariä Geburt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte des Doms
Zuvor befanden sich an der Stelle nach einem heidnischen Tempel die frühchristliche Kathedrale Santa Maria Maggiore und die etwas größere römische Basilika, die später der Heiligen Tecla geweiht wurde. Beide gingen auf das vierte Jahrhundert zurück und wurden mehrfach zerstört und verändert wiederaufgebaut.
Der Bau des Doms wurde 1386 auf Initiative von Bischof Antonio Saluzzo durch den Stadtherrn Gian Galeazzo Visconti, den späteren ersten Herzog von Mailand, begonnen und erst in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts fertiggestellt. 1388 wurden die Fundamente gelegt und mit dem Bau der Außenmauern einer dreischiffigen Kirche „von rückwärts“ begonnen, das heißt von der Apsis aus – die Fassade sollte erst am Ende errichtet werden. Im Jahr 1391 wurde der Grundriss auf eine fünfschiffige Kirche verändert, im Jahr darauf wurde der Bau in zunehmender Höhe errichtet, als erstes Zeichen der aufkommenden Gotik, die den ganzen Bau beherrschen wird. Giovannino de’ Grassi skizzierte 1393 Entwürfe für die Fenster der Apsis, die von Filipino degli Organi im 15. Jahrhundert als Vorlage verwendet wurden. Der Bau des Vierungsturmes bereitete große Probleme (Statik, Aussehen). Gian Galeazzo Maria Sforza holte sich von Giovanni Nexenberger, Leonardo da Vinci, Donato Bramante und Giovanni Antonio Amadeo Unterstützung. Letzterer entwarf auch den Turm, der 1490 von Dolcebuono errichtet wurde.
Die Fassade ist ein Kapitel für sich: In der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde von Vincenzo Seregni ein Entwurf für eine Fassade mit zwei flankierenden Türmen vorgelegt. Der Entwurf wurde aber von Erzbischof Carlo Borromeo zurückgelegt, der Pellegrino Tibaldi (genannt Il Pellegrino) zum Dombaumeister machte. Dieser sah statt der gotischen, nun als „deutsch“ und „protestantisch“ konnotierten Fassade eine solche nach römischer Art, also im Stil der Renaissance vor. 1577 wurde das Presbyterium eingeweiht, nachdem es völlig neu entworfen worden war. Pellegrinos Entwurf der Fassade wurde im 17. Jahrhundert teilweise von Richini realisiert. Es machten aber auch viele andere (Mailänder) Architekten (Bassi, Richini, Tibaldi, Castelli, Buzzi) einen Entwurf zur Fassade, wovon der nun wieder gotisierende Entwurf von Carlo Buzzi mit fünf durch Fialen bewehrte Felder weiter verfolgt wurde.
- Entwürfe für die Fassade
- Milano - Duomo - Illustrazione dal De architectura di Vitruvio, edizione del 1521 di Cesare Cesariano.jpg
Bauzeichnung von Cesare Cesariano, 1521
- ProjectBuzzi1.jpg
Entwurf mit Türmen von Carlo Buzzi (1647)
- Ricchino - Progetto per la facciata del Duomo di Milano 2.jpg
Entwurf von Francesco Maria Richini, 17. Jh.
- Dal Re, Marc'Antonio (1697-1766) - Vedute di Milano - 09 - Il Duomo - ca. 1745.jpg
Marc'Antonio Dal Re: Der Dom um 1745
Erst im Auftrag Napoleons, der sich im Dom am 26. Mai 1805 zum König von Italien krönen ließ, wurde die Fassade von Giuseppe Zanola weitergebaut und 1813 von Amati vollendet. 1858 wurde der Glockenturm abgerissen und die Fialen zu Beginn der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts fertiggestellt. Giuseppe Brentanos siegreicher Wettbewerbsentwurf von 1887/88, der eine konsequente neugotische Fassadengestaltung vorsah, blieb unrealisiert. Die Bronzetüren stammen von italienischen Künstlern aus dem 19. und 20. Jahrhundert.
Immer wieder wurde auch die Frage eines dem monumentalen Charakter des Doms angemessenen Campanile erörtert. Seregni und Buzzi hatten Pläne mit zwei Türmen vorgelegt. Zuletzt hieß es 1938, das Projekt eines gewissen Vico Viganò aus dem Jahre 1927 werde demnächst verwirklicht, und zwar als „Turm des Gedenkens der Siege und des Ruhms“ (“Torre delle Memorie delle Vittorie e delle Glorie”). Der so benannte Glockenturm sollte der höchste Kirchturm der Welt werden und samt Geläut bis 1942 fertiggestellt sein<ref>Der Corriere della Sera vom 20. Oktober 1938 formulierte es im dreispaltigen Titel wie folgt: „II Duomo avrà il campanile più alto del mondo. L’ordine del Duce: le campane a posto nel 1942“</ref>. Mangels Gloria und Vittoria blieb auch dieses von Benito Mussolini favorisierte Projekt unausgeführt.
Aussehen
Der Stil des Kirchenbaus ist gotisch und stellt damit innerhalb der italienischen Architektur eine Ausnahme dar. Allerdings ist die Fassade, die erst unter Napoleon abgeschlossen wurde, eher als Mischung aus barocken und neugotischen Stilelementen anzusehen. Der große, repräsentative Domplatz wurde erst 1865–1873 geschaffen.
Das Äußere des Domes
Die Seitenwände des Domes stammen aus dem 15. bis 18. Jahrhundert und werden durch rhythmische fialengekrönte Strebepfeiler und hohe Fenster unterbrochen. Bei den Querschiffen (Transepten) sind die Strebepfeiler doppelt ausgeführt, hier führen im Inneren Treppen empor. Die Spitze ist mit feinem Zierwerk versehen. Die Wände sind mit über 2000 Skulpturen und 135 Fialen ausgeschmückt, die einen Überblick geben über die Bildhauerkunst der einheimischen Künstler und Handwerker aus dieser Zeit, aber auch auf die Steinmetzkunst ausländischer Fachkräfte.
Das Dach
Eine Besonderheit ist das für Touristen (kostenpflichtig) begehbare Dach. Es ist wahlweise über eine Treppe oder einen Fahrstuhl erreichbar. Von dort aus bietet sich ein überwältigender Ausblick auf die Details der Steinmetzkunst des Domes. Des Weiteren kann man das Panorama der gesamten Stadt sowie an klaren Tagen bis zu den Alpen genießen.
Der Vierungsturm
Der achteckige Vierungsturm von Amadeo wurde im 15. und 16. Jahrhundert errichtet. Auf der zentralen Turmspitze prangt eine weithin sichtbare vergoldete Madonnenstatue, im Volksmund La Madonnina genannt (in der inoffiziellen Mailänder Stadthymne O mia bela Madunina besungen). Diese wurde von Giuseppe Perego geschaffen und Mitte der sechziger Jahre des 18. Jahrhunderts aufgesetzt.
Das Innere des Domes
Die innere Form des Domes ist die eines lateinischen Kreuzes mit fünf Schiffen – das Hauptschiff ist dabei doppelt so breit wie die Seitenschiffe – und umfasst ein dreischiffiges Transept sowie einen durch zwei Sakristeien eingefassten Chor. 52 Bundsäulen unterteilen den Raum, der meist durch Kapitelle mit Nischen gekrönt werden, die mit Heiligenfiguren ausgeschmückt sind, die wiederum von mit Prophetengestalten verzierten Giebeln abgeschlossen werden. Die Fenster sind aus bunten Glastafeln hergestellt. Der Boden des Domes wurde ab 1885 begonnen und erst Mitte des 20. Jahrhunderts fertiggestellt. Er besteht aus Marmor und Stein und ist mit farbigen Inkrustationen belegt.
Mittelportal
Das Mittelportal wird durch Statuen der Hll. Ambrosius und Carlo, sowie einem Gedenkstein (an die beiden Domweihen) flankiert. Eine enge Treppe führt zu den archäologischen Ausgrabungen (Reste alter Kirchen) und zum ehemaligen Baptisterium, in dem auch der Hl. Augustinus im Jahr 387 von Bischof Ambrosius getauft wurde.
Linkes Seitenschiff
Hier befinden sich Altäre aus dem 16. bis 19. Jahrhundert mit bedeutenden Kunstschätzen, wie Marmorplatten aus dem 12. Jahrhundert mit Apostelfiguren und jenes Holzkreuz, das 1576 von Karl Borromäus während der Pest bei der Prozession getragen wurde. Weiters wurde die Taufkapelle mit einer römischen Wanne, die ursprünglich im Mittelschiff stand, im 17. Jahrhundert hierher verlegt. Das linke Transept beherbergt den Trivulzi- Kandelaber (Anfang 13. Jahrhundert)
Rechtes Seitenschiff
Neben Altären aus dem 14. und 15. Jahrhundert sind viele Sarkophage von Heiligen und Stiftern aufbewahrt. Die Fenster wurden von flämischen, lombardischen und rheinischen Künstlern im 15. Jahrhundert hergestellt. Das rechte Transept mit dem Grabmal Gian Giacomo Medici (genannt Il Meneghino) ist wie das linke mit schönen Statuen ausgestattet und verziert, unter anderem mit der Statue des gehäuteten heiligen Bartholomäus von Marco d’Agrate aus dem Jahr 1562.
Presbyterium
Pellegrini errichtete in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts das Presbyterium, das durch einen hölzernen Chor eingefasst, überhöht in der Mitte das Heiligtum aufweist. Der Hauptaltar aus dem 13. Jahrhundert wurde 1418 eingeweiht und durch einen Pavillon überragt (16. Jahrhundert), in dem sich der Tabernakel befindet, den vier Bronzeengel tragen. Über dem Pavillon thront eine den Triumph Christi darstellende Statue.
Hl. Kreuznagel
Unter der Gewölbespitze wird in einem eigenen Tabernakel der Heilige Nagel aufbewahrt, der nur einmal pro Jahr unter strengen Sicherheitsauflagen feierlich zur Anschauung präsentiert wird und von Militär bewacht wird.
Krypta
Von Pellegrino stammt aus dem Jahr 1606 die kreisförmige Krypta, die direkt unter dem Heiligtum liegt. Von hier aus gelangt man zur Scurolo di San Carlo, einer achteckigen Kapelle, die in einer Kristallurne die sterblichen Reste des hl. Karl Borromäus enthält.
Sakristeien
Die beiden Sakristeien liegen beiderseits des Chorraumes und stammen aus dem 14. Jahrhundert.
Domschatz
Der Domschatz beherbergt Schätze immensen Wertes, unter anderem auch eine Silberkapsel, die der Hl. Ambrosius vom Papst im 4. Jahrhundert erhielt.
Meridianlinie
Im Dom von Mailand ist eine Meridianlinie aus Messing in den Boden eingelassen. Durch ein kleines Loch im Gewölbe fällt das Licht der Sonne auf diese Linie und bildet zur Mittagszeit, also beim Höchststand der Sonne, einen kleinen Lichtkreis auf dieser Linie ab. Da sich der Sonnenhöchststand im Laufe des Jahres verändert, wandert der Kreis auf der Linie und bewegt sich auf die Zentrallinie zu. Der Zeitpunkt des Sonnenhöchststandes hängt vom Datum ab: Am 22. Juli liegt der Kreis um 13:30 Uhr auf der Meridianlinie.<ref>Video auf www.youtube.com</ref>
Sonstiges
In der Freiluft-Modellanlage Swissminiatur in Melide TI (Schweiz) befindet sich ein begehbares Modell des Doms im Maßstab 1:25.
Maße
- Länge: 157,00 m
- Breite (im Querschiff): 92,00 m
- Breite (Längsschiff): 16,75 m
- Höhe (Längsschiff): 45,00 m
- Höhe der Säulen: 24,50 m
- Durchmesser der Säulen: 3,40 m
- Höhe des zentralen Achtecks: 65,50 m
- Höhe der Spitze: 106,50 m
- Höhe der Madonnenstatue La Madonnina: 4,16 m
- Maße der Fenster in der Apsis: 20,70 m x 8,50 m
- Gesamtfläche des Doms: über 11.000 m²
Der Dom in der Literatur
„Welches Wunder er ist! So großartig, so ernst, so riesengroß! Und noch so fein, so luftig, so anmutig! Eine Welt des festen Gewichts, und doch scheint das … eine Wahnvorstellung einer Eisskulptur, die mit einem Atemzug verschwinden könnte! … Die zentrale seiner fünf großen Türen wird von einem Basrelief von Vögeln und Früchten und Biestern und Kerbtieren begrenzt, die aus dem Marmor so genial geschnitzt worden sind, dass sie lebenden Wesen ähnlich sind – und die Figuren so zahlreich sind und das Design so kompliziert, dass man es eine Woche studieren könnte, ohne sein Interesse zu erschöpfen … überall, wo eine Nische oder eine Stütze an dem enormen Gebäude vom Gipfel bis zum Boden gefunden werden kann, gibt es eine Marmorstatue, und jede Statue ist eine Studie für sich … Weit oben, auf dem hohen Dach, springt Reihe auf Reihe der geschnitzten und ausgesägten Türmchen hoch in der Luft, und durch ihr reiches Flechtwerk sieht man den Himmel darüber … Oben auf dem Dach, das sich … von seinen breiten Marmorfliesen erhebt, waren lange Reihen von Türmchen, die aus der Nähe sehr hoch aussahen, sich aber in der Ferne verkleinerten … Wir konnten jetzt sehen, dass die Statuen auf der Spitze von jedem die Größe eines großen Mannes hatte, obwohl sie von der Straße alle aussahen wie Puppen … Sie sagen, dass die Kathedrale Mailands nur an zweiter Stelle nach dem Petersdom in Rom steht. Ich kann nicht verstehen, wie die Kathedrale zu irgendetwas vom Menschen Gemachtem an zweiter Stelle stehen kann.“
Domorgeln
Die erste Orgel des Mailänder Doms wurde 1395 in Auftrag gegeben und 1397 aufgestellt. In den Jahren 1533 bis 1577 wurde die Nordorgel erbaut, mit 12 Registern auf einem Manual mit 50 Tasten. 1583 wurde der Bau der Südorgel in Auftrag gegeben, die 1590 fertiggestellt wurde und das ältere Instrument aus dem Jahr 1397 ersetzte. Bemerkenswert sind die Malereien auf dem Gehäuse der Südorgel. Sie zeigen u.a. Szenen aus dem Alten und Neuen Testament.
Diese beiden Instrumente wurden im Laufe der Zeit immer wieder erweitert, umgebaut und schließlich in den Jahren 1985 bis 1986 durch die Orgelbaufirma Tamburini komplett neu organisiert. Die gesamte Orgelanlage besteht aus mehreren Teilorgeln, die von einem gemeinsamen Spieltisch aus bedient werden können. Die gesamte Orgelanlage hat heute 186 klingende Register (ca. 16.000 Pfeifen) auf fünf Manualwerken und entsprechend zugeordneten eigenständigen Pedalwerken und ist damit eine der größten Orgeln der Welt. Die Trakturen sind elektrisch. Das Instrument hat folgende Disposition<ref>Carlo Loecher, Manuale dell'organista, Ist. Ed. Cisalpino-Goliardica, Milano, 1982.</ref>
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Im Film
- In Luchino Viscontis Film Rocco und seine Brüder (1960) ist das Dach des Doms Kulisse einer Szene.
Literatur
- Mailand - Kirchen, Museen und Monumente - ISBN 88-8180-666-5, Seiten 8-15
Einzelnachweise
<references />